Menschen in Hessen mit oder ohne deutschen Pass, mit Migrationshintergrund, Ältere, Junge, Behinderte, Frauen und Erwerbslose, sie alle wollen mitreden und mitgestalten. Sie wollen als mündige Bürgerinnen und Bürger ernst genommen werden, vor allem in Zeiten eines zunehmenden Vertrauensverlusts der Bürgerinnen und Bürger in ihre demokratischen Repräsentantinnen und Repräsentanten. Daher müssen wir den Zugang zum Petitionsrecht unter anderem via Internet endlich vereinfachen.
Das hessische Petitionswesen muss im Zeitalter von Internet und Demokratie den Bedürfnissen und gewachsenen Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger angepasst werden, damit sie es mühelos in Anspruch nehmen können. Noch ist es so, dass der typische Petent männlich, mindestens mittleren Alters und Akademiker ist. Das möchte ich gern ändern, und dazu sollten wir einige Anstrengungen unternehmen.
Nehmen Sie Bremen, den Bundestag oder den Freistaat Sachsen als Beispiele. Sie alle verfügen über die hervorragende Möglichkeit, Petitionen online einzureichen oder gar mitzuzeichnen. Auf der Internetseite des Deutschen Bundestages geht das bereits seit September 2005. Anders als bei klassisch, also per Post, eingereichten Petitionen können dort Online-Petitionen als öffentliche auch in einem Forum diskutiert werden.
Sie alle haben wahrscheinlich die Petition der Hebammen im Bundestag gesehen, vielleicht auch mitgezeichnet. Sie ist ein Musterbeispiel dafür, dass die Menschen durch die Modernisierung des Petitionswesens wichtige gesellschaftliche Themen besser auf die politische Bühne bringen können. Es gab 105.000 Mitzeichnerinnen und 750 Forumbeiträge. Durch die Online-Petitionen können viele junge Menschen erreicht werden. Das Deutsche Kinderhilfswerk – das ist ganz besonders interessant – empfiehlt sogar, ein kinder- und jugendgerechtes Peti
tionsportal einzurichten, das auch die ganz Jungen ermutigt, sich über ihr Petitionsrecht aufklären zu lassen und mit ihren eigenen Anliegen tatsächlich vorstellig zu werden. Sie würden sich so beizeiten mit einem parlamentarischen Kontrollinstrument auseinandersetzen und vertraut machen können.
Wir LINKE empfehlen daher ganz dringend, auch in Hessen in einem ersten Schritt die Online-Petitionen einzuführen, dann aber – da schließe ich mich Herrn Roth an – all diese Möglichkeiten wirklich zu eröffnen. Ich möchte drei weitere Vorschläge machen, die meines Erachtens zu einer Stärkung des Petitionsrechts führen können:
Zweitens. Wir halten es für sinnvoll, dass die gesetzliche Grundlage für ein kommunales Petitionsrecht geschaffen wird. Das ist keine Träumerei von uns, sondern in anderen Bundesländern längst verankert.
Drittens. Wir regen öffentliche Sitzungen des Petitionsausschusses an, in denen der Petent, die Petentin, so er oder sie denn will, sein oder ihr Anliegen selbst vortragen und verteidigen kann.
Meine Damen und Herren, meine Überzeugung ist: Wir alle müssen künftig in mehr Partizipation und Demokratie investieren und die Bürgerrechte stärken, und der Petitionsausschuss kann seinen Teil dazu beitragen. Machen wir uns auf den Weg, und am besten etwas geschwinder als bisher. – Danke schön.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn es ritualisiert wirkt, ist es kein Ritual, wenn auch ich einen ganz herzlichen Dank sagen möchte. Ich möchte mich bei allen an dem Verfahren Beteiligten bedanken, das alles andere als ein einfaches Verfahren ist. Was ich jetzt sage, unterstreiche ich wirklich doppelt und dreifach: Die Landesregierung nimmt die Arbeit des Petitionsausschusses sehr ernst. Wir schätzen die Arbeit des Petitionsausschusses sehr, und wir sind nicht nur dafür dankbar, dass sie gemacht wird, sondern auch für den Stil, mit dem sie gemacht wird.
Ich sage das als Innenminister – Frau Öztürk und die anderen Redner haben es zu Recht gesagt –: Sie haben nicht nur Ausländerpetitionen, aber der große Anteil der gestellten Petitionen sind eben Ausländerpetitionen. Herr Kollege Burghardt hat auch gesagt, dass es hier wirklich um Existenzen und menschliche Schicksale geht. Insoweit bin ich als Innenminister immer betroffen, und da hängt es für uns sehr stark davon ab, wie die Arbeit gemacht wird, damit man die Fälle eben wirklich angemessen lösen kann.
Eines eint uns, und das merkt man in den Diskussionen: dass wir uns, trotz vieler verschiedener politischer Sichtweisen und manchmal scheinbar unüberwindbarer Hürden, immer wieder bemühen, eine tragfähige Entscheidung zu treffen und eine tragfähige menschliche Lösung herbeizuführen. Das ist nicht immer einfach. Ich weiß das
aus eigener Erfahrung. Ich war selbst Mitglied des Petitionsausschusses während meiner Zeit als Abgeordneter im Hessischen Landtag.
Das geht auch nicht immer. Auch das ist völlig klar. Ich glaube, das wissen auch alle, die im Petitionsausschuss sehr realitätsnah ihre Arbeit machen. Aber ich finde, dass es gut ist, dass wir das immer wieder versuchen und dass wir das in einem sehr ordentlichen Stil miteinander versuchen.
Deswegen gilt mein Dank insbesondere den Damen und Herren Abgeordneten dieses Hauses, also des Hessischen Landtags. Er gilt den Mitgliedern der Härtefallkommission. Er gilt aber auch insbesondere – Frau Bachmann, ich sage das stellvertretend zu Ihnen – den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, ohne die überhaupt nichts gehen würde. Er gilt natürlich auch der Geschäftsstelle der Härtefallkommission des Innenministeriums sowie – auch das muss einmal gesagt werden – den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ausländerbehörden vor Ort, die viel und schwere Arbeit zu leisten haben und die oftmals in der Konfrontation stehen. Ich weiß das. Denn ich bin der ehemalige Ordnungsdezernent der Stadt Frankfurt, in dessen Zuständigkeit das Ausländeramt gelegen hat. Sie haben oftmals sehr schwierige Entscheidungen, die sie dann von Angesicht zu Angesicht durchzusetzen haben.
Wer sich die im Petitionsbericht geschilderten Einzelfälle aus dem Aufenthaltsrecht anschaut, der sieht ganz deutlich, dass gesetzliche Regelungen niemals alle Fallgestaltungen vollständig abdecken können. Der Bericht zeigt aber auch eines: Er zeigt nämlich, dass es im Rahmen des Gesetzes sehr wohl Möglichkeiten gibt und dass im Rahmen des Gesetzes Möglichkeiten bestehen, wenn man das im Sinne der Menschen auszulegen versteht.
Lassen Sie mich dazu ein paar Bemerkungen machen. Die Frau Vorsitzende hat bereits etwas zu der Zahl der Petitionen gesagt. Ich sage das noch einmal für die Ausländerpetitionen. Im Jahr 2000 lag die Zahl bei 820 Petitionen. Insgesamt waren 65 % Ausländerpetitionen. Im Jahr 2010 lag die Zahl bei 271 Petitionen. Das ist natürlich ein deutlicher Rückgang. Das heißt aber nicht, dass die Arbeit weniger geworden ist. Die Arbeit ist in vielen Fällen weitaus schwieriger geworden.
Lassen Sie mich jetzt zu dem kommen, was natürlich insbesondere die Innenminister der Länder zu vertreten haben. Bereits im Jahr 2006 haben wir auf der Innenministerkonferenz mit einem sehr aktiven Einsatz des Landes Hessen eine Bleiberechtsregelung beschlossen. Von dieser Regelung haben allein in unserem Bundesland über 3.000 Menschen profitiert. Es handelte sich um ein ziemlich großzügiges Integrationsangebot an Menschen, die schon lange in Deutschland lebten und die eigentlich nach dem Gesetz hätten zurückgehen müssen.
Im Jahr 2007 haben wir erstmals die ersehnte Regelung beschlossen, nämlich die gesetzliche Altfallregelung. Sie hat 1.600 Menschen betroffen und war bis zum 31. Dezember 2009 befristet.
Ich erinnere mich sehr gut an die Diskussionen, die es dazu in der Innenministerkonferenz gegeben hat. Es gab in diesem Fall der Befristung Verlängerungsmöglichkeiten zunächst nur unter sehr engen Voraussetzungen. Die gab es nur dann, wenn zuvor der Lebensunterhalt überwiegend gesichert war und eine günstige Prognose hinsichtlich der künftigen Sicherung des Lebensunterhaltes
Aber natürlich war absehbar, dass ein Großteil der Menschen, die die Aufenthaltserlaubnis nur probeweise erhalten hatten, mit Auslaufen der gesetzlichen Regelung zum 31. Dezember 2009 ihren Lebensunterhalt weiterhin nicht sichern konnte. Da musste man realistisch sein. Aus diesem Grund hat die Innenministerkonferenz diesen Menschen am 4. Dezember 2009 noch eine zweite Chance eingeräumt. Sie sollten bis Ende 2011 für die Sicherung ihres Lebensunterhaltes sorgen.
Eine Verlängerung haben unter diesen Voraussetzungen wiederum 1.000 Menschen erreicht. Bei diesen Personen wird in diesem Jahr die Entscheidung erneut zu treffen sein.
Ich weiß, dass wir wiederum Diskussionen darüber haben werden, wie verfahren werden soll. Dieses Mal wird das unter Vorsitz Hessens in Frankfurt am Main geschehen. Ich bin mir aber sicher – das will ich hier deutlich sagen –, dass wir dafür eine angemessene Regelung finden werden. Wir werden eine Regelung finden, die den Einzelfällen gerecht werden wird.
Die Zahlen machen eines deutlich. Sie machen deutlich, dass bei allem, was wir tun, die Menschen im Vordergrund stehen. Bei allen Beteiligten steht immer im Vordergrund, eine Lösung suchen zu wollen. Da gibt es niemanden, der keine Lösung will. Da gibt es niemanden, der sich in den Weg stellt.
Eines muss man auch erwähnen. Zur Befriedung der Situation trägt bei, dass die Härtefallkommission eine riesige, eine großartige und eine qualitativ hochwertige Arbeit leistet. Auch da möchte ich ein ganz großes Kompliment aussprechen. Da gibt es eine ganz große Respektbekundung durch das Hessische Ministerium des Innern und für Sport. Wir sind sehr glücklich darüber, wie das läuft.
Wir haben 49 Härtefallanträge im Jahr 2010 gehabt. Teilweise stammten sie aus dem Vorjahr. Nach intensiven Beratungen hat die Kommission in zwölf Fällen mit 27 betroffenen Personen beschlossen, kein Härtefallersuchen zu stellen. In 33 Fällen, von denen 68 Ausländerinnen und Ausländer betroffen waren, hat die Kommission festgestellt, dass dringende humanitäre Gründe den weiteren Aufenthalt in Deutschland erfordern. In diesen Fällen haben sie mich als Innenminister bzw. meinen Vorgänger ersucht, diesen Personen ein Aufenthaltsrecht zu gewähren.
Es war nicht in allen Fällen möglich, eine positive Entscheidung zu treffen. Sie wissen, was die Gründe sind. Das liegt insbesondere an der fehlenden Perspektive, den Lebensunterhalt eigenständig und ohne Inanspruchnahme staatlicher Sozialleistungen sichern zu können.
Wir sind dabei, eine Lösung zu finden. Wir suchen eine Lösung. Wir wollen eine Lösung finden. Ich sage hier und heute zu, dass wir uns natürlich ganz besonders in diesem Zusammenhang um einzelfallbezogene Lösungen kümmern. Wir brauchen aber natürlich auch hier einen generellen Weg. Das will ich zusichern.
Ich sehe auf die Uhr. Ich habe die mir zustehende Redezeit weit überzogen. Deswegen will ich es hierbei bewenden lassen. Ich schließe meine Rede mit dem, mit dem ich begonnen habe. Ich sage Ihnen allen, insbesondere den Damen und Herren des Landtags und den Damen und Herren aus der Landtagsverwaltung, ein herzliches Dankeschön für die Zusammenarbeit. Ich würde mich freuen, wenn wir das in diesem Stil und in dieser konstruktiven
Auch ich möchte mich im Namen des gesamten Hauses den ganzen Dankesworten anschließen. Zum einen gilt das den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, zum anderen aber auch den Kolleginnen und Kollegen, die wirklich sehr viel Zeit und Herzblut in die Behandlung dieser Petitionen, der einzelnen Angelegenheiten, hineinlegen. Ganz herzlichen Dank im Namen des gesamten Hauses.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz zur Änderung der Hessischen Gemeindeordnung und anderer Gesetze – Drucks. 18/4031 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt siebeneinhalb Minuten. Zur Einbringung erhält Herr Kollege Bauer für die CDUFraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf ist die Umsetzung eines weiteren Bausteins der Koalitionsvereinbarung der CDU und der FDP. Er hat den Erhalt, die Stärkung und den Ausbau der kommunalen Selbstverwaltung und die Sicherung der Leistungskraft der Kommunen zum Ziel.
Wir sind der Überzeugung, dass sich die Kommunalverfassung in Hessen bestens bewährt hat und auf langen Bestand ausgelegt sein muss. Änderungen im Detail müssen deshalb wohlüberlegt sein und nach Möglichkeit das Maß an kommunaler Gestaltungsfreiheit erhöhen.
Das Vertrauen in die Eigenverantwortung der Bürger und die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Kommunen haben nach der Einführung der Schuldenbremse in das Grundgesetz und in die Hessische Verfassung noch an Bedeutung gewonnen. Eine Bündelung der Kräfte ist unerlässlich, um die öffentlichen Haushalte von der erdrückenden Schuldenlast zu befreien.
Die vorgelegte Novelle nimmt auch einige Änderungsvorschläge auf, die die Kommunalen Spitzenverbände im Dialog zum Abbau unnötiger Standards geäußert haben. Als Kommunalpartei sind wir eben im engen Dialog mit den Verantwortlichen vor Ort.
Mit der zuletzt erfolgten Änderung der Hessischen Gemeindeordnung im Jahr 2005 wurde das Gemeindehaushaltsrecht modernisiert. Am 1. Januar 2009 hatten 424 der 426 Kommunen und alle Landkreise ihre Haushaltswirtschaft auf die Grundsätze der doppelten Buchführung umgestellt. Diese übergroße Zustimmung zu der sogenannten Doppik als ausschließlich zulässiges System erlaubt es, dies entsprechend zu bestimmen. Den verblei
benden Städten wird eine auskömmliche Übergangsfrist von zwei Jahren eingeräumt. Das erlaubt im Grunde genommen eine Aufhebung der bisherigen Vorschriften zur Verwaltungsbuchführung und damit eine deutliche Entschlackung der Hessischen Gemeindeordnung.
Ein weiteres Ziel des Gesetzentwurfs der FDP und der CDU ist, mehr Bürgerbeteiligung zu erreichen. Die bisherigen Regelungen über das Bürgerbegehren in § 8b Hessische Gemeindeordnung stellten teilweise zu hohe formale Anforderungen an die entsprechenden Initiativen. Deshalb sollen entsprechend unserer Koalitionsvereinbarung die formalen Anforderungen für die Bürgerbegehren vereinfacht, die Information der Antragsteller verbessert und eine nachträgliche Heilung bei Mängeln ermöglicht werden.
Die Vereinfachung des Bürgerbegehrens geschieht durch die Verlängerung des Unterschriftszeitraums von sechs auf acht Wochen. Zudem wird das Unterschriftsquorum für das Bürgerbegehren in den kreisfreien Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern von 10 % auf 3 % und in Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern auf 5 % abgesenkt.
Im Bauleitverfahren soll nur noch der erste Beschluss der Gemeindevertretung, in der Regel der Aufstellungsbeschluss, mit einem kassatorischen Bürgerbegehren angreifbar sein.