Protokoll der Sitzung vom 08.06.2011

(Widerspruch bei der CDU)

Es hat gerade angefangen, mir ganz besonders Spaß zu machen, aber mir ist das bewusst, und deswegen will ich jetzt auch aufhören. – Man kann das wirklich nicht „Sonderopfer“ nennen, wenn der Beamte am Ende mehr in der Tasche hat als der Tarifbeschäftigte. Insoweit will ich Ihnen auch ganz ehrlich sagen: Die Leute kommen nicht zu uns und sagen, sie wollten entbeamtet werden, sondern alle wollen verbeamtet werden. Hören Sie also auf, den Leuten so etwas zu erzählen.

Ich will es noch einmal betonen: Das ist ein Gesetzentwurf, der wirklich mit Augenmaß entstanden ist. Es ist ein Gesetzentwurf, der die Leistungen der Beamtinnen und Beamten honoriert und gleichzeitig die Finanzen dieses Landes im Blick hat. Insoweit ist das wirklich zustimmungsfähig, und, ich glaube, Sie würden den Beamten einen Gefallen tun, wenn Sie zustimmen und nicht Wolkenkuckucksheime aufbauen würden, nach dem Motto: Was kann noch alles bezahlt werden? Was geht denn noch? Oder was kann man noch obendrauf legen? Da müssen Sie realistisch genug sein. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Innenminister. – Herr Kollege Rudolph hat sich noch einmal zu Wort gemeldet.

(Minister Boris Rhein: Das war mir fast klar! – Pe- ter Beuth (CDU): Der Mann ist hinreichend entzaubert worden!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Innenminister, ich gebe Ihnen recht, mit dem Rechnen oder mit den Zahlen haben Sie es nicht so. Wenn Sie hier sagen, es gebe 48 € mehr, dann ist das zunächst einmal brutto. Es hat da schon einmal eine Partei gegeben; da können Sie einmal hingehen, denn mit Brutto und Netto kann man sich ganz schön verrechnen.

(Widerspruch bei der CDU)

Ach, lassen Sie das; das funktioniert nicht. Der verehrte Herr Justizminister ist auch da. – Erstens. Man kann sich mit den Zahlen verrechnen.

Zweitens. Herr Rhein, wer hat Sie eigentlich gezwungen, den Tarifabschluss so zu tätigen, wie Sie es getan haben? Wenn Sie konsequent gewesen wären, hätten Sie den zu hohen Tarifabschluss gar nicht machen dürfen. Wenn Sie konsequent gewesen wären, hätten Sie das wie andere Bundesländer machen müssen. Bayern hat gesagt, es gebe für die Beamten keine Besoldungserhöhung. Ich halte das für falsch, aber die sind konsequent, weil sie sagen, das sind Kosten. Auch für die Tarifbeschäftigten fallen Kosten an. Deswegen müssen Sie sich einmal für eine Argumentationsschiene entscheiden.

Dann zu Rheinland-Pfalz. Andere Länder entscheiden das für sich. Das rot-grüne Nordrhein-Westfalen übernimmt den Tarifabschluss. Das grün-rote, jetzt muss ich es richtig sagen, Baden-Württemberg übernimmt den Tarifabschluss. In anderen Bundesländern gibt es keine 42 Wochenarbeitsstunden. Das muss man alles im Kontext sehen, verehrter Herr Innenminister, und deswegen ist Ihre Argumentation schräg und falsch.

(Beifall bei der SPD)

Noch eines, was wir vermissen: die soziale Komponente. – Herr Kollege Blechschmidt, das habe ich sehr wohl gesagt. Ich unterstelle Ihnen, dass Sie erstens zuhören können und zweitens auch verstehen, was man Ihnen sagt. Das war jetzt ein Kompliment. Ich habe das sehr wohl angemahnt.

Herr Innenminister, das war von Ihnen jetzt durchaus nicht differenziert vorgetragen. Deswegen sollten Sie die Rückmeldungen der Beamtenschaft schon ernst nehmen, egal, ob es der Polizeibeamte, der Feuerwehrbeamte oder der Justizvollzugsbeamte mit A 6 oder A 7 ist. Die ärgert das schon, dass sie von dieser Landesregierung nicht die Wertschätzung erfahren, die sie für ihre Tätigkeit erfahren wollen.

Sie müssen die Masse sehen. 2003 gab es die „Aktion düstere Zukunft“. Der damalige Innenminister – ich glaube, er ist um die Ecke – und heutige Ministerpräsident sagte, es gebe keine weiteren Sonderopfer für Beamte. Aber genau das haben Sie gemacht. Auch Sie haben gesagt, dass Sie die Forderungen übernehmen. Daher reicht es jetzt. Dafür müssen Sie keinen Hochschulabschluss haben. Da muss man auch kein Jurist sein wie Sie: Das, was Herr Kollege Schaus gesagt hat, ist doch richtig. Sie setzen die Ta

rifergebnisse eben nicht um, und deswegen ist es keine 1,5-prozentige Besoldungserhöhung für das Jahr 2011, sondern es ist deutlich weniger. Das sollten Sie sagen. Sie wollen das politisch, und das müssen wir akzeptieren; Sie haben die Mehrheit. Aber dann haben Sie zumindest den Mumm in den Knochen, zu sagen: Wir wollen, dass hessische Beamtinnen und Beamte weniger bekommen als in anderen Ländern, und hessische Beamte sollen schlechter gestellt werden als Tarifbeschäftigte. – Das kann man machen. Wir halten es für falsch, aber haben Sie wenigstens den Mumm in den Knochen, es so zu sagen, wie es ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Schaus.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister, ich habe beim Ausrechnen dieser Zahlen gar nicht so viel Mühe gehabt. Ich finde es aber besonders interessant, dass Sie im Ministerium noch einmal Kolleginnen und Kollegen beauftragt haben, das nachzurechnen. Ich bin relativ schnell auf die gleichen Summen gekommen. Es ist nur die Frage, wie man das interpretiert. Was Sie gemacht haben, ist natürlich nichts anderes, als schönzureden.

Herr Minister, in der Tarifpolitik ist es so, und vielleicht ist es Ihnen auch geläufig, dass es eine sogenannte WestrickFormel gibt. Da geht es also darum, wie man Tarifergebnisse, die länger oder kürzer als ein Jahr gelten, in der Summe bewertet, damit man sozusagen eine Vergleichs zahl hat. Was Sie gemacht haben, ist nichts anderes als ein Trick und ein Schönreden, weil Sie nämlich für einen Zeit raum von zwei Jahren eine Summe dargestellt haben, die sich riesig anhört. Die ist aber, wenn man das sozusagen auf das Jahr herunterbricht, wie man also klassischerweise Tarifergebnisse vergleicht, ziemlich mickrig. An dieser Stelle muss man die nicht schönreden, auch wenn ich zu den gleichen Ergebnissen komme.

Ich muss dem Kollegen Rudolph noch einmal beipflichten: Die Frage eines sozialen Ausgleichs oder einer sozialen Komponente steckt in den 360 € Einmalzahlung drin. Herr Minister, dort, wo Sie in der Vergangenheit über Familienzuschläge und Kinderzuschläge die Besonderheiten des hessischen Tarifvertrags ausgedrückt haben, tun Sie es an dieser Stelle nicht.

Da will ich doch noch einmal ansetzen, weil die Frage eines sozialen Ausgleichs, wie es hier ausgeführt wurde, eine ist, die mehr ist als nur die Summe, sondern letztendlich auch eine besondere Anerkennung für Leistungen, die diejenigen erbringen, die weniger häufig in der B-Besoldung angesiedelt sind, um es einmal vorsichtig zu sagen. Insofern stünde es Ihnen gut an, darüber noch einmal nachzudenken.

Aber aufgrund eines Sachverhalts bin ich noch einmal nachdenklich geworden. Das richtet sich jetzt nicht an Ihre Adresse, sondern an die des Herrn Bauer. Herr Bauer, Sie haben Folgendes gemacht: Sie haben gleich die Summe für 2013 mit genannt. Das fand ich schon interessant. Das Tarifergebnis läuft bis Ende 2012. Sie rechnen 2013 schon 212 Millionen € mit ein. Das heißt für mich nichts anderes, als dass Sie schon jetzt vorhaben, auch

2013 in der Beamtenbesoldung keine oder nur eine geringe Anpassung vorzunehmen.

(Günter Rudolph (SPD): Bis zum Wahljahr!)

Warum sollten Sie denn ansonsten diese Summe ausrechnen und hier zum Ausdruck bringen, außer dass Sie sagen: „Es ist ein Riesenbetrag“?

Nein, wir bleiben dabei: Das Tarifergebnis ist die Grundlage. Das muss es auch sein. Das heißt, es muss eine zeitund inhaltsgleiche Übertragung geben.

Sie wussten, dass diese Forderung auf Sie zukommt. Das wurde auch in den Tarifverhandlungen zumindest am Rande angesprochen. Ich sage nicht, dass da etwas zugesagt wurde. Aber es wurde am Rande angesprochen. Das spielt bei den Gewerkschaften bei den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst immer eine Rolle. Das wissen Sie, das weiß ich, das weiß jeder. Insofern wäre es auch ehrlich, darauf einzugehen und das 1 : 1 zum Bestandteil zu machen, was im Tarifvertrag vereinbart wurde.

Ich fordere Sie deswegen noch einmal zu einer Übernahme 1 : 1 auf. Das betrifft auch den Einmalbetrag und die entsprechenden Fristen. Das wäre eine saubere Lösung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Schaus, vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Frömmrich.

Frau Präsidentin, vielen Dank. – Die Rede des Innenministers hat mich schon gereizt, noch einmal zu reagieren. Verehrter Herr Innenminister, ich glaube nicht, dass es Ihnen gut zu Gesicht steht, hier den billigen Boris zu geben und den Blick des Boris Rhein über den Rhein zu wagen. Das ist immer ganz schlecht. Herr Innenminister, das ist auch nicht zielführend. Denn irgendwann müssen Sie sich einmal entscheiden.

Entweder stellt sich die Landesregierung in Form des Innenministers hierhin und geißelt die in RheinlandPfalz, die die hessischen Transferleistungen verbraten und für Dinge ausgeben, für die man das Geld in Hessen nicht ausgeben kann, oder Sie geißeln, dass die in RheinlandPfalz hinsichtlich des Tarifabschlusses andere Dinge als hier vereinbart haben. Da müssen Sie sich einmal entscheiden. Wenn sie sparen, werden sie gegeißelt. Wenn sie Geld ausgeben, werden sie auch gegeißelt. Herr Innenminister, von daher ist der Blick des Rhein über den schönen Rhein nicht besonders gelungen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Zweitens. Ich plädiere in dieser Debatte dafür, einmal die grundständigen Dinge zu diskutieren. Da ist es durchaus so, dass wir alle eine Debatte über die Fragen der Personalkosten, über die Zukunft, über das Anwachsen der Zahl der Versorgungsempfänger und über die Struktur der Beihilfe führen müssen. Herr Innenminister, all das sind Probleme, die auf uns zukommen.

Sie haben doch die Chance vertan, diese Probleme im Zusammenhang mit der Modernisierung des Beamtenrechts

in Angriff zu nehmen. Sie haben eine Expertenkommission eingerichtet. Ich glaube, dass diese Expertenkommission gute Ansätze aufgezeigt und gute Vorschläge gemacht hat.

Jetzt kommen Sie von der CDU und der FDP und fangen an, die Dinge stückchenweise herauszuschneiden, anstatt wirklich eine grundständige Debatte darüber zu führen, wie das Beamtentum in Hessen in Zukunft aussehen wird, wie wir es organisieren. Wie bezahlen wir die Menschen, die für uns arbeiten, und wie bleiben wir auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig, damit auch die Guten zu uns kommen? Über diese Fragen müssen wir doch letztendlich einmal diskutieren. Da bringt uns doch der Hinweis, die in Rheinland-Pfalz machen das so, nicht besonders weiter. Ich könnte jetzt noch sagen: Die in Berlin haben es auch einmal anders gemacht.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): In Berlin übernehmen die das 1 : 1!)

Vielleicht hören Sie einmal zu. Ich sagte: Die haben es auch einmal anders gemacht. – Zuhören wäre einfach gut.

Drittens. Dafür plädiere ich. Man könnte Ihrer Argumentation beitreten und sagen: Wir müssen auch den Haushalt im Blick haben. – Dann ist eines doch ganz selbstverständlich. Schauen Sie es sich doch bitte an. Die Tariferhöhung um 1,5 % sind für jemanden in der Gehaltsstufe A 6 32 €. Für jemanden in der Gehaltsstufe B 1 sind es 79 €.

Eine Tariferhöhung um 2,6 % sind für jemanden, der in der Besoldungsgruppe A 6 ist, also etwa ein Justizwachtmeister, 56 €. Bei jemanden in der Besoldungsstufe B 1 sind das 137 €. Damit sehen Sie schon einmal, dass da das Anwachsen ein anderes ist. Für den Ministerpräsidenten würde eine Erhöhung um 2,6 % rund 300 € bedeuten.

Es ist dann doch wirklich nachvollziehbar, dass Sie in einem Tarifgefüge und einem Bezahlungsgefüge, wie wir es in Hessen haben, die unterschiedlichen Gehälter auch unterschiedlich werten müssen. Es ist doch etwas anderes – ich habe das schon einmal gesagt –, wenn Sie jemandem, der in der Größenordnung 1.700 € bis 2.000 € verdient – bei A 6 kommt es auch auf die Stufe an –, 360 € wegnehmen, als wenn Sie jemanden mit der Besoldung B 1 von 5.300 € 360 € wegnehmen. Das ist das zentrale Argument.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da appelliere ich noch einmal an Sie alle, in sich zu gehen und sich die Frage zu stellen, ob wir da nicht mit wesentlich mehr Weitsicht, mit Blick auf den Haushalt und auch mit Blick auf die Lage bei der Personalwirtschaft wirklich einmal gemeinsam eine Debatte darüber führen sollten, wie wir das zukunftsfähig machen und wie wir das zukünftig organisieren wollen, damit wir nicht bei jedem Abschluss, der hier getätigt wird, neu eine Debatte über die Frage „Prozente hoch oder Prozente herunter, aussetzen hier oder aussetzen da?“ haben. Ich glaube, dass wir da eine langfristig haltende Linie und eine gute Linie brauchen, damit wir dieses System zukunftsfest machen. Darüber müssen wir einmal diskutieren. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Frömmrich, vielen Dank. – Das Wort hat nun Herr Kollege Bauer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wer nicht nur in den Tag hinein leben will, der muss auch die Zukunft in den Blick nehmen. Deswegen habe ich angedeutet, dass, wenn man die Grundgehaltstabelle erhöht, in den Folgejahren natürlich im Vergleich zum Status quo Mehrkosten entstehen. Deshalb ist auch die Zahl richtig. Wenn ich für 2013 perspektivisch annehme, dass wir dieses Mehr an Geld bezahlen müssen, dann macht das, wie von mir dargestellt, im Vergleich zum Status quo eben eine Summe und eine Erhöhung von 212 Millionen € aus. Das kann man nicht wegdiskutieren.

Der Herr Minister hat deutlich gesagt, dass wir die Beamten in Hessen nicht schlechter stellen als in anderen Bundesländern. Sie haben den Landesvorsitzenden in Hessen, Herrn Spieß, zitiert. Dann muss es auch erlaubt sein, zu sagen, was die Landesvorsitzende in RheinlandPfalz, Lilli Lenz, in ihrer Pressemitteilung ausgeführt hat. Denn sie spricht auch, da sie sich für ihren Landesverband einsetzt, von einem Sonderopfer und von einer unmöglichen Situation, die man nicht hinnehmen möchte. Da muss man schon Gleiches mit Gleichem vergleichen.

Ich habe deutlich gemacht, dass das Ansinnen, zu sparen, weder in Rheinland-Pfalz noch in Hessen etwas Verwerfliches ist.

Der Herr Minister hat es deutlich gesagt: Es ist doch nicht so, dass wir in Hessen nicht das Ansinnen vieler Menschen hätten, die gerne verbeamtet werden wollen. Ich komme aus dem Schulbereich. Ich kann das bestätigen. Wir stellen in Hessen in den Schulen noch Beamte bis zum 40. Lebensjahr ein. Andere Bundesländer sind schon längst davon abgekommen. In Berlin wird kein Mensch verbeamtet.