Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern – Drucks. 18/304 –
Erste Rednerin bei einer vereinbarten Redezeit von fünf Minuten je Fraktion ist Frau Kollegin Schulz-Asche.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben den Antrag zum Equal Pay Day gestellt, weil wir es für eine richtige und gute Maßnahme halten, dass der Hessische Landtag die Initiative Equal Pay Day unterstützt. Das ist eine Initiative von Wirtschaftsverbänden und Frauenorganisationen, die seit 2008 in Deutschland durchgeführt wird. Wir denken, es ist ein gutes Zeichen, darauf hinzuweisen, dass Frauen in Deutschland bis zum 20.03. dieses Jahres haben arbeiten müssen, um das Gleiche zu verdienen wie ein Mann im Vorjahr. Deswegen unterstützen wir das Anliegen des Equal Pay Day, auf diese eklatante Ungerechtigkeit hinzuweisen und sie öffentlich zu machen.
Meine Damen und Herren, der Equal Pay Day soll auch dazu beitragen, über die Ursachen von unterschiedlichen Karrierechancen und unterschiedlicher Bezahlung zu diskutieren. Es gibt natürlich komplexe Gründe, warum das in Deutschland so ist. Aber wir haben vor allem auch einen Hauptgrund, der dafür verantwortlich ist, dass es so ist. Das ist die Zuschreibung von traditionellen Geschlechterrollen. Dazu gehört die Erwerbsunterbrechung von Frauen aus familiären Gründen. Dazu gehört ein Berufswahlspektrum, das sich gerade für Frauen trotz ihrer besseren Schulabschlüsse nach wie vor in bestimmten Ausbildungsberufen – nach wie vor sind es nur zehn bei über der Hälfte der Frauen – ausdrückt. Dazu gehört, dass Berufe, die mit Karriere verbunden sind und die auch höhere Hierarchiestufen zulassen, nach wie vor Männerberufe sind.
Wir haben typischerweise eine ganze Reihe von Berufen und Tätigkeiten, in denen wir nach wie vor überwiegend Frauen haben,die häufig niedriger angesehen werden,obwohl sie das, wenn man z. B. an die Erzieherinnen denkt, überhaupt nicht verdient haben, und die bei weitem schlechter bezahlt werden als vergleichbare typische Männerberufe.
Meine Damen und Herren, deswegen sind wir der Meinung, dass wir im sogenannten Niedriglohnbereich auch über Mindestlöhne reden müssen und dass Mindestlohn eine wesentliche Frage bei der ungleichen Bezahlung der Geschlechter ist. Mindestlöhne sind eine Lösung für den Bereich des Niedriglohns und damit auch für viele Frauen, die kein Einkommen haben, das dafür ausreicht, die Existenz eigenständig zu sichern.
Meine Damen und Herren, wir haben diesen Antrag als Entschließungsantrag eingebracht. Nun möchte ich etwas ausführlicher auf den Antrag der FDP und der CDU eingehen,der uns vorgelegt wurde.Wenn wir betrachten,dass wir in Deutschland, und zwar entgegen dem europäischen Trend, einen wachsenden Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen haben, dass wir europaweit zu den Schlusslichtern bei der gleichen Bezahlung von Männern
und Frauen gehören, dann kann man keinen Antrag wie diesen vorlegen, der zur Überschrift haben müsste: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“.
Wir sind uns in der Analyse weitgehend einig, aber in einer solchen Zeit, in der der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern in Deutschland über 23 % beträgt, kann man sich einen solchen Antrag eigentlich nicht mehr leisten.
Lassen Sie mich das an ein paar Beispielen deutlich machen. Sie fordern in Abs. 2, die Partnermonate des Elterngeldes für beide Partner zu erweitern. – So allgemein hört sich das gut an. Aber wenn wir wirklich eine Gleichberechtigung von Männern und Frauen haben wollen, dann müssen wir zu einem Elterngeld kommen, das gleichmäßig von Müttern und Vätern in Anspruch genommen wird. Das heißt fifty-fifty, und das muss man jetzt durchsetzen.
Wir haben nach wie vor ein Berufswahlverfahren, wo sich viele Frauen für bestimmte Bereiche interessieren und insbesondere die Technik und die Naturwissenschaften zu kurz kommen. Wir haben auf der anderen Seite auch bei Jungen das Problem,dass bestimmte Berufe nicht gewählt werden. Sie erwähnen hier den Bildungs- und Erziehungsplan und dessen freiwillige Umsetzung. Wollen wir nun die stärkere Förderung von Technik und Naturwissenschaften auch für Mädchen, oder wollen wir es freiwillig der Situation vor Ort überlassen? Wollen wir freiwillig darauf verzichten, zusätzliche Mittel in die Kindergärten zu geben, damit sie diesen Bildungs- und Erziehungsplan überhaupt durchsetzen können?
All das steht in Ihrem Antrag nicht. Deswegen sage ich, Sie handeln nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“.
Meine Damen und Herren, wenn immer wieder und mit einer großen Beliebtheit das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf angesprochen wird,sage ich:Es ist richtig, wir brauchen mehr Kinderbetreuung, wir brauchen mehr Kinderbetreuung guter Qualität, und wir brauchen einen eigenen Rechtsanspruch von Kindern auf gute Betreuung und Bildung von Anfang an.
Aber wenn Sie, wie hier, von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf reden, dann kann es doch nicht um die bessere Belastbarkeit von Frauen in Familie und Beruf gehen, sondern wir kämpfen für eine gerechtere Entlohnung, und zwar eine gerechte Verteilung von Familienarbeit und Berufstätigkeit. Dazu gehört als Erstes eine gerechte Entlohnung.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frauen verdienen durchschnittlich 23 % weniger als Männer. Das ist leider eine Tatsache, mit der wir alle – alle Fraktionen dieses Hauses – nicht zufrieden sein können. Frau Schulz-Asche, darüber sind wir uns heute einig.
Wenn wir aber handeln wollen, dann müssen wir auch die vielschichtigen Ursachen dieses Ungleichgewichts kennen und benennen. Wir bitten deshalb die Landesregierung, auf freiwillige Lohntests hinzuwirken, die in der Schweiz bereits erfolgreich durchgeführt werden – Logib nennen die sich –, um mehr Transparenz in das unterschiedliche Lohngefüge hier bei uns in der Bundesrepublik Deutschland zu bringen. Ich freue mich auch, dass Bundesfamilienministerin von der Leyen bereits die Erprobung eines solchen Programmes angeregt hat.
Eines ist uns aber ganz wichtig, und da unterscheiden sich CDU und FDP wesentlich von den übrigen Fraktionen dieses Hauses. Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, in das Lohngefüge der privaten Unternehmen einzugreifen. Das ist originäre Aufgabe der Tarifpartner.
Deshalb rufen wir die Tarifpartner auf: Stehen Sie zu Ihrer Verantwortung, und tragen Sie dafür Sorge, dass Frauen und Männer bei gleicher Qualifikation und Eignung auch gleich bezahlt werden.
Gleichzeitig gibt es aber auch strukturelle Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt; die sind auszugleichen. Hier sehen wir wichtige Handlungsfelder des Landes. Noch immer ist das Berufswahlverhalten von Jungen und Mädchen viel zu unterschiedlich. Während die technisch-naturwissenschaftlichen Berufsfelder von den Männern dominiert werden, konzentrieren sich die Frauen – meine Vorrednerin hat es gesagt – immer noch auf zu wenige Berufszweige, meist im deutlich niedriger bezahlten Dienstleistungsbereich. Ich denke z. B. an Arzthelferinnen, Erzieherinnen oder die Pflegeberufe. Wir kümmern uns deshalb darum, dass der Bildungs- und Erziehungsplan flächendeckend im Land eingesetzt wird. Ich glaube, er führt zu einem breiten Echo in den Kindertagesstätten hier im Land.Wir glauben, dass er das richtige Instrument ist, um die Mädchen bereits im Kindergartenalter und in der Grundschule viel stärker auch für die MINT-Berufe zu interessieren, für Technik und Naturwissenschaften zu motivieren.
Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gerade in den westlichen Bundesländern – das ist leider historisch bedingt – gab es früher zu wenige Wahlmöglichkeiten aufgrund mangelnder Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Deshalb waren es meistens die Frauen, die längere Zeit aus dem Berufsleben ausgeschieden sind und nach ihrem Wiedereinstieg oft in Teilzeit arbeitend deutlich schlechter bezahlt wurden oder einen Karriereknick hinnehmen mussten. Das ist natürlich ein weiterer Grund für dieses strukturelle Ungleichgewicht.
Deshalb werden wir der beruflichen Wiedereinstiegsphase unser besonderes Augenmerk widmen. Wir halten auch die Einführung des Elterngeldes und der Partner
monate für den richtigen Weg, weil wir natürlich erst einmal ein Bewusstsein dafür schaffen müssen, dass auch Männer Erziehungsurlaub nehmen können und dies auch von ihren Berufskollegen und ihren Arbeitgebern akzeptiert wird.
Wir wollen eine Verbesserung der Kinderbetreuung auch für unter Dreijährige, mehr zeitliche Flexibilität durch verbesserte Öffnungszeiten und den Einsatz von Tageseltern. Wir wollen die beruflichen Nachteile für Frauen auf diese Weise reduzieren.
Das Land Hessen spielt bei der Beseitigung des Entgeltungleichgewichts eine Vorreiterrolle. Das Ziel unseres Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes ist, die Chancengleichheit der Frauen zu verbessern. Das macht die Landesregierung bereits durch vielfältige Maßnahmen: Von Personalentwicklung über Mentoring bis zum Audit Familie und Beruf ist sie Vorbild auch für die Unternehmen in unserem Land.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch ein ganz wichtiges Element zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf erwähnen, weil es ganz aktuell ist.Wir haben in dieser Woche bereits darüber gesprochen. In der Tarifeinigung für die Landesverwaltung ist die Telearbeit verankert und ausgeweitet worden. Ich glaube, das ist zu Recht geschehen, denn ich bin davon überzeugt, dass das ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Karrierechancen unserer Frauen in der hessischen Verwaltung ist. Diesen Weg wollen wir weitergehen. Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag.Wir freuen uns auf die Debatte im Ausschuss.
(Günter Rudolph (SPD): Erklären Sie uns, warum es in der FDP-Fraktion nicht mehr so viele Frauen gibt!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN,hätten nur die Frauen in Hessen gewählt, dann wären Sie uns erspart geblieben. Dann hätten Sie nur 4,2 % der Stimmen bekommen. Das nur als kleiner Hinweis an Sie.
Die Frauen sind in manchen Dingen wirklich schlau. Das muss man hier einmal klar sagen. 4,2 % der Frauen hätten DIE LINKE gewählt. Machen Sie sich einmal Gedanken darüber.
Laut einer aktuellen EU-Statistik, die sich auf Zahlen aus dem Jahr 2007 bezieht, ist das Einkommen der Frauen durchschnittlich um 23 % geringer als das der Männer. Das ist das Thema, mit dem wir uns heute beschäftigen. Das ist im Vergleich mit anderen Staaten der EU ein sehr schlechtes Abschneiden Deutschlands, und das, obwohl 59 % der Hochschulabsolventen Frauen sind.
Was sind die Ursachen dafür? Was ist das Thema, mit dem wir uns beschäftigen müssen? Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Problem, das immer wieder Frauen trifft – oder in weitem Ausmaß gerade die Frauen trifft. Nach einer Studie des DGB ist ein Drittel der Lohndifferenz nicht erklärbar und resultiert wohl aus kulturellen Einflüssen. Was bedeutet das? Gewisse Berufe waren für Frauen über viele Jahre nur schwer zugänglich.Die Arbeit und die Leistung von Frauen werden oft weniger geschätzt. Frauenberufe werden geringer bewertet.Traditionelle Einstellungen – Ernährerlohn für den Mann, Zuverdienstmöglichkeiten für die Frau –: Das finden Sie auch noch in unserem Steuersystem hinterlegt. Es wäre ein wichtiger Punkt, das dort einmal anzugehen.
Wie kann man diese negativen Einflüsse vermindern? Flächendeckende Angebote für Betreuung, Wiedereinstieg nach der Familienpause erleichtern, flexible Arbeitszeitmodelle und vieles andere.
Was muss darüber hinaus noch geleistet werden? Da gehe ich kurz auf den Antrag der GRÜNEN ein. Im Endeffekt unterscheiden wir uns in zwei Punkten. Sie fordern eine Quote und einen Mindestlohn. Mindestlöhne sind aus unserer Sicht Ladenhüter. Deshalb ist damit schon begründet, warum wir mit Ihrem Antrag mit Sicherheit große Probleme haben. Dies ist nach unserer Ansicht nicht das richtige Mittel.