Protokoll der Sitzung vom 25.08.2011

Die Drohung des Herrn Rentsch, notfalls solle Hessen einen eigenen Weg gehen, ist völlig falsch und kontraproduktiv.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich kann die Mitglieder der CDU da nur bitten: Meine Damen und Herren, bleiben Sie da hart. – Herr Wintermeyer hat wahrscheinlich den Mitgliedern der CDUFraktion die Dinge dargestellt.

Worum geht es? – Es geht natürlich auch um Geld, das wir über den Staat an viele Bereiche geben. Ich kann da Herrn Kollegen Rolf Müller ansprechen. Alle Fraktionen sind bei den Freunden des Sports vertreten. Im Jahr 2009 flossen etwa 20 Millionen € über den Landessportbund in den Breitensport. Im Jahre 2010 waren es nur noch 18 Millionen €. Das ist ein Signal. Das sind 2 Millionen € weniger für Freizeitaktivitäten der Jugend. Das ist eine riesige Summe. Das können wir nicht hinnehmen. Deswegen brauchen wir die Einnahmen aus Toto und Lotto, die dem Breitensport, den kulturell Tätigen und sozialen Verbänden zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN sowie des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Das Geld soll nicht an gierige Anbieter gehen, die noch mehr Gewinnmaximierung erzielen wollen.

Herr Kollege Rudolph, Sie denken an die Redezeit.

Deswegen – –

(Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Herr Kollege Greilich, Ihr Fraktionsvorsitzender aus Schleswig-Holstein kann sich von der Lobby der Automatenindustrie und der Lizenzvergeber nach Sylt einladen lassen. Das ist mir gerade einmal egal. Wir vertreten die Interessen der breiten Mehrheit der in vielen Organisationen gesellschaftlich engagierten Frauen, Männer und Jugendlichen.

(Florian Rentsch (FDP): Seit wann ist das denn der Fall?)

Wir wollen, dass die Einnahmen aus Lotto und Toto weiterhin dorthin fließen. Deswegen brauchen wir den Glücksspielstaatsvertrag. Wenn 15 Länder dabei sind, dann ist das gut. Wenn die FDP nicht dabei ist, können wir auch damit leben. An die Mitglieder der CDU gerichtet sage ich: Bleiben Sie standhaft. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Vielen Dank. – Das Wort erhält nun Herr Kollege Bauer. Er spricht für die CDU-Fraktion.

(Leif Blum (FDP): Bei Toto und Lotto gibt es nichts mehr zu verteilen! Das ist das Problem!)

Hochverehrter Herr Präsident! Nach der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Glücksspielmonopol ist es äußerst kompliziert geworden, eine Regelung für den Glücksspielmarkt zu finden, und ein Konsens der Bundesländer scheint gerade selbst zum Glücksspiel geworden zu sein. Weil das gewerbliche Glücksspiel aber unter die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit fällt und Unternehmen gegen Beschränkungen geklagt hatten, musste sich der Europäische Gerichtshof mit der Situation in Deutschland beschäftigen.

Der Glücksspielmarkt erwirtschaftet geschätzt über 10 Milliarden € Umsatz jährlich, und jede staatliche Regelung kollidiert unweigerlich mit der unternehmerischen Freiheit derer, die sich auf dem Markt wirtschaftlich betätigen möchten. Es gilt also, die staatliche Monopolisierung einerseits und die unternehmerische Freiheit andererseits gegeneinander abzuwägen.

Aber, meine Damen und Herren, der Glücksspielmarkt ist kein Markt wie jeder andere. Mit dem Glücksspiel sind erhebliche Gefahren verbunden. Dies erfordert nach unserer Auffassung eine Regulierung. Die mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren sind zu groß, als dass man die Spieler allein den freien Kräften des Marktes überlassen könnte.

(Beifall bei der CDU)

Für uns ist es deshalb keine Frage: Der Staat muss seinem Schutzauftrag gegenüber dem Bürger uneingeschränkt nachkommen und ihn wahrnehmen.

Um den Gefahren entgegenzutreten, müssen wir künftig die nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs möglichen, in der Rechtsprechung verbliebenen Spielräume auch nutzen, denn der Europäische Gerichtshof lässt den Mitgliedstaaten ja grundsätzlich noch ein Ermessen bei der Wahl und Ausgestaltung der zu erlassenden Rechtsvorschriften.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sehr gut!)

Diese müssen klug genutzt werden. Eine ausschließliche Monopolisierung des Lottos zur Gefahrenvermeidung und zugleich eine Freigabe des übrigen Glücksspiels wären sicherlich unzulässig. Das ist eine schwierige Aus

gangslage, denn es gibt gute Gründe, am Lottomonopol festzuhalten, und es gibt auch gute Gründe, den Glücksspielmarkt in Teilbereichen zu liberalisieren. Dies gilt es bei der hier angesprochenen Neuordnung des Glücksspielstaatsvertrags entsprechend zu berücksichtigen.

Die Ziele des bisherigen Glücksspielstaatsvertrags sind nach wie vor gültig und aktuell. Ich möchte sie noch einmal in Erinnerung rufen: Wir sind nach wie vor für ein öffentlich-rechtliches Monopol für das Glücksspielangebot. Wir sind für die Bekämpfung und Begrenzung des Glücksspiels und die Lenkung des natürlichen Spieltriebs in geordneten Bahnen. Wir sind für eine Verhinderung des Ausweichens auf illegale Glücksspiele, und wir sind auch für die Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes, ebenso wie für die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Durchführung der Glücksspiele und auch für die Betrugsbekämpfung und für die Abkehr von der durchaus auffälligen Begleitkriminalität.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das haben wir in der Vergangenheit gesagt, und wir haben uns dafür eingesetzt. Dies werden wir auch in Zukunft tun; denn die Kehrseite des Glücks im Spiel ist nicht einfach Pech in der Liebe, wie es so schön im Sprichwort heißt, sondern oftmals Sucht und sozialer Niedergang. Das bedeutet, wir müssen Lösungen für den sogenannten grauen Bereich finden, insbesondere bei den Sportwetten. Hier werden enorme Umsätze erzielt. Dort, wo Kontrolle und Schutz nicht hinreichen, fließt sehr viel Geld am Staat vorbei. Der Schwarzmarkt ist enorm, und ein Großteil der Sportwetten wird über das Internet im Ausland getätigt. Hier brauchen wir eine staatliche Kontrolle, die aber auch den Belangen der Internetgeneration gerecht wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben es schon von anderen Kollegen gehört: Bei Lotto, bei Oddset und bei den Spielbanken hingegen sinken die Umsätze, durchaus mit beachtlich negativen fiskalischen Folgen im Hinblick auf die Sport-, Wohlfahrtsund Kulturförderung. Das können und wollen wir – Kollege Rudolph hat es gesagt – nicht hinnehmen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 80/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Deshalb sind wir nach wie vor der Auffassung, dass es bei dem staatlichen Monopol bleiben sollte, aber künftig wird es auch in einem begrenzten Bereich konzessionierte Betriebe z. B. bei den Sportwetten geben.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist denn mit Ihrem Koalitionspartner los? Schläft der?)

Sportwetten können und sollen auch von einer begrenzten Zahl privater Anbieter durchgeführt werden.

Meine Damen und Herren, aufgrund der EU-Hinweise muss es bei noch drei offenen Bereichen eine Klärung geben – Staatsminister Wintermeyer hat es erwähnt –: Die Höhe der Konzessionsabgabe, die Höchstzahl der Sportwettenkonzessionen sind noch zu klären, und auch das Angebot von Kasino und Poker im Internet gilt es noch zu regeln.

(Beifall des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Um den Gefahren des Glücksspiels zu begegnen, braucht es nicht nur eine Suchtprävention, es braucht Jugendschutz sowie auch die Eindämmung von Begleit- und Umweltkriminalität. Deshalb sind wir sehr froh, dass auch Staatsminister Rhein hier mit seinem Spielhallengesetz den richtigen Weg eingeschlagen hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, wir brauchen – das sage ich zum Schluss – eine gemeinsame Lösung, ein Flickenteppich wäre keine gute Lösung. Daran sollte die Hessische Landesregierung aktiv mitwirken. Wir sind sehr sicher, dass wir eine Regelung zustande bringen können, die in der differenzierten Rechtsprechung beides ermöglicht, nämlich das Lottomonopol zu erhalten und Licht in den grauen Markt zu bringen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Bauer. – Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen mehr zum Punkt 54. Damit ist das abgehakt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 55 auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Keine Ausweitung der Sonntagsarbeit in Hessen – Bedarfsgewerbeverordnung stoppen) – Drucks. 18/4343 –

Das Wort hat der Kollege Schaus.

(Günter Rudolph (SPD): Können wir die beiden Anträge dann mit aufrufen?)

Die beiden Anträge werden danach aufgerufen und abgestimmt? – Da sind sich alle einig. Herr Kollege Schaus hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im November 2010 gründete sich landesweit eine Allianz für den freien Sonntag. Sie besteht aus kirchlichen Organisationen und den DGB-Gewerkschaften. Ihr Ziel ist es, eine gesellschaftliche Debatte über Sonntagsarbeit zu führen.

Diese Allianz ging bei ihrer Gründung davon aus, dass die Novellierung des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes in diesem Jahr mit einer mündlichen Anhörung im Hessischen Landtag verbunden sei. Dass die Landesregierung nun aber das Ladenöffnungsgesetz in einem Sammelgesetz unter weiteren 18 Gesetzesänderungen versteckt hat und CDU und FDP eine Herausnahme aus dem Paket verhindert haben, ist ein Schlag ins Gesicht dieser Initiatoren.

(Beifall bei der LINKEN)

CDU und FDP machen Politik durch die Hintertür und verweigern diese wichtige Debatte – das ist weder christlich noch arbeitnehmerfreundlich. Deswegen haben wir dies heute auf die Tagesordnung gesetzt.

Fast parallel und in aller Stille wird die Landesregierung eine Bedarfsgewerbeverordnung erlassen, in der weitest

gehende Ausnahmen vom Sonntagsarbeitsverbot vorgenommen werden sollen; denn mit dieser Verordnung sollen die bisher notwendigen Antragstellungen zur Sonntagsarbeit in verschiedenen Branchen aufgehoben werden.