Protokoll der Sitzung vom 25.08.2011

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU)

Wer über den Hessentag redet, kommt nicht umhin, sich in Erinnerung zu rufen, warum er in unserem Bundesland entstanden ist. Es war die Idee – ich sage, es war die gute und richtige Idee – des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Georg August Zinn, für Hessen ein identitätsstiftendes Fest auszurichten, damit sich die Menschen in Hessen, vor allem aber auch diejenigen, die nach den Wirren des Krieges nach Hessen gekommen sind, in einer schwierigen Zeit – nach dem Krieg fand sich Hessen in einem Gebiet wieder, das, historisch gesehen, eine neue Ordnung darstellte – zu einer Gemeinschaft in unserem Bundesland zusammenfinden konnten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Holger Bellino (CDU))

Diese Idee Georg August Zinns hat auch heute nichts von ihrem Reiz verloren. Sie ist immer noch richtig.

Meinethalben mag das jetzt unter geändertem Vorzeichen geschehen. Aber auch heute kann der Hessentag ein identitätsstiftendes Fest und ein integrierender Anker für alle und für die vielen Menschen sein, die zu uns nach Hessen kommen und in Hessen eine neue Heimat finden wollen. Auch heute noch gilt der Ausspruch von damals, der das Leitmotiv aller Hessentage ist und sein soll:

Hesse ist, wer Hesse sein will.

Das ist so aktuell wie zuvor.

Richtig ist, dass sich der Hessentag im Laufe der Zeit gewandelt hat. Herr Kollege van Ooyen, er ist und bleibt aber eine Bühne für die vielfältigsten gesellschaftlichen Gruppen, sozialen Gruppen, Vereine und Verbände aus ganz Hessen. Sie können sich den Menschen präsentieren.

Zugleich ist er aber auch eine Schau dessen, was die hessischen Bürgerinnen und Bürger mit ihrem ehrenamtlichen Engagement, aber auch die hessische Wirtschaft zu leisten vermögen. Dazu, das will ich zumindest Ihnen ganz deutlich sagen, gehören für die CDU und die FDP dieses Hauses auch unsere Bürger in Uniform. Dazu gehören die Polizei und die Bundeswehr mit ihren Standorten in Hessen. Deswegen wird es mit dieser Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen immer einen Hessentag geben, an dem auch die Polizei und die Bundeswehr teilnehmen. Sie werden dort ihren Raum finden.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich bin den GRÜNEN vom Grundsatz her durchaus dankbar dafür, dass sie dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben. Denn schlussendlich ist es gerade auch in Zeiten der Schuldenbremse immer unsere Aufgabe, darüber nachzudenken, wie wir die Dinge verändern und gegebenenfalls auch verbessern können.

Das ist unbestritten. Wer mit offenen Augen über den Hessentag läuft und die Tradition des Hessentags im Kopf hat, der mag schon feststellen, dass es richtig ist, dass wir von Zeit zu Zeit innehalten und über die Ausrichtung, Inhalt und vielleicht auch die zeitliche Abfolge dieses für Hessen so wichtigen Festes nachdenken.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Insoweit glaube ich, dass wir in aller Unaufgeregtheit, aber auch ohne Vorfestlegung immer offen für einen gemeinsamen Dialog sein sollten. Wir sollten den Hessentag in seiner Konzeption immer wieder neu überdenken. Wir sollten ihn besser machen und für die Zukunft immer wieder neu ausrichten, damit das geschieht, was sich Georg August Zinn und alle seine Nachfolger gewünscht haben, nämlich dass es ein Fest für alle Hessinnen und Hessen und für die Menschen ist, die hier schon lange leben, aber auch für die Menschen, die zu uns gekommen sind. Auch in Zukunft sollte das auf tragfähige Füße und auf ein tragfähiges Fundament gestellt werden.

In diesem Sinne ist zumindest meine Fraktion zu jedem Dialog bereit. Wir stehen aber fest zum Hessentag als Fest für alle Hessinnen und Hessen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Blum, danke. – Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Wiegel zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Hessentag gehört zu den ältesten, größten und wohl auch bedeutendsten Landes- und Heimatfesten in Deutschland. Diese Veranstaltung, zur Integration von

Neu-Hessen im damals jungen Bundesland durch den schon mehrfach angesprochenen Ministerpräsidenten Georg August Zinn geschaffen, hat sich im Laufe von 51 Jahren weiterentwickelt – von Folklore zu einem Fest auch für die junge Generation der Jetztzeit. Neben der Landesausstellung, dem großen Hessentagsumzug am Sonntag und den vielen kulturellen Veranstaltungen wie den Konzerten gehören mehrere Hunderttausend Besucher zum Bestandteil unseres Landesfestes. Gerade die Entwicklung der Besucherzahlen in der Zeitfolge zeigt doch – in 1961 in Alsfeld waren es schon damals 40.000 Menschen, heute sind es 1 Million –, die Anziehungskraft des Hessenfestes ist ungebrochen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Der Besucherrekord in diesem Jahr 2011 von sage und schreibe 1.375.000 Menschen in Oberursel zeigt uns, dass auch das Konzept stimmt.

Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Punkt sind die jährlichen Treffen von Verbänden, Vereinigungen und Landsmannschaften auf dem Hessentag – ob VdK, Landfrauen, Trachtenvereinigungen: Viele Hilfsorganisationen und auch Initiativen, die sich und ihre Arbeit vorstellen, haben den Hessentag in ihrer Jahresplanung als festen Termin eingeplant. Ob dies bei einer Verschiebung auch noch so sein wird, muss man abwarten. Aber dazu gehören aus Sicht der CDU auch die Bundeswehr wie auch die Polizei, die sich dort vorstellen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Diese Akzeptanz belegen auch die zahlreichen Befragungen des Hessischen Statistischen Landesamtes, die regelmäßig gute Noten seitens der Bürger für den Hessentag ermitteln. Diese Zufriedenheit sollten doch auch die GRÜNEN an ihrem Fraktionsstand im Landeszelt spüren, davon gehe ich doch aus, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zutreffend ist aber auch, dass der Hessentag immer nur durch hohe Kosten für Vorleistungen und Durchführungen bei der jeweiligen Kommune in den Negativschlagzeilen steht. Ja, ein Hessentag kostet das Land und die Kommunen Geld, aber eben nicht nur für Veranstaltungen, sondern auch für jede Menge dauerhafter Infrastruktur. Man schaue sich nur einmal die letzten Städte an, die den Hessentag ausgerichtet haben, und betrachte sich, welche Zukunftsinvestitionen dort getätigt wurden – ob in Straßen, ÖPNV, Gebäuderenovierung, Neubau und vieles andere mehr. Wir bedauern die vorgesehene Absage der Stadt Vellmar für die Ausrichtung des Hessentages 2013 ebenso wie die bereits erfolgte Absage für 2010 der Stadt Alsfeld. In Alsfeld war die Finanzmisere durch vormals politisch Verantwortliche hausgemacht, das muss man auch wissen.

(Zuruf von der CDU: Wer hat denn da regiert?)

Das war ein Herr Diestelmann. – Aber es stehen auch andere nordhessische Kommunen bereit, auch das ist hier deutlich geworden, die den Hessentag 2013 übernehmen wollen; denn sie wissen, welche Vorteile sie aus diesen Veranstaltungen ziehen können: Die Bekanntheit und das Renommee der Städte werden massiv gefördert.

Die Intention des Antrags der GRÜNEN, heute über ein zweijähriges Intervall für die Ausrichtung des Hessentages zu sprechen, erscheint mir sehr opportunistisch. In den vergangenen Jahren war das kein Thema. Jetzt plötzlich,

wo Ihr Ortsverband in Vellmar mit Plakaten dagegen mobil macht – ich habe eines mitgebracht, Herr Präsident, wenn ich es einmal zeigen darf –,

(Der Redner hält ein Plakat hoch)

ist man plötzlich auch dagegen und will von den bisherigen Traditionen abweichen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt überhaupt nicht!)

Was Georg August Zinn 1961 als Ziel ausgegeben hat, nämlich Hessen für die Menschen erreichbar zu machen, Verständnis für andere zu haben und sich besser kennenzulernen, gilt auch oder gerade heute, noch mehr als damals. Daran werden wir als CDU festhalten.

Herr Kollege Wiegel, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen. Ihre fünf Minuten Redezeit sind um.

Jawohl. – Zudem nutzt es der ausrichtenden Stadt auch nichts, ob der Hessentag nur alle zwei Jahre stattfindet, die Kosten für sie blieben ja wohl die gleichen. Auch eine Verkürzung des zeitlichen Umfangs von jetzt zwei Wochenenden bringt im Hinblick auf enorme Investitionen für gemeindliche und regionale Infrastruktur wenig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Hessentag, das ist doch klar, ist ein Erfolg in jedem Jahr.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Danke, Herr Wiegel. – Es spricht Herr Rudolph für die SPD-Fraktion. Auch Sie haben fünf Minuten Redezeit. Bitte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, es ist bedauerlich, dass die Stadt Vellmar sich entschlossen hat, den Hessentag 2013 zurückzugeben. Es wurde von allen Kolleginnen und Kollegen zu Recht darauf hingewiesen: Der Hessentag unter dem legendären Ministerpräsidenten Georg August Zinn hat eine hohe Tradition. Er hat sich natürlich im Laufe der 50 Jahre auch verändert. Deswegen war es eigentlich immer unstrittig, einen Hessentag auszurichten. Andere Bundesländer haben ihm teilweise nachgeeifert – zwar in abgemilderter Form,

(Janine Wissler (DIE LINKE): „Abgemilderte Form“ ist gut!)

erstens in der Dauer, aber auch in der Art der Durchführung. Aber es war durchaus ein Erfolgsmodell, das ist gut so.

Ich erinnere mich noch – jetzt ist der Redner der FDP schon raus, das macht man vielleicht auch nicht –: Als Frau Wagner über viele Jahre Oppositionsführerin war, hat sie auch gefragt, ob man den Hessentag jedes Jahr machen muss. Also auch da gab es mehr als kritische Stimmen.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

FDP, Frau Lannert. Sie müssen schon richtig zuhören. – Natürlich ist es so, dass eine Regierung den Hessentag veranstaltet. Der Landtag kommt auch vor, da könnte man durchaus gelegentlich auch mal freundlich über die Rollenverteilung reden. Der Landtag spielt auch eine wichtige Rolle; denn wir repräsentieren das Land in erster Linie wohl auch als Landtag.

(Beifall bei der SPD)

Richtig ist aber auch: Ein Hessentag findet nur dann Akzeptanz vor Ort, wenn er auch von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung getragen wird. In Vellmar war es so, dass am Schluss – Herr Wiegel, Sie haben völlig recht, obgleich das Plakat von Ihnen sicherlich nicht hilfreich war, aber jetzt kriegen Sie es zurück; denn man muss immer alles berücksichtigen – der Fraktionsvorsitzende der CDU in Vellmar an der Spitze als einer derjenigen stand, die gegen den Hessentag waren.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn deswegen Kolleginnen und Kollegen in den Kommunalparlamenten vor Ort damit kleinkarierte parteipolitische Münze machen wollen, ist es schlecht. Richtig ist nämlich auch: Die Defizite der Hessentagsstädte in den letzten Jahren lagen immer zwischen 3 und 5 Millionen €, viel Geld. Nun kann man sagen, das kann man buchhalterisch nicht aufmessen. Aber in Zeiten, in denen Kommunen ohnehin Finanzprobleme haben, in denen das Land Hessen 344 Millionen € im Kommunalen Finanzausgleich kürzt, in denen es Steuerausfälle durch falsche steuerpolitische Entscheidungen gibt, kann man die Kommunen nicht alleinlassen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Steuersenkungspartei hat es ja noch immer nicht kapiert, vielleicht ist das ein Grund dafür, weswegen Sie in den Umfragen nach wie vor zwischen 3 % und 4 % herumgeistern, weil die Menschen das nicht wollen: Ein Staat muss handlungsfähig sein, auch und gerade bei Steuereinnahmen.