Protokoll der Sitzung vom 25.08.2011

Herzlichen Dank, Herr Kaufmann. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt unser Kollege Herr Roth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wer vom Kalten Krieg spricht, muss sich bewusst machen, was das bedeutet: zwei unversöhnt gegenüberstehende Fronten, aufgerüstet, hochgerüstet bis über die Haarspitzen. Angesichts einer solchen Situation ist es gut, aus einem solchen Lager auszubrechen und das zu tun, was Frank Kaufmann gesagt hat. Was ist Gegenstand dieser Debatte? Gestatten Sie mir, dass ich dazu drei Sätze vorlese:

Der Landtag begrüßt, dass die US-Streitkräfte in Europa das Hauptquartier des amerikanischen Heeres von Heidelberg nach Wiesbaden verlegt haben. Diese Entscheidung ist weiterhin von hohem symbolischem Charakter.

Der Landtag wertet die Stationierung als Zeichen der engen Verbundenheit der US-Streitkräfte mit Hessen und Wiesbaden. Sie verdeutlichen die guten und freundschaftlichen Beziehungen, die für die Stationierung mit entscheidend waren. Die USTruppen sind in Hessen willkommen.

Diesen Beschluss, ein Dringlicher Entschließungsantrag, unterschrieben von den Kollegen Dr. Wagner, von Andrea Ypsilanti und Jörg-Uwe Hahn, am 15. Mai 2008 gefasst, haben wir am 12. August dieses Jahres umgesetzt, als wir das V. Korps in Erbenheim begrüßt haben. Warum die Aktuelle Stunde, wenn wir unserer Beschlusslage doch so treu sind? – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Ursula Ham- mann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Danke, Herr Roth. – Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Kollege Blum gemeldet. Wo ist er? Er ist nicht da. Dann spricht jetzt Herr Staatsminister Boddenberg, der sich schon gemeldet hat. – Herr Boddenberg, warten Sie bitte. Ich habe Herrn Blum nicht gesehen. Aber ich bitte schon, wenn Sie sich gemeldet haben, sichtbar zu sein. Bitte, Herr Blum, Sie haben das Wort.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Die FDP hat heute Morgen nicht so viele Erfolgserlebnisse!)

Herr Präsident, ich bitte vielmals um Entschuldigung, aber ich war nicht außerhalb des Plenarsaals, ich habe mich mit dem Kollegen Schaus – –

(Ernst-Ewald Roth (SPD): Jetzt fang an! – Janine Wissler (DIE LINKE): Er redet mit der Linkspartei!)

Herr Kollege Roth, ich habe fünf Minuten Redezeit. Womit ich die verbringe, das müssen Sie schon mir überlassen. Insoweit rate ich da zur Entspannung.

Ich will versuchen, es auch kurz zu machen, denn offen gestanden bin ich es eigentlich leid, mich auf Antrag der LINKEN immer und immer wieder über dieselben Themen unterhalten zu müssen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist doch auf Antrag der CDU, nicht auf Antrag der LINKEN! – Vizepräsidentin Sarah Sorge übernimmt den Vorsitz.)

Frau Wissler, das ist doch eine Reaktion auf die Äußerungen, die Sie mit Blick auf die Ansiedlung des amerikanischen Hauptquartiers für Europa hier in Wiesbaden getätigt haben.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wir haben in den letzten Wochen dazu gar nichts gesagt!)

Für meine Fraktion sage ich in aller Kürze und Klarheit: Wir begrüßen diesen Schritt. Wir begrüßen, dass das amerikanische Hauptquartier zukünftig nicht mehr in Heidelberg und damit in Baden-Württemberg, sondern hier in Wiesbaden, in Hessen sein wird.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es ist auch müßig, an dieser Stelle immer wieder irgendwelche alten Schlachtordnungen zu bemühen: welcher der beiden ehemaligen Blöcke mit der Militarisierung, der Aufrüstung usw. begonnen hat.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Tatsache ist, das kann ich als Darmstädter aus der eigenen Erfahrung durchaus sagen: Die Beheimatung von USTruppen in dieser Größenordnung ist eine Bereicherung für eine Stadt. Sie ist eine Bereicherung für die Entwicklung eines neuen Quartiers, für das gesellschaftliche Leben und beim Ausbau der Freundschaft mit den Amerikanern weit über militärische Fragen hinaus. Dass das in Wiesbaden jetzt in noch größerem Umfang als bisher möglich sein soll, empfinden wir als positiv. Deswegen ist das ein begrüßenswerter Schritt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann nicht verstehen – das will ich abschließend sagen –, wie man sich mit alten Parolen immer und immer wieder gebetsmühlenartig gegen eine solche Maßnahme wie diesen Umzug stellen kann.

Herr Kollege van Ooyen, ich kann Ihnen sagen: Für Darmstadt war es ein sehr trauriger Einschnitt, kein positiver Einschnitt, als klar war, dass die Amerikanerinnen und Amerikaner, die über Jahrzehnte mit uns gemeinsam das Stadtbild und das Stadtleben geprägt haben, uns verlassen würden. Und obwohl wir jetzt in der Konversion dieser Flächen für uns auch wieder neue Chancen entdecken und entwickeln, ist es noch heute so, dass ich unumwunden sagen kann: Wir vermissen die Amerikanerinnen und Amerikaner, weil sie unser Stadtleben bereichert haben.

Dass eine solche Chance jetzt in Wiesbaden besteht, ist und bleibt – ich habe es schon gesagt – positiv. Daran gibt es auch nichts herumzudeuteln und herumzukritteln. Deswegen wäre ich froh, wenn wir in Zukunft im Hessischen Landtag von diesen Debatten verschont blieben.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Janine Wissler (DIE LINKE): Wer hat sie denn beantragt? – Gegenruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Die Entscheidungen sind doch gefallen. Die Entscheidungen, die jetzt noch anstehen, sind Entscheidungen der Landeshauptstadt Wiesbaden im Sinne der Stadtentwicklung und der -planung. Deswegen wäre es gut, wenn Sie durch Ihre Äußerungen nicht immer wieder dazu beitrügen, dass man hier klarstellend in diese Prozesse eingreifen muss.

Für uns ist klar: Die Amerikanerinnen und Amerikaner, das amerikanische Hauptquartier der US-Armee in Europa sind in Wiesbaden und in Hessen auf das Herzlichste Willkommen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Blum. – Für die Landesregierung hat nun Herr Staatsminister Boddenberg das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kaufmann, gestern Abend noch habe ich bei einer Veranstaltung lobend über Sie gesprochen,

(Florian Rentsch (FDP): Was?)

weil Sie – immer erst den ganzen Satz zu Ende hören, Herr Kollege Rentsch – in diesem Parlament hin und wieder ein belebendes Element sind und auch einen gewissen Humor in sich tragen, den Sie uns bei vielen Gelegenheiten nicht vorenthalten.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Bei Ihrer Rede eben habe ich zugegebenermaßen ein wenig gezweifelt, ob dieses Lob angemessen war – zumindest, was diese heutige Debatte anbelangt. Denn, Herr Kollege Kaufmann, ich will schon sagen: Die Art und Weise, in der Sie sich hier mit Herrn van Ooyen beschäftigen, war mir ein wenig zu viel Klamauk und zu wenig ernsthaft, wenn es um die Hintergründe dieses Kollegen im Hessischen Landtag geht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Meine Damen und Herren auf der Zuschauertribüne – hier im Plenarsaal wissen das alle –: Herr Willi van Ooyen, der Fraktionsvorsitzende der LINKEN hier im Hessischen Landtag, war viele Jahre Geschäftsführer der Deutschen Friedensunion.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Stimmt!)

Diese Deutsche Friedensunion war nachweislich eine Einrichtung, die über äußerst lange Zeiträume von der Spitze der SED, namentlich von Erich Honecker, finanziell unterstützt worden ist.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Selbst zwei Tage vor seinem Ende als politischer Führer des SED-Regimes hat es seinerzeit noch eine Überweisung in Höhe von 3,1 Millionen DM an diese Deutsche Friedensunion gegeben.

(Zurufe von der CDU und des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege van Ooyen, ich will das deswegen ansprechen, weil ich glaube, es ist notwendig, dass wir uns mit Ihnen weiter in aller Ernsthaftigkeit auseinandersetzen – und dass möglichst viele Menschen wissen, wes Geistes Kind Sie sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Clemens Reif (CDU): Das ist ja etwas ganz Neues!)

Wir reden hier über die Rolle der amerikanischen Streitkräfte und damit auch über die Rolle der Bundeswehr in Deutschland, in Europa, auf dieser Welt, und Sie versuchen dabei, die Aufträge der NATO, der UN, die Aufträge derjenigen, die Frieden schaffen wollen und auf dieser Welt Frieden suchen,

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): In Kundus zum Beispiel!)

in einer Art und Weise zu diskreditieren, wie Sie es eben wieder getan haben, indem Sie davon reden, dass Amerikaner im Irak „ihr Unwesen treiben“. Wenn Sie es „Unwesen treiben“ nennen, dass amerikanische Streitkräfte

(Janine Wissler (DIE LINKE): Hochzeitsgruppen bombardieren!)

mit dafür gesorgt haben, dass einer der größten Diktatoren und Terroristen dieser Welt nicht mehr dort wirken kann, wo er gewirkt hat, dass es nicht mehr möglich ist, dass von diesem Terrorregime im Irak Zehntausende von Kindern und Frauen vergast werden – Herr van Ooyen, wenn Sie das „Unwesen treiben“ nennen, dann zeigen Sie damit sehr deutlich, wes Geistes Kind Sie sind. Ich glaube, das müssen Menschen in diesem Lande wissen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Willi van Ooyen (DIE LINKE): In Kundus zum Beispiel! – Janine Wissler (DIE LINKE): Woher kommen denn diese Bomben?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin Herrn Kollegen Schork sehr dankbar, dass er auf die wichtige Rolle der amerikanischen Freunde und auf die amerikanischen Streitkräfte in der Entstehungsgeschichte unseres Landes Hessen, aber auch der Bundesrepublik Deutschland, und damit in Europa und der Welt, aber eben ganz besonders hier in Hessen, hingewiesen hat. Es gibt eine Reihe von Symbolen, die diese traditionelle, historisch gewachsene Freundschaft nach dem Zweiten Weltkrieg beschreiben. Die Luftbrücke ist angesprochen worden. Bei der haben übrigens nicht nur Flugzeuge dafür gesorgt, dass die Menschen in Berlin Hoffnung haben durften, dass sie ein Teil der freien westlichen Welt bleiben, sondern bei diesen Einsätzen sind auch amerikanische Soldaten ums Leben gekommen. Meine Damen und Herren, es ist Hohn, wenn Sie in den letzten Tagen hierher gehen und der amerikanischen Seite vorwerfen, dass sie „kalte Krieger“ seien. Meine Damen und Herren, was sollen die Angehörigen dieser damals gestorbenen Soldaten von einem solchen Verhalten aus einem deutschen Parlament heraus halten und denken?

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine lieben Freundinnen und Freunde, zu dieser Partnerschaft gehört eine langjährige, intensive Beziehung zwischen der Hessischen Landesregierung und den amerikanischen Streitkräften. Ich freue mich, dass auch heute wieder Vertreter hier zugegen sind.