Ernst-Ewald Roth
Sitzungen
18/12
18/21
18/29
18/34
18/37
18/63
18/71
18/72
18/73
18/74
18/76
18/81
18/86
18/113
18/117
18/124
18/135
18/137
18/139
18/142
18/146
18/148
18/149
Letzte Beiträge
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist gerade vier Wochen her, da konnte ich zusammen mit dem zurzeit amtierenden Präsidenten auf den Golanhöhen stehen, unmittelbar an der syrischen Grenze, und einen Blick in dieses Land werfen. Vor uns, auf der rechten Seite, lag ein kleines Dorf, links eine Kleinstadt – ohne Fernglas und mit eigenen Augen gut zu sehen. Wir erfuhren, dass wenige Tage zuvor zwischen diesen beiden Orten ein erbitterter Kampf stattgefunden hatte: in dem Dorf Oppositionelle, die sich dort zusammengefunden hatten, und in der Kleinstadt Regierungstruppen, die wild aufeinander geschossen haben. Wenn man dort steht und das sieht, holt einen emotional ein, was man im Kopf schon vorher wusste: dass in diesem Land ein brutaler Krieg tobt.
Man kann nachvollziehen, warum in diesem Land etwa ein Viertel der Menschen – etwa 5 Millionen – auf der Flucht sind, 3,5 Millionen davon innerhalb des Landes und etwa 1,5 Millionen außerhalb in den benachbarten Ländern, einige wenige davon auch bei uns. Deshalb war es richtig, dass wir in der letzten Plenarsitzung einen gemeinsamen
Antrag verabschiedet und die Landesregierung einstimmig gebeten haben, eine Anordnung zu treffen, damit Syrer, die in unserem Land leben, die Chance bekommen, Angehörige zu sich zu holen. Das haben wir an Kriterien gebunden. Das ist so weit einvernehmlich geschehen, und das ist gut so.
Aber nachdem das Ministerium die Anordnung veröffentlicht hat, ist uns durch die Reaktion von Flüchtlingsorganisationen, mehr noch aber der Wohlfahrtsverbände und mir zuletzt auch durch Kirchengemeinden – die Domgemeinde in Wetzlar an erster Stelle – bald deutlich gemacht worden, dass sie bei allem Engagement, das sie zeigen, bei allem, was sie selbst einzubringen bereit sind, an Grenzen stoßen. Die Hauptgrenze, an die sie stoßen, ist die Krankenversicherung. Diese kann niemand von den Genannten übernehmen, in den allerwenigsten Fällen können es die hier lebenden Angehörigen der Syrer tun. Aus diesem Grund haben wir den Dringlichen Antrag nachgeschoben, um an dieser Stelle analog die Regelungen im Asylbewerberleistungsgesetz anzuwenden. Das ist der inhaltliche Punkt, um den es geht.
Den zweiten Teil will ich nutzen, um etwas zum Verfahren zu sagen. Alle Betroffenen und die Kolleginnen und Kollegen in den Fraktionen wissen, wie sehr meine Fraktion und ich bemüht waren, einen gemeinsamen Antrag hinzubekommen. Dazu stehen wir nach wie vor. Wir haben diesen Antrag auch in den Fraktionen abgestimmt – bis dahin, dass wir die Änderungswünsche der CDU im vorliegenden Antrag drin stehen haben. Wir sind nach wie vor für das gemeinsame Verfahren offen, aber die konkrete Situation der Betroffenen beunruhigt uns, und wir sind angesichts dieser Situation ungeduldig. Es muss einen Schritt weitergehen, damit das, was wir ursprünglich beabsichtigt hatten, auch bei denen ankommt, für die wir es in der letzten Plenarsitzung beschlossen haben.
Aus diesem Grund – das ist ein Fehler in der Tagesordnung – beantragen wir nicht eine direkte Abstimmung heute, sondern wir bringen diesen Antrag ein, damit er sowohl im Sozialpolitischen Ausschuss als auch im Innenausschuss beraten und dann in der nächsten Plenarsitzung verabschiedet werden kann.
Ich will zum Schluss ausdrücklich sagen: Unser Bemühen, zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen, geht so weit, dass wir im Verfahren – wenn wir dahin kommen, dass sich ein gemeinsamer Antrag abzeichnet – bereit sind, unseren sofort zugunsten eines gemeinsamen Antrags zurückzuziehen, der diese Fragen regelt. – Ich danke Ihnen.
Ich frage die Landesregierung:
Sind ihr Pläne bekannt, nach denen die Zuwendungen an das Polizeipräsidium Westhessen zur Durchführung des Präventionsprogramms „Puppenbühne“ gekürzt werden sollen?
Ich frage die Landesregierung:
Welche Maßnahmen und Integrationsansätze im Rahmen des Projekts Modellregionen Integration haben sich aus Sicht der Landesregierung so bewährt, dass die Landesregierung eine nachhaltige Förderung dieser Region bzw. einzelner Maßnahmen in Aussicht nimmt?
Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden: Die Regionen, die bisher nicht Modellregionen waren, sollen jetzt durch die Koordinatoren in den Genuss kommen, in den sie in der zurückliegenden Zeit nicht gekommen sind?
Herr Minister, können Sie sagen, um wie viele Personen es sich dabei handelt?
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war lange Zeit geneigt, zu diesem Dringlichen Antrag überhaupt nicht reden zu wollen. Denn wenn wir schon einen gemeinsamen Dringlichen Antrag hinbringen, dann erübrigt es sich eigentlich, dazu zu reden. Aber die Situation, mit der wir uns gemeinsam auseinandergesetzt haben und wegen derer wir diesen Dringlichen Antrag gemeinsam eingebracht haben, verdient es, in diesem Haus gewürdigt zu werden.
In Syrien ist Krieg. Es handelt sich um einen schlimmen Bürgerkrieg. Das ist ein Konflikt, der schon viel zu lange dauert. Er ist viel zu grausam. Es wurde viel zu viel Blut vergossen.
Das muss man sich bewusst machen. Es ist ein Land, in dem 21 Millionen Menschen leben. Davon sind 5 Millionen Menschen, also ein Viertel, derzeit auf der Flucht. 3,6 Millionen Menschen sind im Land selbst geflohen. Knapp 1,5 Millionen Menschen sind in die Nachbarländer geflohen. 80.000 Menschen sind bisher in diesem Krieg umgekommen.
Da ist es für ein Land wie das unsrige, das aus der Geschichte Flucht und Vertreibung kennt, eine Pflicht, nicht nur ein Zeichen zu setzen, sondern konkret zu helfen und das zu tun, was naheliegt. Es gibt Menschen, die hier leben und sagen: Wir wollen unsere Angehörigen zu uns holen. – Der Kreis sollte noch ausgeweitet werden. Wir sollten dem jetzt unbedingt eine Möglichkeit geben.
Vor vier Wochen war das noch nicht möglich. Ich bin heilfroh, dass wir das fraktionsübergreifend jetzt hinbekommen.
Man muss immer dazu sagen: Das ist an Bedingungen geknüpft. Da geht es um die Sicherung des Lebensunterhaltes. Das muss man sagen, damit das, was wir hier tun, in der öffentlichen Diskussion nicht in ein falsches Fahrwasser gerät.
Ich bin froh, dass wir das heute tun. Wir tun das an einem Tag, an dem Schweden entschieden hat, allen Syrern, die in Schweden um Asyl bitten, es zu gewähren. Ich glaube, das ist ein mutiger Schritt eines europäischen Landes. Angesichts des Krieges, der Vertreibung und der Flucht geht es so mit der Situation um.
Ich will einige wenige Sätze zum Dringlichen Antrag der Fraktion DIE LINKE sagen. Vieles von dem, was in dem Dringlichen Antrag steht, haben wir schon früher aufgrund von Anträgen hier miteinander diskutiert. Das wurde also schon eingebracht. Nachdem der dritte Absatz geändert wurde, werden wir diesem Dringlichen Antrag mit dem neuen Passus zustimmen.
Ich bin zuversichtlich, dass das, was die „Frankfurter Rundschau“ heute angekündigt hat, dass sich Hessen nämlich in der Hilfe für die Syrer einig ist, nicht nur für den heutigen Tag gilt, an dem wir die Schaffung dieser Aufnahmeanordnung anregen, sondern auch künftig gilt. Denn der Schrecken und der Konflikt in Syrien hat noch kein Ende.
Unabhängig davon, wie die kriegerische Auseinandersetzung und wie die militärische Auseinandersetzung in diesem Land ausgehen mag, und wer da noch alles einsteigt oder nicht einsteigt, haben wir jetzt ein deutliches Zeichen zu setzen. Das setzen wir, indem wir diese Anordnung heute anregen. – Herzlichen Dank.
Ich frage die Landesregierung:
Hat sie zwischenzeitlich Informationen darüber, wer für den Erhalt der Aartalbahn im Sinne des Hessischen Denkmalschutzes Verpflichteter ist?
Ich darf dann meine Frage aus der letzten Plenarsitzungsrunde wiederholen:
Wie bewertet sie aus denkmalpflegerischer Sicht Zustand und Zukunft der Aartalbahn als Hessens längstem Baudenkmal?
Ich frage die Landesregierung:
Wie bewertet sie aus denkmalpflegerischer Sicht Zustand und Zukunft der Aartalbahn als Hessens längstem Baudenkmal?
Sie haben das Stichwort „wirtschaftliche Zumutbarkeit“ genannt. Ich frage deshalb: Was gedenken Sie zu tun, falls die Nassauische Touristik-Bahn, die sich an der Instandhaltung der Strecke beteiligt, wegen der Verzögerung des Neubaus der Brücke in Konkurs geht?
Wie bewertete die Landesregierung das bisherige Nichthandeln der Landeshauptstadt Wiesbaden im Hinblick auf die notwendige Instandsetzung dieser Brücke, die Voraus
setzung für den wirtschaftlichen Betrieb der Nassauischen Touristik-Bahn ist?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst sind zwei, drei Klarstellungen zu treffen. Bei der Petition, die jetzt in Rede steht, handelt es sich nicht um eine Petition, die schon lange im Geschäftsgang ist und wo jemand den Versuch unternimmt – so wird das teilweise dargestellt –, sie noch möglichst lange im Geschäftsgang zu halten. Solche Petitionen kennen wir leider auch, ganz gleich, in welcher Fraktion. Ich erinnere nur an Petitionen, die im Innenausschuss noch anstehen.
Ich werde mich zum Inhalt der Petition hier nicht äußern. Aber bei dieser Petition handelt es sich um eine der Petitionen, wo wir in der Vorprüfungskommission einvernehmlich festgestellt haben, in Absprache mit dem Petitionsbereich, in Absprache mit der Landesregierung, dem Innenministerium, dass wir sie zeitnah abarbeiten, so wie das die Geschäftsordnung vorsieht, und dass diese Petitionen einen Vermerk bekommen, nicht vor dem 31.03. in den Vollzug zu gehen. Wir haben aber gleich dazugesagt, jede einzelne Petition bekommt eine Berichterstatterin oder einen Berichterstatter, wie das im normalen Verfahren vorgesehen ist, und sie oder er schaut sich die Petition im Detail an. Das ist auch bei dieser Petition geschehen.
Unter den vielen Petitionen, die wir in den letzten Wochen nach diesem Verfahren ordentlich behandelt und abgewickelt haben, gab es eine, wo die Berichterstatterin gesagt hat: „Hier wäre es zwingend notwendig, noch ein paar Informationen zu bekommen. Ich garantiere,“ – so war das in der letzten Sitzung – „dass sie in der Folgesitzung, also in der nächsten Ausschusssitzung, abgeschlossen werden kann.“ Es muss das Recht der Berichterstattung sein, und das ist auch in der Geschäftsordnung so grundgelegt,
von einer Sitzung zur nächsten zu schieben, d. h. nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, sondern die Fragen zu klären, die noch zu klären sind, und dann zu einem Beschlussvorschlag zu kommen. Hier gibt es kein Verschulden, dass das ewig lange hinausgezogen wäre. Ich lese die Geschäftsordnung so, dass die Berichterstattung den Beschlussvorschlag macht. Im konkreten Fall sind wir im Petitionsausschuss davon abgewichen, und das halte ich für eine falsche Entscheidung.
Abschließend will ich noch einen Satz ergänzen. Das hat die Kollegin Wallmann eben beschrieben. Von der Sache her werden wir bei dieser Petition wahrscheinlich überhaupt keinen Dissens haben. Die Frage, die hier ansteht, ist eine Frage des Verfahrens. Da appelliere ich an alle Fraktionen des Hauses, dem Antrag der GRÜNEN zuzustimmen, die Petition noch einmal in den Petitionsausschuss zu geben, damit sie dort in der nächsten Sitzung ordentlich abgestimmt werden kann. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit dem Dank beginnen. Ich erspare mir, jetzt die Namen einzeln zu nennen, aber ich danke zuallererst dem Petitionsreferat, das sehr sach- und fachkundig die Abgeordneten auf die Sitzungen vorbereitet und immer wieder auf den einen oder anderen Punkt aufmerksam macht.
Ich bedanke mich insbesondere bei den Ministerien, die so, wie es vorgesehen ist, ihre Hausaufgaben ordentlich gemacht haben und ordentlich machen. Da muss man an erster Stelle das Innenministerium nennen, nicht in der Gesamtheit – das wäre falsch –, aber insbesondere für die Ausländerpetitionen. Frau Wallmann hat zu Recht Frau Ruf-Hilscher genannt, die diejenige ist, die aus den Ministerien am beständigsten im Petitionsausschuss anwesend ist und, ob es mir bei der einen oder anderen Entscheidung
passt oder nicht, immer klar zu der Frage, die ansteht, etwas sagen kann. Dafür herzlichen Dank.
Ich könnte jetzt zu vielen Punkten, die angesprochen worden sind, aus meiner Sicht etwas sagen. Ich muss das, was schon gesagt ist, nicht noch einmal bestätigen. Ich will aber einen Punkt herausgreifen und zitiere aus dem Vierten Bericht:
Leider ist es immer noch nicht möglich, Petitionen online einzureichen, da sich einige im Landtag vertretene Fraktionen gegen die dafür erforderliche Änderung der Geschäftsordnung noch in dieser Wahlperiode ausgesprochen haben.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, mir ist es unterm Strich egal, wer sich dagegen ausgesprochen hat. Ich finde es äußerst misslich, dass das noch nicht geschehen ist, obwohl der erste Antrag dazu in der 16. Wahlperiode vorlag. In der 17. Wahlperiode gab es dazu einen Antrag, und jetzt haben wir – das ist ein Fortschritt – einen fraktionsübergreifenden Antrag. Alle fünf Fraktionen sind der Meinung, wir müssen die Geschäftsordnung an dem Punkt ändern; denn an der Stelle – so viel Kommentar sei gestattet – ist Hessen kein Leuchtturm.
15 Bundesländer und ein Bundestag, in allen sind Onlinepetitionen möglich, mit einer kleinen Einschränkung in Brandenburg, nur in Hessen nicht. Das ist mit Blick auf einige Petitionen, die eingehen, ein Problem. Frau Kollegin Öztürk hat viele davon genannt. Ich nenne noch die 127.000 Unterzeichner der KiföG-Petition. Das sind derzeit im Petitionsreferat 14 Aktenordner Unterschriften. Das wäre deutlich leichter zu haben, wenn diese Petition online eingereicht werden könnte. Es muss auch niemand Angst haben, dass durch die Onlinepetitionen – das beweisen alle anderen Bundesländer – die Zahl der Petitionen deutlich ansteigen würde.
Aber die Petenten verändern sich. Ich bin vom Alter her selbst betroffen. Bei den Sprecherkonferenzen wird jeweils deutlich, dass bei dem Verfahren vor online in der Regel Männer im Alter von 60 aufwärts die Petitionen einreichen, im Gros. Seit Onlinepetitionen eingeführt sind, haben sich die Petenten, ohne die einzelnen Petitionen bewerten zu wollen, verändert. Es kommt ein ganz anderes Spiegelbild der Gesellschaft in den Petitionen zum Vorschein.
Deshalb greife ich noch einmal die gemeinsame Initiative der Vorprüfungskommission auf, die einen Änderungsantrag zur Geschäftsordnung des Hessischen Landtags vorbereitet hat. Im Wesentlichen geht es dabei um einen einzigen Satz. In § 98 Abs. 1 der Geschäftsordnung soll folgender Satz hinzugefügt werden:
Der Schriftform genügt auch eine per E-Mail übermittelte Eingabe, wenn das auf der Internetseite des Landtags für elektronische Petitionen zur Verfügung gestellte Formular verwendet wird.
Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, warum wir diesen Passus nicht in die Geschäftsordnung aufnehmen können. Damit würden wir vielen Ministerien, dem Petitionsreferat und dem einen oder anderen Abgeordneten das Arbeiten mit der Petition deutlich erleichtern, ganz zu schweigen von den Petentinnen und Petenten, denen es leichter möglich wäre, einen Zugang zu diesem Landtag zu finden.
Deshalb erlaube ich mir, am Ende eine Einladung an alle Fraktionen auszusprechen, die eigene Fraktion eingeschlossen. Seit gestern ist es ja offensichtlich möglich, dass hier auch fünf Fraktionen gemeinsam Anträge einbringen.
Ich schlage vor, nach den Osterferien noch einmal einen Vorstoß zu unternehmen. Wir sollten diese Geschäftsordnungsänderung nicht mit allen möglichen anderen Änderungen überfrachten, die womöglich länger Zeit brauchen. Diesen einen Punkt sollten wir aber auf jeden Fall ändern, und zwar noch in dieser Legislaturperiode.
Ich will überhaupt nicht vorpreschen mit der eigenen Fraktion, aber ich bin bereit, die Vorarbeit zu leisten. Ich lade die anderen Fraktionen ein, noch in dieser Legislaturperiode zu einem fraktionsübergreifenden Antrag zu kommen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich danke dem Herrn Präsidenten ausdrücklich, dass er das Stichwort für den Anfang meiner Rede genannt hat. Es ist schon beeindruckend, dass wir wenige Tage vor Weihnachten über dieses Thema diskutieren. Wenn es ein Thema gibt, das sich bis auf den heutigen Tag sowohl durch die jüdische als auch durch die christliche Tradition zieht, dann ist es das Thema Asyl. Das Recht auf Asyl ist eines der sensiblen Rechte, die wir Gott sei Dank in unserer Verfassung haben.
Ich glaube, das Thema Asyl und vor allen Dingen die Schicksale, die dahinter stehen, eignen sich nicht, um sich in die eine oder in die andere Richtung zu profilieren.
Die Zahlen sind genannt worden. 1992, also in dem Jahr, bevor das Asylbewerberleistungsgesetz verabschiedet wurde, hatten wir in unserem Land rund 450.000 Asylanträge. In diesem Jahr werden es – bei vorsichtigen Schätzungen – etwa 50.000 Anträge sein; im Vergleich also knapp 10 %. Ich glaube, dieses Verhältnis macht deutlich, welche Bedeutung das Thema Asyl heute im Vergleich zu der Zeit vor 20 Jahren hat. Mit der Verabschiedung des Asylbewerberleistungsgesetzes hat man 1993 auf die Situation reagiert. Wer wollte es leugnen: Das Asylbewerberleistungsgesetz hatte auch eine abschreckende Wirkung.
Wir leben jetzt aber im Jahr 2012 und betrachten die Situation etwas anders, denn in diesem Jahr hat uns das Bundesverfassungsgericht ins Stammbuch geschrieben, mit den Regelsätzen ordentlich umzugehen. Das Verfassungsgericht hat die Regelsätze für verfassungswidrig erklärt. Wenn man aufseiten von CDU und FDP der Opposition nicht glauben will, dann bitte ich doch darum, an der Stelle wenigstens dem Verfassungsgericht zu glauben.
Außer der Höhe der Regelsätze hat das Verfassungsgericht auch angemahnt, dass die Regelsätze transparenter und nachvollziehbar sein müssen. Es hat lange gedauert, bis an der Stelle überhaupt etwas in Gang gekommen ist. Die Bundestagsfraktion der SPD hat aus diesem Grunde mehrmals auf diesen Missstand hingewiesen. Ich nehme als Beispiel die Beträge, die Mitte dieses Jahres ausgezahlt wurden: Ein Alleinstehender hat in der Grundsicherung für Arbeitsuchende 374 € pro Monat erhalten, während ein Flüchtling mit 225 € auskommen musste. Das sind 40 % weniger – bei einem Betrag, über den wir hier schon oft diskutiert und von dem wir gesagt haben, dass dies wirklich das absolute Minimum ist.
Wir haben seit dem Jahr 1993 an den Leistungen also nichts verändert. Es wäre müßig, sich gegenseitig vorzuwerfen, wer etwas hätte ändern sollen. Ich wäre froh, wenn meine Partei das zu früherer Zeit geändert hätte.
Jetzt hat das Verfassungsgericht gesagt, dass wir es ändern müssen. Derzeit regiert Schwarz-Gelb.
Ich will einen zweiten Punkt nennen. Der Reformenbedarf, den meine Fraktion angemahnt hat, geht deutlich über die Frage der Regelsätze hinaus. Flüchtlingskinder dürfen nicht länger ausgegrenzt werden und brauchen einen Rechtsanspruch auf Teilhabe am Bildungspaket. Auch das ist eben schon einmal angeklungen. Dazu gab es auf Bundesebene bereits verschiedene Vorstöße.
Asylbewerber und ihre Kinder brauchen eine verbesserte Gesundheitsversorgung, insbesondere bei der psychologischen Betreuung. Frau Wallmann, Sie haben das Petitionsverfahren angesprochen. Kollegin Öztürk hat über die Härtefallkommission gesprochen. Da ist die psychologische Betreuung oft unser Hauptthema. Wie oft beklagen und bedauern wir, dass junge Menschen buchstäblich vor die
Hunde gehen, weil ihnen diese Betreuung aus unterschiedlichsten Gründen und auch nicht aus bösem Willen nicht zugutekommt. Da ist doch dringend nachzubessern.
Einen Punkt will ich nicht verschweigen: Die entmündigende und meist aufwendige Versorgung mit Sachleistungen sowie die Unterbringung in Sammelunterkünften als Regelfall sollen für Asylbewerber abgeschafft werden. Es kann Situationen geben, in denen es dringend geboten ist, dass wir von einer solchen Möglichkeit Gebrauch machen. Das muss aber wirklich die Ausnahme sein.
Die Übergangszeit von 48 Monaten muss wieder auf die ursprüngliche Spanne von 12 Monaten verringert werden. 48 Monate, vier Jahre, kann man nicht mehr als einen „vorübergehenden Zeitraum“ bezeichnen. Die Betroffenen sehnen sich größtenteils danach, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Deshalb muss der Übergang in die sozialen Regelsysteme möglichst schnell erfolgen.
Wir können uns mit der Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes sehr wohl anfreunden. Wir halten es aber zum jetzigen Zeitpunkt für dringend geboten, das bestehende Asylbewerberleistungsgesetz so zu reformieren, dass die Menschen, die davon betroffen sind, menschenwürdig leben können.
Zum guten Schluss: Während wir hier heute debattieren, setzt der Bundespräsident in dieser Frage Gott sei Dank ein deutliches Signal. Er besucht zeitgleich zu unserer Debatte eine Asylbewerberunterkunft in Brandenburg, um deutlich zu machen, dass die politische Auseinandersetzung um das Thema das eine, die konkrete, den Menschen zugewandte Ausführung das andere ist. Von daher gesehen kann man Bundespräsident Gauck zu diesem Schritt nur beglückwünschen.
Ich frage die Landesregierung:
Welche Vorgaben gibt es in Bezug auf die Verwendung leichter Sprache bei offiziellen Antworten der Landesregierung und nachgeordneter Behörden an Bürgerinnen und Bürger mit geistiger Behinderung?
Ich frage die Landesregierung:
Wann ist mit der von Innenminister Boris Rhein angekündigten Änderung der Verordnung über die Zuständigkeit der Ausländerbehörden und zur Durchführung des Aufenthaltsgesetzes und des Asylverfahrensgesetzes zu rechnen, durch welche die Residenzpflicht innerhalb Hessens aufgehoben werden soll?
Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, dass das noch in diesem Jahr in Kraft treten wird?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben Ihnen mit Datum 24. April 2012 einen Antrag vorgelegt, der genau 30 Jahre, nachdem die Residenzpflicht eingeführt worden ist, nämlich 1982, die Residenzpflicht neu regeln möchte. Die Residenzpflicht im ausländerrechtlichen Sinn regelt das Verbot, ein bestimmtes Gebiet ohne behördliche Ausnahmeregelung zu verlassen. Da gibt es zunächst die Zuständigkeit des Bundes, der dies aber den Ländern übertragen hat. Das, was zunächst für die einzelnen Ausländerbehörden gilt, kann durch die Entscheidung der Landesregierung auf eine größere Einheit ausgeweitet werden – in Hessen so geschehen auf das Gebiet der jeweiligen Regierungspräsidien. Es ist aber auch möglich, dies auf das gesamte Land auszuweiten. Das beantragen wir in diesem Antrag unter anderem.
Ich will einige wenige Sätze sagen, warum wir dies tun. In der Diskussion der Enquetekommission „Migration und Integration in Hessen“ haben wir, so glaube ich, fraktionsübergreifend festgestellt, dass die Residenzpflicht aus dem Jahr 1982, die eigentlich in Zeiten einer restriktiven Asylpolitik eingeführt worden war, um eine abschreckende Wirkung auf Flüchtlinge zu haben, nicht mehr, und dafür gibt es viele Gründe, in diese Zeit passt.
Deshalb ein paar Gründe: Die Chance auf eine umfassende Bildung und die Teilnahme an sportlichen und kulturellen Veranstaltungen sind durch diese Regelung doch sehr eingeschränkt; besonders schränkt sie – da ist es ein maßgebliches Hindernis, und das war das Thema in der Enquetekommission – bei der Suche nach Beschäftigung ein. Daher passt diese Regelung so nicht mehr in die Landschaft.
Beim Wegfall der Residenzpflicht im Kleinen und bei der Ausweitung auf die Landesebene haben wir außerdem den Vorteil, dass der Verwaltungsaufwand, der damit gewiss verbunden ist, vor allem für die Polizei und die Justiz, deutlich zurückgehen wird und dass wir die Gefahr einer Kriminalisierung der Betroffenen deutlich reduzieren können.
Wir beantragen außer der einen oder anderen Feststellung am Anfang des Antrags im Wesentlichen drei Punkte:
Erstens, das steht in Ziffer 4. Die Landesregierung wird aufgefordert, auf der Grundlage des § 58, den ich eben kurz umschrieben habe, durch Rechtsverordnung zu ermöglichen, dass sich Asylsuchende im gesamten Gebiet des Landes Hessen vorübergehend aufhalten können. An der Stelle will ich den Staatsminister des Innern ausdrücklich loben
nein, das mache ich in voller Absicht –, der sich dazu schon sehr in die richtige Richtung geäußert hat, wie ich finde.
Ich gehe davon aus, dass er dies in seiner Rede im Anschluss sicherlich noch ein Stück konkretisieren wird.
Der zweite Punkt, den wir in diesem Antrag mit regeln wollen, ist, dass wir nicht nur die Residenzpflicht auf die Landesebene ausweiten, sondern auch dringend anregen, mit den Nachbarländern den Kontakt zu suchen, so wie das zwischen anderen Bundesländern der Bundesrepublik mittlerweile möglich ist.
Zum Dritten fordern wir die Landesregierung auf, sich auch im Bundesrat dafür einzusetzen, dass eine bundesweite Aufhebung der Residenzpflicht möglich wird; denn dann, wenn sie auf Landesebene ausgeweitet ist und mit den Nachbarländern länderübergreifend praktiziert wird, ist es nur eine Frage der Zeit, und es macht auch auf Bundesebene keinen Sinn mehr, sie aufrechtzuerhalten.
Das war schon der letzte Satz. – Der Antrag ist von uns deshalb eingebracht. Wir freuen uns auf die Beratung im Innenausschuss. Noch einmal herzlichen Dank, wenn wir in dieser Frage einen Schritt weiterkommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich komme aus einer Familie, die vier Menschen zu beklagen hat, die im Krieg geblieben sind. Diese Erfahrung und das Reden über diese Erfahrung machen deutlich, dass man über Krieg und Frieden nicht reden kann und schon gar nicht streiten kann wie über irgendeine andere Sache.
Das Reden über Krieg und Frieden und den Tod von Menschen erfordert eine andere Sprache, als wir sie oft genug in anderen Debatten an den Tag legen. Natürlich war ich sehr froh, als wir – ich glaubte, es sei so gewesen – den Kalten Krieg überwunden hatten, dass es zu immer mehr Annäherung gekommen ist. Aber wir erleben von Zeit zu Zeit hier und anderswo, dass es bis heute Kalten Krieg gibt. Auch heute in der Debatte ist das deutlich geworden. Kollege Frömmrich hat es angesprochen.
Es gibt nach wie vor den Kalten Krieg in den Köpfen und leider auch in den Herzen von vielen, die zu diesem Thema sprechen. Ich habe angesichts dieser Thematik einmal eine Rede mit der Frage nach dem Warum begonnen: Warum diese beiden Anträge? Nur um die Solidarität mit den Soldatinnen und Soldaten zum Ausdruck zu bringen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Soldatinnen und Soldaten unseres Landes können sich unserer Solidarität sicher sein.
Aber weil sie sich unserer Solidarität sicher sein können, tragen wir auf ihrem Rücken keinen Kalten Krieg aus.
Von unserer Solidarität, die bekannt wird, und von unserer Solidarität, die in Symbolen zur Schau gestellt wird – das meine ich nicht abfällig, sondern in dem Sinne, dass „zur Schau stellen“ „demonstrieren“ bedeutet –, davon allein können sie nicht leben. Es ist wichtig, dass in diesem Zusammenhang, und damit komme ich zu einem der Stichworte in den Anträgen, die Bundeswehrreform zu einem Erfolg im Sinne der Soldatinnen und Soldaten wird, dass es nicht auf ihrem Buckel ausgetragen wird.
Ein Zweites. Wenn wir über Solidarität sprechen, dann müssen wir veränderte Bedingungen zur Kenntnis nehmen. Die klassische Aufgabe der Bundeswehr, die Landesverteidigung, hat sich seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1994 immer mehr zu einer anderen Aufgabe entwickelt. Seitdem haben wir Zug um Zug mehr Auslandseinsätze.
Wer solidarisch sein will mit Soldatinnen und Soldaten, der muss die in den Blick nehmen, die von dort zurückkommen – viele von ihnen tot und nicht wenige traumatisiert. Sie können, wenn sie aus dem Auslandseinsatz zurückkommen, oft nicht in ihre Familien zurück, sondern müssen sich langwierigen Behandlungen unterziehen, damit ihnen ein normales Leben wieder möglich ist.
Eine solche Situation – das meinte ich mit meiner Eingangsbemerkung – setzt voraus, dass wir eine angemessene Sprache benutzen, wenn wir unsere Solidarität mit Soldatinnen und Soldaten zum Ausdruck bringen wollen.
Wer Haushalte konsolidieren will, der darf nicht nur ein enges finanzielles Korsett anlegen oder es verlangen, sondern der muss auch sagen, wie am Ende das ganze Konstrukt aussehen soll, welche Struktur die Bundeswehr bekommen soll, welche Ausrüstung sie bekommen soll, damit wir sie nicht von uns aus mit dem, wie wir sie dann in die kriegerische Auseinandersetzung schicken, von vornherein in eine schwierige Lage bringen.
Ich will etwas sagen zu einer Position, von der ich glaubte, dass wir sie im gesellschaftlichen Dialog miteinander gefunden hatten, sozusagen als Brücke, die den Fronten des Kalten Krieges buchstäblich einen Weg bietet, zusammenzukommen.
Wir haben nach dem NATO-Doppelbeschluss und dem Ringen darum – mit all den Verletzungen, die es da gab – zumindest eine Position gefunden, die da hieß: Friedensdienst mit und ohne Waffen. Es muss für die, die ihre Solidarität mit Soldatinnen und Soldaten bekunden, immer wieder deutlich werden, dass der erste Satz heißt: Das ist ein Dienst am Frieden.
Es ist kein Dienst am Krieg und für den Krieg. Genauso muss die andere Seite anerkennen, dass es Menschen gibt, die den Dienst mit der Waffe ablehnen und sich in unserem Land auf einem guten Grund, auf dem der Verfassung, bewegen und bewegen können. Das müssen wir uns gegenseitig zugestehen, und dann kommen wir, glaube ich, zu einer vernünftigen Lösung im Umgang mit Krieg und Frieden.
Zu dem Thema, das die CDU in ihrem Antrag als letzten Punkt angesprochen hat, frage ich: Was wird im Zusammenhang mit der Bundeswehrreform aus den verschiedenen Standorten der Wehrbereichsverwaltung? Ich habe vor wenigen Wochen die Wehrbereichsverwaltung in Wiesbaden besucht und dort lange mit Verantwortlichen gesprochen. Noch vor 14 Tagen war von der Wehrbereichsverwaltung Wiesbaden zu lesen: Bundeswehrreform, wohin geht die Reise?
Auch hier gilt es, die Sache nicht einfach auf dem Rücken der Betroffenen durchzuziehen. Hier geht es um eine Menge Arbeitsplätze. Ich glaube, wer Soldatinnen und Soldaten gerecht werden will, darf im Zusammenhang mit der Bundeswehrreform nicht auch noch die Wehrbereichsverwaltung so verändern, dass am Ende Soldatinnen und Soldaten auf der Strecke bleiben.
Das Verhältnis von Soldaten zu Zivilbeamten beträgt in den USA 1,5 : 1, bei uns 3 : 1. Wenn wir die Zahl der Soldatinnen und Soldaten verringern, dann können wir nicht gleichzeitig die Zahl der Zivilbeamten deutlich verringern, nur um Geld zu sparen. Wer A sagt, muss in der Situation auch B sagen. Das kann nicht auf dem Rücken von Betroffenen ausgetragen werden.
Von daher ist in Punkt 6 des CDU-Antrags ein wichtiges Thema angesprochen, aber Kollege Frömmrich hat es gesagt: Das Gesetz des Handelns haben Sie im Bund in der Hand, und der Minister kann seinerseits eine entsprechende Vorgabe machen.
Ich komme auf den Anfang zurück und zu meinem Schlusssatz. Lasst uns über den Einsatz von Soldatinnen und Soldaten, lasst uns über das Thema Krieg und Frieden
angemessen reden. Dann werden wir unserem Auftrag wirklich gerecht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wer vom Kalten Krieg spricht, muss sich bewusst machen, was das bedeutet: zwei unversöhnt gegenüberstehende Fronten, aufgerüstet, hochgerüstet bis über die Haarspitzen. Angesichts einer solchen Situation ist es gut, aus einem solchen Lager auszubrechen und das zu tun, was Frank Kaufmann gesagt hat. Was ist Gegenstand dieser Debatte? Gestatten Sie mir, dass ich dazu drei Sätze vorlese:
Der Landtag begrüßt, dass die US-Streitkräfte in Europa das Hauptquartier des amerikanischen Heeres von Heidelberg nach Wiesbaden verlegt haben. Diese Entscheidung ist weiterhin von hohem symbolischem Charakter.
Der Landtag wertet die Stationierung als Zeichen der engen Verbundenheit der US-Streitkräfte mit Hessen und Wiesbaden. Sie verdeutlichen die guten und freundschaftlichen Beziehungen, die für die Stationierung mit entscheidend waren. Die USTruppen sind in Hessen willkommen.
Diesen Beschluss, ein Dringlicher Entschließungsantrag, unterschrieben von den Kollegen Dr. Wagner, von Andrea Ypsilanti und Jörg-Uwe Hahn, am 15. Mai 2008 gefasst, haben wir am 12. August dieses Jahres umgesetzt, als wir das V. Korps in Erbenheim begrüßt haben. Warum die Aktuelle Stunde, wenn wir unserer Beschlusslage doch so treu sind? – Vielen Dank.
Ich frage die Landesregierung:
Wann entscheidet die Hessische Kultusministerin darüber, ob das in Wiesbaden geplante Modellprojekt „Inklusive Bildung“ zum kommenden Schuljahr beginnen kann?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei fünf Minuten Redezeit passiert es gelegentlich, dass einem am Ende die Zeit wegläuft. Deshalb spreche ich gleich zu Beginn all denen ein herzliches Wort des Dankeschöns aus, die sich sehr darum bemüht haben, das Petitionsverfahren in unserem Land voranzubringen: den Mitgliedern des Petitionsausschusses selbst sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bereichs Petitionen.
Ich nenne in diesem Zusammenhang ausdrücklich – das haben auch manche der Vorrednerinnen und Vorredner getan – die Mitarbeiter des Innenministeriums; denn dort ist die Zusammenarbeit am vorbildlichsten. Das muss man uneingeschränkt sagen. Das, was wir jetzt hier erleben, ist ein Spiegelbild dessen, was die Arbeit im Petitionsausschuss ausmacht. Bei allen Gemeinsamkeiten, die genannt worden sind und die ich auch unterschreibe – das braucht nicht wiederholt zu werden –, ist es doch manchmal notwendig, dass wir in dem einen oder anderen Ministerium anrufen und sie bitten, überhaupt im Ausschuss präsent zu sein.
Das ist eigentlich nicht in Ordnung, nicht wegen der Abgeordneten, die dort sitzen, sondern mit Blick auf die Anliegen, die die Bürgerinnen und Bürger vortragen.
Nach den Danksagungen will ich nach den Besonderheiten dieses Berichts fragen, der sich über einen Zeitraum von zwei Jahren erstreckt. Mit Blick auf die vorigen Berichte fällt auf, dass wir in dieser Zeit zwei Reisen gemacht haben.
Kein Neid, wir sind im Vergleich zum Europaausschuss sehr abstinent.
Die eine Reise betraf die Vorprüfungskommission, die sich nach Bremen und Nordrhein-Westfalen auf den Weg gemacht hat. Sie dauerte einen ganzen Tag. Die zweite war die eben schon genannte Ausschussreise nach Griechenland und in die Türkei.
Dazu hat die Kollegin Öztürk das eine oder andere gesagt. Das will ich hier nicht wiederholen. Ich will in meinem Beitrag einen Akzent auf die Schilderung der Erfahrungen setzen, die wir in der Bremer Bürgerschaft und im nordrhein-westfälischen Landtag gemacht haben.
Da bin ich bei dem Ausblick. Ich glaube, es ist wichtig, danach zu fragen, was sich ändern kann, soll oder muss, damit diese, wie eben beschrieben, so wichtige Arbeit des
Petitionsausschusses auch noch besser werden kann. Die Kolleginnen und Kollegen haben auch schon einen wichtigen Punkt angesprochen: die Bürgersprechstunden, dass wir selbst den Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern suchen. Es ist eine Tatsache, wann immer wir diese Sprechstunden anbieten, ob beim Hessentag oder hier im Landtag, dass ich erlebe, dass Menschen für eine Stunde von Kassel hierhin gefahren kommen, weil sie diese Gelegenheit suchen. Von daher gibt es einen hohen Bedarf, und dem müssen wir Rechnung tragen und die Öffentlichkeit unbedingt suchen.
Das Zweite ist sowohl von Frau Öztürk und Herrn Kollegen Reuscher als auch von Herrn Kollegen Burghardt benannt worden. Ein ganz wesentlicher Punkt ist, da beziehe ich mich sowohl auf das Grundgesetz als auch auf die Hessische Verfassung, dass dies zunächst ein Individualrecht ist. Es ist das Recht eines Einzelnen, sich mit einem bestimmten Anliegen an die Volksvertretung zu wenden. Aber in beiden, sowohl in der Hessischen Verfassung als auch im Grundgesetz, wird darauf Wert gelegt, dass dies gemeinsam wahrgenommen und ausgeübt werden kann. Von daher kommt der Online-Petition eine ganz große Bedeutung zu.
Nordrhein-Westfalen und Bremen haben fraktionsübergreifend mehr als deutlich gemacht, dass dadurch im Petitionsverfahren eine ganz andere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger möglich ist. Von daher habe ich die dringende Bitte, den gemeinsamen Antrag, der jetzt so langsam im Geschäftsgang ist, hier doch gemeinsam voranzubringen, damit wir in unserem Land auch endlich zur Online-Petition kommen. Wir, unsere Fraktion, haben dazu in der letzten Woche eine Expertenanhörung gemacht, die das noch einmal ausdrücklich bestätigt hat.
Ich unterscheide mich in einem Punkt vom Kollegen Burghardt und will das auch deutlich sagen: Es geht jetzt darum, Online-Petitionen einzuführen, und nicht mehr. Da sind wir völlig identisch. Aber es wird dauerhaft auch dazu kommen, – das ist die Erfahrung der Landtage in Bremen, in Nordrhein-Westfalen und anderer Landtage gewesen –, dass sich das Petitionsverhalten noch einmal mehr verändern wird und wir dadurch zu öffentlichen Petitionen kommen müssen und, so finde jedenfalls ich, kommen sollen.
Abgesetzt von der öffentlichen Petition sind die beiden Stichworte „Massenpetitionen“ und „Sammelpetitionen“. Das haben wir schon jetzt, und das sollten wir, was die Geschäftsordnung angeht, jetzt auch mitregeln, wenn wir in Hessen die Online-Petitionen hoffentlich in absehbarer Zeit in Gang setzen.
Das war mein letzter Satz. – Ich danke Ihnen.
Ich frage die Landesregierung:
Wen hat sie im Zusammenhang mit den Anträgen verschiedener Organisationen und Verbände auf Anerkennung als Partner für die Einführung eines bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts mit der Erstellung eines rechtlichen Gutachtens, die Anerkennungsfähigkeit dieser Organisationen und Verbände betreffend, beauftragt?
Was ist der Grund dafür, dass bisher noch kein Gutachter beauftragt worden ist, wie es in der zurückliegenden Zeit permanent angekündigt worden ist?
Ich frage die Landesregierung:
Warum hat die Hessische Kultusministerin nicht rechtzeitig über den Antrag entschieden, die Wiesbadener Heinrichvon-Kleist-Schule zum kommenden Schuljahr in eine integrierte Gesamtschule umzuwandeln?
Frau Ministerin, liegen Ihnen jetzt alle Fakten für die Beurteilung vor, die Sie treffen müssen?
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Worüber reden wir in dieser Aktuellen Stunde? Diese Frage haben wir uns gestellt, als wir das Thema gelesen haben. Nachdem ich den ersten Wortbeitrag dazu gehört habe, stellt sich mir die Frage noch mehr: Worüber reden wir unter der Überschrift „Hessen muss abrüsten – Konversion ist möglich“?
Warum auch immer – meine Fraktion war der Meinung, zu diesem Thema solle ausgerechnet ich reden.
„Weil Abrüstung in Hessen möglich ist“ – ich glaube, in meiner früheren Tätigkeit habe ich dafür das eine oder andere getan. Von Konversion – womöglich ist damit eine andere gemeint – verstehe ich auch etwas.
Worum aber geht es bei diesem Thema? Dazu ein erstes Wort an die Kolleginnen und Kollegen der LINKEN. Wenn es um die Auflage einer neuen Drucksache geht, dann wählt dafür bitte das Instrument der Pressekonferenz und stellt es dort vor, aber bitte nicht im Hessischen Landtag.
Das Zweite ist eine Anregung an die eigene wie an alle anderen Fraktionen. Die Vermutung, es könnte um Ostermärsche gehen, hat mich noch gereizt, dazu zu reden. Da ergeht es mir ähnlich wie dem Kollegen May: Den Ostermärschen verdanken wir in diesem Land viel Gutes.
Nicht alles, was bei Ostermärschen geschehen ist, muss man gutheißen. Das ist der zweite Satz.
Aber eine derart angelegte Aktuelle Stunde hat den Vorteil, über alles und jedes reden zu können, denn das ist in dieser Aktuellen Stunde, wie sie beantragt ist, grundgelegt.
Darum nutze ich die Gelegenheit, an dieser Stelle, wenn es schon um die Friedensthematik geht, wenigstens einen für mich wichtigen Grundsatz im Zusammenhang mit Krieg und Frieden zu sagen. Man wird es mir auch zugestehen, dass ich dies in einem zugespitzten Satz theologisch tue: Meine Damen und Herren, jeder Krieg, ausnahmslos, ist, um es theologisch zu sagen, Sünde.
Daran geht kein Weg vorbei. Aber man kann sich nicht hinwegstehlen: Manchmal muss man die kleinere Sünde wählen, um die größere zu verhindern. Konkret gilt das beispielsweise in Libyen. Es kann nicht sein, dass es jemanden gibt, der Krieg gegen die Menschen im eigenen Land führt, und die Staatengemeinschaft schaut zu. Das geht nicht.
Das nimmt aber den Grundsatz nicht weg. Deshalb müssen wir in unseren Debatten auch immer wieder einen Beitrag dazu leisten, dass wir zur Abrüstung kommen – aber nicht auf Kosten von Menschen.
Damit will ich zu dem letzten Punkt etwas sagen: Konversion ist möglich.
Für Nordhessen hat es der Kollege May gesagt. Vor 14 Tagen habe ich eine der im Atlas angesprochenen Einrichtungen am Moltkering besucht. Ich weiß um die Ängste der Menschen dort um ihren Arbeitsplatz, wenn dieser Bereich geschlossen wird. Er fällt im Ganzen nicht weg. Er wird dann woanders hinkommen, wahrscheinlich nach Düsseldorf verlagert. Daher kann ich es überhaupt nicht verstehen, wenn wir – und das habe ich eben gesagt – solche Institutionen brauchen, dass wir dann nicht dafür kämpfen, sie auch in Hessen zu haben. Denn das trägt zur Standortsicherung in unserem Land bei.
Zum guten Schluss – da muss man ehrlich bleiben – will auch ich Danke schön an die Menschen sagen, die tagaus, tagein zu Hause oder irgendwo in der Welt – und dort in einer besonderen Herausforderung – ihren Dienst leisten, nicht zu ihrem Vergnügen, sondern sie leisten einen Beitrag dazu, dass wir dauerhaft in Frieden miteinander leben können. – Danke.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Bereits am 16. Dezember haben wir an dieser Stelle über einen Antrag bezüglich Abschiebung in den Kosovo debattiert. Bei diesem Antrag hat sich meine Fraktion enthalten. Das geschah aus zwei Gründen. Der erste: Es ging um eine generelle Abschiebung in den Kosovo. Der zweite: Unsere Fraktion hatte einen Berichtsantrag gestellt, der am 27. Januar im Petitionsausschuss beraten und entsprechend gewürdigt wurde.
In diesem Zusammenhang ist auf die Anzahl der Rückführungen zu verweisen. Das ist zum Teil geschehen. Der Vollständigkeit halber aber nenne ich das auch hier: In den Jahren 2005 und 2007 gab es keine Rückführungen, im Jahr 2006 zwei, im Jahr 2008 neun, im Jahr 2009 vier und im Jahr 2010 neun.
In der letzten Sitzung des Petitionsausschusses in der vergangenen Woche hatten wir sieben auf der Tagesordnung. Zumindest müssen wir die Zahl im Blick haben. Wenn ich die weitere Tagesordnung anschaue, sehe ich noch eine ganze Reihe. Der Minister hat in der letzten Debatte deutlich gemacht, dass wir sehr darauf achten, die Zahl derer, die zurückgeführt werden, klein zu halten. Mir kam die Zahl sieben in der letzten Sitzung ausgesprochen hoch vor.
Ein weiterer Punkt zur heutigen Debatte. Ich lege Wert darauf, dass wir die konkreten Petitionen unterscheiden, die wir in der Sitzung des Petitionsausschusses der vergangenen Woche entschieden haben, wo wir Einzelfälle aufgrund der jetzt bestehenden Rechtslage beraten haben, wie es andere schon gesagt haben. Etwas anderes konnten und können wir im Petitionsausschuss nicht tun. Ich will auch darauf hinweisen, dass wir Petitionen zu kosovarischen Staatsangehörigen auf der Tagesordnung hatten, wo wir einstimmige Beschlüsse zur Sach- und Rechtslage gefasst haben, die auch heute völlig unstrittig sind. Ich denke, damit einen Beitrag zu leisten, um das Thema an dieser Stelle zu versachlichen.
Dass es daneben jetzt einen Antrag gibt, der sich von dem im letzten Dezember deutlich unterscheidet, weil es eben nicht um einen generellen Abschiebestopp für das Kosovo geht, sondern für ganz bestimmte Gruppen und Gruppierungen, das ist es wert, erneut darüber nachzudenken – zumal im Kosovo nicht alles katastrophal ist. Manche der Vorredner haben darauf hingewiesen.
Dennoch gibt es konkrete Anzeichen – ich nenne Organisationen und Institutionen –, die darauf hinweisen, dass manche Dinge doch noch sehr im Argen liegen und wir
bei der Abschiebung gerade der angesprochenen Personengruppen sehr sorgsam prüfen müssen. Das sind die EU-Kommission selbst, das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht, die Deutsche Bischofskonferenz, die UNMenschenrechtskommissarin, die Diakonie, UNICEF. Sie allesamt äußern sich, indem sie die Situation vor Ort problematisieren. Sie sagen nicht, das darf alles nicht sein, empfehlen aber doch, was die in dem Antrag der GRÜNEN angesprochene Personengruppe angeht, sehr sorgfältig zu prüfen.
Mein Plädoyer ist, das Problem nicht zu generalisieren, sondern sehr sorgfältig den Einzelfall zu prüfen und dabei im Blick zu haben, welche Möglichkeiten die Landesregierung überhaupt hat. Die Aussetzung für sechs Monate, wie eben vom Kollegen Reuscher genannt, hilft dem einen oder anderen wirklich nicht weiter. Deshalb ist besonderer Wert auf den zweiten Punkt des Antrags der GRÜNEN zu legen, in der Innenministerkonferenz mit dem Bundesinnenminister und den Länderinnenministern das Thema noch einmal aufzurufen und für diese Minderheiten einen Weg zu finden, der für uns alle verlässlich beschritten werden kann.
Von daher werden wir die Petitionen so entscheiden, wie wir sie im Petitionsausschuss entschieden haben, aufgrund der jetzt geltenden Situation.
Wir werden aber auch, um dem Anliegen Nachdruck zu verleihen, dem Antrag der GRÜNEN zustimmen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach den jüngsten Berichten des Auswärtigen Amtes über die asylund abschiebungsrelevante Lage im Kosovo – das ist schon zitiert worden – sind, so vorsichtig kann und muss man das sagen, die Lebensbedingungen von Angehörigen ethnischer Minderheiten im Kosovo weiterhin schwierig. Das ist unterschiedlich – Kollege Reuscher hat es gesagt –, aber nach wie vor schwierig. Das wird durch die UN-Menschenrechtskommissarin bestätigt. Das wird durch die Deutsche Bischofskonferenz und die Diakonie bestätigt. Das wird durch UNICEF und viele Flüchtlingsorganisationen bestätigt.
Aus diesem Grund hat meine Fraktion einen Berichtsantrag eingereicht, damit wir uns sehr umfassend mit dieser Frage beschäftigen. Von daher kommen mir dieser Antrag und die Debatte um diesen Antrag eigentlich zu früh. Wir sollten eine solide Datenbasis haben, um im Ausschuss und damit auch im Landtag angemessen darüber zu sprechen. Die Menschen, um die es geht, verdienen es ebenfalls.
Die für mich dramatischste Situation ist die Aussage der UN-Menschenrechtskommissarin, die sagt, dass sich gerade Romakinder, die in deutschen Schulen gut integriert waren, auf einmal in einem völlig fremden Umfeld befinden, das sie vorher nie gesehen haben, in dem auf einmal albanisch gesprochen wird und sie überhaupt nicht zurechtkommen.
Sie sind in dem Land fremd, von dem wir glauben, dass wir sie in ihr eigenes Land zurückschicken. Hier sind sie zu Hause. Das ist ein Thema, das wir sehr ernsthaft besprechen müssen, um dann zu einer im Sinne der Kinder vernünftigen Lösung zu kommen.
Die Frage nach URA 2 – von der Kollegin Öztürk genannt – ist ein Wesensbestandteil unseres Berichtsantrages. Ich verzichte jetzt darauf, darauf im Einzelnen einzugehen. Das werden wir tun, wenn wir diesen Berichtsantrag ausführlich diskutieren.
Ich will einen weiteren Punkt nennen. Das ist der Fluchtgrund. Für die meisten, die aus dem Land bei uns sind, ist das ein Bürgerkrieg. Ich weiß, wovon ich rede, wenn ich nur an die Härtefallkommission denke, wo wir über Menschen gesprochen haben, die einen Härtefallantrag gestellt haben. Die Frage der Traumatisierung – ich muss das hier im Einzelnen nicht ausführen – ist so erschreckend, dass wir im Einzelfall natürlich immer zu einer positiven Entscheidung gekommen sind. Aber die Frage ist für mich so grundsätzlich, dass wir das in der weiteren Beratung erneut thematisieren müssen.
Dennoch werden wir uns, auch das will ich an der Stelle so deutlich sagen, bei der Abstimmung über diesen Antrag enthalten. Zum Teil sind die Gründe von der Kollegin Öztürk benannt worden. Aber ich will deutlich hinzufügen: nicht wegen der Sache, die dort thematisiert ist, sondern weil wir nicht kurzfristig und sozusagen aus der hohlen Hand darüber abstimmen. Wir würden das gern noch mit berücksichtigen, was wir angefragt haben, was zum Berichtsantrag noch aussteht, damit wir dann zu einer wirklich soliden Diskussion kommen.
Zum guten Schluss: Wenn ich sage, wir enthalten uns, ist hoffentlich deutlich geworden, dass uns an dem Thema und an den Menschen sehr viel gelegen ist. Deshalb die dringende Bitte an den Innenminister, jetzt im Winter auf die besondere Situation zu achten, in dieser Zeit besonders sorgfältig und sensibel damit umzugehen – auch andere Redner habe es schon angesprochen. Herr Innenminister Rhein, ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass wir die Ausländerbehörden in einem gesonderten Schreiben noch einmal auf die besondere Situation aufmerksam machen. Das sollten Sie jedenfalls als einen Wunsch aus dieser Debatte mitnehmen. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es liegen uns zwei Anträge vor, die einen Punkt gemeinsam haben, in dem festgestellt wird, dass das Engagement junger Menschen im Rahmen der Freiwilligendienste eine besondere Anerkennung verdient. Das will ich zu Beginn meiner Rede ausdrücklich feststellen und den jungen Menschen, die seit vielen Jahren in diesem Dienst tätig waren und
jetzt aktuell tätig sind, herzlich für das danken, was sie dort leisten.
Viele junge Menschen in unserem Land wollen sich aktiv in die Gesellschaft einbringen. Dieses zivile Engagement muss bestmöglich gefördert und unterstützt werden. Die Jugendfreiwilligendienste wie das freiwillige soziale, ökologische oder demokratische Jahr, andere sind zu nennen, haben in den vergangenen Jahren großen Zuspruch erfahren und sind langjährig erprobt. Sie eröffnen im Übergang zwischen Jugend- und Erwachsenenphase jungen Menschen die Chance, sich persönlich und beruflich zu orientieren und zu engagieren. Von diesem Einsatz profitieren nicht nur die Jugendlichen selbst – auch die –, davon profitiert ganz besonders unsere Gesellschaft. Deshalb müssen wir diese Freiwilligendienste und damit die Zivilgesellschaft stärken.
Die Chance ergibt sich im Zuge der Aussetzung der Wehrpflicht und des damit verbundenen Wegfalls des Zivildienstes für die Zivilgesellschaft, nämlich attraktive und gut ausgestattete Freiwilligendienste weiterhin konsequent zu stärken.
Der geplante Bundesfreiwilligendienst bedeutet in diesem Zusammenhang – ich füge es direkt hinzu – eine sinnlose Doppelstruktur.
Er bedeutet mehr Bürokratie und unnötige Kosten.
Was wir brauchen, ist ein einheitlicher und attraktiver Freiwilligendienst für alle jungen Menschen. 80.000 Menschen interessieren sich jährlich für das FSJ oder das FÖJ. Das sind derzeit fast doppelt so viele, wie wir an Plätzen zur Verfügung stellen können. Die von der Bundesregierung geplanten 35.000 Plätze im Bundesfreiwilligendienst werden deshalb auch vor dem Hintergrund der eben angesprochenen Ausweitung auf andere Generationen in keinem Fall ausreichen. Das kann nicht zufriedenstellen. Deshalb fordern wir, die Mittel aus dem wegfallenden Zivildienst konsequent und vollständig in den Ausbau der Freiwilligendienste zu investieren und die Dienste dauerhaft auf eine solide Finanzierungsgrundlage zu stellen. Wir legen Wert darauf, dass diese Freiwilligendienste beschäftigungsneutral sind, und schließlich, dass den Freiwilligen ein angemessenes Taschengeld gezahlt wird.
Herr Burghardt, jetzt kommt der entscheidende Punkt: Bei dem, was Sie vorgetragen haben, kann es tatsächlich passieren, dass wir in ein und derselben Einrichtung, je nachdem, in welchem Dienst jemand ist, zwei unterschiedliche Entgelte, also Taschengeld, zahlen. Das wäre eine Katastrophe.
Doch, es ist eine. Für diejenigen, die ein freiwilliges soziales Jahr machen und über einen anderen Dienst drin
sind, ist das ein Riesenproblem. Reden Sie mit den Menschen in den Einrichtungen.
Wir haben an der Stelle jedenfalls die Chance, den Freiwilligendienst im Dialog mit der Zivilgesellschaft weiterzuentwickeln, und das ist eine riesige Chance für unsere Gesellschaft.
Zum guten Schluss: Allen Jugendlichen, die sich in diesem Bereich engagieren, sollte der Dienst, den sie dort leisten, auf die Wartezeiten beim Studium angerechnet werden oder aber auch den Zugang zu einer Ausbildung erleichtern.
Zu den beiden Anträgen. Wir haben uns mit beiden auseinandergesetzt und beide gewürdigt. Wir würden dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN uneingeschränkt zustimmen.
Dem Antrag der CDU würden wir in den Punkten 1 und 4 zustimmen, die Punkte 2 und 3 lehnen wir ab. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der LINKEN ist eine echte Fleißarbeit. Es sei mir nur die Bemerkung gestattet: Wenn man eine solche Fleißarbeit macht, sollte man in aller Regel die Quelle angeben.
Die Quelle ist die Anfrage,die im März im Bundestag vorgelegen hat – wo sie aus meiner Sicht auch richtig platziert war. Sie ist um die eine oder andere Frage ergänzt worden, die uns in Hessen insofern betrifft, als dies Ländersache ist.Aber auch das Innenministerium hat eine Fleißarbeit geleistet. Es hat die einzelnen Punkte sauber beantwortet. Dabei ist ein beachtliches Zahlenwerk herausgekommen.
Meine Damen und Herren, wenn es um Menschen geht, die, berechtigt oder unberechtigt, um ein Bleiberecht nachsuchen, verbietet es sich, nur über Zahlen zu reden. Angesichts dieser Situation möchte ich gern ein paar grundsätzliche Anmerkungen machen.
Abschiebung – so, wie das dort genannt wird – ist nicht gleich Abschiebung. Ich rede nicht über Straftäter; darüber brauchen wir an dieser Stelle nicht zu sprechen. Ich rede vielmehr über die Menschen, die es nicht verdient haben, dass wir auf ihrem Buckel zusätzlich eine politische Debatte führen. Ich rede über die Menschen, die mich glauben lassen, dass jede Abschiebung eine Abschiebung zu viel ist.
Zu den grundsätzlichen Bemerkungen.
Ich differenziere noch. – Wir brauchen, um dem Thema auf eine Art und Weise zu begegnen, die den Menschen angemessen ist, ein ordentliches Regelwerk. Das haben wir; das glaube ich zumindest. Davon bin ich überzeugt. Wir haben Gesetze, die das regeln.Wenn wir sie nicht hät
ten, wäre jede Entscheidung über eine Abschiebung Willkür: einmal so, einmal so.
Aber jenseits aller gesetzlichen Regelungen gibt es menschliche Situationen, die es zu klären und zu bewältigen gilt. Im letzten Plenum haben wir den Bericht des Petitionsausschusses für das zurückliegende Jahr vorgelegt. In dem Zusammenhang habe ich gesagt, es gibt einen Punkt, an dem wir mit allen rechtlichen Regelungen an eine Grenze stoßen und dennoch den Menschen, die davon betroffen sind, gerecht werden müssen. Deshalb gilt hier das alte Wort: Gnade vor Recht.
Jede Entscheidung – ich weiß, wovon ich als Mitglied des Petitionsausschusses und als Mitglied der Härtefallkommission rede – über eine Abschiebung ist, wenn man sich mit dem menschlichen Schicksal auseinandersetzt, eine Zerreißprobe.
Rein kommt man da nicht heraus. Da muss man Entscheidungen treffen.Die Kollegin der LINKEN,Frau Cárdenas, die mit im Ausschuss sitzt, weiß, dass man in der einen oder anderen Situation für eine Abschiebung stimmen muss, weil wir nach Prüfung vieler Punkte zu keinem anderen Ergebnis kommen. Das ist dann aber nicht inhuman.
Ich will an dieser Stelle noch etwas anderes nennen,damit wir den Menschen nicht unrecht tun, die mit bester Absicht und mit bestem Wissen und Gewissen dort tätig sind. Wir haben sie am Flughafen in Frankfurt besucht. Sie leisten hervorragende Arbeit und die verschiedensten Dienste am Flughafen. Sie sind darum bemüht, dass das ganz human zugeht.Man kann sich vor Ort überzeugen,dass da nicht etwas auf die Schnelle durchgesetzt wird und dass die Menschen ordentlich behandelt werden. Man darf nicht davon reden, dass das inhuman sei.
Eines ärgert mich. Wir haben im Gespräch mit diesen Menschen erfahren, wie notwendig es wäre, dass die, die wir in ihr Land zurückschicken, 50 c in der Hand haben, also ein Handgeld, mit dem sie die ersten Schritte machen könnten, nachdem sie am Flughafen ihres Heimatlandes angekommen sind, oder mit dem sie sich eine Busfahrkarte kaufen könnten. Dass wir es nicht geschafft haben, die Einführung dieses Handgeldes gemeinsam zu beschließen, ist ärgerlich.
Die Vorprüfungskommission hat in diesem Bereich vor wenigen Wochen Erfahrungen gesammelt. Sie war sowohl im Petitionsausschuss in Bremen als auch im Petitionsausschuss in Düsseldorf. Der Grund war, sich mit den Onlinepetitionen zu beschäftigen.
Eines ist mir dort aufgefallen. Wir haben das bei der Reflexion der Reise in der Vorprüfungskommission ausgetauscht. Auch in diesen beiden Ausschüssen gibt es Fraktionen. Auch dort gibt es Parteien und Parteiungen. Aber eines fällt auf: In den Petitionsausschüssen dort gibt es ein gemeinsames Vorgehen. Da werden Entscheidungen nicht in erster Linie politisch, sondern im Sinne des Humanum getroffen. Ich sage: Das ist bekanntlich parteiübergreifend.
Das wendet sich in keiner Richtung als Vorwurf.Vielmehr sollten wir um der Menschen willen, deren Fälle wir jedes Mal neu vor uns liegen haben und über die wir entschei
den müssen, sie nicht zum Gegenstand politischer Auseinandersetzung machen, sondern um derer willen, um die es da geht, das Humane in den Vordergrund stellen.
Wenn uns das immer mehr gelingen sollte, dann würden wir auch auf diesem Weg einen wichtigen Beitrag zur Integration in diesem Land leisten. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielen Beiträgen ist überhaupt nichts hinzuzufügen. Ich will etwas zum schriftlichen Bericht sagen. Ich glaube, er gibt einen hervorragenden Überblick über das, was im Petitionsausschuss geleistet wird. Insbesondere die Beispiele, die in dem Bericht aufgegriffen werden, geben einen guten Überblick über die Dinge,die nicht berücksichtigt werden konnten, und genauso über die Dinge, die Berücksichtigung gefunden haben. Das Verhältnis stimmt, obgleich ich – das darf auf die Kolleginnen und Kollegen wie ein Werbeblock wirken – andere Beispiele ausgewählt hätte, interessantere Beispiele. Ich glaube, wir hätten in der nächsten Wahlperiode das Los entscheiden lassen müs
sen, wer dem Petitionsausschuss angehört, weil es immer wieder hochinteressante Petitionen gibt, die einem das Leben verschönern.
Ich will etwas zu dem Stichwort „Stellungnahmen der Ministerien“ sagen. Herr Minister Bouffier, ich habe Sie – Sie stellvertretend für Ihr Ministerium – beim letzten Bericht an dieser Stelle gelobt, und ich nehme Ihr Ministerium ausdrücklich von dem aus, was ich jetzt sage. An die übrigen Ministerinnen und Minister hätte ich aber die Bitte, in den Ministerien die Petitionen zu einem Thema zu machen. Allzu oft quälen wir uns im Petitionsausschuss, weil die Stellungnahmen nicht da sind oder verspätet eingehen. Es wäre für die, die da Dienst tun, eine Erleichterung, wenn die Stellungnahmen zeitnah kämen.
Zu den Ausländerpetitionen haben die Kolleginnen und Kollegen bereits etwas gesagt. Auch der Bericht sagt: ein leichter Anstieg. Ich bin aber anderer Meinung als Herr Reuscher.Wir müssen uns nicht unbedingt die Arbeit machen, eine Petition im Ausschuss umfassend zu beraten, wohl wissend, dass sie überhaupt keine Chance hat, sondern wir sollten sie direkt an die Härtefallkommission geben. Das wäre für die, die im Petitionsausschuss Dienst tun, eine echte Erleichterung.
Ein drittes Stichwort: die Bürgersprechstunden und der Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern.Auch das wird im Petitionsbericht ausführlich dargestellt. Nicht irgendwo, sondern in der Begegnung mit Bürgerinnen und Bürgern ist die Frage nach Onlinepetitionen aufgetaucht. Ich habe recherchiert und herausgefunden, dass meine Fraktion bereits in der 16.Wahlperiode dazu einen Antrag vorgelegt hat. Ich bin froh, dass wir von der Vorprüfungskommission uns in der nächsten Woche in Bremen und in Düsseldorf kundig machen, wie man dort mit Onlinepetitionen umgeht, um auch bei uns in dieser Frage einen Schritt weiterzukommen.
Am Anfang der 18.Wahlperiode habe ich persönlich hervorragende Erfahrungen mit Ortsterminen machen können. Genau das, was im Petitionsausschuss nicht immer gelingt und was wir manchmal beklagen, gelingt dort. Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist ausgezeichnet. Man kann mit den Menschen vor Ort reden, und wenn man ins Auto steigt und vom Ortstermin zurückfährt, haben sich die Dinge in aller Regel geklärt – im direkten Kontakt und in der Begegnung mit den Bürgerinnen und Bürgern.
Ein letztes Stichwort. Im Zusammenhang mit der Änderung des Härtefallkommissionsgesetzes wurde eine Anhörung durchgeführt. In dieser Anhörung war die Rede davon, dass es sich hier um ein Gnadenrecht handele. Ich würde das etwas abwandeln und sagen: Auch das Petitionsrecht ist ein Gnadenrecht. Ich glaube, wenn Recht gesprochen ist, wenn sich alle zuständigen Gerichte geäußert haben, kann es um der betroffenen Menschen willen immer noch die Situation geben, dass wir Gnade vor Recht ergehen lassen.
Diese Möglichkeit müssen wir uns unbedingt offenhalten, weil dies das Recht derer ist, die uns legitimiert haben, sie hier zu vertreten.
Auch ich will mit einem herzlichen Wort des Dankes schließen. Ich danke allen, die eben schon genannt worden sind, für die gute, fraktionsübergreifende Zusammenarbeit. Ganz besonders danke ich aber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hinter, vor und über mir aus der Landtagsverwaltung: aus dem Petitionsreferat. Lassen Sie mich, wenn ich Ihnen an dieser Stelle danke, mit einem Wort von Goethe abschließend sagen:
Dank ist die schärfste Form der Bitte. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit der einfachen Feststellung beginnen:Der Antrag der LINKEN, er schadet nichts. Ob er hilft, das entscheidet nicht die LINKE, sondern das entscheiden wir hier miteinander, wie wir mit dieser Fragestellung, wie wir mit diesem Thema umgehen. Ich glaube, es eignet sich kein Thema weniger als dieses, um auf den Buckeln von Betroffenen Politik zu machen.
Es wird darauf ankommen, sich um die Menschen zu kümmern, die wirklich betroffen sind – wer das ist, wie viele das sind, haben wir teilweise gehört, ich werde darauf noch zu sprechen kommen –, weil das eine der Zukunftsfragen, wenn nicht die Zukunftsfrage unserer Gesellschaft ist. Wir sagen oft: keine Therapie ohne Diagnose.Aber es fällt verdammt schwer, angesichts der Fragestellung, die hier angesprochen ist, zu einer vernünfti