Protokoll der Sitzung vom 13.09.2011

Nichts davon ist wahr, und es wird auch nicht wahrer, selbst wenn Sie es in Stein meißeln.

(Beifall bei der FDP)

Ich will auf diese Punkte einzeln eingehen, erstens auf die Situation an unseren Hochschulen. Unbestreitbar hat die Zahl der Studenten in Hessen mit rund 200.000 einen historischen Höchststand erreicht. Die Gründe dafür sind zahlreich, es sind schon mehrere erwähnt worden. Natürlich sind es der steigende Anteil an Abiturienten, den wir insoweit gut finden, mehr Studierwillige unter den Schulabgängern, Einmaleffekte durch G 8/G 9 und die Abschaffung der Wehrpflicht und nicht zuletzt die hohe Attraktivität der hessischen Hochschulen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Diese Situation, gerade die Einmaleffekte zu meistern, ist nicht einfach. Gerade deshalb gelten mein großer Dank und meine Anerkennung den hessischen Hochschulen, die sich richtig ins Zeug legen, die kreative Lösungen bieten, die ich sehr unterstütze, die Zeiten für Veranstaltungen erweitern – Herr Dr. Müller hat es bereits erwähnt. Hierzu braucht man viel guten Willen und Flexibilität, und deswegen möchte ich gerade auch im Namen meiner Fraktion einen ganz großen Dank an unsere Hochschulen und die Lehrenden dort aussprechen.

(Beifall bei der FDP und der CDU sowie des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Eine weitere Möglichkeit ist es, auslaufende Professorenstellen bereits vor Ablauf der Zeit, quasi doppelt, überlappend zu besetzen. Genau das wird getan; denn ansonsten hätten wir uns bei einer Professur für 30 weitere Jahre gebunden. Insoweit ist Flexibilität Trumpf.

Natürlich müssen wir für eine gewisse Übergangszeit zusammenrücken. Aber es wäre unverantwortlich, wenn wir die Hochschulen heute so auslegen würden, als würde der G-8-/G-9-Berg ewig dauern. Herr Grumbach, was sollten wir dann tun, wenn Sie bei G 8 die Rolle rückwärts machen und uns plötzlich ein ganzer Jahrgang fehlt? Man sieht, das gesamte SPD-Bildungskonzept ist überhaupt nicht durchdacht.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe der Abg. Gernot Grumbach und Thorsten Schäfer- Gümbel (SPD))

Meine Damen und Herren, wir reagieren auf den Studentenberg richtig. Wir tun es mit flexiblen Lösungen, und wir tun es mit zusätzlichem Geld aus dem Hochschulpakt 2020. Übrigens sind es 142 Millionen € im Jahr 2012, die zur Hälfte der Bund und zur Hälfte das Land Hessen zahlen und die außerhalb des hessischen Hochschulpaktes, von dem Herr Müller gesprochen hat, obendrauf kommen.

Noch ein Wort zu der Fehlinformation – das wurde mehrfach erwähnt –, dieser Hochschulpakt 2020 würde die Kosten nur zum Teil decken. – In den Clusterpreis, den die Hochschule für jeden Studienplatz erhält, sind auch Fixkosten eingerechnet. Die Grenzkosten für die Aufstockung für weitere Studierende liegen deutlich darunter, und nur diese Grenzkosten müssen finanziert werden.

(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es kommt darauf an!)

Hier muss ich sagen: Herr Grumbach und Frau Sorge, wie abwegig Ihr Hinweis auf die angeblich schlechten Studienbedingungen in Hessen oder den gar bevorstehenden Kollaps der hessischen Hochschulen ist,

(Michael Siebel (SPD): Glauben Sie eigentlich, was Sie erzählen?)

zeigt folgende sehr einfache Überlegung: Studenten sind bekanntlich nicht an ein Bundesland gebunden, sondern gehen dorthin, wo die Studiensituation am attraktivsten ist,

(Beifall bei der FDP und der CDU)

sofern sie nicht von der ZVS dorthin verschickt werden, wogegen wir uns als FDP schon immer ausgesprochen haben. Weil das so ist, ist der hohe Zustrom an Studenten gerade nach Hessen ein Zeichen, wie attraktiv unsere hessischen Hochschulen sind. Das entlarvt Ihre Kritik als parteipolitisch motiviert und als völlig überzogen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Michael Siebel (SPD): Sie widersprechen sich gerade!)

Damit komme ich zum zweiten Punkt, Schwarz-Gelb behandle die Hochschulen angeblich stiefkindlich. Im letzten rot-grünen Jahr waren die hessischen Hochschulen Rot-Grün nicht einmal 1 Milliarde € wert. Heute geben wir – Herr Müller hat es schon erwähnt – über 2,2 Milliarden € für den Bereich Wissenschaft aus, davon alles in allem über 2 Milliarden € in unterschiedlichen Programmen wie HEUREKA, LOEWE etc. an unsere Hochschulen. Das ist der höchste Ansatz, den wir in Hessen jemals hatten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, unter Rot-Grün herrschte in Hessen Mangel. Wie deutlich das war, zeigt z. B. der Hochschulbau. 1998 waren es 66 Millionen €, im Jahr 2012 werden es mehr als 460 Millionen € sein. Ich weiß, dass Sie die Zahlen nicht gerne hören, aber Sie scheinen sie bei Ihrer Rede vergessen zu haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Das ist deutlich mehr als die Inflation in diesen zehn Jahren. Noch nicht einmal der Blick auf den hessischen Hochschulpakt, den Sie so gerne werfen, der nur ein klei

ner Teil dieser Finanzierung ist, untermauert Ihre Argumentation. Denn zum 1. Januar 2012 wird der Hochschulpakt vertragsgemäß um 20 Millionen € auf den zweithöchsten Stand seiner Geschichte angehoben.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Auch in schwierigen Zeiten hält diese schwarz-gelbe Landesregierung ihre Zusagen. Zusätzlich zu den 20 Millionen € kommen noch 49 Millionen € aus dem Hochschulpakt 2020 obendrauf. Das ist rund das Dreifache Ihres angeblich notwendigen Notprogramms.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Aber natürlich können Sie sagen – die LINKE sagt das immer –: Das reicht alles noch nicht aus, es müsste noch mehr sein. – Wenn das angeblich so ist, dann lassen Sie uns einen Blick auf die Bundesländer werfen, in denen die SPD regiert. Aus dem Bericht der Haushaltsstrukturkommission, den wir aktuell im Haushaltsausschuss beraten, geht hervor, dass Hessen neben Baden-Württemberg von allen Flächenländern auf den Einwohner bezogen am meisten Geld für Hochschulen ausgibt, übrigens dicht gefolgt von Sachsen und Bayern. Zum Zeitpunkt der Erhebung waren übrigens alle schwarz-gelb regiert.

Wen finden wir am unteren Ende der Skala? Da finden wir Brandenburg, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern. In vier dieser fünf Länder regiert seit Jahren die SPD, und beim Schlusslicht Brandenburg regiert die LINKE schon seit einiger Zeit mit, Frau Wissler. Das spricht doch Bände, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wenn jetzt SPD und GRÜNE sagen, sie würden so gerne Steuern erhöhen – Frau Wissler hat das auch gesagt – und das Geld dann für Bildung einsetzen, dann schauen wir auf die SPD-regierten Länder. Dort sind zwar manche Landessteuern zugegebenermaßen höher als in Hessen. Doch für Bildung wird am Ende trotzdem weniger ausgegeben. Auch wenn Sie das Gegenteil behaupten, da, wo Sie regieren, steht Rot-Grün für Bildungsabbau.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Aber da wir gerade bei den Bundesländern sind: Ein Problem gibt es schon, und das kommt in Ihrem Antrag erstaunlicherweise gar nicht vor. Ich bin ein leidenschaftlicher Verfechter des Wettbewerbsföderalismus. Hochschulen und Bundesländer sollen mit attraktiven Angeboten um die Studenten wetteifern.

(Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Das wird sogar noch wichtiger werden, wenn der Studentenberg einmal überwunden ist und das demografische Tal naht, das sicher kommen wird. Die, die im Wettbewerb die Nase vorn haben, das sind exzellente Länder, nämlich diejenigen, die exzellente Forschung und Lehre anbieten können und die deshalb Studenten aus allen anderen Ländern anziehen. Solche Länder, die die Studenten anziehen, dürfen deshalb keine Nachteile haben. Heute ist es aber de facto so; denn in Hessen gilt seit Ruth Wagner die Maxime: Geld folgt Student – als zentrale Idee der Mittelverteilung zwischen hessischen Hochschulen.

Heute macht jedes Land aber einen Verlust, wenn es die besseren Bedingungen bietet und Studenten aus anderen Ländern anzieht. So hat Hessen die höchste Studenten

quote aller Flächenländer oder in Zahlen: 23.000 Studenten über dem Durchschnittswert. In der Schweiz gibt es im Übrigen einen interkantonalen Ausgleich, bei dem der Kanton zahlt, in dem der Student sein Abitur gemacht hat.

(Gernot Grumbach (SPD): Wissen Sie, wer das vor drei Jahren abgelehnt hat?)

Hätten wir in Deutschland solch einen Erfolgsausgleich im Hochschulbereich, was im Sinne der Studenten und für unser Land sehr fair wäre, dann wären wir nicht nur bei den Ausgaben pro Einwohner an der Spitze, sondern wir wären es auch bei den Mitteln pro Student.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, so gibt es zu viele Länder – Herr Schäfer-Gümbel, im Übrigen viele davon SPD-regiert –, die nicht ausreichend in Studienplätze investieren und stattdessen lieber ihre Abiturienten nach Hessen schicken, nachdem sie vorher gerne die hessischen Gelder aus dem Länderfinanzausgleich genommen haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn es Ihnen von der SPD wirklich um die Studenten und unser Hessenland geht, dann sollten wir an dieser Stelle gemeinsam aktiv werden. Aber dann, bitte ich Sie, lassen Sie Anträge wie diesen am heutigen Tag weg, der nichts anderes tut, als die Hochschulen schlechtzureden, der kein einziges Problem löst und dem man im Übrigen – das muss ich leider so sagen – zwischen den Zeilen nur den Neid ablesen kann, dass die Bildung ganz offensichtlich da am besten aufgehoben ist, wo Rot und Grün nicht regieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Abg. Grumbach gemeldet.

Herr Kollege Büger, über Ihre Bemerkung, Geld folgt den Studierenden, habe ich mich gefreut; denn ich habe auf sie gewartet. Darf ich Sie daran erinnern, dass die rheinlandpfälzische Landesregierung, als in Hessen Studiengebühren eingeführt wurden, vorgeschlagen hat, eine solche Regelung zu treffen, damit sie von den Abwanderungen aus Hessen nicht geschädigt wird, und darf ich Sie daran erinnern, dass es die Hessische Landesregierung war, die das abgelehnt hat?

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zur Antwort, Herr Dr. Büger.

Herr Grumbach, das Prinzip „Geld folgt Student“ hat Ruth Wagner in die hessische Politik überhaupt erst eingeführt. Dieses Prinzip ist genau das Richtige. Dass wir den einen oder anderen von diesem Prinzip noch überzeugen werden und überzeugen müssen, ist gut und richtig. Ich weiß aber auch, dass viele andere Regierungen,

insbesondere SPD-geführte Regierungen, dieses Prinzip an der Stelle ablehnen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Warum haben Sie es abgelehnt?)