Protokoll der Sitzung vom 14.09.2011

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Im Grundsatz ist es eine gute Idee, die die Kollegen von der SPD hier vorgelegt haben. Es gibt oder gab auch Regelungsbedarf. Das wissen wir, Kollegin Faeser hat das vorgetragen: Es gab ein Urteil, besser gesagt, einen Vergleich, beim Verwaltungsgericht Wiesbaden, in dem genau dieses Thema angesprochen worden ist, zum einen die Frage, wie die Personalräte, die Arbeitnehmervertreter an einer solchen Entsendung beteiligt werden – eine wichtige Frage –, und die Frage, die dort als zweite aufgeworfen und als eine Empfehlung des Gerichts an den Gesetzgeber gegeben worden ist: zu überlegen, ob der Einsatz von Vollzugsbeamten in Krisengebieten im Rahmen eines Entsendegesetzes zu regeln ist.

Herr Kollege Bauer, das ist etwas, was die Kollegen von der SPD aufgegriffen haben. Sie haben dankenswerterweise diese Debatte hier begonnen und einen Gesetzentwurf vorgelegt. Ich finde, es ist aller Ehren wert, über diesen Gesetzentwurf zu diskutieren. Es ist auch gut, dass wir – wenn wir unsere Polizeibeamtinnen und -beamten für solche wichtigen Aufgaben entsenden, da sind zumindest wir uns einig – das so tun, dass diese Polizeibeamtinnen und -beamten einen größtmöglichen Rückhalt haben. Das haben sie mit Sicherheit, wenn die große Mehrheit dieses Parlaments sagt: „Okay, wir tragen diesen Einsatz mit“, und wenn wir sicherstellen, dass diejenigen, die sich für solche Einsätze zur Verfügung stellen und sich freiwillig melden, dann auch keine wirtschaftlichen Vorteile haben, wenn es zum Ernstfall kommt.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Keine Nachteile!)

Nachteile, Entschuldigung. – Das war ausnahmsweise einmal ein hilfreicher Zwischenruf des Justizministers.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Na, na, na!)

Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Sie sollen keine wirtschaftlichen Nachteile haben, wenn man sie entsendet. Darüber sollte man diskutieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir als Fraktion – im Gegensatz zu dem, was wir eben von der linken Seite des Hauses gehört haben,

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Von der ganz linken!)

von der ganz linken Seite – glauben, dass diese Polizeimissionen wichtig sind. Wir glauben, dort leisten wir einen wichtigen Beitrag für eine Stabilisierung in Krisengebieten.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Entschuldigung, Sie müssen einmal beantworten: Auf der einen Seite lehnen Sie Auslandseinsätze bzw. Militäreinsätze ab, aber Sie lehnen es sogar ab, wenn man zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützt. Wenn man zivilgesellschaftlichen Aufbau in diesen Krisenregionen unterstützt, dann lehnen Sie das auch ab. Ich fordere Sie auf: Machen Sie doch einmal ein Konzept, wie Sie es regeln wollen, wenn Sie solche Krisengebiete haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Dazu schweigen Sie immer. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist etwas, dabei kann einem, gelinde gesagt, der Kamm schwellen, wenn man sich das hier anhören muss.

(Zurufe der Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) und Clemens Reif (CDU) – Hermann Schaus (DIE LINKE): Das geht mir umgekehrt auch so!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein Beitrag zum Aufbau und zur Stabilisierung in Krisenregionen. Und man sollte auch nicht vergessen: Deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte, die bei solchen Einsätzen im Ausland tätig sind, genießen ein hohes Ansehen und leisten eine ganz hervorragende Arbeit. Das wird von internationalen Organisationen immer wieder bestätigt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Gott sei Dank hatte ich die Gelegenheit, zusammen mit anderen Kollegen einmal mit Polizeibeamtinnen und -beamten zu sprechen, die sich an solchen Missionen beteiligen. Wir waren im Kosovo und haben dort mit Beamten geredet. Wir waren jetzt mit dem Ministerpräsidenten in Israel und haben auch dort mit einem hessischen Beamten geredet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist eine sehr wichtige und sehr anspruchsvolle Arbeit, die dort von unseren Beamtinnen und Beamten geleistet wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, deswegen wäre es gut, wenn wir über solche Entsendungen oder Bereitstellungen von Personal hier im Parlament diskutieren würden, wenn wir hier im Parlament eine breite Mehrheit herstellen, damit die Polizeibeamtinnen und -beamten, die wir entsenden, wissen, dass der Rückhalt dieses Parlaments auf jeden Fall besteht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine solche Entsendung ist eben keine Privatsache der Landesregierung. Das ist auch keine Angelegenheit, die zwischen den Innenministern der Länder ausgekungelt werden soll,

sondern das ist eine Angelegenheit, die aller Ehren wert wäre, wenn wir das hier im Parlament diskutieren würden.

Ich habe noch einen Punkt, den ich zu diesem SPD-Gesetzentwurf kritisch anmerken möchte. Frau Kollegin Faeser, ich finde, die Rückholfrage kann man nicht so lösen.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Es ist doch so: Die Bundesrepublik Deutschland erhält eine Anforderung. Die Bundesrepublik Deutschland bedient sich der Länder, weil die Länder für die Polizei zuständig sind. Jetzt stellen Sie sich einmal vor: Wenn Ihr Gesetz in Kraft tritt und wir im Parlament einen Einsatz beschlossen haben, wenn dann Polizeibeamte entsandt werden – und dann 16 Bundesländer anfangen, zu sagen, wir ziehen den oder den zurück – –

(Nancy Faeser (SPD): Das gilt doch jetzt schon!)

Frau Kollegin Faeser, ich glaube, das geht so nicht. Denn letztendlich ist die Bundesrepublik Deutschland – –

(Zuruf des Ministers Boris Rhein)

Ich nutze einmal diesen Disput zwischen dem Innenminister und der Kollegin Faeser dazu, den Kollegen Frömmrich darauf hinzuweisen, dass seine Redezeit abgelaufen ist.

(Heiterkeit – Beifall des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Frau Präsidentin, das ist nicht korrekt. Die beiden tuscheln, und der Redner wird bestraft. Das ist nicht in Ordnung, aber gut.

Frau Präsidentin, ich war sowieso am Ende,

(Zuruf des Ministers Jörg-Uwe Hahn)

am Ende der Rede. Ich wollte darauf hinweisen: Es ist schon etwas anderes, denn die Bundesrepublik Deutschland hat dann gegenüber internationalen Organisationen eine Zusage gegeben, und dann kann es nicht sein, dass diese Zusage vom Votum und von der Abberufung durch 16 Bundesländer abhängig gemacht wird. Darüber sollten wir noch einmal diskutieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen freue ich mich auf die Anhörung im Innenausschuss. Das ist ein sehr spannendes Thema, mit dem wir uns beschäftigen sollten. Wir sollten das nicht von vornherein in Bausch und Bogen ablehnen, wie das der Kollege Bauer hier getan hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Nächster Redner ist Herr Kollege Greilich für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat werden wir uns in der Anhörung sehr ge

nau mit dem Gesetzentwurf auseinandersetzen müssen. Wir werden uns das genau anhören. Aber ich will nicht verhehlen, dass ich schon heute durchaus den Eindruck habe, dass es noch einer sehr gründlichen Begründung bedarf, um Zweifel an der Notwendigkeit eines solchen Gesetzes auszuräumen.

Schon seit 1989 haben wir in der Bundesrepublik Deutschland Auslandseinsätze von Polizeibeamten und -beamtinnen. Dabei spielen sowohl bilaterale Vereinbarungen eine Rolle wie auch völkerrechtliche Verpflichtungen im Rahmen von UN-, EU- oder OSZE-Missionen. Ich will diese Gelegenheit nutzen, festzustellen, dass unsere Beamtinnen und Beamten in diesen Missionen eine hervorragende Arbeit erbringen – auch mit dem nötigen Mut, der oft genug erforderlich ist, um sich diesen Aufgaben zu stellen. Dem sollten wir alle unseren Respekt zollen und uns dafür bedanken.

(Beifall bei der FDP und der CDU sowie bei Abge- ordneten der SPD)

Ein grundlegender Unterschied zu Militäreinsätzen im Ausland besteht in jedem Fall, und den sollten wir bei jeder Frage, die wir diskutieren, im Auge behalten, dass nämlich im Gegensatz zu Militäreinsätzen jede einzelne Polizistin, jeder einzelne Polizist, die oder der bereit ist, sich an solchen Auslandsmissionen zu beteiligen, das auf freiwilliger Basis tut. Es gibt keine Möglichkeit, dies anzuordnen, abzukommandieren oder was auch immer. Ich lege großen Wert auf die Tatsache, dass dies ausschließlich freiwillig passiert. Dabei ist natürlich eine etwas andere Betrachtungsweise geboten als bei angeordneten Einsätzen.

Ich will eines auch nicht verhehlen, das finde ich bezeichnend und bemerkenswert und gut: dass es deutlich mehr interessierte Beamtinnen und Beamte für solche Missionen gibt, als tatsächlich benötigt werden. Es ist ein gutes Zeichen, dass offensichtlich die Mitglieder der Polizei es als reizvolle und auch sinnvolle Aufgabe sehen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es gibt inzwischen ein hervorragend eingespieltes Verfahren zwischen Bund und Ländern, wie diese Polizisten für Auslandseinsätze ausgewählt werden. Das Land Hessen beteiligt sich ebenfalls mit eigenen Beamtinnen und Beamten an diesen Einsätzen, wie dies auch andere Länderpolizeien tun. Herr Kollege Frömmrich hat schon zutreffend darauf hingewiesen: Die Entsendung selbst ist eine reine Bundesangelegenheit. Die Länder liefern dort quasi nur zu. – Deshalb hat es in der Vergangenheit auch auf Bundesebene regelmäßig Versuche gegeben, das Thema gesetzlich zu regeln. Alle diese Versuche haben auch innerhalb der Polizei zu Diskussionen geführt. Es ist keineswegs so, dass alle Polizeivertreter von dieser Idee begeistert sind. Es ist durchaus auch bei der Polizei ein umstrittenes Thema. In einem anderen Zusammenhang wird auch vor einer Militarisierung der Polizei gewarnt. Das wird auch vor dem Hintergrund diskutiert, warum es ein Entsendegesetz für Bundeswehreinsätze gibt. Für die Bundeswehreinsätze ergibt sich diese Notwendigkeit des Parlamentsvorbehalts aus Art. 32 und 59 GG. Diese Artikel sind auf Polizeimissionen nicht anzuwenden. Deswegen hat die GdP diese Forderung immer sehr vorsichtig formuliert.

(Nancy Faeser (SPD): Sie haben unseren Gesetzentwurf mit vorgestellt!)

Ich zitiere aus einem Papier der GdP:

Die für Auslandseinsätze deutscher Polizistinnen und Polizisten, verantwortlichen Politiker müssen dafür Sorge tragen, dass die versorgungsrechtliche Situation der im Ausland eingesetzten Kräfte angemessen geregelt wird. In diesem Zusammenhang sollte die Schaffung eines Entsendegesetzes überprüft werden.