Protokoll der Sitzung vom 06.10.2011

Herr Rudolph ist aufgewacht, wunderbar. Wenn es um Wahlkampf geht, ist er wach geworden. – Auf jeden Fall sind wir in Hessen an dieser Stelle sehr ehrgeizig.

Jetzt wird es etwas technisch, aber ich hoffe, Sie können folgen, Herr Rudolph.

(Günter Rudolph (SPD): Nein!)

Jetzt kommen wir zu dem Thema Universaldienstverpflichtung. Darauf hat Herr Klose ja hingewiesen. Beim Telekommunikationstag der Hessischen Landesregierung – ich weiß nicht, ob Sie anwesend waren, Herr Klose – ist vonseiten der Kommission sehr deutlich gemacht worden, dass eine Universaldienstverpflichtung von der Kommission momentan eher bei 2 MBit/s als bei 6 MBit/s angesetzt wird. Das heißt mit anderen Worten: Eine Universaldienstverpflichtung bringt für Hessen überhaupt nichts an Fortschritten, aber eine Menge an Nachteilen.

Ich sage Ihnen auch, welche: Universaldienst bedeutet, dass all diejenigen, die heute einen Anschluss haben, für den Ausbau bezahlen, den die anderen bekommen, um am Internet teilzuhaben. Die Preise für den Internetanschluss verteuern sich also. Das heißt, weniger Bürgerinnen und Bürger werden an einem Breitbandanschluss interessiert sein.

Das ist übrigens auch unter sozialen Gesichtspunkten ein interessanter Vorschlag. Sie sind also dafür, dass gerade für Haushalte, die nicht über ausreichend Einkommen verfügen, ein Breitbandanschluss deutlich teurer wird. Es ist interessant, dass Sie einen solchen sozialen Aspekt völlig unberücksichtigt lassen, Herr Klose.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Der soziale Kern der FDP!)

Für die Frage des Hochgeschwindigkeitsnetzes bringt uns das überhaupt nichts, Frau Wissler, und zwar aus folgendem Grund: Wenn Sie jetzt den Firmen der Telekommunikationsbranche sagen, dass wir in den nächsten Jahren mit 2 MBit/s anfangen und uns langsam auf 4 MBit/s, 5 MBit/s oder 6 MBit/s hochschrauben, werden wir nie im Leben bis zum Jahr 2014 eine flächendeckende Versorgung mit 50 MBit/s für Hessen bekommen. Das heißt, Sie wollen, dass zukünftig der Langsamste das Tempo in der Entwicklung bestimmt – und wir wollen, dass der Schnells te das Tempo bestimmt. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deswegen ist die Universaldienstverpflichtung auch ein Stück weit eine Schattendiskussion. Sie soll auch über Versäumnisse anderer hinwegtäuschen. Hessen hat seine Hausaufgaben gemacht. Wir brauchen keinen Universaldienst. Uns wirft der Universaldienst zurück. Er ist unsozial, Frau Wissler, er bringt uns in technischen Entwicklungen nicht voran, und er wird das, was jetzt gerade auf kommunaler Ebene an vielen Projekten in Kooperation mit der Wirtschaft gemacht wird, komplett konterkarieren. Reden Sie einmal mit Ihren Landräten, Herr Siebel und Herr Rudolph. Oder vielleicht redet Herr Klose einmal mit seinen kommunalen Vertretern vor Ort. Oder vielleicht redet der eine oder andere auch mit seinen kommunalen Vertretern – die sind alle hoch begeistert vom Universaldienst.

Wenn Sie tatsächlich glauben, dass dieser Universaldienst irgendein Problem löst, sind Sie auf einem extrem falschen Dampfer. Der wird auf keinen Fall dort anlegen, wo wir hin wollen, nämlich bei einer digitalen Zukunft, wel

che die digitale Spaltung vermeidet, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Mit dem, was wir in Hessen machen – das sage ich vielleicht mit etwas breiterer Brust als bei dem einen oder anderen Thema –, geben wir auch ein Beispiel und sind Vorbild dafür,

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

wie man hierbei in Kooperation mit der kommunalen Seite von unten – ganz bewusst als spannendes Konjunkturprogramm für kleine und mittlere Unternehmen der Telekommunikationsbranche – ein NGA-Netz aufbaut, Herr Rudolph. Indem wir von der Kreisebene aus versuchen, die NGA-Netze auszubauen, wollen wir kein Konjunkturprogramm für große, sondern für kleine und mittelständische Unternehmen schaffen. – Das ist gelebte Mittelstandspolitik und Mittelstandsförderpolitik. Auch dazu bekennen wir uns gerne; denn von einem Universaldienst profitieren die großen Unternehmen, nicht die kleinen, Herr Klose. Deswegen nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass Sie in dieser Frage wirklich völlig falsch gewickelt sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir werden mit unserer Strategie fortfahren. Wir werden mit den Breitbandgipfeln, die sich einer hohen Beliebtheit erfreuen, weitermachen. Wir haben mit www.hesbis.de das einzige Breitbandinformationssystem in Deutschland online, da können Sie sich gern selbst überzeugen. Es ist ein Breitbandkataster, das wir zeitnah auch in 3-D anbieten können. Es wird also auch für die Freunde von 3-D die Möglichkeit geben, sich dort über die Leerrohrsysteme in Hessen zu informieren.

(Zuruf des Abg. Kai Klose (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ja, mit Brille, Herr Klose. Ich gebe Ihnen auch eine, damit Sie sich das einmal ansehen können. Wenn Sie eine brauchen und keine eigene haben, bekommen Sie sie von uns, damit Sie sich hesbis angucken können.

Andere Bundesländer möchten gerne von diesem System profitieren und sehen sich das an. Wir sind in der Tat auch stolz darauf, dass die Bundesnetzagentur hesbis als ein Modell sieht und wir mit ihr bereits die entsprechenden Schnittstellen definiert haben.

Meine Damen und Herren, wir haben ein Darlehens- und Bürgschaftsprogramm von 200 Millionen € aufgelegt. Damit werden all die Gesellschaften, die sich jetzt auf Kreisebene bilden, in der Lage sein, eine 100-prozentige Bürgschaft des Landes mit einer Laufzeit von etwa 15 Jahren und entsprechenden Zinsverbilligungen zu erhalten. Wir wollen dazu eben auch in die aktive wie in die passive Infrastruktur investieren, also in die Leerrohre und die Leerrohre mit Kabeln. Diese bestehen übrigens aus Beton; denn das Glasfaser braucht ein Leerrohr, Herr Klose. Für Breitband muss man in Beton investieren Auch hier waren Sie wohl nicht so ganz auf der Höhe der Zeit, aber das macht ja nichts.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, § 121 HGO – das ist mittlerweile schon fast eine Phantomdiskussion, die Sie hier führen. Wir haben bei den Projekten, die wir seit eineinhalb Jahren mit der kommunalen Seite umzusetzen versuchen

und mittlerweile auch umsetzen, bisher von niemandem gehört, dass ihn die Rechtslage daran hindern würde, hier gemeinsam mit Privaten auf kommunaler Ebene eine entsprechende Gesellschaft zu gründen. Es gibt dafür einfach kein Beispiel, Frau Wissler.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Deswegen ist operatives Geschäft hilfreich für die Praxis. Ankommen im realen Leben, nicht im virtuellen, ist wichtig.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Dabei ging es dem VKU aber nicht um das Breitband, sondern um ein anderes Thema.

(Widerspruch bei der LINKEN)

Glauben Sie es mir. Ich sitze mit den Kommunalen Spitzenverbänden alle sechs Wochen zusammen. Das Thema HGO spielt dort keine Rolle. Auch hierbei würde ich Sie bitten, in der Gegenwart anzukommen und die echten Herausforderungen zu erkennen. Helfen Sie uns, bleiben Sie im Konsens dabei.

Kommen Sie uns nicht mit Universaldienst und anderem. Unterstützen Sie uns, damit Hessen den Vorteil, den es sich in den letzten zwei Jahren erarbeitet hat, auch weiter realisieren kann und wir das erste Bundesland sind, das in der Breite eine NGA-Versorgung haben wird; da ist jede helfende Hand willkommen. Aber ersparen Sie uns jetzt bitte Verzögerungen und Barrieren durch einen Universaldienst, damit würden Sie der Breitbandversorgung einen Bärendienst erweisen – nicht nur in Hessen, sondern in der gesamten Bundesrepublik Deutschland. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Damit können wir, wie vorgeschlagen, verfahren, den Antrag unter Tagesordnungspunkt 43 und den Dringlichen Antrag unter Tagesordnungspunkt 61 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr zu überweisen. Dem widerspricht niemand? – Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz über die Anpassung der Besoldung und Versorgung in Hessen 2011/2012 sowie zur Änderung des Hessischen Sonderzahlungsgesetzes – Drucks. 18/4567 zu Drucks. 18/4521 zu Drucks. 18/4125 –

Zunächst erteile ich Herrn Abg. Bauer zur Berichterstattung das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, den Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung zur zweiten Lesung in dritter Lesung unverändert anzunehmen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Berichterstatter. – Damit kann ich in die Aussprache eintreten. Die Redezeit ist fünf Minuten pro Fraktion. Das Wort hat Herr Bauer für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind heute in dritter Lesung zu einem Thema, das schon mehrfach hier Gegenstand war. Man hat uns empfohlen, doch noch einmal nachzudenken, ob wir nicht auf Anregungen der Opposition eingehen könnten. Ich habe in der Tat die Zeit genutzt, um zu überlegen, ob wir mit dem Kompromissvorschlag bei der Besoldungsanpassung denn so völlig falsch liegen, wie das hier immer dargestellt wird.

Immerhin werden mit der zugegebenermaßen verzögerten Anpassung für die Bediensteten im Beamtenverhältnis immerhin rund 150 Millionen € Mehrkosten ausgeschüttet, auch durch die Einmalzahlung bis zur Besoldungsgruppe A 11. Ich las kürzlich, gerade gestern, in der „Welt online“, dass diesen von mir dargestellten Kompromiss zwischen dem Wünschenswerten einer auskömmlichen Besoldung von Beamten und der Notwendigkeit des Sparens auch andere Bundesländer praktizieren. Ich darf nicht immer Rheinland-Pfalz erwähnen, die das Ganze für die nächsten drei Jahre auf 1 % festgelegt haben. In der „Welt online“ war gestern unter der Überschrift „Auch Baden-Württemberg“ zu lesen, dort will Grün-Rot den Beamten an den Geldbeutel.

Meine Damen und Herren, insgesamt 380 Millionen € muss Baden-Württemberg einsparen. Der SPD-Finanzminister Schmid sieht hier – hören Sie sehr gut zu – Sparmöglichkeiten bei Beamtinnen und Beamten. Sie sollen nämlich Abstriche bei ihren Einkommen machen. Die Situation in Baden-Württemberg ist folgendermaßen. Er sagt: Wir haben Handlungsdruck bei den Personalkosten bei der Vorstellung der Eckpunkte für den Haushalt 2012. Die grüne und rote Landesregierung möchte nämlich eine schwarze Null schreiben. – Wer möchte das denn nicht?

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir haben eine schwarze Null!)

Wir in Hessen machen hingegen auch im nächsten Jahr 1,5 Milliarden € Defizit. Wenn wir das Gleiche vorhaben, wird es kritisiert, hier entsprechende Vorgaben zu machen. Meine Damen und Herren, es ist doch durchaus üblicher Brauch, wenn man spart und das Geld nicht auf den Bäumen wächst, auch darüber nachzudenken, wo es vertretbar ist. Wir sind der Meinung, dass diese verzögerte Beamtentarifanpassung ein vertretbarer Kompromiss ist. Auch in anderen Bundesländern wird darüber nachgedacht, beispielsweise die Beihilfe infrage zu stellen und Möglichkeiten zu suchen.

(Günter Rudolph (SPD): So, infrage zu stellen?)

Ja, in Baden-Württemberg. Dafür kämen sowohl die normalen Bezüge infrage wie auch die Beihilfe. Dann kommt der SPD-Finanzminister aus Baden-Württemberg noch auf die unverfrorene Idee, zu sagen, eine Stellschraube könnte auch die Verschiebung der Besoldung sein. Dann sage ich allen Ernstes: Wenn die Baden-Württemberger daran denken und das dürfen, warum ist denn in Hessen das tabu und ein Werk des Teufels? Das verstehe ich nicht.

Ich habe mehrfach deutlich gemacht – und möchte die Redezeit nicht über Gebühr strapazieren –, dass wir uns in einem Spannungsverhältnis zwischen dem Wünschenswerten und dem Machbaren befinden und dass wir der Überzeugung sind, dass wir unter den gegebenen Voraussetzungen diesen Änderungsantrag noch in unseren Gesetzentwurf einflechten können, nämlich mit rund 10 Millionen € Mehrausgaben, die entsprechende Einmalzahlung von 360 € auch für den Besoldungsbereich bis A 11 zu gewährleisten. Das sind immerhin rund 150 Millionen €, die ein wichtiger Beitrag zur Einkommensverbesserung der hessischen Beamtinnen und Beamten sind.

Ich wiederhole mich, wenn ich sage: Das ist ein vertretbarer Kompromiss zwischen dem Machbaren und der Notwendigkeit, zu sparen. – Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)