Protokoll der Sitzung vom 06.10.2011

Das, was in den letzten zwei Jahren vorbereitet worden ist, und zwar in wirklich großartiger polizeilicher Arbeit, macht sehr deutlich, dass die hessische Polizei einen Topjob macht und dass man sehr aufpassen muss – Herr Kollege Frömmrich, auch das will ich sehr deutlich sagen –, dass man von den Verfehlungen weniger nicht auf die gesamte Polizei in Hessen schließt. Sie ist in einem Topzustand. Das hat sie durch ihre Arbeit bewiesen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deswegen sage ich hier heute auch sehr deutlich: Dieses Verbot ist nicht die Leistung der Politik, es ist nicht die Leistung des Innenministers, sondern es ist die Leistung der hessischen Polizei. Ich bin dankbar, dass CDU und FDP das erkannt und zu dem Thema eine Aktuelle Stunde beantragt haben. Ich finde, dass man das im Rahmen einer Aktuellen Stunde schon einmal sehr deutlich sagen kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das steht aber nicht im Titel! Da steht der Innenminister und nicht die Polizei!)

Der Innenminister steht für die Polizei. Insoweit freue ich mich sehr – das hat auch Herr Abg. Bauer hier zitiert; um nur einen von ganz vielen zu nennen –, wenn der rheinland-pfälzische GdP-Vorsitzende das Vorgehen der hessischen Polizei als vorbildlich bezeichnet und mit Blick auf andere Bundesländer sagt: Das sollte Schule machen. – So sehe ich das auch.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Verehrte Kollegin Faeser, es ist mir neu, dass der Kollege Roger Lewentz irgendeinen Auftrag hat, ein Gesamtbild zu erstellen.

(Nancy Faeser (SPD): Das steht auf der Homepage!)

Als IMK-Vorsitzender würde ich das wissen. Ich glaube, dass die Rheinland-Pfälzer da wie auch in anderen Bereichen noch viel von uns lernen können.

Bei dem Journalisten Jörg Diehl heißt es in spiegel.de – das zeigt, dass es im „Spiegel“ auch ordentliche Artikel gibt –, dass dieses Verbot ein „schwerer, eigentlich beispielloser Schlag“ ist. Ich glaube, das zeigt uns sehr deutlich, mit was wir es hier zu tun haben.

Ich habe am Abend des 30. September die beiden in Frankfurt am Main beheimateten Charter Frankfurt und Westend verboten. Das Charter Westend ist neben dem Charter Hannover eines der bedeutendsten in Deutschland. Sie sind mittlerweile als aufgelöst anzusehen. Ich habe das getan – da stimme ich Ihnen vollkommen zu –, weil es nicht so ist, dass es sich hierbei um harmlose Motorradklubs handelt, sondern weil sie lupenreines organisiertes Verbrechen darstellen. In deren Zentrum stehen Drogenhandel, Menschenhandel und Prostitution. Die Vereinsmitglieder verbindet nichts anderes – auch darauf ist schon hingewiesen worden – als das Streben und die Begehung von Straftaten. Nichts anderes hält sie zusammen, nichts anderes macht diesen Zusammenschluss aus. Die Hells Angels prägt die Begehung von Straftaten. Dazu gehört ein Fall des Totschlags, dazu gehören gefährliche Körperverletzung, schwerer Raub, räuberische Erpressung, mehrfache Vergewaltigungen, Betäubungsmitteldelikte und in mannigfacher Art und Weise Verstöße gegen das Waffengesetz.

Bei den verbotenen Chartern handelt es sich um eine geschlossene Gesellschaft, denen es um nichts anderes geht als darum, durch Unterdrückung, durch Geld und insbesondere durch die Ausübung von brachialer Gewalt Macht über andere und damit auch über ganze geografische Gebiete auszuüben, und zwar an der Rechtsordnung und am Gewaltmonopol des Staates vorbei.

Herr Dr. Wilken, ich will doch noch einmal auf Ihre Rede zurückkommen und es nicht ganz mit Karl Valentin halten. Ich bin dankbar, dass wenigstens Sie betont haben,

was andere nicht hinbekommen haben. Es gab diese sehr miserabel recherchierte journalistische Arbeit im „Spiegel“. Ich will sehr deutlich sagen: Diesem Verbot ist eine jahrelange enorme Arbeit vorausgegangen. Es ist geradezu absurd, zu denken, dass man das innerhalb von zwei Wochen aus dem Ärmel schüttelt, weil irgendein „Spiegel“-Redakteur einen solchen Artikel geschrieben hat. Das ist nicht möglich. Das ist völlig an polizeilicher Realität und polizeilicher Arbeit vorbeigeschrieben. Umso erstaunlicher und beachtlicher finde ich es, dass von irgendeinem Journalisten von einem „Befreiungsschlag“ gesprochen oder in der „FAZ“ sogar von einer „Panikreaktion“ geschrieben wird. Es ist schon einigermaßen beachtlich, dass ein Lokaljournalist meint – und das im Deutschlandteil veröffentlicht – beurteilen zu können, wann es richtig und wann es falsch ist, polizeilich zu handeln. Das entscheidet die Polizei. Das ist auch gut so. Das sollte bei uns auch so bleiben.

Ich sage das noch einmal: Dem ist eine jahrelange akribische Arbeit vorausgegangen. Da lassen wir uns nicht vom „Spiegel“ oder von wem auch immer treiben. Das wird dann gemacht, wenn die Polizei es für richtig hält. Genauso ist es in diesem Fall auch geschehen.

Dieses Verbot ist im Übrigen auch nicht der Schlusspunkt des Vorgehens gegen die Hells Angels, sondern es ist ein unverzichtbarer Schritt gewesen, weil wir damit die Strukturen der Organisation durchbrechen können, weil wir damit die finanzielle Basis entziehen, weil wir den Zusammenhalt der Hells Angels schwächen können. Damit haben wir den Einfluss ins Milieu enorm geschwächt und die Aktionsfähigkeit deutlich eingeschränkt.

Deswegen darf ich hier noch einmal sagen: Ich finde es richtig, dass wir ein solches Handeln heute im Hessischen Landtag im Rahmen einer Aktuellen Stunde behandeln, weil die Hells Angels auf dem besten Weg gewesen sind, einen Staat im Staate aufzubauen, mit eigenen Regeln, mit eigenen Gesetzen. Wir Hessen haben gezeigt, dass wir das nicht dulden. Das ist der berechtigte Anlass für eine Aktuelle Stunde. – Ich bedanke mich sehr.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Minister Rhein, herzlichen Dank. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist Tagesordnungspunkt 49, Aktuelle Stunde der CDU-Fraktion, behandelt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 50 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Kommunen in Not – die Hessische Landesregie- rung darf nicht länger die kommunalen Finanzen plün- dern) – Drucks. 18/4552 –

Das Wort hat der Kollege Norbert Schmitt, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, weil die Hessische Landesregierung auf die feststehende Finanznot der Kommunen nur mit Herablassung und Ignoranz reagiert. Eigentlich ist der Hilferuf der Kommunen unüberhörbar, aber die Landesregierung verschließt ihre Ohren, statt auf die Kommunen zuzugehen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, ein Finanzminister, der die parteiübergreifenden Notrufe der Kommunen als „Ritual“ abtut, der von einer „gefühlten Situation“ und einem „psychologischen Moment“ spricht, der hat den Draht zur kommunalen Basis längst verloren.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Schäfer, ich weiß nicht, ob Sie jemals kommunalpolitisch tätig waren oder sind,

(Holger Bellino (CDU): Das sollten Sie aber wissen!)

aber unabhängig davon: So kann man sich nicht zu den Kommunen äußern, in einer Situation – das ist unbestreitbar, das sind die Daten des Statistischen Bundesamtes –, in der die hessischen Kommunen die höchsten Defizite haben: 2,64 Milliarden € im Jahr 2010, das höchste Defizit aller Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland. Da kann man nicht von einer „gefühlten Situation“ sprechen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielmehr ist das eine Realität, die eine Landesregierung wahrnehmen muss. Damit kommen wir zur Hessischen Verfassung. Meine Damen und Herren, die Hessische Verfassung sagt eindeutig, die Kommunen müssen finanziell so ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgaben, ihre selbst gewählten, vor allem aber auch die übertragenen Aufgaben, erfüllen können.

(Peter Stephan (CDU): Selbst gewählte Aufgaben!)

Was soll ich denn mit diesem Zwischenruf machen?

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Dieser Zwischenruf „selbst gewählte Aufgaben“ sollte doch sagen: Die wählen sich Aufgaben und schmeißen das Geld raus, weil sie alle Aufgaben an sich ziehen – und sie sind selbst daran schuld.

(Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Meine Damen und Herren, dieses Bild, das dieser Zwischenruf zu stellen versucht, das auch von der Landesregierung immer wieder gestellt wird, ist schlicht falsch.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN)

Wenn Sie Kreispolitiker oder vielleicht auch vor Ort tätig sind, dann schauen Sie einmal in den Haushalt: Wie viel Prozent des Haushalts sind fremdbestimmt, wie viel selbstbestimmt? Dann werden Sie feststellen, die Zone der freiwilligen Aufgaben, diejenigen, die nicht durch Gesetz vorgegeben sind – seien es Bundes-, Landes- oder manchmal sogar EU-Gesetze –, liegt zwischen 2 % und höchstens 5 %. 95 % bis 98 % ihrer Aufgaben können die Kommunen eben nicht selbstbestimmt entscheiden, sondern die sind ihnen durch Gesetze vorgegeben. Es bleibt ihnen nur ein äußerst kleiner Rest.

Von wegen „gefühlte Situation“ – Herr Bellino, Sie wissen es doch: Selbst wenn Ihr Kreis oder, was weiß ich, der Kreis Bergstraße oder der Werra-Meißner-Kreis sämtliches Personal entlassen und auch noch auf dieses 1 % für Vereinsförderung usw. verzichten würde, selbst dann wäre es nicht möglich, die staatlich vorgegebenen Leistungen zu erbringen, ohne ein Defizit zu machen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, damit komme ich wieder zur Verfassung zurück. Das Land, die Landesregierung, hat eine Garantenpflicht für unsere Kommunen. Diese Garantenpflicht wird aber nicht mehr erfüllt.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen gibt es diesen parteiübergreifenden Hilferuf. Der „Wiesbadener Kurier“ schreibt davon, dass sich die Kommunen „vom Land verraten und verkauft fühlen“. Ja, ich glaube, das ist die richtige Formulierung.

Ich habe es noch nie erlebt, dass bei einer Anhörung der Kommunalen Spitzenverbände zum Haushalt eine solch erregte Debatte mit Zwischenrufen stattgefunden hat. Normalerweise läuft das sehr zivilisiert ab. Herr Minister, wenn sich aber die eigenen Parteifreunde über das empört zeigen, was Sie dort vortragen, und Zwischenrufe dazu machen, dann müssten Sie eigentlich wissen, was los ist.

Ich will nur wenige Zitate vortragen. Ich zitiere die „FAZ“ vom 29.09., „Kommunen fordern mehrere Hundert Millionen Euro“:

Die Stimmung sei „auf dem Tiefpunkt“ angelangt, sagte der Präsident des Hessischen Landkreistages, der Landrat des Kreises Marburg-Biedenkopf, Robert Fischbach, CDU,...

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Das war nach der Anhörung zur finanziellen Lage der Kommunen.

„Wir sind in einer beispiellosen Krise“, meint der Präsident des Hessischen Städte- und Gemeindebundes, Oestrich-Winkels Bürgermeister Paul Weimann, CDU.... Seinem Parteifreund

jetzt komme ich wieder zu Fischbach –