(Beifall bei der LINKEN – Holger Bellino (CDU): Bei den Feuerwehren ist überhaupt nichts gekürzt worden! Da ist aufgestockt worden! – Vizepräsident Lothar Quanz übernimmt den Vorsitz.)
Dies ist keine gute Kommunalpolitik, im Gegenteil, Sie betätigen sich als Totengräber der Kommunen. Sie begraben die kommunale Selbstverwaltung und treiben damit die soziale Spaltung vor Ort immer weiter. Sie zwingen die Kommunen dazu, die wenigen verbliebenen freiwilligen Aufgaben einzustellen und Gebühren von ihren Bürgerinnen und Bürgern für die Nutzung zu verlangen.
Wenn Bibliotheken schließen, Schwimmbäder die Eintrittspreise erhöhen, der öffentliche Nahverkehr ausgedünnt wird, trifft es den ökonomisch schwächeren Teil der Bevölkerung. Damit wird der von den Herrschenden und den Regierungsparteien gewollte Zwang zur sozialen Selektion auf die Kommunalparlamentarier verlagert.
Meine Damen und Herren, wir fordern Sie auf: Kehren Sie zu einem Dialog mit den Kommunen zurück, und behandeln Sie diese wie Partner auf gleicher Augenhöhe. Verzichten Sie auf die Entnahme aus dem Kommunalen Finanzausgleich und die Änderungen bei den Zuweisungen für die Verkehrsbetriebe. Sorgen Sie endlich ein für allemal für eine vernünftige finanzielle Ausstattung der Kommunen, anstatt sie ständig und immer wieder als verantwortungslose Geldverschwender hinzustellen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man von Plündern redet wie die Sozialdemokraten, dann sollte man sich natürlich auch einmal die Zahlen ansehen, insbesondere weil Zahlen nichts Gefühltes sind, sondern Zahlen nackte Wahrheiten darstellen.
Wenn Sie sich der Zahlen des Statistischen Landesamtes bedienen, dann kommen Sie auf ein etwas anderes Bild, als es sich in der allgemeinen Debatte und natürlich auch gerne in der politischen Debatte darstellt. Vergleichen Sie nur einmal die reinen Einnahmen und konsumtiven Ausgaben der Jahre 2009 und 2010. Ich reduziere das einmal auf die Pro-Kopf-Zahlen. Dann kommen Sie im Jahr 2009 in diesem Bereich auf Pro-Kopf-Einnahmen bei den Kommunen von 2.986 € im Durchschnitt. Dem stehen 2.989 € gegenüber. Das ist ein Defizit von 3 € pro Einwohner. 2010, als die Finanzkrise so richtig durchgeschlagen ist, gab es 2.955 € Einnahmen, denen 3.065 € Ausgaben gegenüberstanden, also ein Defizit von 110 €.
Wenn Sie am laufenden Band in die Debatte einführen, mit welch dramatischen Folgen sich die Umstrukturierung des Kommunalen Finanzausgleichs, die Veränderung
des Volumens um 350 Millionen € auswirkt, dann muss man das auch einmal auf Pro-Kopf-Zahlen umrechnen: Das sind 58 €. Die hätten noch nicht einmal das Defizit der konsumtiven Ausgaben aus dem Jahr 2010 wettgemacht. – So viel zur Ausgangslage.
Dass dies nicht rosig ist, bestreitet keiner. Aber die Kommunen sind keine einsame Insel. Sie befinden sich im gemeinsamen Bett mit allen anderen öffentlichen Haushalten, nämlich von Land und Bund, und kein öffentlicher Haushalt hat in dieser Finanzkrise rosige Zeiten erlebt. Im Gegenteil, es ist allen mehr oder weniger schlecht ergangen. Wir alle – das wissen Sie – arbeiten auch auf Landesebene daran, Defizite herunterzufahren. Das ist allerdings auch Aufgabe der Kommunen, und man kann sie von dieser Verantwortung nicht befreien.
Wenn Sie sich diese Zahlen betrachten, dann schauen wir uns an, was die Perspektiven sind. Der Kommunale Finanzausgleich wird eine Höhe erreichen, wie er sie noch nie hatte. Das können Sie doch nicht einfach mit einem Pinselstrich wegwischen. Ca. 3,4 Milliarden € werden im Haushaltsjahr 2012 den Kommunen über den Kommunalen Finanzausgleich zur Verfügung gestellt.
Meine Damen und Herren, hier greife ich das auf, was der Kollege Schmitt in der letzten Plenardebatte eingefordert hat. Natürlich, da sind die Sozialdemokraten mit beteiligt: Auch die Veränderung der Belastungen der Kommunen wird zu einer deutlichen Entschärfung der kommunalen Finanzsituation beitragen, nämlich die Verbesserung bei der Grundsicherung, wo Mittel wegfallen. Sicher, das ist ein Verdienst der Sozialdemokraten bei der gemeinsamen Debatte um die Veränderung der finanziellen Verhältnisse der Kommunen. Das sei Ihnen zugestanden.
Meine Damen und Herren von der SPD, Sie haben ein Wahrnehmensvermögen mit anderem Vorzeichen. Die Welt und die Wirklichkeit spielen sich doch anders ab. Sehen Sie sich doch diese Zahlen an. Das hat doch mit Plündern überhaupt nichts zu tun. Wenn Sie sich die selbst bei zurückhaltender Prognose zu erwartenden Steuereinnahmen der Kommunen zu Gemüte führen und die Entlastungen sehen, die auf die Kommunen zukommen, dann kommen Sie auf ganz andere Zahlen. Das werden im Jahr 2012 nämlich 248 Millionen € mehr sein, als im laufenden Jahr überhaupt zu verzeichnen war.
Das sind doch gute Perspektiven, meine Damen und Herren. Sie reden hingegen über eine Situation, die sich in Wirklichkeit gar nicht darstellt. Natürlich haben die Kommunen eine eigene Arbeit geleistet. Kommunale Selbstverwaltung hat aber nicht allein dazu geführt, dass man seine Einnahmen selbst generieren konnte, sondern hat auch dazu geführt, dass sich Kommunen – zum Teil durch eigene Entscheidungen – in die Situation gebracht haben, ihre konsumtiven Haushalte zu strangulieren.
Danke, Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Es ist Aufgabe auch der Kommunen, sich an der Konsolidierungsaktion aktiv zu beteiligen. Das Land wird seinen Teil dazu nachhaltig beitragen.
Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will versuchen, die Debatte mit einigen Zahlen und Fakten zu unterlegen, damit wir ein bisschen von den sehr eindimensionalen Darstellungen wegkommen, die Kommunen seien gut und arm, das Land sei böse, der Bund sei böse, die Kommunen würden nur jammern, und die anderen würden sich nicht richtig kümmern. Das hilft uns nicht weiter. Denn es gibt auch in Hessen nicht „die“ Kommune, sondern es gibt sehr, sehr unterschiedliche Situationen auf der kommunalen Seite, von Kommunen, denen es extrem gut geht, bis zu Kommunen, die extrem am anderen Ende der Skala liegen.
Eines kann man nicht wegdiskutieren: Die hessischen Kommunen sind die im Durchschnitt mit weitem Abstand steuerstärksten im gesamten Bundesgebiet.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im Durchschnitt!)
Die Kommunen haben im Jahre 2010 im Durchschnitt 1.063 € pro Einwohner bekommen. Die „Nächstbesseren“ sind die bayerischen Kommunen mit 975 € pro Einwohner – also ein um fast 10 % niedrigeres Steuerertragsniveau.
Zum dem eben angeführten Defizit des Jahres 2010: Ja, das war ein großes Jahresdefizit. Man hätte aber hinzufügen müssen, dass die hessischen Kommunen in den Jahren 2006, 2007 und 2008 einen Finanzüberschuss erzielt haben, während das Land in dieser Zeit immer noch ein Defizit hatte. Von den genannten 2,6 Milliarden € stammen 800 Millionen € aus dem von Herrn Schork zitierten Konjunkturprogramm des Landes. Von den 800 Millionen €, die 2010 brutto verausgabt worden sind, trägt am Ende fünf Sechstel das Land.
Insofern sind alle Zahlen, die hier vorgetragen worden sind, zwar richtig, sie bedürfen aber einer differenzierten Betrachtungsweise. Insofern wehre ich mich dagegen, immer einseitige Pauschalgeschichten zu erzählen. Da bin ich bei Alexander Noll, der sagt: Wir sitzen alle in einem Boot. – Uns allen geht es finanziell schlecht. Ich werde nicht müde, das hier vorzutragen. Zwischen den Steuererwartungen des Jahres 2008 und dem, was wir trotz verbesserter Rahmenbedingungen jetzt einnehmen werden, liegen 60 Milliarden €. Die werden Bund, Länder und Gemeinden in diesem Jahr weniger erlösen, als wir einmal
geglaubt haben. Wer annimmt, 60 Milliarden € würden sich weder im Bundes- noch im Landeshaushalt, noch auf kommunaler Ebene irgendwie niederschlagen, der ist doch naiv.
Zum Stichwort kommunaler Schutzschirm. Ich wäre dankbar, wenn die Vorwürfe, die an mich herangetragen werden, in sich nicht widersprüchlich wären. Wenn sie es doch sind, dann muss ich auch damit leben. Aber einerseits den Vorwurf zu erheben, wir würden mit den Kommunen nicht reden, andererseits aber Klage darüber zu führen, dass der Schutzschirm nicht schneller kommt, ist widersprüchlich. Der Schutzschirm kommt deswegen nicht schneller, weil wir gesagt haben: Wir reden mit den Kommunen, bis wir ein konsensuales Verfahren haben, mit dem am Ende alle leben können. – Wir hätten das viel schneller machen können, wenn wir ein Gesetzgebungsverfahren übergestülpt hätten. Das haben wir ausdrücklich nicht gemacht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir machen vielmehr ein dialogisches Verfahren, und wir werden, da bin ich sehr sicher, für alle offenen Fragen – Laufzeiten, Zinstragung usw. – eine Lösung finden, mit der am Ende alle zufrieden sein können.
Zum Stichwort Rheinland-Pfalz. Frau Enslin, wenn ich mit dem rheinland-pfälzischen Vorschlag auf die hessischen Kommunen zugekommen wäre, dann wäre ein Protestgeheul – von Ihnen wahrscheinlich unterstützt – quer durch das Land gegangen; denn die Rheinland-Pfälzer erwarten, dass ein Drittel der Rückzahlung aus dem Kommunalen Finanzausgleich erfolgt, ein weiteres Drittel von den Kommunen selbst kommt und nur das letzte Drittel vom Land getragen wird. Wir Hessen sind die Einzigen, die die Tilgung des Fonds vollständig aus Landesmitteln übernehmen. Das gibt es nirgendwo in Deutschland, und darauf sind wir stolz.
Lassen Sie mich zum Schluss noch eine Bemerkung machen. Der heutige Tag ist von der zur Verfügung stehenden Zeit her für eine Debatte um die Kommunalfinanzen leider nicht geeignet. Trotzdem ist heute ein guter Tag, weil die Mediatoren, die vor drei Jahren ihre Arbeit aufgenommen haben, ihren Abschlussbericht zur Neugestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs dem Ministerpräsidenten übergeben werden, und sie werden den Bericht wahrscheinlich morgen der Öffentlichkeit vorstellen. Ich glaube, das ist eine gute Gelegenheit, jenseits der üblichen Vorwürfe und Pauschalverurteilungen sehr konzentriert und sehr am Detail orientiert Diskussionen zu führen, wie wir angesichts der großen Spreizung in der Finanzsituation der Kommunen – trotz der enorm hohen durchschnittlichen Steuereinnahmen – am Ende zu einem vernünftigen und zukunftsfähigen Ergebnis kommen können. Da wird es notwendig sein, sehr eng an der Sache zu bleiben und weniger eine Debatte Rot gegen Schwarz, Gelb gegen Grün zu führen. Am Ende wird das eine sehr viel detailliertere Arbeit erfordern. Wir sind dazu bereit und laden Sie dazu herzlich ein.
Vielen Dank, Herr Dr. Schäfer. – Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der von der SPD-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde mit dem Titel „Kommunen in Not – die Hessische Landesregierung darf nicht länger die kommunalen Finanzen plündern“.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Chaos um Zukunft der Schulämter stoppen: Kommunalisierung statt Zentralisie- rung endlich auf den Weg bringen) – Drucks. 18/4553 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Chaos um die Neuorganisation der Schulverwaltung in Hessen nimmt kein Ende. Es treibt unter dieser Kultusministerin immer neue Stilblüten.
Seit mittlerweise einem halben Jahr vergeht kaum eine Woche, in der nicht neue Überlegungen aus dem Kultusministerium, neue Überlegungen von Frau Henzler und ihrem Staatssekretär, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Schulverwaltung zutiefst verunsichern. Wir erinnern uns: Im Frühsommer gab es Pläne aus dem Kultusministerium, es solle nur noch sechs Staatliche Schulämter geben, und Studienseminare sollten geschlossen werden. Dann gab es dankenswerterweise eine Veranstaltung in Wetzlar, wo die Vertreter der Koalition – in Gestalt von Herrn Irmer und Herrn Döweling – gesagt haben: Dieser Unsinn aus dem Kultusministerium kommt nicht.
Man hatte die Hoffnung, dass mit diesem Unsinn endlich einmal Schluss sein würde. Wir stellen aber fest, Frau Ministerin, Sie machen munter weiter mit irgendwelchen unausgegorenen Vorschlägen. Ich weiß gar nicht, wer sich außer Ihnen und Ihrem Staatssekretär dieses Zeug eigentlich ausdenkt.