Im Übrigen weise ich darauf hin, dass das erst nach fünf Jahren möglich sein soll, also wenn ein Bürgermeister die vollen Versorgungsansprüche hat.
Meine Damen und Herren, das wird hier als „mehr Demokratie“ bezeichnet. Die Bürgerinnen und Bürger wählen einen Bürgermeister in direkter Wahl. Als „mehr Demokratie“ wird bezeichnet, dass jetzt ein Bürgermeister selbst sagen kann, er habe offenbar nicht mehr das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger und wolle deshalb frühzeitig gehen. Das bezeichnen Sie als „mehr Demokratie“. Der Bürger ist dabei kein bisschen beteiligt. Im Gegenteil, die Entscheidung des Bürgers, der den betreffenden Bürgermeister einmal gewählt hat, wird völlig negiert. Sie begründen das auch noch mit der Einführung von mehr Demokratie. Das finde ich extrem abenteuerlich.
Aber, meine Damen und Herren, das wirft erneut ein bezeichnendes Licht auf Ihren Blickwinkel und auf Ihr Verständnis vom Rechtsstaat in Hessen.
(Beifall bei der SPD – Günter Rudolph (SPD): Herr Greilich, „Bescheidenheit“ ist Ihr zweiter Vorname!)
Wir haben in unserem Gesetzentwurf des Weiteren eine Stärkung der Rechte der Seniorenbeiräte und der Ausländerbeiräte vorgesehen. Auch das gehört zu einer Stärkung der Partizipationsrechte. Dazu findet sich in Ihrem Gesetzentwurf ebenfalls kein Wort. Wir haben vorgesehen, dass Seniorenbeiräte in Kommunen ab 5.000 Einwohnern – das halten wir für sehr gut handhabbar – geschaffen und auch mit den entsprechenden Rechten ausgestattet werden. Darüber hinaus wollen wir die Ausländerbeiräte und ihren Integrationsbeitrag ernst nehmen.
Bis zur Gewährung des kommunalen Wahlrechts für Drittstaatler wollen wir deren Rechte durch ein Antragsund Rederecht stärken. Auch hierzu findet sich nichts seitens der Koalition. Es gibt keinerlei Regelungen zur Stärkung der Beteiligungsrechte. Das finde ich sehr erbärmlich, gerade angesichts der Tatsache, dass man vorher an
Aber kommen wir nun zu einem der Hauptpunkte – der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen –, den Sie bislang überhaupt nicht geregelt haben. Ich kann Ihnen sagen, dass die Meinungen der Anzuhörenden sowohl in der mündlichen als auch in der schriftlichen Anhörung an keinem anderen Punkt vergleichbar stark übereinstimmten. Dabei will ich nur ein Beispiel herausgreifen, nämlich die Ausführungen des Präsidenten des Landkreistags – Landrat Fischbach –, der es sich nicht nehmen ließ, selbst zu kommen. Er mahnt eine Änderung des § 121 durch die Abschaffung der Subsidiaritätsklausel für den Energiebereich an und führt aus – ich zitiere –:
Eine entsprechende Änderung beseitigt eine Schlechterstellung der hessischen Kommunen gegenüber der Regelung in anderen Bundesländern...,
führt zu mehr Rechtssicherheit bei einem entsprechenden kommunalen Engagement und fördert durch die damit verbundene regionale Wertschöpfung die politische Akzeptanz...
Dem CDU-Landrat ist an dieser Stelle völlig recht zu geben. In der Stellungnahme der Mainova ist in Bezug auf die geltende Regelung des § 121 HGO – die Sie nicht angetastet haben – von einem Investitionshindernis für die Kommunen die Rede. Der Vertreter des Verbands kommunaler Unternehmen und die Vertreter aller Kommunalen Spitzenverbände haben in der Anhörung eine Änderung angemahnt. Selbst die Handwerkskammer hat, gerade was die Energie betrifft, an diesem Punkt ihre Meinung geändert.
Aber, wie gesagt, das wird, obwohl schon monatelang Beratungen darüber stattgefunden haben, bis zum heutigen Tag völlig negiert und ignoriert. Ich darf dazu noch Herrn Dr. Hoschek vom Vorstand der HEAG zitieren, der das sehr eindrucksvoll beschrieben hat:
Die hessische Subsidiaritätsklausel ist eine der strengsten im Bundesvergleich, die das Thema des Wettbewerbs mit anderen Unternehmen aus der Energieversorgung, dem ÖPNV oder der weiteren kommunalen Daseinsvorsorge – gerade wurde Rheinland-Pfalz angesprochen – betreffen. Ich möchte an der Stelle auch Bayern anführen. Denn auch Bayern hat eine deutlich liberalere Regelung für die kommunalen Unternehmen.
Aber was haben Sie gemacht? Gehen wir einmal zu dem über, was seit letzter Woche als Ergebnis des Energiegipfels vorliegt. Sie von der FDP haben einen Entwurf formuliert, der die Möglichkeiten eher einschränkt als erweitert. Im Übrigen liegt er uns noch gar nicht vor.
Leider – das muss man an der Stelle wieder sehr deutlich sagen – geht die FDP-Fraktion wieder von ihrem Ansatz „privat vor Staat“ aus. Beispielsweise dürfen in ihrem Gesetzentwurf die Kommunen bei der Stromnetzbetreibung in keiner Weise tätig werden. Jetzt wollen wir einmal über die Stromnetze reden. Wenn wir uns die Stromnetze anschauen, müssen wir uns fragen: Wer soll die denn kaufen, wenn sich die kommunalen Unternehmen nicht daran be
teiligen dürfen? Glauben Sie von der FDP denn ernsthaft, dass teure Stromnetze vom örtlichen Handwerk oder von kleineren Unternehmen in der Region gekauft werden? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
Bei denjenigen, die so etwas gern kaufen würden, handelt es sich wieder einmal um die vier großen Energiekonzerne in Deutschland oder auch um Energieriesen aus Frankreich oder aus Russland. Liebe Abgeordnete der FDP, insofern finde ich es schon erstaunlich, dass Sie hier so etwas ermöglichen wollen. Was örtliche Unternehmen und die Wertschöpfung in der Region betrifft, ergibt das nämlich beim Betreiben von Stromnetzen in keiner Weise einen Sinn.
Ich will hier das, was Frau Staatsministerin Puttrich – sie ist leider nicht anwesend – gesagt hat, sehr positiv ansprechen. Sie hat in ihrem Abschlusspapier zum Energiegipfel mit Herrn Al-Wazir – –
Ich lobe gerade das Umweltministerium, das bei den erneuerbaren Energien eine viel weitreichendere Betätigungsmöglichkeit für die Kommunen vorgesehen hat.
Das wäre auch dem, was in unserem Änderungsantrag steht, sehr nahegekommen. Ich muss sagen, es ist sehr bedauerlich, dass das nicht der Konsens der Fraktionen in diesem Hause im Rahmen des Energiegipfels geworden ist;
denn damit hätten die Kommunen eine echte Chance gehabt, an der Energiewende beteiligt zu sein. Ich glaube, die Wertschöpfung in der Region zu belassen ist das, was wir alle wollen. Es kann doch nicht ernsthaft im Interesse einer Fraktion dieses Landtags sein, dass die Wertschöpfung woanders stattfindet.
Ich füge hinzu: Es kann auch nicht sein, dass wir eine Situation schaffen, die dazu führt, dass sich ausgerechnet die hessischen kommunal geführten Unternehmen nicht einmal außerhalb der Grenze des Bundeslandes betätigen dürfen, alle anderen es aber dürfen. Zu was führt denn das? – Das führt dazu – –
Ich kann Ihnen sagen, wozu das führt. Das führt nämlich dazu, dass in Südhessen jetzt Busse aus Baden-Württemberg fahren. Denn deren öffentliche Unternehmen dürfen
sich im Gegensatz zu den hessischen an der Ausschreibung beteiligen. Das ist eine echte Benachteiligung der hessischen öffentlich geführten Unternehmen.
Das ist wirklich ungeheuerlich. Herr Dr. Arnold, vielleicht sollten Sie sich einmal kundig machen. Dann würde Ihnen auch auffallen, in welchen Bereichen die Beschränkungen gefallen sind.
Zum Schluss meiner Rede will ich zwei Dinge erwähnen, die ich auch sehr bemerkenswert finde. Herr Bauer hat vorhin gesagt: Wir wollen die Kommunen stärken. – Wo stärken Sie sie denn? – Sie stärken sie nicht bei der wirtschaftlichen Betätigung. Sie stärken sie auch nicht beim Finanziellen. Darüber haben wir im Landtag schon oft geredet. Sie nehmen ihnen 344 Millionen € jährlich wiederkehrend aus dem Kommunalen Finanzausgleich. Mit dem kommenden Haushalt wollen Sie ihnen auch noch zusätzlich 20 Millionen € für den öffentlichen Personennahverkehr auf kommunaler Ebene nehmen.
Was machen Sie zum Dank? – Mit Ihrem Gesetzentwurf wollen Sie jetzt auch noch die Genehmigungspflicht für Kassenkredite einführen. Zu den ganzen Belastungen, die Sie den Kommunen schon aufgebürdet haben, soll noch zusätzlich das Misstrauensvotum kommen, dass Sie nämlich jeden einzelnen Kassenkredit überprüfen wollen. Damit bauen Sie Bürokratie auf.
Es ist wirklich ungeheuerlich, dass Sie da den Kommunen noch mehr aufbürden und Misstrauen säen wollen.
Sie haben gesagt, das sei Unfug. Sie hätten vielleicht bei der mündlichen Anhörung besser aufpassen sollen. Denn da haben viele gerade auch der Anzuhörenden, die Ihre Parteibücher haben, genau das moniert. Sie haben gesagt, dass es der völlig falsche Weg sei, zusätzliche Bürokratie aufzubauen und Misstrauen zu säen.
Ich stelle fest: Insgesamt ist das ein Entwurf, der weit hinter den Möglichkeiten geblieben ist, die zu Beginn versprochen wurden. Das Schlimme an dem Entwurf ist, dass er zu den wirklich wichtigen Fragen, die uns alle gerade beschäftigen und die wir gerade beim Energiegipfel besprochen haben, bis zum heutigen Tage keinerlei Regelung vorsieht.