Protokoll der Sitzung vom 21.04.2009

Ich glaube, deshalb haben auch Sie ein Interesse daran, dass zum Ersten dieses Gesetz in Hessen so geändert wird, wie es das Verfassungsgericht vorgesehen hat; dass zum Zweiten Transparenz hergestellt wird; und dass zum Dritten mit dieser Neuregelung verhindert wird, dass Einfluss auf den Programmablauf genommen wird.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Rudolph, ich weiß gar nicht, was einen Demokraten davon abhalten kann, einen solchen Gesetzentwurf zu unterstützen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Jeder Demokrat muss doch aufgerufen sein, uns an dieser Stelle beizupflichten und zu sagen: Ja, da habt ihr recht.

Ich bin auch sicher, bei der Anhörung, die uns bevorsteht, wird klar gesagt werden, dass zum einen die Intention, die von der Landesregierung mit diesem Gesetzentwurf wieder eingebracht worden ist, richtig ist und dass zum anderen der Weg diesmal den Voraussetzungen des Verfassungsgerichts entspricht.

Das Verfassungsgericht hat relativ klar gesagt, wie es sich ein solches Gesetz vorstellt. Ich darf dazu sagen: Das, was Sie im letzten Jahr dazu eingebracht haben,hätte in keiner Weise dem Verfassungsgericht entsprochen.

(Beifall bei der FDP – Dr. Rolf Müller (Gelnhau- sen) (CDU): Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, insofern sollten Sie froh sein, dass wir das jetzt so machen.

Ich will zum Schluss kommen. Meine Damen und Herren, ich glaube, egal, wie wir die Anhörung durchführen, ob schriftlich oder mündlich – –

(Günter Rudolph (SPD): Oder gar nicht!)

Herr Kollege Rudolph, ich glaube, man sollte sie schon durchführen, weil es einfach zur guten parlamentarischen Übung und zum guten Stil in diesem Hause gehört, dass man das macht.

(Lachen des Abg. Günter Rudolph (SPD) – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich weiß gar nicht, wo es da aus Ihrer Sicht Probleme geben könnte. Aber ich nehme Ihre Äußerung als Zustimmung, dass auch Sie der Meinung sind, dass wir im Rahmen einer Anhörung bestätigt werden. Ich bin mir auch relativ sicher, das, was wir jetzt vorgeschlagen haben, wird den Ansprüchen des Verfassungsgerichts Genüge tun. Insofern freue ich mich sehr auf die Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Nächste Wortmeldung, Herr Al-Wazir, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, grundsätzlich ist uns allen bewusst, dass Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Berichterstattung unabdingbare Grundpfeiler der Demokratie sind und dass die Unabhängigkeit der Medien geradezu eine Voraussetzung dafür ist, dass Demokratie funktionieren kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Niemand will, dass beispielsweise Parteizeitungen die einzige Informationsquelle in gedruckter Form sind.Die Zeiten des „Neuen Deutschland“ sollten – jedenfalls in der Rolle eines alleinigen Zentralorgans – vorbei sein; mit einer Auflage von 50.000 darf es gerne weiter existieren.

Gleichzeitig ist es völlig klar: Die Zeiten des Staatsfernsehens sollten vorbei sein – man muss dazu nur einmal in das heutige Russland schauen.Wenn es um private Sender geht, muss man gar nicht so weit gehen, da genügt es, nach Italien zu schauen, wo es um Herrn Berlusconi geht; oder man muss sich Kampfsender wie „Fox News“ in den Vereinigten Staaten anschauen.So kann unabhängige Berichterstattung aus Sicht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht funktionieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist spannend,sich zu vergegenwärtigen,worüber wir eigentlich reden. Wir reden über die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts,dass ein von der Koalition aus CDU und FDP beschlossenes Gesetz verfassungswidrig ist.

Lieber Florian Rentsch, da finde ich es schon ziemlich verwegen, wenn man sich hierhin stellt und sagt, das war

politisch richtig, aber leider verfassungswidrig. – Im Prinzip hast du das wiederholt,was Herr Staatsminister Grüttner bei der Einbringung hier gesagt hat.

Wenn der Willi van Ooyen alles verstaatlichen will, mag seine Intention aus seiner Sicht vielleicht politisch richtig sein – aber trotzdem müssen wir feststellen, das widerspricht dem Grundgesetz. Und dasselbe ist hier passiert.

(Widerspruch des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ich finde, ein bisschen mehr Demut ist bei CDU und FDP angebracht,wenn das Bundesverfassungsgericht feststellt, hier wurde im Eifer des Gefechts von CDU und FDP ein Gesetz beschlossen, das – Achtung, Florian Rentsch, ich erinnere an Streitgespräche mit Thomas Spies – gegen die Eigentumsfreiheit und gegen die Rundfunkfreiheit verstoßen hat. Ich finde, da kann man sich nicht hierhin stellen und sagen: Das war politisch richtig, aber leider verfassungswidrig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das Spannende an diesem Gesetz, das vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden ist, ist doch: Es wurde zwischen zweiter und dritter Lesung durch einen Änderungsantrag in einen anderen Gesetzentwurf hineingeschoben, der den alleinigen Zweck hatte, sich durch eine Veränderung der Zusammensetzung des Rundfunkrats mehr Einfluss auf den Hessischen Rundfunk zu erstreiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Widerspruch des Abg. Dr. Rolf Mül- ler (Gelnhausen) (CDU))

Dann kam in der Zwischenzeit heraus, dass die SPD Medienholding, die dd_vg, nicht direkt, sondern indirekt einen 2-prozentigen Anteil am Sender FFH besitzt.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Nun kann ich,wie gesagt,festhalten:Wir als GRÜNE nehmen es sehr ernst, dass es den unabhängigen Rundfunk gibt, nicht nur den unabhängigen öffentlich-rechtlichen, sondern dass auch private Rundfunksender nicht zu Parteisendern werden – mal ganz abgesehen von der Frage, wie sehr ein 2-prozentiger indirekter Anteil zur wirklichen Beeinflussung in der Lage ist. Diese Frage könnte man sich auch einmal stellen.

Wenn man sich übrigens den Sender FFH anhört – ich will da niemandem zu nahe treten –, dann könnte der Einfluss in der Frage bestehen, ob da jetzt die Hits der Siebziger oder der Achtziger gespielt werden. Wenn man ein bisschen bei „planet radio“ reinhört, könnte man die Frage stellen,ob ein Einfluss darauf besteht,was manchmal – ich darf die Worte jetzt nicht sagen, denn sonst werde ich gerügt – in den Moderationen gesagt oder nicht gesagt wird, um die Kirche einmal im Dorf zu lassen.

(Michael Siebel (SPD): Erst heiß machen, dann aber nichts sagen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seien wir doch einmal ehrlich. Wir sind in einer Situation, wo eine Koalition aus CDU und FDP, maßgeblich angetrieben vom damaligen Abg. Volker Hoff, gesagt hat: Wir wollen die Sozis mal richtig ärgern. – Und das Bundesverfassungsgericht hat am Ende gesagt: Das, was allein, um andere Parteien zu ärgern, ins Gesetzesblatt gekommen ist, ist auch noch verfassungswidrig. – Daher finde ich, dass ein bisschen mehr Demut angebracht ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Deswegen glaube ich, dass der Geist, der damals zu diesem Gesetz geführt hat, genau derselbe ist, der am Ende dazu geführt hat, dass Roland Koch so unglaublich gegen die Wand gerannt ist beim Versuch, den ZDF-Chefredakteur abzusetzen. Ich finde, wir sollten im Hauptausschuss, wenn wir über diesen Gesetzentwurf debattieren und hierzu eine Anhörung durchführen, noch einmal sehr genau überlegen, ob der jetzige Gesetzentwurf geeignet ist, dem verfassungswidrigen Zustand,den wir momentan immer noch haben,abzuhelfen.Wir sind gern bereit,dem abzuhelfen, im Sinne der Freiheit des Rundfunks, aber auch, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, im Sinne des Grundgesetzes und der dort vorgesehenen Eigentumsfreiheit. Auch diese halten wir hoch, und zwar nicht nur dann, wenn es uns passt, sondern immer.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Nächste Wortmeldung, Herr Abg.Wilken für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Al-Wazir hat bereits darauf hingewiesen, dass wir uns schon daran erinnern sollten, warum wir an dieser Stelle über dieses Gesetz reden müssen. Herr Staatsminister Grüttner, ich kann Ihnen folgen; über den methodischen Teil 1 brauchen wir uns vielleicht nicht so viele Gedanken zu machen. Aber die Tatsache, dass Sie in der vergangenen Regierung ein Gesetz eingebracht oder gar – Herr Al-Wazir hat darauf hingewiesen – durchgepeitscht haben, das dann vom Verfassungsgericht einkassiert werden musste, und die Nonchalance, mit der heute in diesem Hause wieder darüber hinweggegangen wird, dass Sie das heute nochmals verteidigen und sagen, das sei aus politischen Gründen sachgerecht, oder, wie es Herr Weinmeister in der letzten Legislaturperiode gesagt hat: „Wir haben da hineingeschrieben, was wir wollen“, sind schon erstaunlich.

(Zuruf von der CDU: Eduard von Schnitzler!)

Sie vertreten hier nach wie vor Inhalte, die gegen unsere Verfassung und gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind. Daran sollten wir uns an dieser Stelle noch einmal eindeutig erinnern. Ich glaube nicht, dass es nur im Eifer des Gefechts geschehen ist, dass das so darniedergeschrieben ist. Dagegen sprechen alle Ihre Äußerungen.

Meine Damen und Herren, auch für uns LINKE ist vollkommen klar: Es geht darum, einen Einfluss des Staates und damit auch einen Einfluss der Parteien auf den Rundfunk nicht zuzulassen. Das ist vollkommen unstrittig. Die Frage ist nur, ob in dem Hause, aus dem dieser Gesetzentwurf kommt,dieser Grundsatz wirklich immer gerechtfertigt und befolgt wird. Auf die Hinweise auf das ZDF ist schon mehrmals eingegangen worden.Wenn jetzt aus diesem Hause, von Herrn Koch unterschrieben, auf den unmittelbaren und mittelbaren Einfluss auf den Rundfunk hingewiesen wird, entbehrt das nicht einer gewissen Ironie.

(Zuruf von der CDU)

Uns geht es aber noch um eine zweite Sache, und auch diese ist in der Begründung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts ausführlich dargelegt worden. Beim Privatrundfunk geht es nicht nur um die Staatsferne, um den Einfluss des Staates und der Parteien, sondern es geht selbstverständlich wie immer und überall um interessengeleitete Informationsvermittlung. In diesem Zusammenhang regt das Bundesverfassungsgericht an, dass offengelegt wird, in wessen Interesse denn bei einem privaten Rundfunkveranstalter gehandelt wird. Diese Komponente der Anregung des Bundesverfassungsgerichts kommt uns eindeutig zu kurz, nicht nur jetzt in dem vorgelegten Entwurf, sondern auch in der bisherigen Debatte.

Wir werden in Ergänzung zu dem, was meine Vorredner hierzu gesagt haben, auch darauf Wert legen, dass wir in den Beratungen zu einer transparenten Veröffentlichung, einer transparenten Situation kommen,wo auch durch die Zugänglichkeit dieser Veröffentlichung für die Konsumenten des privaten Rundfunks klar und offen dargelegt wird, von wessen Interessen dieser Rundfunk eben auch gespeist wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie kennen alle das Zitat des Herausgebers der „FAZ“, dass Pressefreiheit eben auch die Freiheit von sechs reichen Männern bedeute, ihre Meinung zu sagen. Wenn es denn so ist, dann sollten Konsumenten zumindest nachlesen können, wessen Freiheit und wessen Meinung sie gerade zur Kenntnis nehmen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.