Protokoll der Sitzung vom 16.11.2011

zu Kürzungen, und nicht einmal die 100.000 € für innovative Projekte blieben davon verschont.

Frau Henzler, jetzt kommen wir zu dem, was nicht drin ist, und das finde ich in der Tat skandalös. Es gibt keinen einzigen zusätzlichen Euro für die Umsetzung von Inklusion in hessischen Schulen. Wer im Schulgesetz die Ressourcenfrage erst als Hürde definiert und gleichzeitig dafür sorgt, dass diese Hürde nicht niedriger wird, ist nicht glaubwürdig. Es gibt keine Mittel für zusätzliche Lehrerstellen. Es gibt keine Mittel für die Fortbildung der Lehrkräfte im Umgang mit Inklusion. Sie lassen die Schulen allein und programmieren damit das Scheitern der inklusiven Schule in Hessen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Kollegin, ich will Sie nur darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit zu Ende ist.

Ich komme sofort zum Schluss. – Frau Henzler, Ihre Bildungspolitik verschlechtert die Bedingungen an den Schulen, verbaut die Spielräume für individuelle Förderung und führt zu Mangelverwaltung. Sie ist unambitioniert und hilflos. Ich wiederhole: Im Bildungsbereich gibt es keine Spielräume, um zu sparen. Um Ganztagsschulen, frühe und individuelle Förderung und Inklusion zu stärken, müssen im Gegenteil zusätzliche Investitionen in den Bildungsbereich fließen. Dazu brauchen wir perspektivisch zusätzliche Einnahmen. Aber auch in diesem Haushalt ist es möglich, in die Zukunftsfähigkeit unseres Bildungssystems zu investieren, und das haben wir mit unseren Haushaltsanträgen belegt. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Schönen Dank, Frau Kollegin Habermann. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN liegt mir im Moment keine Wortmeldung vor.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Irmer!)

Die CDU-Fraktion? – Es war im Präsidium eine Reihenfolge – SPD, CDU – vereinbart worden. Es gilt dennoch, dass sich der betroffene Abgeordnete mit einem Wortmeldezettel hier vorne anmelden muss.

Herr Kollege Irmer, bitte schön, Sie haben das Wort.

(Zuruf von der SPD: Sie können ja schnipsen, Herr Irmer!)

Nein, ich habe schon versucht, den Schülern diese Untugend, im Unterricht zu schnipsen, abzugewöhnen. Deshalb habe ich es hier auch nicht gemacht. Aber wenn noch ein gelber Zettel übrig ist, dann gebe ich den ordnungsgemäß auch noch ab. Das ist auch kein Problem.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will in der gebotenen

Kürze auf das Thema Haushalt eingehen und stelle zunächst einleitend fest, dass mich doch eines erstaunt. Wenn man sich die Regierungserklärungen bzw. die Antworten auf Regierungserklärungen oder Haushaltsdebatten Ihrerseits der letzten Jahre anschaut, dann haben wir festzustellen: Sie haben uns in der Vergangenheit vorgehalten, es falle zu viel Unterricht aus. – Das ist heute kein Thema mehr. Sie haben uns vorgehalten, es fehlten Lehrer. – Das ist heute kein Thema mehr. Sie haben uns vorgehalten, es gebe zu große Klassen. – Das ist heute kein Thema mehr; davon ist auch in Ihren Redebeiträgen der letzten Wochen und Monate keine Rede mehr. Das heißt: Es muss sich schon ein bisschen getan haben. Dieses „bisschen“ kann man natürlich wunderbar in Zahlen ausdrücken.

(Heike Habermann (SPD): „Ein bisschen“, sehr gut!)

Ich will nur einmal darauf hinweisen: Das hat es noch nie gegeben, dass seit über zehn Jahren jeder altersbedingt ausgeschiedene Kollege auf jeder dadurch frei gewordenen Stelle 1 : 1 ersetzt wird. Das hat es noch nie gegeben, seit über zehn Jahren.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist falsch! 2004 nicht!)

Das ist auch falsch, Herr Kollege Wagner. – Hinzu kommen aktuell, zum 1. August des kommenden Schuljahres, 150 neue Lehrerstellen, sodass wir bis dahin neben dem 1-:-1-Ersetzen 5.800 zusätzliche Lehrerstellen investiert haben werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das ist auch die Antwort darauf, weshalb Sie natürlich all das, was Sie ursprünglich einmal beklagt haben, nicht mehr beklagen können. Ihnen ist damit – das sage ich in Anführungszeichen – Ihr Spielzeug weggenommen, und dann versuchen Sie sich in Nebenkriegsschauplätzen.

Ganztagsangebote. Das ist bei Ihnen übrigens nur noch begrenzt ein Angriffspunkt. Wir haben an den hessischen Schulen mittlerweile über 800 Angebote unterschiedlicher Form. Das macht allein dafür im Haushalt – annähernd, grobe Richtung – 70 Millionen €. Wir haben die gleiche Zahl der Referendare wie auch in der Vergangenheit. Dazu hat es unterschiedliche Auffassungen gegeben, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren. Aber das war ein Haushaltsentwurf, und es ist doch das legitime Recht von Fraktionen, über einen Entwurf intern zu diskutieren und dann möglicherweise zu einem anderen Ergebnis zu kommen als das, was hineingegangen ist. Es kommt eben etwas anders heraus.

Ich kann mich daran erinnern, dass das bei Ihnen in der Vergangenheit auch so war. Das ist das Normalste der Welt, und deshalb begrüßen wir es ausdrücklich, dass wir wieder die Anzahl an Referendarstellen zur Verfügung haben wie auch in den letzten Jahren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Liebe Kollegen von der SPD und den GRÜNEN, das sind rund 2.000 Stellen mehr, als Sie Ihrerseits zur Verfügung gestellt haben. Von daher kann man wirklich sagen: Das ist eine gute Bilanz, die wir in der Summe zu präsentieren haben. Nicht umsonst ist der gesamte Bildungsetat heute über 1 Milliarde € pro Jahr höher, als das unter Ihrer Regierungsverantwortung der Fall war.

Ich erinnere nur einmal am Rande daran: Die Sternchenregelung ist auch noch ein Produkt unserer Arbeit, sodass

wir aus meiner Sicht in letzter Konsequenz eine sehr zufriedenstellende Bilanz ziehen können. Es bleibt noch ein klein wenig zu tun, wenn ich noch einmal aufgreife, was Frau Kollegin Habermann zu den Ausbildern bzw. Ausbildungsbeauftragten gesagt hat. Die Ministerin hat in der öffentlichen Sitzung des Kulturpolitischen Ausschusses erklärt, dass hier nachgesteuert wird. Da müssen wir in der Tat auch noch ein klein wenig nachsteuern. Das sagen auch wir als CDU, denn wenn wir die gleiche Anzahl von Referendarstellen haben, müssen wir auch annähernd die gleiche Anzahl von Ausbildern und Ausbildungsbeauftragten haben. Hier gibt es noch einen Handlungsbedarf, aber auch das hat die Ministerin in der Sitzung des Kulturpolitischen Ausschusses öffentlich erklärt.

Wenn ich diese Zahlen also in der Summe sehe, komme ich zu dem Ergebnis, dass wir eine hervorragende Bilanz vorzulegen haben, und dies drückt sich in dem Haushaltsplanentwurf für 2012 ohne Wenn und Aber positiv aus. Vor diesem positiven Hintergrund verstehe ich Ihre Anträge, um nur zwei zu nennen, überhaupt nicht. Der Ministerpräsident hat vorhin in einem Punkt seiner wirklich großartigen Rede schon darauf hingewiesen. Es ist schon fast zynisch, dass Sie uns vorgeworfen haben, wir hätten noch 7 bis 8 % der Schüler, die die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen. Das ist richtig. Ich glaube, wir sind uns einig, wenn ich sage: Jeder einzelne, der die Schule ohne Abschluss verlässt, ist einer zu viel. Das ist völlig unstreitig. Aber auch da muss man bitte einmal die Frage stellen: Wo kommen wir eigentlich her? Was haben wir denn vorgefunden? – Wenn wir 1999 22, 23 % vorgefunden haben, die die Schule ohne Schulabschluss verlassen haben, und wir heute 7, 8 % haben, ist das eine hervorragende Leistung dieser Regierung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dann stellt sich doch spätestens hier die Frage: Was haben Sie denn in Ihrer eigenen Regierungsverantwortung konkret gemacht, um dieses Problem zu lösen? – Offensichtlich herzlich wenig.

(Stefan Grüttner (CDU): Peinlich, peinlich!)

Jetzt haben wir beispielsweise das Osterferiencamp eingeführt, das wir uns vor wenigen Jahren im Übrigen in Bremen, einem rot geführten Bundesland, angeschaut haben.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist auch gut!)

Das haben wir doch gesagt; es ist gut. Es ist nicht alles schlecht, was von den Sozialdemokraten kommt, aber umgekehrt gilt das Gleiche, lieber Herr Kollege Wagner.

Wir haben uns das angeschaut; und das ist eine gute Geschichte. Wir haben beschlossen: Jawohl, das machen wir. – Warum wollen wir es machen? Weil wir letzten Endes denjenigen helfen wollen, die gefährdet sind, ihren Hauptschulabschluss nicht zu bekommen, und weil der Erfolg der Osterferiencamps auf der Hand liegt. 90 % derjenigen – –

(Beifall bei der CDU und der FDP sowie des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Danke für den Beifall. Fürs Protokoll: Die GRÜNEN stimmen zu. Das ist auch positiv.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schon immer!)

Das halte ich jetzt auch einmal im Protokoll fest.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nur beim Osterferiencamp!)

Ach so, jetzt kommt die Einschränkung. Das gilt wieder nur beim Osterferiencamp. Ich dachte, Sie haben endlich einen Erkenntnisgewinn verzeichnet. Gut, sei es drum.

Jedenfalls beantragen die Sozialdemokraten beim Osterferiencamp die Streichung der Mittel. Sie beantragen gerade bei denen die Streichung der Mittel, die in besonderer Weise Förderung nötig haben. Gleichzeitig halten Sie uns vor, wir würden zu wenig für die machen, die gefährdet sind, weil sie keinen Hauptschulabschluss bekommen. Das ist schon perfide. Das ist nicht seriös. Ich habe das jetzt sehr zurückhaltend gesagt.

Ich möchte einen letzten Punkt nennen. Denn meine Rede soll kurz sein. Herr Kollege Schäfer-Gümbel hat in seiner Rede ausgeführt, Schule brauche Ruhe. Ja, wer würde dem ernsthaft widersprechen wollen?

Wenn ich sehe, was auf Ihrer politischen Agenda steht, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass die Schulen die Ruhe bekommen, die sie wünschenswerterweise haben sollten und eigentlich benötigen würden. Ich will nur darauf hinweisen, dass Sie G 8 abschaffen wollen. Was das in letzter Konsequenz an Unruhe an allen Schulen auslösen würde, kann ich hier nicht vertiefend darstellen. Ich glaube aber, dass das jedem klar wird.

Das Zweite ist Folgendes. Sie sagen: Wir wollen in Richtung einer Art Einheitsschule und Gemeinschaftsschule gehen. – In einem ersten Schritt wollen Sie die Haupt- und Realschulen auflösen und die Förderschulen hinzufügen. Was das für ein Aufruhr und ein Veränderungsprozess wäre, brauche ich, glaube ich, auch nicht vertiefend zu sagen.

Von daher ist das, was Sie uns hier vorhalten, im Grunde genommen durch Sie selbst widerlegt. Denn die Ruhe wird durch das, was Sie planen, auch nicht ansatzweise erreicht werden.

Im Übrigen bin ich zutiefst davon überzeugt, dass wir in der hessischen Bildungspolitik und mit der hessischen Bildungslandschaft hervorragend aufgestellt sind. Wir haben doch für alle hervorragende Angebote. Wir haben für die, die es wollen, die Haupt- und Realschulen. Wir haben die Förderschulen, die integrierten Gesamtschulen, die kooperativen Gesamtschulen, die Mittelstufenschulen und die Gymnasien. Das heißt, jeder Bürger kann sich entsprechend der Befähigung, der Neigung und der Kenntnis seiner Kinder in aller Regel die Schule auswählen, die aus seiner Sicht am besten für sein Kind ist.

Ich würde mir wünschen, dass wir diese Ruhe auch in Zukunft beibehalten und keine Schulstrukturdebatte führen müssen, mit der Sie letzten Endes angefangen haben, indem Sie erklären: Wir brauchen in Hessen längeres gemeinsames Lernen, wir brauchen die Gemeinschaftsschule bis zur Klasse 10. – Wer die Gemeinschaftsschulen bis zur Klasse 10 haben will, muss die Hauptschulen und Realschulen auflösen, der muss die Mittelstufen der Gymnasien und die Förderschulen auflösen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Da ist etwas dran!)

Das ist mit Ruhe nicht vereinbar.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Herr Kollege, ich will nur darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit abgelaufen ist.