Was Sie hier dargestellt haben, zeigt Ihre tief verwurzelte Verankerung in der Tunix-Bewegung. Deswegen kann ich das eine oder andere Ergebnis der Wahlen zum Bundesvorstand der SPD inzwischen auch nachvollziehen.
Wir sind uns in einem Punkt einig – aber dann endet es auch –: Die Lage an den hessischen Hochschulen ist in der Tat angespannt.
Aus diesem Grund nehmen wir – und dafür brauchen wir keinen Antrag der SPD – den übrigens sehr moderaten Appell der fünf Universitätspräsidenten äußerst ernst, weil sie in vielen Punkten – übrigens auch mit Lob und Anerkennung für diese Landesregierung; das ist bei Ihnen ein bisschen unter den Tisch gefallen – auf Grundsätze von Hochschulentwicklung und -finanzierung bewusst den Finger legen.
Die Ausgangsposition hat zwei Seiten, wie vieles im Leben. Zum einen: Noch nie haben in Deutschland so viele junge Menschen studiert, ungefähr 2,4 Millionen; noch nie haben so viele junge Menschen ein Studium begonnen, etwa 516.000. Auch die meisten hessischen Hochschulen haben die höchste Zahl an Studierenden ihrer Geschichte. Sie stehen vor einer hohen Studierfähigkeit pro Alterskohorte.
Hier ist ein Punkt, an dem verstehe ich Ihre Kritik an der Ministerin – ich verstehe sie ohnehin nicht, aber in diesem Punkt – schon gar nicht.
Wenn Sie die Studierfähigkeitsquote in der Alterskohorte sehen, stellen Sie fest, Hessen liegt mit 46 % mit Abstand an der Spitze aller deutschen Bundesländer.
Darauf sind wir stolz. Das ist ein Ergebnis der ungeheuer guten Arbeit der Hochschulen, die kreativ, innovativ sind und die sich auf diese Situation eingestellt haben. Das ist aber auch ein Beleg für die Attraktivität der Studienplätze in Hessen. Die fällt ja nicht vom Himmel, sondern die ist ein Ergebnis einer gezielten, über zehnjährigen Hochschulpolitik in diesem Land.
Ich sage ganz bewusst: Es ist nicht nur das gute Recht der Hochschulpräsidenten, sondern es ist die Pflicht der Präsidenten, auf fehlende Mittel zur Finanzierung und auf strukturelle Notwendigkeiten hinzuweisen.
Es ist aber auch das Recht der Regierung, auf die sehr kraftvollen Leistungen bei der Bewältigung dieser ungewöhnlichen Situation hinzuweisen. Beides gehört zusammen, nicht nur die eine Seite.
Diese Leistungen sind sehr imponierend. Sie haben darauf hingewiesen. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie meine Rede in dieser Hinsicht antizipiert haben. Das macht es mir leichter, denn ich kann es nun wiederholen – Wiederholung ist ein Grundprinzip der Pädagogik –: 1,4 Milliarden € sind allein durch den Hochschulpakt bis 2015 bei den hessischen Hochschulen.
Hinzu kommt – ich glaube, das ist auch ein Wert an sich, über diese Zahl hinaus –, dass wir versprochen haben, wenn sich die Steuereinnahmen so entwickeln, wie sie sich
Gott sei Dank – dank der Bundesregierung – entwickelt haben, dann können aus den wachsenden Steuereinnahmen weitere 20 Millionen € in diese Hochschularbeit gesteckt werden.
Damit nicht genug – das wissen Sie selbst –: Der Hochschulpakt des Bundes mit den Ländern bis zum Jahr 2022 bringt den hessischen Hochschulen im laufenden Jahr weitere 49 Millionen €.
Wenn Sie das alles einmal zusammenzählen, dann können Sie über die Wirtschaftskompetenz der CDU reden, wie Sie wollen: Geld ist Geld, und das sind unbestreitbar Summen, die ich in den Zeiten, in denen Sie Hochschulpolitik in diesem Land gemacht haben, in dieser Form und dieser Höhe nie erlebt habe. Das sollte man einfach anerkennen.
Wenn wir alles zusammennehmen, heißt das, dass im laufenden Jahr und in den kommenden Jahren rund 560 Millionen € zur Verfügung stehen, um die Studienplatzkapazitäten zu erweitern.
Wenn Sie sich hierhin stellen und im Nachgang Ihrer Weihnachtsfeier sagen, es wird überhaupt nichts getan, an den Universitäten wird nur gespart, dann muss ich sagen: Da haben wir zumindest einen anderen Begriff von Sparen.
Ich finde diese Zahlen imponierend, ich finde sie gewaltig. Wenn Sie dann sehen – Sie fahren ja auch durch die Lande, aber offensichtlich ohne Erfolg –, was sich bereits im Rahmen des Hochschulbauprogramms HEUREKA an den hessischen Standorten tut, dann muss ich sagen: Wir haben in Hessen eine blühende Hochschullandschaft. Das ist das Ergebnis der Autonomie der Hochschulen. Es ist aber auch das Ergebnis der Rahmensetzung durch diese Landesregierung. Darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein, je nachdem, ob man in der Opposition oder in der Regierung ist; die Tatsachen sind aber unbestreitbar.
Ich sage noch einmal: Das Ganze ist nicht vom Himmel gefallen. Es ist ein geplantes Handeln, das Perspektiven schafft. Es schafft Zielvereinbarungen mit den Hochschulen. Es setzt eine Entwicklungsplanung voraus und vieles andere mehr. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Appell der Universitätspräsidien anerkennenswert, aber er reduziert sich am Ende, das wissen Sie auch, auf einen Punkt. Über diesen Punkt müssen wir in der Tat in Zukunft reden, unabhängig von den aktuellen Fragen.
Das ist der Verhältnis der Grundfinanzierung der Universitäten auf der einen Seite und der Erfolgsbudgets auf der anderen Seite. Sie sind nicht getrennt zu sehen, sie gehören zusammen. Deswegen muss man in der Tat einmal darüber diskutieren, wie man die Grundfinanzierung auch in Zeiten, in denen man mit Sicherheit auf absehbare Zeit nicht mit sinkenden Studentenzahlen rechnen kann, zukunftsfest machen kann.
Die Hochschulpräsidenten haben sich in ihrem Appell, den Sie quasi als großen Hilferuf dieser Zeit signalisiert haben, auf einen wichtigen Punkt konzentriert. Das ist nämlich die Frage, wie die anstehenden oder schon vollzogenen Tariferhöhungen von ihnen mitfinanziert werden müssen oder ob sie, so wie es 2011 geschehen ist und 2013 wieder geschehen wird, mit der Landesregierung gemeinsam finanziert werden. Das ist die Grundfrage des Ap
pells, den Sie heute zum Gegenstand gemacht haben, um uns den Morgen ein bisschen zu verderben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist einfach ein bisschen zu wenig.
Ich will Ihnen mal eines sagen: Wenn Sie solche Halsschmerzen hätten wie ich, wären Sie sicherlich schon in stationärer Behandlung. Aber ich habe mir gedacht, den Herrn Grumbach kann ich heute Morgen nicht alleine lassen. Das ist Pflichtbewusstsein, und das ist eine wichtige Sache.
Die Punkte 4 und 5 Ihres Antrags werden wir in der Tat, aber unabhängig von Ihnen – da brauchen wir keine großartigen Anmerkungen –, in Zukunft diskutieren. Das ist die Frage der Grundfinanzierung der Hochschulen außerhalb der Mittel, die sie einwerben können aufgrund ihrer eigenen Attraktivität. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Definition im System der leistungsorientierten Mittelzuweisung. Herr Grumbach, deswegen macht es die Sache nicht besser, wenn man einen Antrag wiederholt, wenn einem sonst nichts Besseres einfällt. Das ist so ähnlich, als wenn man sich Essen, das einem beim ersten Mal schon nicht geschmeckt hat, noch einmal aufwärmt und sich dann wundert, dass es dann auch nicht schmeckt. Mehr ist mit Ihrem Antrag heute nicht geschehen. Deswegen werden Sie Verständnis dafür haben, dass wir ihn ablehnen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Müller. – Als Nächste spricht Frau Kollegin Sorge für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Wissenschaftsministerin, Eva, hör die Signale. Herr Dr. Müller, es bringt doch nichts, immer wieder das Mantra vor sich herzutragen, dass sich die Finanzierung der Hochschulen erhöht hat, wenn Sie die Probleme, die dahinterstehen, nicht erkennen. Wenn Sie sagen, es handele sich um ein moderates Papier und keinen Hilferuf der KHU, der Konferenz Hessischer Universitätspräsidien, dann will ich Ihnen einfach einmal den ersten Satz vorlesen:
Die Konferenz der Hessischen Universitätspräsidien (KHU) ist in großer Sorge um die Qualität von Lehre, Studium und Forschung.
Das Problem ist, dass Sie sich nicht mit Ernsthaftigkeit mit dem beschäftigen, um was es hier geht. Es geht nämlich darum, dass wir stark steigende Studierendenzahlen haben und diese Studierenden die Zukunft unseres Landes bilden sollen. Wir müssen also alle Anstrengungen unternehmen, damit diese vielen Studierenden qualitativ gut ausgebildet sind, und demzufolge die Mittel zur Verfügung stellen.
Meine Damen und Herren, das ist leider nicht der Fall. Ich selbst wiederhole mich auch, aber Herr Dr. Müller, Sie haben selbst gesagt, dass Wiederholung ein pädagogisches Mittel ist. Ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Auch die KHU, also die Präsidien der fünf hessischen Universitäten, hat das in ihrem Papier sehr wohl benannt. In Hessen sind die Hochschulen an sich unterfinanziert. Das heißt, die Grundfinanzierung der hessischen Hochschulen hält nicht mit den steigenden Studierendenzahlen mit. Die Mittel an sich steigen – das habe ich hier schon sehr oft zugegeben, das ist faktisch so –, aber die Mittel steigen eben nicht pro Studierenden. Die Hochschulen bekommen pro Studierenden, in den sogenannten Clusterpreisen, also in dem, was die Hochschulen pro Studierenden zugewiesen bekommen, immer weniger. Allein hier müssen die Hochschulen aus ihrem Grundbestand die Unterfinanzierung bewerkstelligen. Das ist zum einen das Problem der generellen Grundfinanzierung. Hinzu kommt das Problem der steigenden Studierendenzahlen und der Hochschulpakt 2020 des Bundes als Antwort darauf.
Es stimmt sehr wohl, dass Millionenbeträge in die hessischen Hochschulen fließen. Natürlich ist das so. Wenn Sie aber genau hinsehen, stellen Sie fest, diese Mittel reichen zur Finanzierung dieses Studierendenbergs nicht aus. Es wird nur der „billigste“ Studierende bezahlt. Alles, was darüber hinausgeht, z. B. teurere Studiengänge und die Qualität des Studiums, müssen die Hochschulen aus ihrer eigenen Tasche finanzieren. Das ist das zweite strukturelle Problem, bei dem die Hochschulen immer weiter in eine Unterfinanzierung getrieben werden, obwohl zugegebenermaßen die Mittel steigen.
Herr Irmer, das habe ich hier schon öfter wiederholt. Wenn Sie mir zugehört hätten, hätten Sie auch gehört, dass ich gesagt habe, dass die Mittelsteigerung alleine nicht ausreicht, wenn die Mittel pro Studierenden sinken. Das genau ist das Problem, mit dem wir hier zu tun haben.
Das dritte Problem ist, dass die Kostensteigerungen in dem Hochschulpakt nicht abgefangen werden und die Hochschulen diese Kostensteigerungen auch aus eigener Tasche zahlen müssen. Das ist einer der Hauptgegenstände dieses Papiers der KHU. Hierbei geht es im Wesentlichen um die Tarifsteigerungen.
Gerade weil wir mehr Studierende an den Hochschulen haben, gibt es den Wunsch und den Willen, um die Qualität zu halten, mehr Lehrende an die Hochschulen zu holen. Diese Lehrenden bekommen auch Geld für ihre Tätigkeit, und das ist gut so. Wenn die Tarife steigen und wir mehr Lehrende haben, dann steigt auch das Minus der Hochschulen. Das ist wieder ein Minus, das durch die Landeskasse nicht honoriert wird und das die Hochschulen aus eigener Kasse, aus dem eigenen Bestand zahlen müssen.