Herr Posch, das ist jetzt kein persönlicher Vorwurf, sondern ein politischer. Denn in dieser Frage hatten Sie in den letzten zwölf Jahren natürlich nicht uneingeschränkt als Wirtschaftsminister die Verantwortung. Da gab es andere wie Herrn Rhiel, der in seiner Zeit die Verantwortung für den Planfeststellungsbeschluss hatte, aber genau diese Teile des Mediationsergebnisses nun ausdrücklich nicht umgesetzt hat.
Deswegen verstehe ich die Erregung der Bürgerinnen und Bürger. Dieser Zorn trifft nicht nur Sie, sondern er trifft uns ganz genauso. Ich habe das ja nicht umsonst am Dienstag hier eingebracht. Denn wir haben immer wieder gesagt: Wir stehen zum Ausbau. – Das ändert sich auch nicht. Wir stehen nach wie vor dazu. Aber wir erwarten gleichzeitig, dass jetzt die entsprechenden Begleitmaßnahmen endlich konsequent umgesetzt werden, nachdem zwölf Jahre an vielen Stellen gepennt wurde. Und wir erwarten, dass man jetzt nicht jahrelang warten muss, bis entsprechende Maßnahmen genehmigt werden.
Zweiter Punkt. Auch das akzeptiere ich nicht, wie Sie versuchen, sich an dieser Stelle in die Büsche zu schlagen. Der Antragstext – ich habe das jetzt ausdrücklich auch noch einmal mit ausgedruckt; das sind 74 Seiten, auf denen Sie Revision gegen Ihr eigenes Versprechen einlegen – sagt im Kern nicht, dass Sie die Begründung aufgehoben haben wollen
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist es! – Minister Dieter Posch: Nein, die kann man auch nicht aufheben!)
ich weiß das, ich komme dazu gleich im zweiten Schritt, Herr Posch; denn dieser Teil hat etwas mit Ihnen persönlich zu tun –, sondern Sie fordern ausdrücklich die Aufhebung des Beschlusses mit dem Ziel, dass der Planfeststellungsbeschluss, der 17 Nachtflüge vorsieht, wieder in Kraft gesetzt wird. Das leitet sich aus Seite 3 Ihres Antragstextes ab. Davon kommen Sie nicht weg.
Deswegen will ich auch etwas zu dem persönlichen Teil sagen. Herr Posch, Sie haben eben hier beschrieben, man könne nicht akzeptieren, dass der LEP jetzt sozusagen als Hauptbegründung für den Beschluss dient. Mit Verlaub, Herr Posch, es war Ihre Erfindung – und das werde ich auch nicht müde zu wiederholen –, die wir hier politisch als SPD-Landtagsfraktion ausdrücklich unterstützt ha
ben, das öffentliche Interesse und das öffentliche Bekenntnis zu dokumentieren, um sowohl der Planfeststellungsbehörde als auch den anschließenden gerichtlichen Maßnahmen und Entscheidungen ein starkes Argument zuzuführen, dass wir das wollen. Das können Sie jetzt nicht ins Gegenteil verkehren. Das war Ihre Idee, die Sie jetzt auch noch beklagen.
Letzter Punkt. Herr Posch gesteht jetzt wenigstens, dass dieser Teil die halbe Wahrheit ist. Da sind wir schon einmal ein kleines Stückchen weiter.
Herr Boddenberg, regen Sie sich ab. Zu Ihrer Rolle habe ich hier mehrfach etwas gesagt. Ich will das heute nicht wiederholen.
Damit will ich aber zum letzten Punkt kommen, der uns am Dienstag schon beschäftigt hat und auch nach heute Abend noch weiter beschäftigen wird. Das ist die Heuchelei von Boris Rhein.
Sie haben heute Abend eine Stadtverordnetenversammlung in Frankfurt. Dort wird es das erste Mal, nachdem es einen Burgfrieden zwischen Schwarz-Grün in den letzten Jahren in Frankfurt gab – ich nehme jetzt einmal die Landesgrünen ausdrücklich aus –, wonach man sich zum Flughafen insgesamt nicht pfählt, dazu kommen, dass sich das heute Abend ändert.
Heute Abend gibt es einen Beschlusstext, Herr Rhein, der das, was der Kollege Jühe mit allen Städten und Gemeinden aufgenommen hat, zum Antrag erhebt.
Das ist etwas, was hier im Parlament vor wenigen Wochen abgelehnt wurde. Das ist ein zentraler Punkt des Beschlusses von Schwarz-Grün heute Abend in der Stadtverordnetenversammlung.
Jetzt komme ich zu dem Punkt „Obskures“, Herr Arnold. Das ist die Rücknahme der Revision – ohne Rechtssicherheit, und ohne das Verfahren neu anzulegen.
Deswegen erwarte ich von Ihnen und der Landesregierung in diesen Fragen endlich Klarheit. Nehmen Sie die Revision zurück, und sorgen Sie dafür, dass das Mediationsergebnis endlich umgesetzt wird. – Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, bevor wir in der Debatte weitermachen, bitte ich ganz herzlich die Mitglieder auf
der Regierungsbank, sich etwas zurückzuhalten, wenn hier Abgeordnete sprechen. Das haben wir miteinander vereinbart. Keine Zwischenrufe oder Bemerkungen von der Regierungsbank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist heute ein spannender Tag, Herr Posch. Denn ich habe heute Morgen ein Interview von Ihnen in der „Bild“-Zeitung gelesen, wo Sie auf die Frage, ob Sie das so erwartet haben, antworten:
Nein, die Höhe der zusätzlichen Lärmbelastung, aber auch die Reaktionen der Bürger haben uns in dieser Intensität überrascht.
Da sage ich Ihnen: Wenn der Chef der planfeststellenden Behörde sagt, dass ihn die Höhe der zusätzlichen Lärmbelastung in dieser Intensität überrascht hat, dann stellt er gerade angesichts des laufenden Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die gesamte Planfeststellung infrage.
Ich bin mir da sehr sicher. Denn in Leipzig geht es um die Frage, ob eigentlich ordentlich abgewogen wurde. Wenn Sie selbst sagen, dass Sie die Lärmbelastung in dieser Intensität überrascht hat, dann sagen Sie damit, dass Ihrer Ansicht nach nicht ordentlich abgewogen wurde. Herr Posch, das wird eine spannende Verhandlung werden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Dr. Walter Ar- nold (CDU): Herr Al-Wazir, das ist aber eine kühne Schlussfolgerung!)
Zweitens. Sie sagen, Sie wollten nur Rechtssicherheit haben. Der von Ihnen beauftragte Anwalt, der Vertreter des Landes Hessen, Herr Gronefeld, sagt nicht, er hätte gerne Rechtssicherheit. Er sagt, er hätte gerne mehr Nachtflüge.
Sie müssen sich jetzt einmal entscheiden. Auf der einen Seite haben Sie in dem Interview gesagt, Sie seien von der Intensität der Lärmbelastung überrascht worden. Auf der anderen Seite kämpft der von Ihnen beauftragte Anwalt für mehr Lärm. Herr Verkehrsminister, das passt nicht zusammen.
Herr Posch, das Argument, wegen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts sei es jetzt unabweisbar, in die Revision zu gehen, kann nicht richtig sein. Denn Fraport hat den letzten Antrag mit null Nachtflügen selbst gestellt, und zwar nach dem letzten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Auch dieses Argument ist schlichtweg falsch.
Ich will deswegen auf die Frage zu sprechen kommen, was jetzt zu tun ist. Die erste Fragestellung bezieht sich auf die juristische Ebene. Sie lautet: Ist die Planfeststellung eigentlich so machbar?
Es ist das Risiko des Betreibers, vor dem Urteil in der letzten Instanz die Investition vorzunehmen und die Bahn in Betrieb zu nehmen. Wenn mit dem Urteil in letzter Instanz gesagt wird, die Abwägung sei falsch gewesen, deswegen sei die Betriebsgenehmigung weg, dann werden der Betreiber und auch das Land Hessen damit umgehen müssen.
Aber ich sage ausdrücklich auch Folgendes: Jenseits dieser Fragestellung müssen wir uns überlegen, was in den letzten elf Jahren eigentlich zur Entlastung der Menschen passiert ist. Ich finde es schon interessant, dass Sie hier sagen, die ganzen Forderungen wie Steilstartverfahren, lärmabhängige Gebühren usw. seien alle herzallerliebst, hätten aber mit der Realität nichts zu tun. Ich werde noch auf die einzelnen Forderungen zu sprechen kommen.
Sie sagen, dass das alles angeblich nicht ginge oder schon gemacht würde. Dazu will ich Ihnen sagen, dass wir gleich über einen Dringlichen Entschließungsantrag abstimmen werden, dessen Inhalt Herr Arnold „obskur“ nennt und zu dem Sie sagen, das ginge alles nicht. Das ist aber wörtlich das, was Boris Rhein am Montagabend gefordert hat.
Wenn das alles so obskur ist und angeblich nicht geht, dann müssen Sie sich einmal überlegen, was Sie hier in der Landesregierung eigentlich vertreten. Ich will zu den einzelnen Punkten etwas sagen. Herr Posch, das hat man schon gemerkt, das war in Vergleich zu dem, was wir die letzten zehn Jahre erlebt haben, eine ziemlich kleinlaute Rede. Offensichtlich wurden Sie wirklich von den Auswirkungen überrascht.
Ich will ausdrücklich Folgendes sagen: Natürlich haben wir lärmabhängige Gebühren. Aber Sie wissen doch, dass die Einführung der lärmabhängigen Gebühren vor über zehn Jahren vor allem auf Flugzeugtypen abgezielt hat, die es heute nicht mehr gibt. Natürlich sind wir froh, dass die Air Base nicht mehr da ist und die C-5 Galaxy nicht mehr diesen Lärm macht. Wir sind froh, dass die Antonov An-124 kein Flugzeug mehr ist, das man in Frankfurt oft sieht.