Protokoll der Sitzung vom 01.02.2012

(Holger Bellino (CDU): Ach du lieber Gott!)

Sie sind natürlich Experte in Sachen Daseinsvorsorge. Da bin ich mir ziemlich sicher,

(Beifall bei der LINKEN)

denn wir wissen, wie perfekt die Daseinsvorsorge dort umgesetzt worden ist, wo Ihre Partei regiert hat: in der DDR. Insbesondere die Mieterinnen und Mieter wussten es zu schätzen, dass sie in Wohnungen leben mussten, in die es hineinregnete und in denen die energetischen Zustände katastrophal waren, dass sie jahrelang auf eine Wohnung warten mussten, dass sie auf Listen waren und dass sie, wenn sie politisch unbeliebt waren, gar keine Wohnung bekommen haben. – Ja, das ist das Modell, das Sie dort, wo Sie regierten, realisiert haben. Das wollen wir nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sozialismus!)

Natürlich ist es so, dass der Staat eine hohe Verantwortung hat, auch hinsichtlich der Wohnraumversorgung, und wir müssen natürlich wissen, aus welchem geschichtlichen Hintergrund diese Verantwortung erwachsen ist. Sie ist aufgrund der massiven Wohnraumzerstörungen erwachsen, die Folge des Zweiten Weltkrieges waren und die im Zweiten Weltkrieg bewirkt wurden. Dieser Krieg war natürlich eine staatliche Veranlassung. Insoweit ist der Staat natürlich auch in unmittelbarer Verantwortung gewesen, dies auszugleichen und massiv mit Mitteln des Staates selbst einzugreifen, um den Menschen angemessenen

Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Aber was für Wohnraum gilt, gilt natürlich genauso für die Lebensmittelversorgung. Wenn Sie der Meinung sind, die Lebensmittelversorgung sei sicherlich ein Urbedürfnis der Menschen, denn wir wollten niemanden verhungern lassen, ist es trotzdem so, dass dort, wo Sie von der Linkspartei regiert haben, die Menschen noch nicht einmal richtig mit Lebensmitteln versorgt wurden.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): In Berlin, Brandenburg oder wo? – Gerhard Merz (SPD): Ei, ei, ei!)

Meine Damen und Herren, was der Finanzminister ebenfalls bereits im Dezember verdeutlicht hat, ist doch, dass die Wohnungsbaugesellschaft, die Nassauische Heimstätte, hervorragend aufgestellt ist. Auch das fand ich interessant – Herr Schäfer-Gümbel, auch da haben Sie ihre Lehrjahre als Oppositionsführer noch nicht beendet –: Sie haben hier selbst gesagt, die Nassauische Heimstätte wäre ein „vorzügliches Unternehmen“. Wer trägt denn für dieses „vorzügliche Unternehmen“ die politische Verantwortung? – Diese Landesregierung. Insoweit haben Sie auch die Landesregierung gelobt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Auch Herr Klose hat hier schön ausgeführt, wie gut dieses landeseigene Unternehmen arbeitet. Ich sage Ihnen: Das ist keine Überraschung. Das hat schlicht und einfach damit zu tun, dass wir eine außerordentlich gute, kompetente und professionelle Landesregierung haben, die mit Ressourcen eben ordentlich umgehen kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von der SPD: Ei, ei, ei!)

Wenn Sie das als Opposition hier erwähnen, dann vielen Dank dafür, aber Ihrer Rolle als Opposition werden Sie so nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Sie werden Ihrer Rolle als Landesregierung nicht gerecht!)

Meine Damen und Herren, die Nassauische Heimstätte ist nicht nur ein gut organisiertes Unternehmen, sondern es ist natürlich ein Unternehmen, das gemäß ihrer Eigen tümerstruktur in Landeseigentum ist. Uns geht es aber im Wesentlichen darum, dass sich dieses Unternehmen fortentwickeln und dass verstärkt investiert werden kann. Uns geht es auch darum, dass die Mieter, was auch immer an Veränderungen einer Eigentümerstruktur möglich ist, weiter in gesicherten Verhältnissen leben können. Auch dies haben wir Ihnen schon im Dezember ausgeführt. Gleichwohl kommen Sie einen Monat später mit dem gleichen Thema, als hätte Ihnen Weihnachten sozusagen alles von der Festplatte gelöscht.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP – Gerhard Merz (SPD): Sie haben überhaupt nicht verstanden, worum es geht!)

Dann fangen Sie noch an, zu sagen, das hätte etwas mit Boris Rhein zu tun.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Natürlich!)

Es ist schon interessant, dass Sie es Boris Rhein zutrauen, dass er die Dinge so professionell im Sinne der Mieterinnen, der Mieter und der Stadt Frankfurt organisiert.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Das habe ich nicht gesagt!)

Sie haben natürlich völlig recht, wenn Sie Boris Rhein unterstellen, dass er sich für die Menschen in Frankfurt einsetzt, dass er sich für die Menschen einsetzt, wenn sie dort Mieterinnen und Mieter sind. Ich finde, das ist auch ein Grund für uns alle, darauf stolz zu sein, dass sich so jemand in einer solchen Position engagiert. Ich bin sicher, das werden nicht nur Sie so sehen, sondern auch die Frankfurter Wählerinnen und Wähler am 11. März.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deswegen kann ich Ihnen nur sagen: Sie haben Ihren Setzpunkt versenkt. Es war eine Steilvorlage für die Regierung und für Boris Rhein. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD: Oh!)

Danke sehr, Herr Caspar. – Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Staatsminister Dr. Schäfer.

(Gerhard Merz (SPD): Manchmal hilft es schon, wenn man sich ein paar Notizen macht! – Gegenruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU): Bei Ihnen nicht! – Unruhe bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Herr Dr. Schäfer hat das Wort.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nach dem Kasper jetzt der Minister! – Gegenruf des Abg. Ulrich Caspar (CDU): Gott sei Dank nicht der Wagner!)

Auch mittwochmorgens ist das Niveau von Zwischenrufen steigerungsfähig, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zuruf von der LINKEN: Nicht nur am Mittwoch!)

Aber mittwochmorgens fehlt einem der Vergleichsmaßstab zu weiteren Phasen des Tages.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja, ja, wir haben da auch ein bisschen empirische Erfahrung!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann sich in der Tat die Frage stellen, was sich seit dem Dezember, als wir diese Frage im Hause debattiert haben, verändert hat. Aus Sicht derjenigen, die ein Interesse daran haben, ein medial beachtetes Thema zu haben, sind es wenige Nuancen. Weil es der letzte Tagesordnungspunkt der Weihnachtssitzung im Dezember war und eigentlich jeder gern schnell nach Hause wollte, war dies ein Zeitpunkt, als die mediale Beachtung der Debatte relativ heruntergesetzt war.

Das galt vermutlich auch für den einen oder anderen Beobachter der Medien. Jedenfalls ist Ihr Versuch, eine politische Debatte daraus zu generieren, nicht übermäßig geglückt.

Eines hat sich noch verändert. Das hat man der Debatte angemerkt. Im Dezember 2011 lautete der Vorwurf: Ihr wollt an Heuschrecken verkaufen und verunsichert die Mieter. Da hat der Finanzminister dem Rhein bei seinem Wahlkampf ein Ei ins Nest gelegt.

(Minister Boris Rhein: Jetzt ist es gerade umge- dreht!)

Jetzt, vier Wochen später, ist das der Husarenstreich, um ihn im Oberbürgermeisterwahlkampf als weißen Ritter erscheinen zu lassen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, was gilt denn nun?

(Beifall bei der CDU und der FDP – Minister Boris Rhein: Ihr wisst nicht, was ihr wollt!)

So mancher Zungenschlag und Debattenbeitrag wundert mich. Frau Wissler, Sie haben sich hier an die Spitze einer vermeintlichen Bewegung zur Rettung der Interessen der Mieter gestellt. Da muss man sich einmal anschauen, welche großen Verkaufsprozesse öffentlicher Wohnungsunternehmen in den letzten zehn Jahren in Deutschland stattgefunden haben. Bei zwei der größten Veräußerungsprozesse waren Sie dabei, aber nicht auf der Seite derjenigen, die gefordert haben, nicht zu privatisieren bzw. zu veräußern. Nein, Sie waren voll bei denjenigen, die die Veräußerung und die Privatisierung betrieben haben. Das ist die historische Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf: Wo denn?)

In Dresden war die Linkspartei dabei. Dazu gab es ein Bürgerbegehren. Da wurde groß plakatiert: die Verkäufer-Linkspartei.

In Berlin wurde ein sehr großes Wohnungsunternehmen von einer Koalition aus SPD und PDS – daraus wurde später die Linkspartei – restlos veräußert, und zwar keineswegs an einen öffentlichen Träger.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Herr Dr. Schäfer, Sie wissen, dass wir das nicht alle gemacht haben!)

Vielmehr wurden die Wohnungen an von Ihnen als Heuschrecken titulierte Unternehmen verkauft.

Herr Schäfer-Gümbel guckt interessiert unter sich. Denn es sind unangenehme Wahrheiten, die ich Ihnen gerade präsentiere.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

In einem zweiten Schritt hat die gleiche Koalition aus SPD und PDS am Ende auch noch einem Börsengang desselben Unternehmens zugestimmt. Das zeigt, mit welcher Heuchelei hier versucht wird, Wahlkampf zu machen. Nichts anderes ist das.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Herr Dr. Schäfer, das waren nur Teile der PDS, um das noch einmal deutlich zu sagen!)

Um was geht es? – Ich habe das zum Ausdruck gebracht, was in unserem Koalitionsvertrag längst verankert ist. Herr Lenders hat auch darauf hingewiesen. Wir haben die Entscheidung zu treffen, wie wir mit unseren Anteilen an der Nassauischen Heimstätte unter Sicherstellung des öffentlichen Auftrags in Zukunft verfahren wollen.

Übrigens möchte ich sagen: Das Engagement des Landes beim sozialen Wohnungsbau kann sich nicht nur sehen lassen. Vielmehr ist es wahrscheinlich bundesweit beispielgebend. Wir geben jedes Jahr für den sozialen Wohnungsbau in diesem Land 60 Millionen € aus.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)