Meine Damen und Herren, natürlich ist das ein erster Auftakt für eine Debatte, die viel zentraler darin münden kann, die Frage zu stellen: Wie können wir es zulassen, dass der Anteil der sozialen Wohnungen in Hessen immer weiter zurückgeht? Das ist der Kern der Diskussion. Das ist wichtig. Das gehört meiner Ansicht nach zusammen. In diesen Zusammenhang ist es auch gestellt worden.
Wir werden im Jahr 2015 – das sind Ihre Zahlen – in Hessen noch 80.000 geförderte Sozialwohnungen haben – 80.000. Wir wissen, dass in den letzten Jahren immer weniger neu hinzugekommen als aus der Bindung herausgefallen sind. Insofern ist es natürlich notwendig, alle Maßnahmen zu ergreifen, die für einen Erhalt des Wohnraums, für einen Erhalt der Wohnungsstruktur und auch für die Kultur in den Städten – so weit will ich einmal gehen – notwendig sind. Den Kommunen sollen eigenständige Möglichkeiten eingeräumt werden, da initiativ zu werden.
Ich wiederhole die Frage. Ich denke, niemand widerspricht, dass der Gesetzentwurf nach Abschluss der ersten Lesung zur Vorbereitung der zweiten Lesung dem Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen wird. – Dem hat keiner widersprochen, dann ist das so beschlossen.
Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz über Zuwendungen des Landes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden (Hessisches Gemeindeverkehrsfi- nanzierungsgesetz – HGVFG) – Drucks. 18/5170 zu Drucks. 18/4194 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der GRÜNEN und der LINKEN bei Stimmenthaltung der SPD, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung abzulehnen.
Herr Berichterstatter, vielen Dank. – Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält Frau Kollegin Müller aus Kassel für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Müller, bitte schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beraten heute unseren Gesetzentwurf für ein Hessisches Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz in zweiter Lesung. Während der ersten Lesung hatte ich das Gefühl, ich konnte Sie noch nicht so ganz überzeugen.
Wir hatten eine Anhörung, in der wirklich alle Anzuhörenden vom ADAC bis zur VhU und die kommunale Familie den Gesetzentwurf begrüßt und unterstützt haben. Sie haben dafür plädiert, dass schnell eine gesetzliche Regelung geschaffen werden solle.
Deswegen will ich heute noch einmal versuchen, Sie zu überzeugen. Während der Ausschussberatungen waren Sie noch nicht ganz überzeugt. Immerhin gab es Bewegung. Zunächst hat Herr Posch geäußert, es solle dazu einen Kabinettsbeschluss geben. Dann hat Herr Müller einen Gesetzentwurf angekündigt. Da der heute noch nicht vorliegt, haben Sie die Chance, viel Zeit und eine Anhörung zu sparen, indem Sie einfach unserem Gesetzentwurf zustimmen.
Ich habe schon darauf hingewiesen, dass alle Anzuhörenden darauf gedrungen haben, wie wichtig es sei, eine gesetzliche Regelung für die Zweckbindung der Entflechtungsmittel zu haben, da das Geld ansonsten den Kommunen fehlen würde und sie keine Projekte mehr anfangen würden. Wir alle wissen, wie lange Planungsprozesse dauern.
Da die Zweckbindung mit dem Jahr 2013 auslaufen wird, ist es dringend, dass wir jetzt einen Gesetzentwurf verabschieden, um den Kommunen die Rechtssicherheit zu geben, dass die 96,5 Millionen €, die bisher für den Verkehr zur Verfügung stehen, auch nach dem Jahr 2013 dafür zur Verfügung stehen und es nicht dazu kommt, dass die Hochschulen, das Wohnen und der Verkehr in Konkurrenz zueinander treten und jeder versucht, für sich das Beste herauszuholen und die meisten Gelder an sich zu binden.
Andere Bundesländer sind da schon viel weiter. Das sind z. B. Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. In BadenWürttemberg geschah dies noch unter der schwarzen Regierung.
Ich weiß nicht, was in Hessen daran hindert, entweder einen Gesetzentwurf schon vorgelegt zu haben oder unserem zuzustimmen, sei es auch mit Änderungen. Auch das habe ich während der Ausschusssitzung angesprochen. Wir sind durchaus gesprächsbereit. Das Wichtigste für uns ist der Erhalt der Zweckbindung.
Aber da gab es keine weiteren Signale. Dabei hätten Sie sich beim ADAC und bei der VhU ein paar Freunde sichern können. Sie haben nicht mehr so viele davon. Diese Chance haben Sie auch wieder vertan.
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Ich will Ihnen den Gesetzentwurf noch einmal inhaltlich nahebringen. Ich tue das für all diejenigen, die nicht Mitglied des Wirtschaftsausschusses sind und nicht an der Anhörung teilnehmen konnten.
Der Gesetzentwurf soll Planungssicherheit für die Kommunen, die Verkehrsunternehmen und sonstige Vorhabensträger schaffen, auch zukünftig Fördermittel erhalten zu können. Die dem Land zustehenden Finanzhilfen sollen nach dem Jahr 2013 ausschließlich für Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse und des Lärmschutzes in den Gemeinden verwendet werden.
Das wäre ein neuer Fördertatbestand, den wir eingefügt haben. Sie alle haben sicherlich auch mit Anfragen von Bürgern zu tun, die sich über Lärm beschweren. Da wird in Zukunft noch viel auf uns zukommen. Wenn dafür keine Mittel zur Verfügung stehen, wird für den Erhalt der Straßen und für den öffentlichen Personennahverkehr gar nichts mehr übrig sein. Die Kommunen und Verkehrsunternehmen in Hessen würden mit einem solchen Gesetz über das Jahr 2013 hinaus verlässliche Förderkriterien für die Finanzierung der Vorhaben des öffentlichen Personennahverkehrs und des Straßenbaus haben.
Wir setzen bei den förderungsfähigen Vorhaben verstärkt auf den öffentlichen Personennahverkehr und den Verkehr mit Fahrrädern. Die Quote 60 : 30 : 10 haben wir aber nicht willkürlich festgelegt. Vielmehr ist es im Moment faktisch so, dass 60 % in den Straßenbau fließen. Um da ein Gleichgewicht herzustellen, wollen wir das Verhältnis umdrehen.
Die SPD hat auch schon einmal in einer Koalitionsvereinbarung dem so zugestimmt. Deswegen weiß ich gar nicht, warum sich die Mitglieder der SPD-Fraktion dieses Mal bei unserem Gesetzentwurf der Stimme enthalten wollen.
Zu den bisherigen Förderkriterien ist in unserem Gesetzentwurf neu, dass auch der Erhalt der Schienenwege und der Straßen gefördert werden soll. Außerdem soll bei den Straßenbauvorhaben der Erhalt vor dem Aus- oder Neubau stehen. Nur so kann eine aktive Steuerung, weg vom motorisierten Individualverkehr, hin zum Umweltverbund, bestehend aus Fußgängern, Radverkehr und öffentlichem Verkehr, gelingen.
Damit könnten die Klimaschutzziele erreicht werden und die Energiewende stattfinden. Wir haben es vorhin in der Diskussion um die Wärmenutzung gehört: Eine Energiewende kann es ohne Änderungen beim Verkehr nicht geben. Deswegen müssen wir uns da anstrengen und alles Mögliche tun, um die Klimaschutzziele zu erreichen.
Bei den förderungsfähigen Vorhaben haben wir uns weitestgehend an das bestehende Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz des Bundes angelehnt. Wir haben das erweitert und präzisiert, um damit dem Klimawandel entgegenzuwirken und um eine wirkliche Verbesserung der Verkehrsverhältnisse zu erzielen. Sie sollen frei von Stau, Lärm und Abgasen sein.
Ich hatte es bereits erwähnt: Deswegen haben wir da eine Förderquote vorgesehen. Wir haben auch eine Förderquote für den Fahrradverkehr, damit man da verlässlich Gelder zur Verfügung hätte.
Wir haben weiterhin auf die Erweiterung des Förderkatalogs um Carsharing und Fahrradstationen sowie eigenständige Fahrradwege zur Vermeidung und Reduktion des Pkw-Verkehrs gesetzt. Das müsste auch im Interesse der Landesregierung sein. Neulich gab es eine Pressekonferenz, als der Antrag zur Schaufensterregion Elektromobilität eingereicht wurde. Bei den Elektrofahrrädern, den Pedelecs, boomt es zurzeit. Wir haben das neulich in der Presse gelesen. Dafür muss aber auch die Infrastruktur geschaffen werden. Wir wollen, dass dafür Mittel bereitgestellt werden, damit – –
Verbundene Rad- und Fußwege sind die schlechteste Lösung. Es gibt dazu ein Urteil. Die Nutzungspflicht der Radwege wurde aufgehoben.
Auch bei der Instandsetzung der hessischen Gemeindestraßen besteht ein erheblicher Nachholbedarf. Deswegen schlagen wir vor: Erhalt vor Neubau.
Ich sehe, meine Redezeit ist gleich zu Ende. Deswegen werde ich ein wenig kürzen. Den Lärmaspekt habe ich schon erwähnt.
Ich weiß, dass Sie den erweiterten Förderungskatalog und auch die Quotierung kritisiert haben. Wenn Sie ein Zeichen setzen wollen, sollten Sie unserem Gesetzentwurf trotzdem zustimmen. Wie gesagt, Sie würden sich damit viel Arbeit und eine zweite Anhörung ersparen, falls Sie noch einen eigenen Gesetzentwurf machen wollen.
Herr Dr. Spies, die Mitglieder der SPD-Fraktion haben es auch nicht eingesehen und werden dem Gesetzentwurf auch nicht zustimmen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der letzte Satz war in der Tat überraschend. Sie sagten: Sie sind mit dem Gesetzentwurf zwar nicht einverstanden, aber stimmen Sie trotzdem einfach zu. – Liebe Frau Müller, das werden wir sicherlich nicht tun.
Ich bin aber froh, dass wir heute Morgen das Verkehrskonzept der GRÜNEN erklärt bekommen haben, warum Sie sich in der Regel gegen größere Infrastrukturmaßnahmen wehren: Wir haben gelernt, dass die Menschen, wenn wir eine Straße oder Verkehrswege bauen, diese nutzen, um die Region zu verlassen. Das haben wir heute Morgen bei der Diskussion über die A 44 von Frau Müller gelernt. Das war sehr interessant und erklärt manche Entscheidung und manches Verhalten der GRÜNEN in der Verkehrspolitik.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Dr. Thomas Spies (SPD))
Aber ich glaube, dass das vielleicht doch nicht so gemeint ist. Denn ich will mit Positivem anfangen. Es gibt einige Punkte, in denen wir gar nicht so weit auseinanderliegen. Wir wollen, dass die Mittel aus dem GVFG in Infrastruktur investiert werden. Das ist ein entscheidender Bereich. Deswegen sind wir uns auch einig – das sage ich ganz ausdrücklich – bei der Frage der Zweckbindung. Das haben wir schon mehrfach betont. Im Übrigen waren auch nur in diesem Punkt die Experten in der Anhörung einer Meinung. Da sind sie auch mit der Regierung und der CDUund FDP-Fraktion einer Meinung, dass wir diese Zweckbindung brauchen.