Wir wollen das nicht. Deshalb sind für uns solche Eingriffe dort, wo sie notwendig sind, ein Teil des ordnungspolitischen Rahmens und damit auch ein Teil der sozialen Marktwirtschaft.
Herr Kollege Lenders und Herr Kollege Milde, ich finde, Sie könnten, gerade was Ihre verfassungsrechtlichen Bedenken betrifft, auch deshalb viel entspannter sein, weil es – das ist bereits gesagt worden – in einem anderen Bundesland seit Jahren ein solches Gesetz gibt, an das sich der Gesetzentwurf der LINKEN ziemlich offensichtlich anlehnt und das bis jetzt juristisch noch nicht angegriffen worden ist. Frau Wissler hat es Ihnen gerade erklärt. Dieses Gesetz findet sich im schwarz-gelb regierten Bayern. Sie wissen, Bayern ist dieser sozialistische Modellstaat im Südosten der Republik,
Bayern also hat seinen Kommunen die Möglichkeit eingeräumt, und die Stadt München nutzt sie aus guten Gründen intensiv.
Ein Gesetz gegen die Zweckentfremdung des Wohnraums taugt also nun wirklich nicht, um heute zum dritten Mal an diesem Tag das Gespenst des Kommunismus an die Wand zu malen, meine Damen und Herren.
(Zuruf von der SDP: Es geht schon wieder durch die Räume! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Es spukt schon wieder!)
Gleichzeitig ist genauso richtig, dass dieses Gesetz erheblich in Eigentumsrechte eingreift. Das ist es, was wir dagegen abzuwägen haben. Ich finde, wir könnten deshalb ganz unaufgeregt in die Anhörung gehen und schauen, was sie uns allen zu diesem Gesetzentwurf an zusätzlichen Erkenntnissen, insbesondere zur Wohnraumentwicklung im Ballungsraum, einbringt. Anschließend bewerten wir, ob dieser Entwurf geeignet ist, einem möglicherweise bestehenden Problem entgegenzuwirken, in aller Ruhe und in aller Gelassenheit. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Klose, über das Wohnraumförderungsgesetz werden wir dann reden, wenn die Grundsätze, die der Landtag hier beschlossen hat, in Gesetzesform gegossen werden.
Dann werden wir darüber diskutieren, und dann geht es in der Tat um die Frage, wie wir Wohnraum fördern können. Wir brauchen uns bei der Wohnraumförderung hinter dem, was wir machen, nicht zu verstecken.
(Beifall bei der CDU – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Hinter nichts kann man sich auch nicht verstecken!)
Das Sondervermögen, rund 60 Millionen € jährlich, steht hier zur Verfügung. Auf jeden Fall steht eines fest: Ein Gesetz, das das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in Hessen wieder einführen soll, ist nicht geeignet, zusätzlichen Wohnraum zu beschaffen; denn die Voraussetzungen dafür sind nicht gegeben.
Es hätte mich einmal interessiert, wenn wenigstens eines oder mehrere Beispiele genannt worden wären, die die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes zumindest glaubhaft gemacht hätten. Verehrter Herr Klose, aber davon habe ich in der Begründung nichts gehört, und deswegen entsprechen die Behauptungen, die hier aufgestellt werden, nicht der Realität. Es gibt keine Hinweise dafür, dass sich aufgrund des Wegfalls des Verbots der Zweckentfremdung von Wohnraum der spekulative Wohnraumleerstand erhöht hat oder die Mietpreise gestiegen sind. Auch eine vermehrte Umwandlung von Wohnraum in Büroraum ist nicht festzustellen.
Meine Damen und Herren, wenn es keinen Sachverhalt gibt, für den ein Gesetz gemacht werden muss, dann muss ich auch kein Gesetz machen. Das ist ein alter Grundsatz, der seit Montesquieu gilt. Wir sollten ihn öfter realisieren.
Die Entwicklung der Immobilienmärkte – weil es Frau Wissler angesprochen hat – ist in der Realität eine völlig andere. So sind die reinen Wohnungsmieten in Hessen – ohne Nebenkosten, man muss, wenn man vergleicht, auch wirklich auf die reinen Wohnungsmieten abstellen, denn das Problem der Nebenkosten ist ein anderes, über das man sich ereifern und aufregen kann, das aber mit dieser Frage nichts zu tun hat – seit dem Wegfall des Zweckentfremdungsverbots im Jahr 2004 zwischen 0,9 und 1,6 % gestiegen, zuletzt um 1,2 %. Eine besondere Erhöhung der Mieten nach dem Wegfall des Zweckentfremdungsverbots ist also nicht festzustellen, sodass auch insofern kein Regelungsbedarf besteht.
Deswegen will ich noch ein Argument zum Thema RheinMain-Gebiet aufgreifen. Im Rhein-Main-Gebiet ist die Situation genau umgekehrt. Wir haben ein sehr großes Überangebot an Büroräumen, sodass die Umwandlung von gut vermietbarem Wohnraum in Büroraum wirtschaftlich geradezu absolut unsinnig wäre. Frankfurt am Main hat aktuell mit ca. 10 % eine relativ hohe Leerstandsrate von Büroflächen in Deutschland. In dieser Situation wird doch niemand auf die Idee kommen, Wohnraum für andere Zwecke zur Verfügung zu stellen.
Meine Damen und Herren, deswegen stellt sich die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit heute völlig anders, als sie damals einmal bestanden hat, als es für notwendig erachtet worden ist, ein Zweckentfremdungsgesetz zu haben. Damals kann das verfassungsrechtlich geboten gewesen sein, weil eben die Situation bestanden hat, dann auch in Eigentumsrechte einzugreifen. Wenn Sie diese Situation allerdings nicht haben, ist es in der Tat verfassungsrechtlich in höchstem Maße problematisch, ein Gesetz vorzusehen, auch wenn es nur eine gesetzliche Ermächtigung ist, auf kommunaler Ebene Satzungen zu erlassen. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit stellt sich nicht auf der Ebene der Satzung, sondern auf der Ebene des Gesetzes.
Über die Wohnraumförderung werden wir in absehbarer Zeit sprechen, wenn wir das Versprechen einlösen, das wir, glaube ich, im August gegeben haben, ein Wohnraumförderungsgesetz einzubringen. – Vielen herzlichen Dank.
Damit ist die erste Lesung dieses Gesetzentwurfs vollzogen, und wir überweisen ihn zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Wirtschaftausschuss. – Dem widerspricht keiner?
Entschuldigung, Herr Kollege, Sie haben aber keine Ziffer darauf geschrieben. – Dann eröffne ich die zweite Runde. Das Wort hat Herr Abg. Schaus.
Entschuldigung, nur in aller Kürze. Ich habe mich noch einmal gemeldet, weil der Minister zu Recht nach Beispielen gefragt hat. Das ist schon richtig. Herr Minister, ich glaube, es ist richtig, die Frage zu stellen, wie es denn mit den Beispielen ist. – Da wir uns bei unserem Gesetzentwurf an dem bayerischen Gesetzentwurf orientiert haben und es eine entsprechende Satzungsregelung für die Stadt München gibt, will ich als Beispiele nur darauf verweisen, was der Oberbürgermeister der Stadt München dazu gesagt hat.
Er sagt, seitdem es diese Satzung und das Gesetz gebe, schätze er – Sie wissen, dass das schwierig ist –, dass in München 20.000 Wohnungen vor der Zweckentfremdung, also vor der Umwandlung von Wohnraum in Büroraum, geschützt worden seien. Das ist eine gewaltige Zahl, die uns, wie ich finde, zu denken geben muss.
(Minister Michael Boddenberg: Nur ein Beispiel! – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das können wir in der zweiten Lesung noch besprechen!)
Herr Minister, Sie haben in einem recht: Es ist in der Tat so, dass das Zweckentfremdungsgesetz keinen neuen Wohnraum schafft. Es geht aber natürlich auch darum, Wohnraum zu erhalten und nicht zu reduzieren.
Herr Kollege Siebel hat mit Recht darauf hingewiesen – das will ich an dieser Stelle auch noch einmal tun –, dass es, gerade weil es eine Satzungsregelung ist und die Kommunen selbst darüber befinden können, ob und in welcher Form sie auf der gesetzlichen Grundlage tätig werden, nicht nur eine Debatte und eine Entscheidung geben kann, sondern dass dies eine Maßnahme der Stadtentwicklung ist und sein kann.
Herr Minister, ich glaube, es ist eine falsche Betrachtungsweise, nur auf Frankfurt und den Büroraum, der dort leer steht, zu schauen. Wir haben in Frankfurt durchaus Stadtteile, wo es ein Interesse daran gibt, in einem kleineren Bereich Wohnraum zu zweckentfremden und in Büroraum umzuwandeln.
Das ist ein Beispiel. Herr Minister Boddenberg, Sie müssen das nicht akzeptieren, aber es ist ein Beispiel. – Die
Entwicklung des Frankfurter Westends, insbesondere – das wissen Sie alle – in den vergangenen Jahrzehnten, hat doch dazu geführt, dass in guten Wohngebieten im innerstädtischen Bereich eine Umwandlung in Büroraum in massivster Art und Weise stattgefunden hat. Wieso wollen Sie das denn ausschließen? – Ich behaupte, selbst in Frankfurt gibt und kann es ein Interesse der Stadt geben, in bestimmten Stadtteilen gezielt eine Verhinderung der Zweckentfremdung vorzunehmen und damit natürlich auch stadtentwicklungsmäßig tätig zu werden und einzugreifen.
Meine Damen und Herren, natürlich ist das ein erster Auftakt für eine Debatte, die viel zentraler darin münden kann, die Frage zu stellen: Wie können wir es zulassen, dass der Anteil der sozialen Wohnungen in Hessen immer weiter zurückgeht? Das ist der Kern der Diskussion. Das ist wichtig. Das gehört meiner Ansicht nach zusammen. In diesen Zusammenhang ist es auch gestellt worden.