Vielen Dank, Herr Staatsminister Rhein. – Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zur Aktuellen Stunde.
Ich habe etwas nachzuliefern im Nachgang zur Rede des Kollegen Rudolph. Ich habe mir das Protokoll geben lassen. Ich zitiere:
Herr Innenminister, Sie sind neuerdings angeblich auch Experte in Flughafenfragen, weil Sie eine gespaltene Persönlichkeit sind.
Ich stelle fest, dass die Aktuelle Stunde der Fraktion der SPD betreffend unseriöser Wahlkampfaktionismus des hessischen Innenministers dient nicht der inneren Sicherheit abgehalten wurde.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Mehr Gerechtigkeit durch Finanztransaktionssteuer schaffen – Bouffier und FDP „stoppen“) – Drucks. 18/5216 –
Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Frankfurt stärken und Arbeitsplätze erhalten – Drucks. 18/5198 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Einführung einer Finanztransaktionssteuer – Drucks. 18/5232 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Finanztransaktionssteuer dient der Krisenprävention – Drucks. 18/5245 –
Hier beginnt Frau Kollegin Erfurth; BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat diese Aktuelle Stunde beantragt. Bitte sehr, fünf Minuten Redezeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns in den letzten Monaten im Hessischen Landtag schon öfter mit den Folgen der Finanzkrise beschäftigt. Fast immer mussten wir feststellen, dass die hessische Regierungskoalition weit hinter den Vorschlägen der Bundeskanzlerin Angela Merkel zurückgeblieben ist
und dass diese hessische Regierungskoalition sich immer auf Sonderwege begeben hat, und das, obwohl Frau Merkel an manchen Stellen viel zu kurz gesprungen ist.
In Sachen Finanztransaktionssteuer stellen wir ganz einfach fest: Wir GRÜNEN finden gemeinsam mit Frau Merkel die Einführung der Finanztransaktionssteuer im Euroraum einen gangbaren Weg, um Spekulationen einzudämmen.
Wir wollen damit erreichen, dass die Verursacher der Krise auch an den Folgen der Krise beteiligt werden. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass die Verursacher dieser Krise die Folgen mit beseitigen. Verursacher der Krise sind Banken und Institute, die besonders im risikoreichen Hochfrequenzhandel unterwegs sind, die damit Spekulationen anheizen und über diesen Weg nach dem Gesetz der großen Zahl Gewinne erwirtschaften.
Wir wollen, dass der Finanzmarktsektor, der einen großen Anteil am Entstehen der Wirtschaftskrise hatte, auch bei der Beseitigung der Folgen mithilft.
Da wundert es gar nicht, wenn Vertreter von Bank- und Finanzinstituten sagen, dass sie die Finanztransaktionssteuer für einen Irrweg oder für Unsinn halten. Wir GRÜNEN halten es durchaus mit Herrn Schäuble, um einen weiteren anerkannten CDU-Politiker zu zitieren: Man fragt auch nicht die Gänse, was sie von Weihnachten halten.
Wir sind froh, dass die Europäische Kommission das genauso sieht und im September des letzten Jahres einen entsprechenden Richtlinienvorschlag vorgelegt hat. Noch mehr freut es uns, dass auch die Bundeskanzlerin erkannt
Wir stellen allerdings fest: Die Hessische Landesregierung begibt sich einmal mehr ins Abseits und lehnt dieses sinnvolle Instrument zur Neuordnung der Finanzmärkte ab.
Von den Kollegen von der FDP sind wir es schon gewohnt: Sie klammern sich an alte Zöpfe und hoffen, es mit dem Verharren auf der alten Position – auf gar keinen Fall darf es eine Steuererhöhung geben –, mit diesem Festhalten zu schaffen, die statistische Nachweisgröße wieder zu überspringen. Aber das wird Ihnen nicht gelingen.
Nicht zu verstehen ist allerdings, dass sich in dieser Frage auch die Landesregierung insgesamt gegen die Bundeskanzlerin stellt – Ministerpräsident Bouffier an der Spitze. Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass die Regulierung der Finanzmärkte eine sehr notwendige Voraussetzung ist, um Banken, Versicherungen und andere Unternehmen, die im Finanzsektor unterwegs sind, wieder auf vernünftige, solide Grundlagen zu stellen und den Erhalt des Finanzmarktsektors dauerhaft zu sichern.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Minister Michael Boddenberg: Darum streiten wir doch nicht!)
Doch, Herr Boddenberg, genau darum streiten wir: Kann der Finanzmarktsektor, der volkswirtschaftlich sehr wichtig ist, wieder im Bewusstsein der Menschen wahrgenommen werden? Stellt er sich nicht außerhalb der Gesellschaftsordnung, wenn er sich dauerhaft weigert, an den Folgen dieser Krise mitzuarbeiten, und die Krise, die er verursacht hat, auch ein Stück weit zu bezahlen und dafür zu sorgen, dass die Menschen wieder Vertrauen in den Finanzmarktsektor gewinnen?
Es geht darum, Vertrauen zu erzeugen. Es geht darum, einen Weg zu finden, den Finanzmarktsektor dauerhaft neu aufzustellen.
Da geht es auch um den Finanzplatz Frankfurt. Da geht es auch darum, dass wir am Finanzplatz Frankfurt einen Weg finden, um Vertrauen in der Gesellschaft zurückzuerobern. Dabei ist die Finanztransaktionssteuer aus unserer Sicht ein wichtiger Weg, um die Finanzinstitutionen an der Beseitigung der Krise zu beteiligen.
Ich sage Ihnen zum Schluss: Nehmen Sie doch einfach zur Kenntnis, dass der Vorschlag der Europäischen Kommission kein Teufelswerk ist. Er ist der Versuch, die Finanzmärkte auf eine dauerhaft solide Grundlage zu stellen. Es ist doch auch nicht zu verstehen, dass solche Dinge des täglichen Lebens wie Brot und Butter mit Mehrwertsteuer belegt sind, Finanzprodukte aber ungeschoren bleiben. Ich finde, auch da müssen wir für Gerechtigkeit sorgen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Janine Wissler und Willi van Ooyen (DIE LINKE)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Erfurth spricht von mehr Gerechtigkeit bei der Einführung der Finanztransaktionssteuer.
Ich will Ihnen sagen: Die EU verfolgt mit ihrer Richtlinie zur Einführung der Finanztransaktionssteuer zwei Ziele. Zum einen will sie die Kosten der Krise auch auf die Banken abwälzen. Da plant man Einnahmen von bis zu 57 Milliarden €.
Zum Zweiten will man eine Vereinheitlichung der Börsensteuern, die es in zehn Mitgliedstaaten schon gibt. Dazu sage ich Ihnen: Grundsätzlich ist das ein richtiger Gedanke. Das Ziel allerdings, das Sie genannt haben – die Risiken im Markt zu reduzieren –, ist dort schon aufgegeben worden. Übrigens steht das auch in der Begründung. Damit kann man den Markt nicht regulieren.
Deswegen sage ich Ihnen auch: Wir müssen mindestens in den 27 EU-Staaten – inklusive Großbritannien, also inklusive London –, besser auch mit Asien und den USA, eine Steuer finden, die tatsächlich dazu führt, dass die Banken an der Bewältigung der Folgen der Krise beteiligt werden.
Aber ich sagen Ihnen auch: Es ist doch völlig unrealistisch, was Sie heute hier dargestellt haben und was auch immer wieder in Europa gesagt wird. Die Schlupflöcher werden immer gefunden. Und dann – das werde ich auch gleich noch erläutern – sind Tausende Arbeitsplätze in Frankfurt gefährdet. Deswegen täten wir gut daran, wenn wir hier alle gemeinsam für den Standort in Hessen kämpften und also für die Steuereinnahmen.
Meine Damen und Herren, wir haben Beispiele. Schweden ist genannt worden. Bei Schweden können Sie sagen: Das war ein nationaler Alleingang, die haben nicht die gesamte EU bemüht. – Aber in Schweden hat es am Ende dazu geführt, dass Arbeitsplätze abgebaut wurden und darüber hinaus unter dem Strich Einnahmen verloren gegangen sind. Meine Damen und Herren, diese Risiken sieht die EU auch.
Dann sage ich Ihnen weiter: Eigentlich möchte die EU diese 57 Milliarden € für die EU einnehmen und sie nicht bei den Mitgliedstaaten belassen. Das geht gar nicht. Wenn eine solche Steuer kommt, dann muss sie bei den Mitgliedstaaten bleiben und muss bei den Bürgerinnen und Bürgern – die sie am Ende auch bezahlen werden – wieder ankommen.
Dann gibt es den Vorschlag, wenigstens eine Stempelsteuer wie in Großbritannien einzuführen. Darüber kann man reden. Ich sage aber ganz deutlich: Die Stempelsteuer in Großbritannien gilt nur für Aktien. Das heißt, die großen Risiken, die am Markt durch die Anleihen entstanden sind, würden dadurch gar nicht tangiert. Wir alle hier wissen: Aktien zahlen am Ende nur die Bürgerinnen und Bürger selbst. Es gibt kein schlüssiges Konzept, wie man Schlupflöcher verhindern kann.