Protokoll der Sitzung vom 03.04.2014

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Frau Kollegin Wissler, in dem Zusammenhang möchte ich auch sagen, dass bei uns eine freie Meinungsäußerung, ein friedlicher Protest möglich ist. Das war auf deutschem Boden in den letzten 60 Jahren nicht gang und gäbe. Im November 1989, vor 25 Jahren, ist die Mauer geöffnet worden. Bis dahin konnte man in Teilen unseres Landes eben nicht friedlich gegen irgendetwas, auch nicht gegen einen Partner protestieren. Deshalb will ich sagen: Die Freundschaft und Partnerschaft zu unseren amerikanischen Verbündeten haben einen Beitrag dazu geleistet, dass wir alle in Freiheit hier in Deutschland leben können und Bürgerproteste in unserem Land möglich sind. Dafür sind wir dankbar.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der LINKEN)

Frau Kollegin Wissler, diese Dankbarkeit ändert nichts daran, dass durch die NSA-Affäre ein Vertrauensverlust ausgelöst worden ist und dass es vor allen Dingen an unseren amerikanischen und auch an unseren britischen Freunden liegt, dieses Vertrauen wiederherzustellen. Ich habe schon gesagt: Wir gehen davon aus, dass unsere Partner alles daransetzen, die Umstände aufzuklären.

Der Untersuchungsausschuss nimmt jetzt auf der Bundesebene seine Arbeit auf. Ich finde, wir sollten den Kolleginnen und Kollegen die Gelegenheit geben – soweit ihnen das möglich ist, soweit unsere Partner, von denen ich allerdings Kooperation erwarte, das zulassen –, Art und Umfang der verdachtsunabhängigen und massenhaften Erfassung von Daten und Kommunikationsvorgängen aufzuklären.

Dieser Untersuchungsausschuss ist auf Antrag aller Fraktionen eingesetzt worden. Die Fraktionen haben in insgesamt 30 Fragen zusammengefasst, was sie ermitteln möchten. Ich glaube, dass der Deutsche Bundestag der richtige Ort ist, um das herauszufinden. Wir wollen wissen, inwieweit diplomatische Vertretungen und militärische Standorte für die Erfassung von Daten genutzt wurden und werden, welche Rechtsvorschriften auf nationaler, europäischer oder internationaler Ebene tangiert wurden oder gegen welche Vorschriften gar verstoßen worden ist.

Ich will, dass die Umstände insgesamt aufgeklärt werden. Ich erwarte aber auch Vorschläge und Handlungsempfehlungen, wie wir künftig auf nationaler, aber auch auf europäischer Ebene Daten besser schützen können. Ich will,

dass der Untersuchungsausschuss am Ende zu Ergebnissen kommt. Dann erhält die Debatte ordentlich Substanz.

Meine Damen und Herren, ich möchte einen letzten Punkt aufgreifen. Ich teile die Einschätzung des Herrn Kollegen Hahn nicht ganz, der gesagt hat, die Berufung eines deutschen Stabschefs bei den amerikanischen Streitkräften sei ein „winziges Zeichen“. Ich glaube vielmehr, dass es sich um ein großes Zeichen handelt,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

das deutlich macht, dass die Amerikaner versuchen, Vertrauen zurückzugewinnen. Es ist ein unglaublicher Vertrauensbeweis, dass im europäischen Headquarter – von Wiesbaden aus wird das Kommando über Streitkräfte in 51 europäischen Staaten geführt – ein Deutscher in den Stab aufrückt. Das zeigt, welch eine vertrauensvolle und ebenbürtige Partnerschaft wir mit den Amerikanern pflegen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum Schluss. Für die Errichtung einer NSAZentrale gab und gibt es nach meiner Kenntnis keine Hinweise. Das ist uns auf unsere Frage nicht nur von amerikanischer Seite mitgeteilt worden, auch der Wiesbadener Oberbürgermeister, der sich an der Stelle sehr bemüht hat, hat ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür erhalten. Insofern sind wir gut beraten, wenn wir diesen Vorfall miteinander aufklären und dabei immer daran denken, dass wir Freunde und Partner sind.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist Tagesordnungspunkt 50 behandelt.

Bevor ich den nächsten Punkt aufrufe, teile ich Ihnen mit: Noch eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betreffend Videoüberwachung des öffentlichen Straßenraums in Hessen, Drucks. 19/299. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wieder der Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 64 und könnte mit Tagesordnungspunkt 24 aufgerufen werden. – Das machen wir so, danke.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 51 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Schulfrieden retten – Schwarz-Grün muss Ge- setzentwurf zu G 8/G 9 zurückziehen) – Drucks. 19/283 –

Das Wort hat Herr Abg. Greilich, FDP-Fraktion.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch Sie, Herr Kollege Kaufmann, haben die Gelegenheit, heute noch etwas zu lernen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Auch ich habe etwas gelernt. Zuerst dachte ich nämlich, es sei vernünftig, die beiden Aktuellen Stunden zu diesem Thema zusammenzulegen, und ich habe nicht verstanden, dass die SPD-Fraktion das nicht wollte. Jetzt zeigt sich: Das war doch eine gute Idee, denn jetzt kann man noch einmal das nachfragen, was unbeantwortet geblieben ist.

Herr Kultusminister, ich habe vorhin gefragt: Wo bleiben die Lösungsvorschläge der Koalition, wo bleiben die Lösungsvorschläge des Kultusministers, wo sind die „pragmatischen Maßnahmen zur Gewährleistung eines bedarfsgerechten Angebots an G 8 und G 9“, die vollmundig angekündigt wurden? Ich bin gespannt, ob Sie uns in dieser zweiten Runde eine Antwort geben, wie Sie die Wahlfreiheit in der Fläche sicherstellen wollen, die deutlich erkennbar nicht mehr gewährleistet ist.

(Beifall bei der FDP)

Im Übrigen wäre es naiv, anzunehmen, dass die bekannt gewordenen Vorfälle an Frankfurter Gymnasien Einzelfälle bleiben werden. Es ist absehbar, dass Ihr Gesetzentwurf zu einem bildungspolitischen Flächenbrand in ganz Hessen führen wird und auch schon geführt hat. Genau aus diesem Grund haben wir von Anfang an vor dieser Gesetzesänderung gewarnt. Sie ist die – ich wiederhole es – in Papierform gegossene Störung des Schulfriedens.

(Beifall bei der FDP)

Die durch diesen Gesetzentwurf sinnlos provozierten Auseinandersetzungen zwischen Schulen, Eltern und Schülern werden letztlich dazu führen, dass praktisch kaum eine Schule von der eingeräumten Rückkehrmöglichkeit Gebrauch machen wird. Man wird sich, auch der Philologenverband hat schon darauf hingewiesen, verständlicherweise darauf zurückziehen, dass es organisatorische Schwierigkeiten gibt, die nicht zu überwinden sind. Auf diese Art und Weise führen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der schwarz-grünen Koalition, das Ziel Ihrer eigenen Gesetzesänderung selbst ad absurdum. Es wird nicht funktionieren.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kultusminister, wir wissen, dass Sie das eigentlich gar nicht haben möchten, was Sie hier vertreten müssen. Sie haben das vor wenigen Wochen sehr deutlich und sehr öffentlich gesagt. Sie wissen es halt besser als die Koalitionäre, die diesen Gesetzentwurf – um ein anderes Wort zu vermeiden – ausgehandelt haben. Der Kultusminister hat es vor einigen Wochen auf den Punkt gebracht: Was Sie hier vorhaben, ist zwangsweise verordnetes Sitzenbleiben. – Das waren Ihre Worte, Herr Kultusminister.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kultusminister, damit haben Sie recht. Aber wen interessiert in dieser Koalition schon, was der Fachmann sagt und denkt. Hier wird das durchgesetzt, was man sich überlegt hat. Ob es Frieden bringt oder Frieden vernichtet, ist den Koalitionären egal.

Herr Kollege Wagner, Sie haben großen Wert darauf gelegt, dass ich Herrn Trautsch vollständig zitiere. Ich will zur Kenntnis derer, die es noch nicht gelesen haben, gerne den letzten Satz seines Artikels zitieren. Da heißt es:

Hätte die Politik anders entschieden, müsste sie sich jetzt Bevormundung und Sturheit vorhalten lassen.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Er hat diesen Satz aber vorher in einen Rahmen gestellt, Herr Wagner. Das haben Sie anscheinend gern überlesen. Herr Trautsch formuliert nämlich sehr klar:

Ehrlicher wäre es allerdings gewesen, die Wechselmöglichkeiten für bestehende Klassen erst gar nicht zu eröffnen. Damit wären den Kollegien mühsame und fruchtlose Debatten und den Eltern eine große Enttäuschung erspart geblieben.

(Beifall bei der FDP)

So ist es. Was Sie hier machen, ist unehrlich. Sie schieben den Schwarzen Peter den Schulen zu und täuschen die rückkehrwilligen Eltern, die jetzt nämlich enttäuscht feststellen müssen, dass sie ihr Ziel nicht erreichen können, weil sie über die bürokratischen Hürden, die ich vorhin genannt habe, hinweg müssten. Sie sind erbost, weil sie sich von der schwarz-grünen Koalition zu Recht getäuscht fühlen, weil sie sich, auf Deutsch gesagt, hinter die Fichte geführt sehen.

(Beifall bei der FDP)

Ich will jetzt nicht zu Tieren des Waldes und zu Fischen in irgendwelchen Teichen reden. Herr Kollege Degen, ich weiß nicht, ob der Vergleich richtig passt.

Was diesen Gesetzentwurf angeht, so ist jedenfalls eines klar: Es haben sich unsere schlimmsten, bereits vor Wochen geäußerten Bedenken 1 : 1 bewahrheitet. SchwarzGrün hat mit diesem Gesetz erheblichen Zoff sowohl zwischen Eltern und Schule als auch schulintern angezettelt. Die neue Regierung lässt die hessischen Gymnasien, die vor Ort diesen unsinnigen Schritt ausbaden müssen, nun im Stich.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Wir fordern CDU und GRÜNE daher auf, sich ihrer Verantwortung zu stellen und diesen Gesetzentwurf schleunigst zurückzuziehen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Ravensburg, CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Kollegen von der SPD, Sie haben diese erste Aktuelle Stunde klar versenkt. Ich bin der Meinung, es hat sich nun wirklich nicht gelohnt, dass Sie diese Zusammenlegung nicht wollten.

(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU), Norbert Schmitt und Gerhard Merz (SPD))

In dieser Aktuellen Stunde haben Sie uns dafür kritisiert, dass wir die Schulen nicht komplett zur G-9-Rückkehr zwingen. Jetzt kritisiert uns die FDP dafür, dass wir den Wechsel der Jahrgänge 5 und 6 zulassen wollen.

Herr Greilich, mit Ihrer Forderung, den Gesetzentwurf zurückzuziehen, ignorieren Sie eine Vielzahl von Eltern mit Kindern in den betroffenen Jahrgängen und in den gymnasialen Zweigen in ganz Hessen, die sich für ihre Kinder die Rückkehr zu G 9 wünschen.

Ich kann natürlich verstehen, dass Sie Ihre ehemalige Kultusministerin, Frau Beer, unterstützen. Frau Beer, auch in Ihrer Heimatstadt Frankfurt hat aber durchaus eine Änderung der Meinung eingesetzt. Es war sicherlich richtig, dass sich viele Frankfurter Schulen noch ein Jahr Zeit gelassen und in Ruhe überlegt haben, ob sie zu G 9 zurückkehren oder bei G 8 bleiben.