Protokoll der Sitzung vom 21.03.2017

Jetzt nenne ich Ihnen einmal ein paar Beispiele, was wir so machen. Im Bereich Verkehr: Förderung des Radverkehrs, das Jobticket, Förderung emissionsarmer Verkehrsmittel, also Umrüstung von Bussen, klimafreundlicher Güterverkehr, als Beispiele. Im Bereich Gebäude schauen wir genau: Wie kann man die schlechte Inanspruchnahme der KfW-Förderung verändern?

(Timon Gremmels (SPD): Was machen Sie denn beim klimaneutralen Güterverkehr?)

Der Güterverkehr ist mit drin. – Im Bereich Landwirtschaft: Beratung für landwirtschaftliche Betriebe zum Klimaschutz, Landesenergieagentur – das hat Herr Kollege Gremmels auch genannt – bis hin zu solchen Sachen wie Green Finance.

Das sind ganz konkrete Maßnahmen, die in die Zukunft gerichtet sind, die neu sind, und die können sich sehen lassen. Das wird uns richtig voranbringen. Sie haben in der Sache nichts zu diesen ganzen Maßnahmen gesagt, sondern haben irgendeine oberflächliche Kritik geäußert, aber haben sich anscheinend nie mit diesen einzelnen Punkten beschäftigt. Das ist sehr schade; denn dieser Klimaschutzplan wird Hessen richtig bewegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Der vierte Punkt, der uns besonders macht. Wir sind als Koalition ganz fest der Meinung, Klimaschutz braucht Akzeptanz. Deswegen haben wir einen klaren Fokus: Motivation. Wir haben Lust, andere mitzureißen. Für uns ist Klimaschutz das, was uns ausmacht, was wir voranbringen wollen. Wir sind ganz sicher, andere werden uns dann folgen, wenn Klimaschutz nicht mit Bürde und Verzicht verknüpft wird, was er auch nicht ist, sondern mit Gewinn.

Ich glaube, es gibt kein schöneres Beispiel dafür als das Schülerticket. Ganz ehrlich, die jungen Menschen, die sich das Schülerticket holen, werden dabei nicht an Klimaschutz denken; das brauchen sie auch gar nicht. Sie werden daran denken, dass sie frei sind, dass sie frei wählen können, dass sie jetzt am Samstag von Marburg nach Frankfurt ins Museum oder zum Einkaufen fahren können, dass sie auf die nächste Party können. Genau das sollen sie auch. Das ist Klimaschutz, wie ich ihn meine: von der Lebensbewahrung zur Lebensbejahung, weil es ein echter Zugewinn ist. Dafür stehen wir mit diesem Klimaschutzplan.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Der fünfte Punkt, der uns einzigartig macht. Wir denken Ökologie und Ökonomie zusammen. Wir setzen auf die Potenziale: die Potenziale in der Wirtschaft, in der Landwirtschaft, in der Gesellschaft. Es gibt enorme Potenziale in der Wirtschaft, auch wenn der Kollege Lenders immer wieder das Gegenteil versucht zu erklären. Es gab auch eine Studie parallel zum Klimaschutzplan. Ich weiß nicht, ob Sie die wahrgenommen haben, Herr Kollege Lenders. Da gibt es ein klares Ergebnis: Langfristig nützt es mehr, als dass sich Nachteile ergeben.

Es gibt nämlich einen Fehler, den die FDP immer wieder gern macht, ich denke, auch bewusst. Sie nennen immer die Kosten für den Klimaschutz, aber nie die Kosten für den Klimawandel. Wenn wir nichts tun, werden die Kosten viel gewaltiger sein. Was Sie auch nicht benennen, sind die Potenziale, die sich ergeben. Wir haben hier richtige Zukunftsmärkte, und wir wollen doch unsere hessische Wirt

schaft fit machen für den Bereich. Insofern nutzen wir die Potenziale. Ihre Wirtschaftspolitik ist eine Wirtschaftspolitik der Siebzigerjahre, die ein Schreckgespenst vorspielt von einer Bedrohung durch Umwelt- und Klimaschutz. Das existiert so nicht mehr, Herr Kollege Lenders.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Natürlich gibt es Wirtschaftszweige, für die der Übergang schwieriger wird. Alle stellen sich darauf ein, dass es eine Welt ohne CO2-Ausstoß gibt. Aber für einige wird der Übergang schwieriger, für andere ist er leichter. Für die, für die es schwieriger wird, brauchen wir Unterstützung, und denen geben wir mit diesem Plan Unterstützung. Sie brauchen Unterstützung, um Investitionen zu tätigen, um umzusteuern. Wir geben denen auch gern die Unterstützung, weil wir wissen, langfristig werden sie nur wirtschaftlich erfolgreich arbeiten, wenn sie effizient arbeiten – effizient in Sachen Klimaschonung, effizient in Sachen Ressourcenschonung. Genau diesen Punkt meinen wir damit: mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben.

Der letzte Punkt, der uns im Gegensatz zur Bundesregierung sehr besonders macht. Herr Kollege Gremmels, bei uns haben Umwelt- und Wirtschaftsministerium an einem Strang gezogen. Was war das für ein Trauerspiel in der Bundesregierung. Ich habe mir alle Phasen des Klimaschutzplans der Bundesregierung angeschaut. Die drastischsten Streichungen gab es, als der Klimaschutzplan von Frau Hendricks zu Herrn Gabriel wechselte. Das waren die drastischsten Streichungen – auch wenn die SPD sich gerade untereinander unterhält. Die beiden Kollegen der SPD wissen wahrscheinlich, warum sie gerade nicht zuhören wollen.

(Timon Gremmels (SPD): Ich höre Ihnen zu! – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich spreche gerade mit meinem Kollegen über das, was Sie gesagt haben! Die Gespräche führe ich zu Ende, unabhängig davon! – Heiterkeit bei der SPD)

Es ist ja angenehm, dass Sie im Plenum Gespräche führen, während ich versuche, auf Ihre Kritik einzugehen. Aber ich muss mir die Mühe nicht machen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich habe Ihre Bemerkungen gehört! Aber ich reagiere trotzdem nicht auf Ihre Aufforderung! – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD) – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie müssen den Klimaschutzplan auf der Bundesebene nicht komplizierter machen!)

Ich verstehe, Herr Kollege, dass Sie gerade gern von dem Problem ablenken wollen, das die SPD Hessen mit ihrer Bundes-SPD hat. Es ist schlicht so gelaufen: Frau Hendricks ist als echter Tiger gestartet – das war ein Klimaschutzplan, der sich durchaus sehen lassen konnte. Dann kam er zum Wirtschaftsminister. Ich habe mir genau angeschaut, wie die Entwicklungen von der einen zur anderen Phase waren – der Plan wurde nachher, als er in der Koalitionsrunde war, sogar noch einmal besser. Herr Gabriel hat alles gestrichen, in dem das Wort Dekarbonisierung vorkam. Wo vorher verbindliche Ziele standen – wie beim Kohleausstieg –, steht heute nichts mehr. Das ist dann leider auch so geblieben. Im Bereich Landwirtschaft, wo wir eine Menge Maßnahmen haben, gibt es keine einzige konkrete Maßnahme. Sie scheinen Sigmar Gabriel ja fast schon vergessen zu haben.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das fällt mir schwer, muss ich sagen!)

Auch der neue Messias, Herr Schulz, setzt genau an dieser Politik an. Das ist das Problem: Die SPD ist eben für Kohle statt Klima und für große Worte statt großer Taten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das ist der Unterschied in Hessen. In Hessen haben wir diesen Plan in Übereinstimmung gemacht. Der Wirtschafts- und Verkehrsminister sowie die Umweltministerin haben an einem Strang gezogen – aber nicht nur die beiden. Die Regierung insgesamt, nämlich der Finanz-, Kultus- und Sozialminister – sie alle haben an diesem Plan mitgewirkt. Deswegen möchte ich auch einmal Danke sagen. Das war ein Riesenpaket. Ich weiß, wie viel Arbeit das war. Ich möchte vor allem dem Steuerungskreis und den vielen Menschen Danke sagen, die sich hier eingebracht haben und die in Teilen durch Ihre Kritik gerade von Ihnen mit Füßen getreten werden. Diese Menschen haben sich hier unglaublich für ein richtig gutes Programm eingesetzt. Ich glaube, wir müssen alle einmal sagen: Danke für den Einsatz. Er hat sich definitiv gelohnt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Unser Klimaschutzplan ist ein großer Wurf – etwas Einzigartiges.

(Timon Gremmels (SPD): Wow! Kleiner geht es nicht?)

Nein, er ist wirklich etwas Einzigartiges, weil er nur die hessischen Dinge in den Blick nimmt. Herr Kollege, hätten Sie sich bei dem Beteiligungsprozess damit auseinandergesetzt, würden auch Sie merken, dass das ein einzigartiger hessischer Klimaschutzplan ist.

Die Klimaschutzpläne aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen haben viele Gemeinsamkeiten, aber auch ganz viele einzelne Dinge, die nur für jeden spezifisch gelten. Wir haben einen einzigartigen hessischen Klimaschutzplan, der einen Fokus auf die Lebensbejahung, die Verbindung von Ökologie und Ökonomie und auf konkrete, finanzierte Einzelmaßnahmen setzt, um etwas Schlagkräftiges für den Klimaschutz zu tun. Ich bin sehr stolz darauf, und ich bedanke mich auch beim Koalitionspartner und bei Peter Stephan für diese konstruktive Arbeit. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn. – Als Nächster spricht Herr Abg. Rentsch, Fraktionsvorsitzender der Freien Demokraten. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Dorn, Sie haben sich jetzt gar nicht so gelobt, wie Sie sich hätten loben können. Man muss doch einfach feststellen, dass die grüne Umweltministerin, Frau Kollegin Hinz, das mit diesem Klimaschutzplan – man

könnte fast sagen – perfide gut gemacht hat. Das ist einfach respektabel.

(Beifall bei der FDP)

Frau Hinz, ich habe großen Respekt vor dieser Leistung – das will ich wirklich anerkennend sagen. Es gibt viele Themen, wo wir mit Respekt daneben stehen: Ob das die Jagdverordnung, die Ökolandwirtschaft, der Verbraucherschutz oder die Schweinemast sind – Sie agieren aus Sicht Ihrer Klientel immer wieder sehr klug. Ich habe manchmal schon das Gefühl, dass die Union ein bisschen überrascht und ein Stück im Verteidigungsmodus ist, aber Sie ein wenig das Verfahren bestimmen. Das haben Sie bei diesem Klimaschutzplan perfektioniert. Da muss ich muss einfach sagen: Respekt.

(Beifall bei der FDP)

Frau Kollegin Dorn, ich glaube, Herr Kollege Gremmels hat es mit seinem Zwischenruf schon richtig thematisiert. Es ist eben nicht das Gleiche, ob man mit einer E-Mail, die sicherlich CO2-schonend ist, weil sie hoffentlich nicht ausgedruckt worden ist, sozusagen eine Einladung verteilt und dann die Regierungsfraktionen dabei sind, aber komischerweise nicht die komplette Opposition. Man kann vielleicht darüber nachdenken, ob das wirklich gut war. – Aber seis drum. Das, was wir wollen, ist etwas anderes. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen, dass eines der größten Projekte der Landesregierung im Bereich des Umweltschutzes – 140 Millionen € Steuergeld ist doch wirklich nicht wenig – in diesem Landtag transparent diskutiert wird.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Es ist vorhin vom Kollegen Boddenberg mutig dazwischengerufen worden nach dem Motto: Das ist doch nicht neu, das ist doch schon häufig diskutiert worden. – Richtig, weil wir das Thema hier ungefähr viermal auf die Tagesordnung gesetzt haben. Ich habe bisher aber noch keinem einzigen Antrag von CDU und GRÜNEN hier entnehmen können, dass Sie das Thema jemals transparent diskutieren wollen. Deshalb ist es doch nichts Illegitimes, wenn wir sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, so wie wir dieses Parlament sehen, ist es notwendig, dass ein so einschneidender – Frau Dorn hat gesagt, aus ihrer Sicht sehr weitgehender – Entwurf auch die Möglichkeit bekommt, in einer sauberen Anhörung transparent und offen diskutiert zu werden. So viel Selbstbewusstsein sollte der Hessische Landtag doch haben.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb werbe ich für den gemeinsamen Antrag von SPD und FDP. Ich kann aber auch schon sagen, dass wir auf jeden Fall – unabhängig davon, ob Sie das jetzt beschließen oder nicht – diesen Sachverhalt einer Anhörung zuführen werden.

Zweiter Punkt, der mir wichtig ist. Meine Damen und Herren, kein Land der Welt spart CO2 so teuer ein wie Deutschland. Ich habe gerade mit Herrn Kollegen Rock über die Tatsache gesprochen, dass der CO2-Ausstoß wieder steigt und dass Frau Kollegin Hinz mit ihrer bisherigen Klimaschutzpolitik – möglicherweise betrifft das auch die Energiewende mit 25 Milliarden € alleine für das EEG –, von den Erfolgen her gesehen, relativ weit hinten liegt. Man könnte, wenn man bösartig wäre, auch sagen: Sie ist gescheitert.

(Beifall bei der FDP)

Ich will gar nicht das bestreiten, was Sie als Grundanliegen haben; und da würde ich auch Kollegen Boddenberg zustimmen. Ich glaube, wir haben alle ein Interesse daran, dieses Thema in den Blick zu nehmen. Ich bin ein bisschen anderer Auffassung als Kollegin Dorn. Ich finde, dass man junge Menschen mit der Kompetenz versehen muss, sich eine eigene Meinung zu bilden. Aber ihnen diese Meinung sozusagen schon mitzugeben – das sehe ich anders. Ich finde, wir brauchen mündige und nicht geleitete Bürger an dieser Stelle.

(Beifall bei der FDP)

Es ist gut, dass wir uns an der einen oder anderen Stelle unterscheiden. Dass wir das Thema aufgreifen, finde ich völlig in Ordnung. Ich glaube, es ist auch unbestritten, dass es dazu in der Wissenschaft unterschiedliche Meinungen gibt.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber die GRÜNEN stehen für eine große Mehrheitsmeinung!)

Frau Kollegin Dorn, ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Fakt ist doch, dass wir als Hessen auch über diese Frage diskutieren sollten – neben der Tatsache, dass wir in Deutschland so teuer CO2 einsparen wie in keinem anderen Land. Das werden die Bürgerinnen und Bürger, die Unternehmen und die Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze vielleicht durch eine solche Politik wegfallen, zum Schluss zu zahlen haben. Denn jede Tonne CO2, die wir hier einsparen, darf über den Emissionshandel irgendwo anders emittiert werden. Meine Damen und Herren, dieses Thema zeigt doch, dass nationale oder sogar internationale Alleingänge an dieser Stelle wenig Sinn machen.

(Beifall bei der FDP)

Vielmehr sollten wir, was Kollege Lenders völlig zu Recht ausgeführt hat und was wirklich notwendig ist, mit einer europaweiten Strategie – ehrlich gesagt, wir suchen gute Projekte für Europa, damit uns Europa nicht um die Ohren fliegt – CO2 einsparen und nicht hier eine Tonne einsparen, die die Franzosen nachher mehr emittieren dürfen. Das macht wirklich wenig Sinn, und das ist auch ein Stück fehlgeleitet.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben gesagt, wir hätten den Plan gar nicht so richtig gelobt. Das sei schade. – Das stimmt. Wir haben ihn auch erst kurzfristig auf den Tisch bekommen. Herr Kollege Boddenberg, man kann aber nicht jeden Entwurf, der hier durch die Gegend geistert, für voll nehmen. Wir wissen, dass Sie noch stark Hand angelegt haben. Es gab die unterschiedlichsten Entwürfe, die kursierten. Man weiß auch nicht immer, was richtig und was falsch ist. Seit heute Morgen haben Sie uns netterweise beteiligt.

(Zuruf der Ministerin Priska Hinz)