Bereits 2012 haben wir in der Debatte um das Wohnraumförderungsgesetz in unserem Änderungsantrag gefordert, den Druck auf die Städte und Gemeinden zur Steigerung des sozialen Wohnungsbaus zu erhöhen, indem wir diese dazu verpflichten, jedem registrierten anspruchsberechtigten Haushalt einmal pro Jahr eine entsprechende Wohnung anzubieten.
Es wäre schon damals wichtig gewesen, diesen Passus in das Wohnraumförderungsgesetz aufzunehmen oder wenigstens bei der Novellierung – da der Druck auf den Wohnungsmarkt noch größer geworden ist – die Hilfe bei der Wohnungsbeschaffung nach § 1 Wohnungsaufsichtsgesetz konkret anzupassen. Auch Kollege Siebel hat darauf hingewiesen: Man muss mehr machen, als bei der Gesetzesänderung nur einen einzigen Punkt anzugehen.
Frau Ministerin Hinz, dies hätte Rückgrat und Mut abverlangt, der in Sachen bezahlbarer Wohnraum leider aber auch bei Schwarz-Grün nicht erkennbar ist.
Stattdessen stützen Sie sich ausschließlich auf ein einzelnes Problem des Wohnungsmarktes, nämlich die Zweckentfremdung von Mietwohnraum durch die Nutzung als Ferienwohnung. Dies wollen Sie nur in Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt angehen – also noch nicht einmal in allen Städten. Das ist, finde ich, Scheinaktivität und kein aktives politisches Handeln.
Ich gebe zu: In Frankfurt und Umgebung werden mehrere Tausend Wohnungen in dieser Weise zweckentfremdet,
und auch dagegen muss man vorgehen. Die Betonung liegt aber auf „auch“. Es ist sicher kein Zufall, dass die erste Lesung des schwarz-grünen Gesetzentwurfs unmittelbar vor die zweite Lesung unseres Gesetzentwurfes gegen Leerstand und Zweckentfremdung gesetzt wurde. Denn wenn Sie beim nächsten Tagesordnungspunkt unseren Gesetzentwurf ablehnen – wie mehrfach angekündigt –, wollen Sie mit Ihrer Initiative wohnungspolitische Aktivitäten wenigstens vortäuschen. Das werden wir Ihnen aber nicht durchgehen lassen. Das kann ich Ihnen schon jetzt sagen.
Auch der Zwang zur Befristung der kommunalen Satzungen auf nur fünf Jahre, wie in Ihrem Gesetzentwurf vorgeschlagen, erschließt sich mir nicht. Sie geben dafür auch keine Begründung an. Glauben Sie am Ende etwa, dass die Wohnungsnot in Frankfurt und anderen großen hessischen Städten in fünf Jahren tatsächlich behoben sein wird, sodass es dieser Einschränkungen nicht mehr bedarf, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen? Auch dazu werden wir die Experten in der Anhörung befragen.
Lassen Sie mich abschließend festhalten: Bei dieser halbherzigen Art von Wohnungspolitik kommen wir nur millimeterweise voran. Das ist uns entschieden zu langsam.
Vielen Dank, Herr Kollege Schaus. – Als Nächster hat sich Herr Kollege Lenders für die Fraktion der Freien Demokraten zu Wort gemeldet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie alle kennen das, wenn Sie in Urlaub fahren, z. B. an die deutsche Küste: Da gibt es Ferienhäuser, die das ganze Jahr über eigentlich nur Feriengästen zur Verfügung stehen. Das sind Immobilien, die privat nicht genutzt werden. Man kann sich eigentlich gar nicht vorstellen, dass es anders wäre.
Meine Damen und Herren, Sie kennen das vielleicht von der Hannover Messe. Die Stadt Hannover bittet ihre Bürgerinnen und Bürger, während der Messe privaten Wohnraum zur Verfügung zu stellen, um die Messegäste unterbringen zu können.
Städte wie Hamburg und im besonderen Maße Berlin sind für Jugendliche aus England und Frankreich sehr hipp geworden. Das ist auch eine Entwicklung, die etwas mit Share Economy zu tun hat, auf die wir heute noch keine richtigen Antworten haben. Es ist etwas daraus geworden, was man sich durchaus vorstellen kann, nämlich seinen Wohnraum, den man selbst nicht nutzt, für andere Zwecke zu überlassen, teilweise entgeltlich, teilweise unentgeltlich. Ich glaube, das alles wollen wir auch gar nicht infrage stellen.
Gerade in Berlin hat es dazu geführt, dass es Eigentümer von Wohnungen gibt, die niemals die Absicht haben, diese Wohnungen privat zu nutzen, sondern diese nur für Vermietungen für Feriengäste zur Verfügung stellen wollen. Dieses Problem in Berlin kann keiner wegdiskutieren.
Hierbei handelt es sich um die Frage, ob ich meine private Wohnung kurzfristig vermiete oder ob wir schon in einer gewerblichen Vermarktung und Verwertung angekommen sind. Ich unterstelle dabei niemandem etwas Böses. Ob das
alles steuerrechtlich und gewerberechtlich mit rechten Dingen zugeht, dahinter kann man sicherlich ein großes Fragezeichen machen.
In Frankfurt, einer Messestadt, haben wir die Situation, dass es kein günstiges Angebot an Hotels gibt. Das beklagt beispielsweise der DEHOGA. Gleichzeitig haben wir in Frankfurt einen angespannten Wohnungsmarkt. Dass wir aber in Frankfurt das Phänomen haben, dass flächendeckend Wohnungen aufgekauft werden, um sie für Vermietungen für Feriengäste, für Städtereisende zur Verfügung zu stellen, kann man nicht sagen. Bei aller Wertschätzung für Frankfurt, so hipp wie Berlin ist Frankfurt nicht. Wir reden bei Weitem nicht über ein solch flächendeckendes Phänomen, wie wir es in Berlin vorfinden.
Wir dürfen doch wohl die Frage aufwerfen, ob wir mit diesem Gesetzentwurf nicht den Bogen vollkommen überspannen. Meine Damen und Herren, immer dann, wenn Eigentümer oder Unternehmen den Bogen überspannen, ruft es die Politik auf den Plan. Das ist auch in Berlin der Fall. Ich halte die Voraussetzungen in Hessen nicht für ansatzweise vergleichbar mit dem, was wir in Berlin vorfinden.
Es ist ein tiefer Eingriff in das Eigentumsrecht, den wir uns nicht zu leicht machen sollten. Wenn Sie von CDU und GRÜNEN das Zweckentfremdungsgesetz der LINKEN in Bausch und Bogen ablehnen, aber gleichzeitig im Grunde nichts anderes machen, um das auf den Weg zu bringen, und das dann damit begründen, dass die Eigentumsfrage eine erhebliche Rolle spielt, dann haben Sie ein erhebliches Glaubwürdigkeitsproblem.
Wir werden es mit Sicherheit gleich diskutieren. Wenn die LINKEN einigermaßen klug sind, werden sie Ihnen den nächsten Gesetzentwurf zur Zweckentfremdung genau mit dieser Position wieder auf den Tisch legen. Da bin ich mal gespannt, wie Sie das dann ablehnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Als Nächste hat sich Frau Kollegin Feldmayer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemeldet. Bitte sehr.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, die Eindämmung von exorbitanten Mieten, aber auch der Erhalt von Wohnraum haben für die Regierungskoalition von CDU und GRÜNEN oberste Priorität. Das zeigen wir heute mit dem vorliegenden Gesetzentwurf. Es geht nicht nur darum, dass bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird. Hier haben wir bereits unglaublich viel in unglaublich kurzer Zeit geschaffen: 1,2 Milliarden € für den sozialen Wohnungsbau, Einführung der Fehlbelegungsabgabe, Mietpreisgrenze, Kappungsgrenze und das Kommunalinvestitionsprogramm mit 230 Millionen €. – Es ist unglaublich viel passiert. Jetzt sorgen wir uns auch darum, dass Wohnungen dem Wohnungsmarkt nicht verloren gehen. Das ist ein sehr gutes Zeichen für die Mieterinnen und Mieter in Hessen.
Wenn Wohnraum als Ferienwohnung angeboten wird, dann fehlt die Wohnung auf dem Wohnungsmarkt. Nach der aktuellen Rechtslage ist es so, dass in Wohn- und Mischgebieten Ferienwohnungen gar nicht zulässig sind. Wir wissen aber natürlich, dass das gemacht wird; da muss man sich nur die Onlineplattform Airbnb anschauen. Wir wissen, dass sich die Bauaufsicht in Frankfurt diese Onlineplattform auch angeschaut hat. Wir wissen auch, dass die Bauaufsicht in Frankfurt gegen die Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnungen vorgegangen ist.
Herr Schaus, Sie haben es angeführt, in den letzten Jahren konnten 1.300 Wohnungen, die dem Wohnungsmarkt durch Umwandlung in Ferienwohnungen entzogen worden sind, wieder zurückgewonnen, also aus der Zweckentfremdung herausgelöst werden. Das konnte durch Kontrollen und Handeln der Bauaufsicht erreicht werden. Es ist wichtig, dass das weitergeht. Deswegen möchte ich Ihnen widersprechen, wenn Sie sagen, das sei eine kleine Reaktion, was wir hier machen. Es ist immens wichtig. Die Anhörung zu Ihrem Gesetzentwurf hat gezeigt, dass das beim Thema Zweckentfremdung eines der größten Probleme ist, die es gibt, nämlich die Zweckentfremdung als Ferienwohnung. Das ist das Problem, das wir uns vorgenommen haben. Hier handeln wir schnell und pragmatisch.
Herr Caspar hat es ganz richtig ausgeführt, Städte wie Frankfurt, aber auch andere Städte, werden künftig mit der Umsetzung der Bauplanungsrechtsnovelle nicht mehr gegen die Umwandlung von Wohnungen in Ferienwohnungen vorgehen können. Das ist ein Problem. Es ist doch gut, dass wir schnell und vorausschauend handeln. Es ist doch gut, dass jetzt dieser Gesetzentwurf vorgelegt worden ist. Bei diesem Thema hoffe ich auf Unterstützung der Oppositionsfraktionen, wenn Ihnen das Thema Zweckentfremdung so wichtig ist.
Natürlich ist es schön, wenn man in eine fremde Stadt reist und privat in einer Wohnung unterkommen kann. Es ist schön, in einer privaten Wohnung zu wohnen, die eventuell auch noch günstiger als ein Hotel ist. Natürlich ist es auch schön für jemanden, der eine Wohnung hat, sich damit noch ein Taschengeld zu verdienen. Vielleicht ist es auch sehr lukrativ, wenn man seine Wohnung beispielsweise für 100 € am Tag vermieten kann. Damit kann man viel mehr Geld machen, als wenn man seine Wohnung für 800 € pro Monat vermietet. Dieses Geschäft mit den Touristen ist sehr lukrativ. Wir haben in Hessen gesagt, dass in den Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten das Thema bezahlbarer Wohnraum und Erhalt von bezahlbarem Wohnraum wichtiger ist als das, was Herr Lenders als Share Economy bezeichnet hat. Das ist uns wichtiger, das hat oberste Priorität. Genau aus diesem Grund haben wir diesen Gesetzentwurf vorgelegt.
Herr Kollege Lenders, es ist den Kommunen freigestellt, ob sie dann per Satzung dagegen vorgehen wollen oder nicht. Es ist eine Möglichkeit, die damit geschaffen wird.
Wenn Sie auch hier wieder davon sprechen, wir nähmen überzogene Regulierungen am Wohnungsmarkt vor, dann schauen Sie sich doch bitte den Gesetzentwurf noch einmal ganz genau an. Es handelt sich um Satzungen und um Möglichkeiten, die die Kommunen an die Hand bekommen. Die Kommunen, in denen der Wohnungsmarkt angespannt ist, können handeln. Insofern ist es wichtig, dass wir eine Änderung vornehmen. Wir alle müssen doch dafür sorgen, dass in Hessen bezahlbarer Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten vorgehalten wird.
Aus diesem Grund bin ich gespannt auf die Anhörung. Herr Siebel, wir schauen uns das in Ruhe an. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss und bei der Anhörung. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Feldmayer. – Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Hinz. Bitte sehr.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass die Koalitionsfraktionen diesen Gesetzentwurf hier eingebracht haben. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass es eine neue Bauplanungsrechtsnovelle seitens des Bundes gibt; der Bundestag hat bereits entsprechend entschieden. Das bedeutet im Klartext, dass normale Mietwohnungen künftig ohne Genehmigung als gewerblich vermietete Ferienwohnungen genutzt werden können – nicht indem man sie jemandem aus dem Freundeskreis für einen kurzen Zeitraum zur Verfügung stellt, sondern im Rahmen einer gewerblichen Vermietung.
Das Problem ist, dass dies künftig ohne Vorbehalt in allgemeinen und auch in reinen Wohngebieten möglich ist. Diese Bauplanungsrechtsänderung mag für Küstenregionen, in denen es viele touristisch genutzte Gebiete gibt, sinnvoll sein, und sie mag auch für hessische Gebiete, in denen es besonders viel Tourismus gibt, sinnvoll sein. Nichts ist schlimmer als diese „Rolladenferiensiedlungen“ am Rande von kleineren Kommunen, die im Winter völlig verödet sind. Da mag es sinnvoll sein, dass man Ferienwohnungen in den Bestand von Wohnungen integriert.
Aber da, wo wir angespannte Wohnungsmärkte haben, wo wir darum kämpfen, dass jede Wohnung auch wirklich dem Wohnungsmarkt zur Verfügung steht, halten wir es für richtig, dass die gewerbliche Nutzung angezeigt werden muss und dass die Bauaufsicht entscheiden kann, ob das in dem Fall möglich ist oder ob es sich tatsächlich um eine Zweckentfremdung handelt und dem Wohnungsmarkt dadurch Wohnungen entzogen werden.
Herr Abg. Lenders, das ist kein Einzelfall. Vielmehr sind in der Stadt Frankfurt im vergangenen Jahr über die Wohnungsaufsicht 281 Wohnungen zurückgewonnen worden. Das ist also kein kleines, sondern ein größeres Problem, und es kann sich, so wie sich der Wohnungsdruck im Moment im urbanen Raum entwickelt, auch noch verschärfen.
Die Städte sind nicht gezwungen, das zu machen, sondern der Gesetzentwurf sieht vor, dass Städte, die in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten liegen – das ist klar
definiert –, per Satzung entscheiden können, ob sie dieses Instrument nutzen wollen. Wir ermöglichen damit kommunale Selbstverwaltung. Ich halte es für richtig, dass die Kommunen das selbst entscheiden können.
Ich halte es auch für richtig, dass wir das jetzt auf den Weg bringen; denn dann haben wir nicht für lange Zeit eine Regelungslücke. Ab dem Zeitpunkt, an dem das Bundesgesetz in Kraft ist, ist es nämlich möglich, eine gewerbliche Umnutzung vorzunehmen, ohne dass die örtliche Bauaufsicht tätig wird. Diese Regelungslücke sollte auf jeden Fall möglichst rasch geschlossen werden.
Ich glaube, aus diesem Grund ist es auch nicht sinnvoll, dass wir das Wohnungsaufsichtsgesetz – das tatsächlich schon etwas älter ist – jetzt einer Rundumerneuerung unterziehen. Vielmehr brauchen wir schnell wirkende Instrumente, weil der Bundestagsbeschluss bereits gefasst ist und wir die Möglichkeit haben, hier eine Spezialregelung einzuführen. Zum Wohle der Mieterinnen und Mieter und zum Wohle der Wohnungssuchenden sollten wir da rasch entscheiden. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Weitere Wortmeldungen gibt es nicht dazu. Die erste Lesung des Gesetzentwurfs ist damit erfolgt.
Wir überweisen den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.