Protokoll der Sitzung vom 22.03.2017

Meine Damen und Herren, Sie haben in der Diskussion um unseren Entwurf immer wieder angeführt, dass Sie intensiv mit den Kommunalen Spitzenverbänden diskutieren wollen und Ihren Vorschlag den Kommunen nicht einfach vor die Füße werfen wollen. Auch wenn die Kommunalen Spitzenverbände unseren Entwurf kritisiert haben – das gebe ich zu –, gibt es zumindest bei einigen Mitgliedskommunen ein Umdenken. Vielfach wird darüber diskutiert, Transparenzsatzungen einzuführen, weil das Land nicht in die Pötte kommt. Meine Damen und Herren, wir können doch nicht wollen, dass eine Vielzahl von Satzungen mit unterschiedlichsten Regelungen entsteht, obwohl wir mit einem Landesgesetz Einheitlichkeit und Klarheit für die Menschen schaffen können. Da braucht es auch ein Umdenken bei den Spitzenverbänden.

(Beifall bei der SPD)

Hier und heute können Sie den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land sagen, bis wann Sie es endlich schaffen, ein hervorragendes Gesetz vorzulegen. Wir helfen gerne. Sie müssen nur von den Besten abschreiben, und Sie kommen zu klaren Bestandteilen, die ein modernes Informationsfreiheitsgesetz haben muss. Nehmen Sie unseren Entwurf aus dem Jahr 2015 als Vorlage, und Sie kommen schnell zu folgenden Punkten: klare Benennung, wer auskunftspflichtig ist, überschaubare Ausnahmetatbestände, einfache Antragsmöglichkeiten, moderate Gebühren und ein Informationsfreiheitsbeauftragter, der zwischen den Interessen vermittelt.

Die moderne Ausgestaltung dieser Kriterien ist möglich. Die Bürgerinnen und Bürger in Hessen können erwarten, dass die Landesregierung bei diesem Thema nicht weiter schläft. Nur Ankündigungen und Versprechen – deshalb ein letzter Platz im Ländervergleich des Transparenzrankings 2017 von Mehr Demokratie e. V. und der Open Knowledge Foundation Deutschland e. V.

Auf Platz 1 steht das Hamburgische Transparenzgesetz von 2012. Dieses gilt bisher als Musterbeispiel für Transpa

renzgesetze in Deutschland. Nachdem Niedersachsen Anfang dieses Jahres einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg gebracht hat, teilen wir uns den letzten Platz mit Bayern und Sachsen.

Meine Damen und Herren, nehmen wir uns ein Beispiel an der Freien und Hansestadt Hamburg, die mündige Bürgerinnen und Bürger fordert, aber nicht an den Amigos aus Bayern, denen gerade diese suspekt sind. – Ich danke, dass Sie zugehört haben.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächster hat Kollege Heinz, CDUFraktion, das Wort.

(Günter Rudolph (SPD): Jetzt kommt die Ministerialbürokratie!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will die Debatte ein Stück weit wieder versachlichen.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD)

Ich glaube, es gibt keinerlei Grund, sich hier so aufzuregen und die Sache so hochzuhängen. Es gibt auch keinen Grund, dazwischenzurufen. Schauen wir uns doch einmal die Lage an.

In Hessen ist Verwaltungshandeln bereits nachvollziehbar und verständlich. Dennoch kann man natürlich über eine gesetzliche Anpassung und Erweiterung sprechen. Meine Damen und Herren, wir werden das auch in dieser Wahlperiode tun, und zwar genau so, wie wir dies mit unserem Partner vereinbart haben und wie es in der Koalitionsvereinbarung auf Seite 104 nachzulesen ist. Wir werden eine gesetzliche Regelung treffen und ausgestalten, damit Verwaltungshandeln weiterhin nachvollziehbar und verständlich ist und noch besser wird. Wir werden das auch so tun, damit unser hohes Schutzniveau beim Datenschutz auch weiter sichergestellt ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Bevor der Landtag eine gesetzliche Regelung trifft, gilt es, alle Chancen und Risiken sowie die Erfahrungen aus anderen Ländern sorgsam abzuwägen. Das hat der Innenminister vielfach deutlich gemacht. Deswegen sind wir Herrn Innenminister Peter Beuth auch sehr dankbar, dass er die Informationsfreiheitsgesetze der anderen Länder gründlich überprüft und ausgewertet hat. Dies wird uns sehr helfen, zu überprüfen, was sich bewährt hat und was sich nicht bewährt hat. Wir werden dann eine sehr gute eigene hessische Regelung treffen können.

Es ist bereits vielfach angesprochen worden, dass andere Länder bereits entsprechende Regelungen haben. Es wäre allerdings hilfreich gewesen, wenn man einmal zehn prägnante Beispiele benannt hätte, wodurch ein echter Mehrwert für die Bürger entstanden ist. Wenn das hier vorgetragen wird, bewegt sich das oft im abstrakten Bereich. Wir sind jedoch an konkreten Lösungen interessiert, und wir werden uns sehr genau anschauen, wo wirklich ein Vorteil für die Bürgerinnen und Bürger gegeben ist. In der wortgewaltigen Rede ist leider kein einziges Beispiel genannt worden.

Festzuhalten ist: Bereits jetzt gibt es in Hessen zahlreiche Beteiligungsrechte. Dies ist nicht nur das Umweltinformationsrecht, sondern auch im Baurecht gibt es zahlreiche Beteiligungsrechte für Nachbarn und für andere mit berechtigten Interessen. Es gibt selbstverständliche Informationsrechte für Journalisten, für Abgeordnete und für andere Gruppen. Wir werden natürlich auch darüber sprechen, das auf eine abstrakte Ebene zu heben.

Meine Damen und Herren, wenn man das macht, dann muss man das aber auch ordentlich und gut machen; denn nicht alles, was gut gemeint ist, war in der Vergangenheit auch gut gemacht. Sie haben sich vorhin mehrfach gerühmt für Ihren Entwurf für ein Transparenzgesetz. Ich habe die Unterlagen zum damaligen Gesetzgebungsverfahren noch einmal durchgeschaut. Das sollten Sie vielleicht auch noch einmal tun. Wenn Sie dort hineinschauen, dann werden Sie feststellen, dass dieser Transparenzgesetzentwurf der SPD in der Anhörung verrissen worden ist.

(Marius Weiß (SPD): Quatsch!)

Lesen Sie einmal nach, was die Kommunalen Spitzenverbände damals dazu gesagt haben. Es war vernichtend, was sie damals dazu gesagt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Marius Weiß (SPD): Das ist schlichtweg nicht wahr!)

Das war so. Das können Sie nachlesen. Das wird im Landtag zum Glück alles dokumentiert. – Folgerichtig hatte dieser Gesetzentwurf damals keinen Erfolg und ist gescheitert.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Deswegen müssen wir gründlicher arbeiten und sollten vorab einige Fragen klären. Zum einen ist zu klären, wie groß tatsächlich das Interesse der Allgemeinheit ist, bis ins Detail alle Verwaltungsvorgänge nachvollziehen zu können. Wie oft wird das nachgefragt? Es gibt ja auch Erfahrungen in Hessen mit Kommunen mit Freiheitssatzungen. Zum Teil haben Nachfragen nach Jahren ergeben, dass es keine einzige Anfrage bei der Verwaltung gab. Also sollte man das Ganze auch richtig einordnen.

(Marius Weiß (SPD): Also wollen Sie doch keines machen?)

Wie viel transparenter und besser wird tatsächlich Verwaltungshandeln durch einen entsprechenden Informationszugang? Derzeit ist es ja nicht so, dass wir in Hessen eine Geheimverwaltung hätten, die im Stillen und Verborgenen gegen die Bürger arbeitet.

(Norbert Schmitt (SPD): Nur manchmal!)

Wo liegt die Grenze – das ist eine der wichtigsten Fragen – zwischen öffentlich zugänglichen Informationen und schützenswerter Privatsphäre? Fast durch jeden Verwaltungsvorgang werden auch Rechte Dritter berührt. Das werden wir sorgsam gegeneinander abwägen.

Wer profitiert, welche Gruppen profitieren tatsächlich von zusätzlichen Rechten? Auch das muss man sich sehr genau anschauen.

Am Ende stellt sich die Frage – das haben die Kommunen vielfach angefragt –, wie viel Zusatzbelastung man einer Verwaltung zumuten muss und welche Regelungen man treffen kann, damit es keinen Missbrauch gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Insbesondere müssen wir uns auch anschauen – ich erwähnte es bereits –, wie mögliche extreme Gruppen gezielt Verwaltungen lahmlegen können. Wir müssen eine kluge Regelung treffen, damit dies nicht passiert. In Hessen, aber auch in Nachbarländern agieren kleine Splittergruppen, die sich zum Ziel gesetzt haben – mehr muss ich dazu nicht sagen –, Verwaltungen ganz gezielt zu malträtieren und lahmzulegen.

(Marius Weiß (SPD): Ei, ei, ei!)

Ganz am Ende müssen wir uns auch überlegen, wie eine solche Regelung zu unserer Rechtskultur passt.

(Zurufe von der SPD – Glockenzeichen der Präsi- dentin)

Wir sind kein skandinavisches Land. Deutschland hat eine andere Rechtskultur als nordische Länder. Wir haben keine völlig gläserne Verwaltung.

(Norbert Schmitt (SPD): Sie spielen Malefiz und werfen uns Blockade vor!)

Kollege Heinz, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Faeser?

(Christian Heinz (CDU): Immer gerne!)

Herr Kollege Heinz, Sie sind auch Stadtverordneter in Eppstein. Wie bewerten Sie es, dass Sie dort gerade eine Transparenzsatzung auf den Weg gebracht haben,

(Christian Heinz (CDU): Da sind Sie schlecht informiert, aber reden Sie bitte weiter!)

sich hier jedoch ganz anders zu dem Thema äußern? Das passt doch nicht richtig zusammen, oder?

Ihre Frage geht von einem falschen Sachverhalt aus.

(Zurufe von der SPD)

Ich erkläre es Ihnen. – Sie sind schlecht informiert. Die heimische FDP hat den Entwurf einer kommunalen Satzung vorgelegt. Er wird heute Abend beraten, aber zumindest so, wie er vorliegt, wird er wahrscheinlich nicht in Kraft treten. Ob es überhaupt eine Satzung geben wird, wage ich in Zweifel zu ziehen. Übrigens gibt es auch in meiner Heimatstadt seit 2011 eine stabile Zusammenarbeit zwischen der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Auch die GRÜNEN in Eppstein sehen es so, dass man es in der Form, wie es die FDP vorgeschlagen hat, nicht machen kann.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Die schwarz-grüne Verhinderungsfront! – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Schmitt, wir verstehen uns fachlich sonst eigentlich ganz gut.

(Norbert Schmitt (SPD): Das war ein kollegialer Zwischenruf! – Heiterkeit)

Das war ein kollegialer Zwischenruf. – Ich lade Sie in meine Heimatstadt ein. Dort ist es sehr schön. Dort gibt es sehr vernünftige Politiker der CDU und der GRÜNEN. Die Stadt ist in guten Händen.

Zurück zu Ihrem Antrag. Wir haben noch weitere Aspekte zu berücksichtigen. Jeder weiß es, und wir haben auch im zuständigen Ausschuss schon häufig darüber gesprochen: Die Datenschutz-Grundverordnung, die ab Mai 2018 unmittelbar geltendes Recht sein wird, unterstreicht den Stellenwert des Datenschutzes. Bei einer hessischen Regelung für ein Informationsfreiheitsgesetz werden wir den Datenschutz auf Bundesebene und auf europäischer Ebene entsprechend berücksichtigen müssen. All dies muss sorgsam abgewogen werden, und genau das werden wir tun.