Ich sage das sehr offen in Richtung der Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN: Ich will nicht bestreiten, dass wir bei der Frage, was wir für richtig oder für falsch halten, unterschiedliche Marken haben. Die Klimaschutzpolitik ist Ihre Marke; da haben Sie sicherlich auch große Verdienste. Aber auch hier kann ich nur raten, mit gesundem Menschenverstand voranzugehen. Man sollte aufpassen, dass man mit einem Klimaschutz-Aktionsplan nicht dazu beiträgt, dass die Investitionen in diesem Land weiter zurückgehen.
Es wird in Hessen weniger investiert als noch vor fünf Jahren, sowohl seitens der öffentlichen Hand – man braucht sich nur die vorhandenen Einnahmen anzuschauen – als auch von privaten Investoren. Die großen Unternehmen, die nicht nur über einen einzigen Standort verfügen, planen nicht mehr nur mit dem Standort Deutschland, sondern gerade auch mit ihren ausländischen Standorten. Das sollte für uns ein Zeichen sein, dringend darüber nachzudenken, wie wir in Deutschland wieder Investitionen ermöglichen, damit es weiter gut bezahlte Arbeit in unserem Land gibt und diese Investitionen nicht in den USA, in Asien oder irgendwo anders auf der Welt getätigt werden. Wir haben ein Interesse daran, dass sie hier getätigt werden, und dafür müssen wir etwas tun. Dazu ist eben auch eine vernünftige Energiepolitik dringend erforderlich.
Das Fazit der Freien Demokraten ist daher – ich könnte noch einige Punkte nennen –: Das Land tut zu wenig für den Industriestandort. Wir können froh sein, dass wir Industrie haben. Wir wären niemals so gut durch die Finanzkrise gekommen, wenn wir in diesem Bereich nicht eine solch starke Struktur hätten.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es lohnt sich wirklich, für diese Unternehmen zu streiten – so schwierig es heute auch manchmal ist, für ein Unternehmen zu streiten, das z. B. Abwässer produziert. Wir müssen hier mit gesundem Menschenverstand vorgehen, der beides ermöglicht: die Umwelt im Blick zu haben, aber auch den Unternehmen eine Chance zu geben, an diesem Standort weiter erfolgreich zu sein.
Darüber werden wir auch in Zukunft mit Ihnen streiten. Die großen Themen, der Klimaschutz-Aktionsplan und andere, kommen erst noch. Ich gehe davon aus, dass diese Themen in diesem Landtag weiterhin eine wichtige Rolle spielen; denn ich weiß, dass alle Kollegen sehr diskussionsfreudig – fast hätte ich gesagt: streitsüchtig – sind und gern über solche Fragen debattieren.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschied – ich möchte von der Frau Präsidentin ungern gemahnt werden – eine persönliche Bemerkung machen: Das ist meine letzte Rede. Ein Mitarbeiter hat mir vorhin einen Ausdruck mit meiner ersten Rede in die Hand gedrückt, die ich am 7. Mai 2003 gehalten habe. Das war eine Rede zu dem Thema „Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung“. Diese habe ich stark kritisiert. Vielleicht muss ich da ein bisschen Abbitte leisten; denn, wie ich im Nachhinein sagen muss, die Arbeitsmarktpolitik unter Wolfgang Clement enthielt doch einiges Gutes.
Das ist so. – Ich habe in dieser Rede nachgelesen. Es gibt mehrere Zwischenrufe, zum einen von Frau Fuhrmann – das bestärkt mich –,
zum anderen von dem Kollegen Al-Wazir. Damals fing es schon an. Ich weiß noch, dass ich während meiner ersten Rede – in der ersten Reihe saßen Al-Wazir und Kaufmann – gleich von Ihnen persönlich beleidigt worden bin. Ich sage jetzt nicht, was Sie gerufen haben.
Natürlich, so kenne ich den Kollegen Al-Wazir: Er schiebt immer alles auf Kaufmann. Herr Kaufmann, ich glaube, Sie waren es nicht. Aber ich weiß es nicht mehr so genau.
Genau so fing es an. 14 Jahre lang habe ich das hier sehr gern gemacht. Ich habe die Rede am 7. Mai 2003 gehalten; das ist jetzt also fast 14 Jahre her. Frank Lortz hat als Vizepräsident sozusagen die Regie geführt.
Ihnen allen kann ich nur sagen: vielen Dank dafür. Mir hat das wirklich sehr viel Spaß gemacht. Ich finde auch, ein Parlament ist eine tolle Möglichkeit, um Meinungen auszutauschen und über den richtigen Weg zu streiten. Dass wir das tun, kann man uns allen nicht absprechen.
Ich habe vor jedem Einzelnen hier großen Respekt. Ich weiß, dass dieser Beruf nicht immer die Bestätigung und die Wertschätzung erfährt, die wir uns erhoffen; denn das, was wir machen, stößt in der Öffentlichkeit an vielen Stellen auf massive Kritik. Ich glaube, wer einen solchen Beruf nicht ausgeübt hat, dem fällt es schwer, nachzuvollziehen, wie der Zeitablauf ist, wie viele Abendtermine man hat und wie viele Diskussionen über jedes Komma man inner
halb der eigenen Truppe und in Versammlungen mit Bürgerinnen und Bürgern zu erdulden hat. Insofern drücke ich Ihnen allen meinen Respekt dafür aus, dass Sie das machen.
Ich finde, dieses Parlament ist auch ein Stück weit eine Antwort auf die Politikverdrossenheit. Es ist eigentlich der richtige Zeitpunkt für eine Renaissance des Parlaments; denn wenn wir darum kämpfen, müssen wir auch zeigen, dass wir zwar unterschiedlicher Meinung sind, hier aber auf verantwortungsvolle Art und Weise darüber diskutieren können.
Roland Koch hat einmal gesagt – das finde ich sehr klug –: „Politiker sind keine Gefahr für die Demokratie, sondern ihre Grundlage.“ Das ist sehr selbstbewusst, aber ich glaube, in diesen Zeiten ist es gar nicht so falsch, ein solches Selbstbewusstsein an den Tag zu legen. Ehrlicherweise muss ich nämlich sagen: Wir kämpfen für diese Demokratie, und aus meiner Sicht ist das Land mit dieser Struktur nicht so schlecht gefahren.
Ich habe mich immer gefreut, wenn wir Debatten geführt haben, in denen die Redner ein bisschen mutiger waren. Ich fand es immer klug, wenn man mutig Politik gemacht hat, obwohl ich weiß, dass es den Lohn dafür nicht sofort, sondern erst sehr viel später gibt. Ich bin immer noch Fan einer – ich will es einmal so sagen – Agendapolitik, ohne die wir z. B. heute nicht so volle Steuerkassen hätten. Das fand ich alles sehr klug.
Ich habe mir mit dem Kollegen Al-Wazir im Parlament sehr gern Rededuelle geliefert. Das hat Spaß gemacht, muss ich zugeben. Er ist dann auf die Regierungsbank gewechselt. Das hatte Nachteile, aber auch Vorteile.
Ich habe in den letzten Jahren gelernt, dass auch die Opposition einen Wert für dieses Parlament hat. Die Opposition kann für die Regierung sehr lästig sein. Wenn du das bestätigen könntest, würde ich mich freuen. Dann hätten wir unsere Arbeit nämlich nicht falsch gemacht.
Die Opposition nervt allein schon dadurch, dass sie oft dorthin schaut, wohin man nicht schauen soll. Insofern hat hier jeder eine wichtige Rolle. Aber ich kann jeden, der einmal Opposition gemacht hat, verstehen, wenn er etwas anderes machen möchte. Das sollte nicht ein Zukunftsprojekt für jeden sein.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion, die mich ertragen haben. Vielen Dank dafür. Es hat wirklich Spaß gemacht. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind auch ein gutes Team. Das muss man ebenfalls einmal sagen: Vieles von dem, was wir hier erklären, hat sich irgendjemand ausgedacht, und man schaut noch einmal darüber. Gerade bei kleinen Fraktionen ist es wichtig, dass ein gutes Team dahintersteht, das das Ganze organisiert.
Bis auf die CDU-Fraktion; das habe ich mir gedacht. Die machen alles selbst. Kollege Bellino, auch an der Stelle drücke ich Ihnen meinen Respekt aus.
Als Letztes möchte ich sagen: Meine Frau und meine Tochter mussten mich ebenfalls ertragen. Meine Tochter wollte wissen, wie das hier funktioniert. Es ist schwer, einem Kind zu erklären, was wir hier machen. Wenn die hierherkommen und das mitkriegen, denken die immer, wir schlagen uns die Köpfe ein. Wir verstehen uns aber – jedenfalls die meisten – auch nachher immer noch ganz gut.
Ein Dank geht auch an die Journalistinnen und Journalisten, die das Ganze hier übertragen. Wir können froh sein, dass wir in diesem Landtag noch eine solch gute Landespressekonferenz haben, die das auf diese Weise nach außen transportiert, damit die Menschen mitbekommen, worüber hier diskutiert wird. Ohne sie wäre das gar nicht möglich. Auch dafür ein herzliches Dankeschön.
Deshalb will ich jetzt meine Rede beenden. Ich habe nachgeschaut: In meiner zweiten Rede habe ich einen Ordnungsruf bekommen. Ich möchte nicht, dass sich das jetzt wiederholt. Insofern habe ich aus meinen Fehlern gelernt. Ich hoffe, das können auch andere von sich sagen. – Herzlichen Dank und eine gute Zeit.
Vielen Dank, Kollege Rentsch. Auf eine Ermahnung wegen der Redezeit habe ich bewusst verzichtet. Ich glaube, ich darf mich im Namen des ganzen Hauses herzlich für Ihren 14-jährigen Einsatz für dieses Land in verschiedenen Funktionen, sowohl als Abgeordneter als auch als Minister, bedanken. Ich wünsche Ihnen für Ihre Zukunft alles erdenklich Gute.
Bei den nächsten Rednern schaue ich jetzt wieder auf die Redezeit. Als Nächster hat Herr Kollege Möller, CDUFraktion, das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Rentsch, Sie machen es einem jetzt nicht leicht, wieder zum Thema der Anträge zurückzufinden. Auf das Jahr 2003 komme ich am Ende meiner Rede noch einmal zurück; wir haben ein bisschen etwas gemeinsam. Erst einmal bin ich über die Art Ihres Vortrags beruhigt, der zum Glück nicht ganz zu dem passt, was man, wenn man die Formulierung Ihres Antrags liest, hätte erwarten können; denn dieser ist ein bisschen grober formuliert. Vorgetragen haben Sie dann doch sehr viele Punkte, die wir eigentlich teilen können.
Die Frage beim Messen des wirtschaftlichen Erfolges eines Landes ist, glaube ich, wie man den Erfolg misst. Wenn wir davon ausgehen, dass es das Wichtigste ist, dass die Menschen in Arbeit und Brot kommen, dann müssen wir uns einmal die Zahlen anschauen, wo Hessen heute, im April dieses Jahres, steht. Wir haben eine Arbeitslosenquote von rund 5,1 %. Das ist der niedrigste Wert seit 24 Jahren. Insofern lässt sich an dieser einen Zahl feststellen: Die
Wirtschaft in Hessen brummt. Das Land ist sehr erfolgreich. Es steht super da, und das hat verschiedene Gründe.
Weshalb ist das alles richtig und wichtig, dass wir das heute auf die Tagesordnung gesetzt haben? – Ohne eine florierende Wirtschaft und die damit verbundenen guten Einnahmen könnten wir uns in der Politik schlichtweg keinen Kopf machen.
Irgendwann ist alles an die Frage der Finanzierung geknüpft; irgendwann kommt die Frage der Finanzierbarkeit; irgendwann kommen wir an den Punkt, wo uns jeder fragt: Es ist ja alles schön, was ihr in Wiesbaden macht, aber ich habe keinen Job, ich habe keine Perspektive mehr. Wo soll ich also einmal hingehen? – Deshalb ist es wichtig, dass die Politik dazu ihren Teil beiträgt. Eine Begründung für die Lage ist natürlich die allgemeine Konjunktur, die Deutschland insgesamt zugutekommt, aber Hessen im Besonderen. Richtig ist natürlich auch, dass zu einer prosperierenden Wirtschaft immer auch vernünftige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen und Entscheidungen gehören. Wir brauchen Unternehmen, Konsumenten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie natürlich Ruhe und Verlässlichkeit, um sich darauf verlassen zu können, was morgen gilt.
Seitens des Landes ist es immer auch wichtig, begleitend aktivierende Arbeitsmarktpolitik zu betreiben. Daher habe ich einmal einen Wert herausgesucht, der, wie ich finde, ganz gut beschreibt, wo Hessen steht. Wir brauchen in Hessen eine innovative, neugierige und mutige Gründerund Entwicklungsszene. Nach dem KfW-Gründungsmonitor belegt Hessen bei den Flächenländern Platz 1. Man könnte also sagen: Hessen ist Gründerland Nummer eins in Deutschland. – Das ist eine gute Basis für die Zukunft, das müssen wir pflegen. Das sollten wir auch nicht kleinreden.