Und die GRÜNEN heben, die linke Faust in der Tasche, fügsam die rechte Hand zum Treueschwur. Gleich im Anschluss verabschiedete der Landtag übrigens einen Antrag …
(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Holger Bellino (CDU): Aber den Scheibenwischer lassen Sie durchgehen, oder was?)
Herr Bellino, ich habe auch den Eindruck, das Jahr des Respekts haben Sie noch nicht verinnerlicht, wenn ich mir anschaue, wie Sie sich hier wieder verhalten.
Gleich im Anschluss verabschiedete der Landtag übrigens einen Antrag der Koalitionsfraktionen, in dem die Freilassung Yücels gefordert wird – mit den Stimmen auch von SPD, FDP und LINKEN. So geht Parlament.
Herr Ministerpräsident, wer es nicht über sich bringt, einem Oppositionsantrag zuzustimmen, der die Freilassung eines zu Unrecht inhaftierten Journalisten in der Türkei fordert,
der sollte sich nicht hierhin stellen und so tun, als würden wir uns den Gemeinsamkeiten verweigern. – Vielen Dank.
Kolleginnen und Kollegen, ich habe keine weiteren Wortmeldungen vorliegen. Über den Antrag soll abgestimmt werden. Ist das richtig? – Gut.
Kolleginnen und Kollegen, dann kommen wir zur Abstimmung. Ich lasse zunächst über die Punkte 1, 2 und 4 der Drucks. 19/4826 abstimmen. Wer den Punkten 1, 2 und 4
seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion DIE LINKE. Enthaltungen? – Das sind die Fraktionen von SPD und FDP. Damit sind die Punkte 1, 2 und 4 angenommen.
Dann lasse ich über Punkt 3 abstimmen. Wer seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen im Haus. Damit ist Punkt 3 von allen Fraktionen angenommen und der Antrag insgesamt.
Antrag der Fraktion der SPD betreffend SchwarzGrün gefährdet Arbeitsplätze am Frankfurter Flughafen – mehr Lärm in der Region durch subventioniertes Sozialdumping – Drucks. 19/4820 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend klare Flughafenstrategie der Landesregierung – Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und die Verbesserung des Lärmschutzes Maßstab der Politik – Drucks. 19/4857 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten, und als Erster spricht Kollege Schäfer-Gümbel für die SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Frankfurter Flughafen ist d e r Jobmotor der Region. Über 80.000 Menschen arbeiten im unmittelbaren Umfeld des Flughafens. Viele Zehntausende weitere Arbeitsplätze sind mittelbar von der internationalen Stellung des Frankfurter Flughafens, seiner Verkehrsanbindung im Rhein-Main-Gebiet, seiner Nähe zum Banken- und Finanzsektor sowie der engen Verzahnung mit der Stadt Frankfurt als Zentrum für Tagungen und Kongresse abhängig.
Damit ist der Flughafen ein unverzichtbarer Eckpfeiler für die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region und des Bundeslandes.
Eine gute wirtschaftliche Entwicklung in Hessen ist ohne eine gute wirtschaftliche Entwicklung des Frankfurter Flughafens schwer vorstellbar. Das haben wir in den letzten Jahren mit den ausbaubefürwortenden Fraktionen von CDU, SPD und FDP mehrfach und gemeinsam – gemeinsam, Herr Ministerpräsident – betont.
Entscheidend für diese Entwicklung war und ist die Systempartnerschaft zwischen Lufthansa und Fraport. Im wechselseitigen Vertrauen auf ihren Bestand haben die Beteiligten Investitionen in die Zukunft getätigt und Arbeitsplätze geschaffen. Die Zahl der Arbeitsplätze im engeren Umfeld des Flughafens hat sich seit 1980 mehr als verdoppelt. Während die Lufthansa die internationale Drehkreuzfunktion begründet und gestärkt hat, hat die Fraport die dafür erforderliche Infrastruktur ausgebaut. Die Entwicklung und die Erfolgsgeschichte des Frankfurter Flughafens findet ihre Quelle in der Wechselbeziehung von Lufthansa und Fraport.
Diese Systempartnerschaft war in den letzten Jahren schon erkennbar brüchig. Inzwischen kommt es zu einer offenen Konfrontation.
Das Land Hessen ist für diese Entwicklung Teil des Problems. Sie verstecken sich in Ihrem Antrag – das habe ich gelesen – hinter der Begründung: zwei unabhängige Unternehmen. Sie unterschlagen dabei, dass die Fraport alles andere als unabhängig ist, wenngleich als Aktiengesellschaft geführt. Das Land, also wir, ist der größte Anteilseigner der Fraport. Deshalb haben wir eine besondere Verantwortung, wenn die Veränderung der Flughafenstrategie einseitig formuliert wird, ohne öffentliche Debatte, ohne die Auswirkungen auf Geschäftsmodelle im Blick zu haben, ohne die Auswirkungen auf die Konsequenzen für die Beschäftigten im Blick zu haben.
Der Ministerpräsident hat in der vergangenen Woche in der „FAZ“ die Lage wie folgt charakterisiert: Zwischen Eheleuten würde ein solches wichtiges notwendiges Gespräch – das war am Samstag vor eineinhalb Wochen – wohl unter der Überschrift „Paartherapie angesichts einer gewissen Zerrüttung“ laufen.
Dem Ministerpräsidenten fehlt es ganz offensichtlich ein bisschen an Fingerspitzengefühl für die Bedeutung und den Ernst der Lage, wenn er sie in dieser Art bagatellisiert und banalisiert.
Herr Bouffier, hinter dem Konflikt stehen handfeste Differenzen über Strategie und Perspektiven. Wenn die Systempartnerschaft dauerhaft beschädigt wird, Lufthansa und Fraport mit unterschiedlichen Strategien ihre jeweiligen eigenen Probleme lösen wollen, wird das zu einem großen Problem für den Flughafen und anschließend für die gesamte Region. Der bisherige Flughafenkonsens von CDU, SPD und FDP, dem sich die GRÜNEN zwischenzeitlich faktisch durch Regierungshandeln angeschlossen haben, ist ein Kompromiss in der Abwägung zwischen den Interessen der Anwohner auf der einen Seite und den Interessen der Beschäftigten und des Unternehmens auf der anderen Seite.
Als CDU-geführte Landesregierung haben Sie jetzt eine neue Variante eingeführt: gegen Anwohner und Beschäftigte gleichermaßen. Das Motto lautet offensichtlich: Wenn es schon mehr Lärm geben muss, dann muss auch der Druck auf Löhne und Beschäftigte steigen.
Sie werden uns jetzt sicher wieder erklären, dass die beste Landesregierung aller Zeiten und der Republik alles im Griff hat, weil Sie als Ministerpräsident – wie immer – alles im Griff haben.
Wenn das stimmen würde, Herr Ministerpräsident, wäre es in den vergangenen Wochen nicht zu einer solchen Eskalation zwischen Fraport und Lufthansa gekommen.
Wenn Sie sich schon früher darum gekümmert haben, dann waren Sie offensichtlich nicht sonderlich erfolgreich. Wie ernst die Lage ist, bringt der Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister auf den Punkt, der am selben Tag wie Sie die Öffentlichkeit über den Ausgang des Gesprächs informiert hat. Wörtlich:
Man kann nicht höchste Sozialstandards für die Beschäftigten fordern und gleichzeitig Fluggesellschaften ködern, die solche Standards nicht erfüllen, das passt nicht zusammen.
Jetzt erklärt die Landesregierung die Genehmigung des neuen Gebührenmodells, mit dem die größte und aggressivste Heuschrecke in der Luftverkehrswirtschaft, nämlich Ryanair, an das Drehkreuz geholt wird, für alternativlos.
Das Sozialpanel der Vereinigung Cockpit ist allerdings eindeutig, wenn man sich über Sozialrankings bei Airlines unterhält. Wer von Ihnen Gelegenheit hatte, sich am Montag die sehr ausführliche und hoch spannende Dokumentation bei „Phoenix“ über das Geschäftsmodell von Ryanair anzusehen, bekommt ein Gefühl dafür, mit welcher Energie – um kein anderes Wort zu verwenden – versucht wird, Sozial- und Arbeitsstandards in Europa und in Deutschland zu unterschreiten.
Jetzt erklärt die Landesregierung, dass die Genehmigung des neuen Geschäftsmodells, mit dem das passiert ist, alternativlos sei. Entschiedener Widerspruch. Sie haben auf die Abänderung des ersten Entwurfs gedrungen – wir erinnern uns deutlich an das öffentliche Schauspiel in den ersten Tagen –