Protokoll der Sitzung vom 31.05.2017

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch eine fortschreitende Individualisierung des Lebens führt zu einem Anpassungsdruck auf die Wasserversorgung. Natürlich spielt der Klimawandel heute und der Klimawandel morgen – da sind wir leider immer noch nicht am Ende – eine immer größere Rolle im Hinblick auf die Grundwasserneubildung und damit auch auf die Trinkwasserversorgung.

Deswegen haben wir als Umweltministerium im vergangenen Jahr den Leitbildprozess für ein integriertes Wasserressourcenmanagement Rhein-Main gestartet. Wir wollen die zukünftige Ausrichtung der Wasserversorgung mit all den Kriterien, die ich vorhin genannt habe, mit den relevanten Akteuren erörtern, mit den Wasserversorgern, mit den Fachleuten, mit den Kommunen, mit den Schutzverbänden und auch mit den Abgeordneten, die dazu nämlich herzlich eingeladen sind und die teilweise auch zu den Sitzungen kommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Ismail Tipi (CDU))

Ein wichtiges Thema in diesem Prozess ist die Versorgungssicherheit aus einer übergeordneten Perspektive, die die Situation im Ried, im Vogelsberg und im Burgwald ebenso in den Blick nimmt wie in der Metropolregion; denn die Ballungsräume werden mit Wasser aus den ländlichen Regionen beliefert. Das wird auch künftig so sein. Das ist keine Frage. Da will ich auch niemandem irgendetwas vormachen. Es geht aber um den Ausgleich zwischen den Regionen. Es geht um die Frage, wie viel wohin überhaupt noch transportiert werden kann. Es geht um die Frage der Belastung und um die Frage der Lastenverteilung. Es geht auch um die Frage der Erteilung von Wasserrechten. Dabei sollten stets die ökologischen Anforderungen beachtet werden. In den ländlichen Regionen haben wir Landwirtschaft und bewaldete Gebiete. Auch diese würden leiden, wenn wir mehr in die Metropolregion hineinpumpen würden, als die Grundwasserneubildung hergibt.

Frau Ministerin, lassen Sie eine Frage des Kollegen Lenders zu?

(Ministerin Priska Hinz: Ja, bitte!)

Frau Ministerin, Sie haben gerade von einem Ausgleich der Regionen gesprochen. Dabei haben Sie den Vogelsbergkreis, das Hessische Ried und den Ballungsraum Rhein-Main angesprochen. Wie soll dieser Ausgleich denn Ihrer Meinung nach aussehen? Können Sie das schon etwas konkretisieren?

Nein, das kann ich heute nicht konkretisieren, weil wir ja dafür diesen Leitbildprozess machen. Wir wollen möglichst eine Einigung zwischen den Akteuren erreichen, weil dies sozusagen ein Gemeinschaftswerk werden soll, damit anschließend eine möglichst große Zufriedenheit mit der Lösung besteht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen ist es sinnvoll, dass ich heute hier nicht irgendetwas verkünde. Das würde den Leitbildprozess und das Vertrauen beeinträchtigen, das allmählich gewachsen ist, dass wir es ernst meinen mit einem solchen Prozess.

Ein wichtiges Thema wird der Umgang mit Brauchwasser sein. Ich glaube, auch da kann man noch einiges machen,

was heute so nicht stattfindet. Man muss nicht immer Grundwasser oder Trinkwasser für alle Bereiche nehmen, für die wir Wasser brauchen. Hier können neue Ansätze gefunden werden, um den Druck auf die Wasserressourcen zu verringern.

Ich will noch auf einen weiteren qualitativen Aspekt eingehen, Stichwort: Hessisches Ried. Wir wollen bis Ende des Jahres eine Strategie mit guten und effizienten Maßnahmen zur Reduzierung und Vermeidung von Spurenstoffen erarbeiten auf der Basis der vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie im Jahr 2016 durchgeführten Bestandsaufnahme sowie des Symposiums, das wir im März dieses Jahres zu den sogenannten Spurenstoffen im Hessischen Ried durchgeführt haben.

Frau Ministerin, ich muss Sie an die Redezeit erinnern.

Ich will das aber noch zu Ende ausführen. – Frau Löber, ich glaube, Sie haben da etwas durcheinandergebracht. Das hat nichts mit Nitratbelastungen zu tun.

(Zuruf von der SPD: Chemikalien!)

Die Frage der Nitratbelastung hat auch etwas zu tun mit der Frage des Düngegesetzes und der Düngeverordnung. Die Bundesregierung hat sich viel Zeit gelassen und lange gestritten, bis wir jetzt wenigstens eine Düngeverordnung haben. Jetzt fehlt noch die Stoffstrombilanz, die schon seit vier Wochen ins Bundeskabinett soll. Heute hat sie das Kabinett erreicht. Auch da hat es wieder Probleme zwischen den Koalitionsfraktionen und der Regierung gegeben.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Dann wissen wir wenigstens, woran es liegt!)

Daran hängt dann auch wieder die Frage der Umsetzung. Vorhin haben Sie so gelacht und auf Berlin verwiesen. Berlin hat durchaus etwas mit Fragen der Grundwasserbelastung und der daraus resultierenden Trinkwasserbelastungen zu tun.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Die Frage der Spurenstoffe hingegen ist etwas völlig anderes.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Der Verweis allein reicht nicht!)

Da geht es vor allen Dingen um die Frage von Arzneimittelrückständen. Von diesem Problem ist Hessen nicht allein betroffen. Wir sind da eingebunden in eine bundesweite Diskussion. Für uns gilt es, eine Strategie zu entwickeln mit Maßnahmenvorschlägen, um den Eintrag von diesen umweltgefährdenden bzw. trinkwasserrelevanten Spurenstoffen im Grundwasser bzw. im Trinkwasser zu minimieren oder möglichst zu vermeiden. Dazu gehört aus meiner Sicht auch eine Vermeidungsstrategie für Unternehmen, aber auch für Krankenhäuser, über die wir durchaus diskutieren müssen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Eine vierte Reinigungsstufe ist nur eine End-of-the-PipeLösung. Sinnvoll ist es, die Frage zu klären: Wo kommt es her, und wie kann ich es vermeiden?

(Norbert Schmitt (SPD): Was wird eingeleitet?)

Es geht auch um die Frage, was eingeleitet wird. – Auch dies ist ein Brett, das wir bohren werden und bohren müssen.

Sie erkennen, wir nehmen das Thema Wasser durchaus ernst, sowohl hinsichtlich der Quantität als auch hinsichtlich der Qualität. Wir werden weiter daran arbeiten.

Ich freue mich über all die Abgeordneten, die mit dazu beitragen, dass gute Vorschläge erarbeitet werden. Ich freue mich ferner auf den Leitbildprozess und das gute Ergebnis, das wir im nächsten Jahr sicher verkünden können. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Debatte. Die Große Anfrage ist somit besprochen.

Eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist der Dringliche Antrag der Fraktion der FDP betreffend Regierung Bouffier muss Netzwerkdurchsetzungsgesetz im Bundesrat stoppen – Kompetenzen der Länder wahrnehmen – Meinungsfreiheit garantieren, Drucks. 19/4954. Wird die Dringlichkeit bejaht?

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ja!)

Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 62 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, nach Tagesordnungspunkt 53 ohne Aussprache aufgerufen werden.

Außerdem eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend ausreisepflichtige Asylbewerber aus Afghanistan, Drucks. 19/4955. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 63 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit Tagesordnungspunkt 61 aufgerufen werden. – Kein Widerspruch, dann machen wir das so.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 11 auf:

Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN betreffend Verstetigung des Bund-Länder-Hochschulpaktes 2020 – Drucks. 19/4602 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Wird das Wort gewünscht? – Herr Kollege May.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwischenzeitlich herrschte etwas Unklarheit darüber, wann dieser Punkt aufgerufen werden würde. Aber es ist natürlich ein sehr wichtiger Punkt, denn der Hochschulpakt 2020 ist von immenser Bedeutung für unsere Hochschulen. Im Hochschulpakt 2020 stecken etwa 150 Millionen € Bundesmittel, die wir mit 150 Millionen € Landes

mitteln kofinanzieren. Sie sehen, das ist ein ganz erheblicher Batzen, der für unsere Hochschulen von unabdingbarer Bedeutung ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Der Hochschulpakt 2020 ist seinerzeit mit den doppelten Abiturjahrgängen und mit dem Aussetzen der Wehrpflicht begründet worden. Man ging davon aus, dass man für eine begrenzte Zeit mehr Studierende haben werde. Man ist von einem zeitlich begrenzten Phänomen ausgegangen, dass man einen „Studierendenberg“ versorgen und für eine zeitlich begrenzte Phase mehr Studienplätze zur Verfügung stellen müsse. Inzwischen ist bekannt, dass dieses Phänomen keineswegs vorübergehend ist. Deshalb wird in der Fachwelt auch nicht mehr von einem „Studierendenberg“, sondern von einem „Studierendenhochplateau“ gesprochen. Das zeigt sehr deutlich, dass wir diese Aufgabe über den Tag hinaus zu bearbeiten haben werden und daher eine Anschlussregelung brauchen. Von daher gesehen, ist es wichtig, dass wir jetzt sagen: Der Hochschulpakt 2020 muss fortgesetzt werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Weil, wie ich schon ausgeführt habe, so viele Mittel an diesem Pakt hängen und die Hochschulen nicht wissen, wie es nach 2020 weitergeht, besteht eine gewisse Unsicherheit. Wir müssen jetzt die Frage stellen: Wollen wir, dass die neu geschaffenen Strukturen – die vielen neu geschaffenen Studienplätze, die vielen neuen Studiengänge – weitergeführt werden? Wollen wir, dass diese Strukturen dauerhaft erhalten bleiben? Dann brauchen wir aber auch die Mittel des Bundes; denn wenn sich der Bund aus dem Pakt zurückzieht, können wir das nicht über Landesmittel ausgleichen. Das wären nämlich ca. 150 Millionen € pro Jahr. Von daher möchten wir heute noch einmal einen Appell an den Bund richten. Wir erwarten, dass der Hochschulpakt 2020 weitergeführt wird. Wir brauchen jetzt aber auch Bewegung auf der Bundesseite. Von daher halten wir es für richtig, dass heute vom Hessischen Landtag der Appell an die Bundesseite gerichtet wird, dass wir erwarten, dass es mit dem Hochschulpakt 2020 weitergeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege May. – Als Nächster spricht Herr Kollege Grumbach von der SPD-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch diesem Antrag werden wir zustimmen. Ich tue das mit besonderer Begeisterung; denn der Antrag könnte auch die Überschrift „Einstürzende Leuchttürme“ tragen. Das ist deshalb der Fall, weil nicht nur die Fraktion der GRÜNEN, sondern auch die CDU-Fraktion diesen Antrag gestellt hat. Ich darf einmal an die Landtagsdebatten zur Föderalismusreform erinnern. In einer dieser Debatten sagte ein Hessischer Ministerpräsident voller Begeisterung: Wir brauchen eine strikte Trennung der Finanzierung im Hochschul- und im Schulbereich – Bereiche, in denen der Bund nichts zu

sagen hat, in denen das Land aus eigener Kraft agiert, mit anderen Bundesländern im Wettbewerbsföderalismus konkurrierend.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Recht hat er!)

Dieser Mythos ist in sich zusammengebrochen; denn Bildung ist in Deutschland eine Gemeinschaftsaufgabe. Genau so muss sie behandelt werden.