Gernot Grumbach
Sitzungen
19/23
19/31
19/37
19/38
19/41
19/44
19/45
19/50
19/58
19/59
19/62
19/63
19/68
19/72
19/73
19/76
19/80
19/85
19/86
19/88
19/98
19/102
19/106
19/107
19/108
19/117
19/118
19/123
19/125
19/128
19/135
19/142
Letzte Beiträge
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist Sommer. Es wird wärmer. ARD und ZDF beginnen mit den Wiederholungen. Das hessische Parlament auch. Vor ziemlich genau einem Jahr, nämlich am 31. Mail 2017, haben wir exakt die gleiche Debatte geführt. Der damalige Antrag war ein bisschen anders aufgebaut, verfolgte aber die gleiche Zielsetzung. Ich habe meine Rede damals damit begonnen – an dieser Stelle wiederholen sich die Wiederholungen –, dass die SPD diesem Antrag selbstverständlich zustimmen wird, weil dieser Antrag sinnvoll und notwendig ist und weil es darüber überhaupt keinen Streit gibt.
Ich halte es auch für keinen Zufall, dass bei einer Debatte über einen gemeinsamen Antrag von CDU und GRÜNEN der grüne Redner beginnt. Würde die CDU beginnen, müsste sie darüber reden, dass es eine Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene gibt, in der steht, dass die Bundesmittel dauerhaft verstetigt werden. Für die Lieferung zuständig ist Frau Bundesministerin Karliczek, die zufällig Mitglied der CDU ist, eine Lieferung bisher aber nicht angedeutet hat.
Ich habe nichts dagegen, dass sich der Hessische Landtag darauf verständigt, dem Bund noch einmal freundlich zu sagen, dass wir das Geld brauchen. Gegen die Wiederholung habe ich auch nichts. Ich möchte aber auch darauf aufmerksam machen – auch das ist eine Wiederholung –, dass wir an dieser Stelle die Fehler korrigieren müssen, die eine frühere Hessische Landesregierung mit angestiftet hat. Das betrifft die berühmte Trennung von Bundes- und Landeskompetenzen in der Bildungspolitik. Das hat ein Hessischer Ministerpräsident angezettelt, den man heute auch „Bilfingers Verderb“ nennt.
Er hat eine strukturelle Entscheidung getroffen, die wir nun wieder zurückführen müssen. Wir hätten alle wissen können – und wir haben es im Landtag auch gesagt –, dass diese Trennung nur dazu führen wird, dass selbst ein reiches Bundesland wie Hessen an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit gerät, wenn es das angehen würde, was wir wollten, nämlich eine deutliche Steigerung der Studierendenzahl zu erreichen. Vielen Dank also an die CDU, dass sie ein zweites Mal dafür steht, ihren Fehler zu korrigieren. Ich halte das für eine gute Entwicklung.
Damit die Wiederholung nicht zu lang wird, möchte ich nur noch auf einen Punkt hinweisen. Wir haben jenseits all dieser Fragen und jenseits der Mittel, die wir vom Bund erhalten, ein Grundproblem. Wir haben das, was die Hochschulen an Steigerungen der Studierendenzahlen auf den Weg gebracht haben, dadurch erkauft, dass sich die Relation zwischen Lehrenden und Studierenden deutlich verschlechtert hat. Eine Relation von 1 : 93, an manchen Orten sogar von 1 : 99 ist das Dreifache des europäischen Durchschnitts. Das ist ein Punkt, der nicht allein vom Bund zu regeln ist. Insofern fände ich es gut, wenn man ein Konzept entwickelt, wie man dieses Problem lösen kann. Das
habe ich bereits in zwei Haushaltsberatungen und in zwei ähnlichen Reden eingefordert.
Wie gesagt, Wiederholungen bringen uns nicht weiter. Ich hoffe, dass irgendwann auch eine CDU-Ministerin in der Lage ist, Politik zu machen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zwei Vorbemerkungen:
Erste Vorbemerkung. Wir haben LOEWE immer akzeptiert, weil es bestimmte Dinge fokussiert. Es hat aber ein paar Nebenwirkungen, über die man nachdenken muss. Das Spannende ist, dass darüber nicht nachgedacht wird.
Zweite Vorbemerkung. Hier will ich wiederholen, was ich zu einer ähnlichen Regierungserklärung am 14. Oktober 2014 gesagt habe: Herr Minister, wir lesen Ihre Presserklärungen.
Der Inhalt Ihrer Regierungserklärung entspricht exakt den Presseerklärungen vom 26. Juni 2017, 5. Juli 2017, 5. Dezember 2017 plus der jährlichen Presseerklärung „LOEWE weiter auf Erfolgskurs“, plus der Presseerklärung zum Hochschulpakt, plus Presseerklärung zu HEUREKA, plus der Aktuellen Stunde vom 1. Februar 2018 und der Regierungserklärung vom 14. Oktober 2014.
Darüber hinaus haben Sie exakt das Hawking-Zitat und die Start-ups eingefügt. – Für eine Regierungserklärung aber ist das entschieden zu wenig.
Also, wieder der Werbeblock – und so, wie er vorgetragen ist, prophezeie ich Ihnen eine gute Karriere nach dem Ministeramt bei Segmüller oder anderen.
Was wäre die Alternative gewesen? – Eine Alternative wäre es gewesen, entweder etwas Neues vorzutragen – dazu müsste man etwas haben – oder, was ich durchaus für akzeptabel gehalten hätte, etwas zum gemeinsamen Nachdenken. Ich finde, zum gemeinsamen Nachdenken gibt es genug.
Ich will einmal eine Zahl vortragen, die ich sehr interessant finde. Im Jahr 2000 betrug der Anteil der Forschungsmittel hessischer Hochschulen, gemessen an allen Forschungsmitteln an Hochschulen bundesweit, 7 %. Im Jahr 2016 – weiter reicht leider die Statistik des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nicht – waren es 6,8 %. Das heißt, im Vergleich mit den Bundesländern ist dieses Super-Bundesland ein Stück runtergerutscht, weil ein paar andere Bundesländer etwas mehr gemacht haben. Die spannende Frage ist, wie sozusagen die Begeisterung für LOEWE und diese Zahl zu erklären sind. Sie hängt nämlich ein Stück an der Strategie.
Dieses Bundesland hat auf eine Fokussierung auf Spitzenforschung gesetzt und dafür 2,5 % seiner Hochschulmittel gebunden. Die anderen Bundesländer haben das Geld einfach den Hochschulen gegeben und gesagt: Die Hochschulen sind in der Lage dazu, das alleine zu machen. – Das ist exakt der Unterschied.
Mit Verlaub, damit kommen wir auch zu dem, wer hier etwas geleistet hat. Etwas geleistet haben hier die Hochschulen. Geleistet haben das Forscherinnen und Forscher. Wenn Sie die 1.600 Stellen anschauen, die Sie sozusagen zusätzlich geschaffen haben: Exakt der gleiche Betrag im normalen Hochschulbetrieb hätte über 2.000 Stellen geschaffen, weil die Selbstausbeutung – das sage ich einmal kritisch – von Hochschulmitarbeiterinnen und -mitarbeitern eine völlig andere ist als die in gut bezahlten Forschungsprojekten. Ich finde, an der Stelle haben Sie einen Weg gewählt, der für sich gut wäre, wenn Sie endlich die Grundfinanzierung in Ordnung bringen würden. Aber an der Grundfinanzierung leiden wir.
Das ist das Problem, und das ist kein Problem der hessischen CDU. Ich habe die Debatte über Leuchtturmstrategien schon einmal mit dem britischen Premierminister in Oxford diskutiert. Leuchttürme funktionieren so, dass sie Licht ins Dunkel bringen. Das heißt aber auch: Wo sie sind, ist es hell, aber rundherum bleibt es erst einmal dunkel.
Die Frage ist, ob das auf Dauer eine kluge Strategie ist. Für eine bestimmte Zeit – die Exzellenzinitiative im Bund ist nach einem ähnlichen Konzept gestrickt – ist die Fokussierung eine mögliche Strategie. Aber die Frage ist: Hält das bei den Universitäten dauerhaft die Forschung am Laufen,
oder bindet es Forschungsmittel, die die Universitäten für etwas anderes brauchen?
Ich finde, wenn man diese Frage beantworten will, muss man eine Idee dafür haben, wie Hochschule funktionieren soll. Wie sollen Forschung und Lehre funktionieren? Geld ausgeben allein ist jedenfalls keine Hochschulpolitik.
Unsere Position ist – der Kollege Müller hat, als er noch im Landtag war, das einmal als altmodisch beschrieben –, dass jeder Studierende Lehre und Forschung erleben soll. Das heißt, jeder Studierende muss einmal in seinem Studienleben ernsthafte Forschung betrieben haben können. Dazu müssen die Hochschulen in die Lage versetzt werden.
Wenn Sie sich die Mittelzuweisungen an die Hochschulen anschauen, werden Sie feststellen, dass sie gerade einmal die Lehre abdecken. Mit Verlaub, Ihre Kollegin Frau Karliczek auf Bundesebene hat darauf hingewiesen, dass sich die Bundesländer aus der Finanzierung der Hochschulen zurückziehen. Vor zehn Jahren waren noch 73 % der Finanzmittel der Hochschulen Landesmittel. Heute sind es nur noch knapp über 50 %. Ein Punkt ist, dass der Bund eingesprungen ist, und wir waren auch alle dafür. Aber dass sich die Länder so weit zurückziehen, war nicht Bestandteil dieser Debatte, sondern es ist ein Punkt – da bin ich nicht bei der Frage, dass das jetzt parteipolitisch ist – des gemeinsamen Nachdenkens. Denn bei der Hochschulfinanzierung müssen wir über einige Punkte nachdenken.
Der erste Punkt ist die Grundfinanzierung, die Forschung auch aus den normalen Hochschulmitteln möglich macht.
Der zweite Punkt ist, dass Hessen – das habe ich in der Haushaltsdebatte schon einmal angeführt – 5 % weniger Akademiker ausbildet, als der hessische Arbeitsmarkt vermutlich braucht. Das sind Zahlen eines Instituts, das vom hessischen Wirtschaftsministerium dafür gefördert wird und das seit Jahren macht.
Der dritte Punkt ist – das hat der Minister selbst angesprochen –: Das Betreuungsverhältnis z. B. an der Uni Frankfurt zwischen Professoren und Studierenden liegt inzwischen bei 1 : 92. Es gibt nur ein einziges Bundesland, in dem es schlechter ist. Das ist NRW. Alle anderen sind deutlich besser. Dass sich Hessen mit diesem riesigen Flächenstaat und seinen Finanz- und Strukturproblemen vergleicht, finde ich schon spannend. Selbst die ostdeutschen Länder schaffen es.
Den vierten Punkt finde ich einfach frech: die QSL-Mittel auf Ihre Fahnen zu schreiben.
Auf die Idee muss man erst einmal kommen. Denn sie waren zur Qualitätsverbesserung als Ersatz für Studiengebühren gedacht. Dass die Hochschulen heute gezwungen sind, das zur Aufrechterhaltung der Kapazität einzusetzen, das ist Ihr Versagen und nicht Ihr Verdienst.
Mit Verlaub, halb so frech ist die Frage der dritten Förderlinie. Ich erinnere mich noch, dass sie am Anfang gar nicht dabei war. Ich erinnere mich noch, wer hier im Landtag
debattiert hat, dass dringend etwas für diese Förderlinie für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften oder Fachhochschulen, wie die meisten damals noch hießen, getan werden muss – aber interessant.
Ich sage trotzdem: Wenn ich mir das anschaue, rede ich von Problemen, für die ich, wenn ich Minister wäre, keine Lösung hätte – nicht alleine. Ein Betreuungsverhältnis von 1 : 92 wieder auf einen Stand zu bringen, der alleine qualitätsvolle Hochschullehre an den Hochschulen bringen würde, ist eine Kraftanstrengung, die wir nur gemeinsam mit allen Bildungspolitikern leisten können. Da geht es um Prioritäten in der Landes- und Bundespolitik, und da sind wir noch lange nicht am Ende.
Ich weiß, dass es schwierig ist, und dort hätte ich durchaus erstens gerne das Anmerken des Problems gehört, statt zu sagen, alles ist toll. – Nein, die Qualität an hessischen Hochschulen nimmt ab, obwohl die Professoren Überlast fahren und die wissenschaftlichen Mitarbeiter das ohne Ende tun. Zweitens müssen wir es gemeinsam regeln, und dazu wären wir grundsätzlich auch bereit.
Der letzte große Punkt sind die Probleme mit LOEWE selbst, mit der Nachhaltigkeit. Der Wissenschaftsrat hat LOEWE relativ früh, 2013, begutachtet. Zitat Nr. 1 kommt Ihnen in diesem Zusammenhang gerade bekannt vor: Voraussetzung programmgeförderter Forschung ist eine ausreichende Ausstattung der Hochschulen mit Grundmitteln. – Genau das: Wenn man obendrauf eine Fokussierung auf Spitzenforschung setzt, braucht man untendrunter eine Universitätswelt, in der die normale Forschung im normalen Universitätsbetrieb geht.
Der zweite Punkt ist der Übergang von Bundeseinrichtungen – das haben Sie relativ gut hinbekommen; kein Abstrich. Das haben Sie in Ihrer Erklärung beschrieben.
Der nächste Punkt ist, für erfolgreiche Zentren eine konkrete Form der institutionellen Verstetigung festzulegen. – Hier haben Sie noch immer ein Problem; denn es gibt eine ganze Reihe von Förderschwerpunkten und -zentren, die in der Luft hängen, weil sie nicht wissen, was passiert, wenn LOEWE zu Ende ist. Es hat dort Abfinanzierungsvarianten gegeben. Es gibt also für einen Teil eine Lösung. Aber, ehrlich gesagt, es gibt eine Reihe von guten Projekten, die nicht wissen, wie es weitergeht, wenn LOEWE zu Ende ist.
Mit Verlaub, solange die Hochschulen diese Überlast fahren, können Sie nicht erwarten, dass sie irgendwoher ein paar Millionen schaffen, um ein Forschungsgebiet völlig neu auszustatten. Ich glaube, dass wir an der Stelle sehr genau schauen müssen, wie die Hochschulwelt weitergeht.
Das Problem ist zum Teil in ein paar anderen Entscheidungen angelegt, und über die Entscheidungen hätte man reden müssen. Das Kooperationsverbot hat z. B. dazu geführt, dass der Bund, da er die Lehre nicht mehr finanzieren konnte, sein Geld, das er für Hochschulen zur Verfügung stellen konnte, in erster Linie in den Jahren vor dem Hochschulpakt 2020 für außeruniversitäre Forschung zur Verfügung stellte. Wenn Sie sehen, dass außeruniversitäre Forschung Zuwächse von 75, 80 und 90 % in den letzten fünf Jahren hatte und was die Hochschulen an Zuwächsen haben, werden Sie feststellen, dass sich dort ein Problem aufgebaut hat.
Denn an die außeruniversitären Forschungseinrichtungen kann nach der Selbstdefinition ihrer eigenen Exzellenz nicht einfach jeder Studierende gehen, sondern es betrifft eine sehr kleine Zahl von Studierenden. Die Frage ist, wie man das zurückführt, und zwar nicht in der Förderung, aber so, dass man außeruniversitäre Forschung und universitäre Forschung wieder in einem Konzept zusammenbringt, sodass normale Studierende, wie das früher der Fall war – ich selbst habe in der HSFK einen langen Teil meiner Lebenszeit verbracht –, dort als normale Studierende arbeiten können.
Die bundesweite Exzellenzinitiative und LOEWE haben exakt die gleichen Probleme, weil sie so zugeschnitten sind, dass sie auf bestimmte Spitzenergebnisse zulaufen. Das bedeutet zwangsläufig den Ausschluss eines Großteils der Studierenden.
Wir glauben nicht daran, dass es ganz wenige Menschen sind, die eine gute Universität ausmachen und die sich in diesen Zentren konzentrieren. Wir glauben vielmehr daran, dass es eine kluge Idee ist, das gesamte Potenzial der Studierenden auch in solchen Einrichtungen zu nutzen. Denn Sie werden feststellen, dass Sie selbst von denen, die Sie nicht von vornherein für die Spitze ihres Jahrgangs halten, kluge Anregungen bekommen. Sie wissen ja: Es gibt keine dummen Fragen, sondern es gibt nur dumme Antworten.
Wenn ich das zusammenfasse – damit merken Sie, ich brauche noch nicht einmal die Redezeit, die hier unsere Lebenszeitverschwendung bedeutet –,
ist es relativ einfach: Ja, die hessischen Unis sind gut, sie sind sogar sehr gut. Klammer auf: Die Frage, ob Sie es endlich schaffen, auch in den Geisteswissenschaften den Anteil zu erreichen, den wir an Forschung brauchen, ist noch immer unbeantwortet.
Zweiter Satz: Im Vergleich zu den Universitäten und den anderen Bundesländern ist diese Landesregierung weiterhin mittelmäßig. Daran hat sich nichts geändert. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, für einige der Punkte, die Frau Sommer in ihrer Rede angesprochen hat, sind Sie nicht zuständig. Deshalb sei es Ihnen nachgesehen, dass Sie zu dem Vorwurf, dass die Landesregierung dort, wo sie ureigene Kompetenzen hat – beispielsweise beim Krebsregister –, relativ langsam und schwerfällig reagiert, nichts sagen konnten.
Kommen wir zu Ihrem Zuständigkeitsbereich. Ich warte auf den Tag, an dem wir hier keine Regierungserklärungen von Ministern, sondern Ausführungen von Menschen zu hören bekommen, die Forschung betreiben, die vor dem Hessischen Landtag über das berichten, was sie tun und wie sie es finanziert bekommen. Dann könnte man nämlich die Loblieder, die wir gehört haben, mit den Aussagen der Menschen vergleichen, die in der Praxis harte Arbeit leisten. Dann würde man schnell feststellen: Das passt nicht zusammen.
Sie haben es an dem Superbeispiel Ionenstrahl-Therapiezentrum selber deutlich gemacht. Das Ding ist hier, an der GSI, entwickelt worden. Es ist von jemandem bei der GSI, der eigene Krankheitserfahrungen hatte, wie sauer Bier angeboten worden. Es ist dann erst einmal in Heidelberg gelandet, weil Ihre privatisierte Uniklinik nicht in der Lage war, das Ding auf die Reihe zu kriegen. Es bedurfte einer Notoperation, um das in Kooperation mit Heidelberg überhaupt hinzukriegen. Um das als Erfolg zu verkaufen, muss man schon sehr in der Lage sein, seine Misserfolge umzudeuten und eine Notbremsung als einen Erfolg hinzustellen.
Alles in allem verdienen die Universitäten unseren Dank. LOEWE ist ein kluges Programm, aber überhöhen Sie
doch Ihren Anteil an dem, was die Universitäten machen, nicht. Sie überhöhen Ihren Anteil gnadenlos. Das sollten Sie endlich sein lassen. Es waren die Universitäten, denen es gelungen ist, Drittmittel einzuwerben. Die haben das selbst organisiert. Dafür kann doch die Landesregierung nichts.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann es relativ kurz machen. Es ist erstens wie immer ein verspätet vorgelegter Gesetzentwurf. Kurz vor Jahresende muss er in Kraft treten. Der Gesetzentwurf wurde am 13. September vorgelegt. Zweitens ist es wie häufig ein Sammelgesetz, in dem mehrere Sachverhalte zusammengerührt sind. Drittens ist es ein schwieriges Gesetz, weil zwei Sachverhalte, nämlich der Staatsvertrag samt Tenure-Track
und die Frage der Erhebung der Städelschule zur zweiten Kunsthochschule vermengt werden; Letzteres ist für uns völlig unproblematisch.
Der Rest ist ein Sammelsurium von kleinen Änderungen, die eigentlich, wenn man sie ordentlich bearbeiten würde, nach den Unterlagen der Regierungsanhörung eine vertiefte Betrachtung des Hochschulgesetzes bedeuten würden. Da Sie aber der Meinung waren, das alles in ein Paket packen zu müssen, werden Sie zu diesem Gesetzentwurf keine Zustimmung bekommen. Wir sollten uns einig sein, dass wir in der nächsten Runde das Hochschulgesetz noch einmal angehen. Insofern eine kraftvolle Enthaltung. – Herzlichen Dank.
Entspannt euch. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben gestern erlebt, wie der Herr Ministerpräsident im Rausch der Zahlen versunken ist. Dabei hat die Wissenschaft eine Rolle gespielt. Ich finde, man kann den Rausch der Zahlen der Dauer der Redezeit zuordnen. Meine Redezeit ist kürzer. Für einen Rausch reicht es zwar nicht, aber für die Erdung.
Ja, das Land Hessen liegt auf Platz 2 bei den Hochschulausgaben pro Einwohner. Ja, das Land Hessen liegt auf Platz 2 bei der Steigerung der Hochschulausgaben. Aber dann hört es mit dem Ja auch schon auf. Wenn wir nämlich darüber reden, dass dies eines der reichsten Bundesländer Deutschlands ist, stellen wir plötzlich fest, dass Hessen auf den Plätzen 7 bis 9 liegt – drei Länder sind auf demselben Platz –, wenn es um die Hochschulausgaben pro Bruttoinlandsprodukt geht. Wir unterschreiten damit den Stand der Europäischen Gemeinschaft um 0,5 %. Das heißt, eines der reichsten Bundesländer leistet sich nicht einmal das, was wir gemeinsam für Europa vereinbart haben.
Noch spannender wird es, wenn wir darüber reden, wie es bei den Ausgaben pro Studierenden aussieht. Wir hatten das hier schon einmal. Da wird dann gesagt, es gebe so viele Studierende in Hessen. Ja, wir liegen auf Platz 12 bei den Ausgaben pro Studierenden.
Jetzt kommt der spannende Punkt: Die Landesregierung betreibt eine schöne Seite – „regio pro“ heißt sie –, auf der gezeigt wird, wie die Fachkräfte über das Land verteilt sind: ob es da einen Überschuss oder einen Mangel gibt. Wenn man sich dort anschaut, wie es um die akademische Bildung in Hessen bestellt ist, sieht man eine Zahl, die zeigt, dass in Hessen im Verhältnis zu der Zahl der Arbeitskräfte, die das Land braucht, 3 bis 5 % zu wenig Akademiker ausgebildet werden. Das heißt, die wirtschaftsfreundliche Landesregierung sorgt nicht einmal dafür, dass das Land Hessen in der Lage ist, die Arbeitskräfte auszubilden, die es braucht. Ich finde, damit ist das Urteil schon gesprochen: Hier wird das Mittelmaß zum Maßstab erklärt.
Ein Punkt, den wir gemeinsam regeln müssen – dafür wird die Redezeit nicht reichen –, ist die Qualität des Studiums. In Europa leistet man sich im Durchschnitt 37 Studierende pro Professor; in Deutschland sind es bestenfalls 55, schlimmstenfalls 95 Studierende pro Professor. Auf 99 Studierende pro Professor kommt man in NRW. Das Land Hessen ist mit 77 Studierenden pro Professor in diesem Ranking ziemlich weit abgeschlagen. Auch dort heißt es: Wer ein qualitativ hochwertiges Studium will, muss etwas anderes tun, als so weiterzumachen. Auch dort hat das Land mit großen Worten Mittelmaß verkauft.
Zusammengefasst: Es gibt zwar das größte Plakat für Kultur und einen netten Werbespot für Cybersicherheit. Aber wer sich das einmal genau anschaut, stellt Folgendes fest – ich zitiere Herrn Kotler aus „Grundlagen des Marketing“ –:
Marketing für ein eher unbekanntes Produkt ist immer Werbung für die werbende Firma.
Die werbende Firma ist in diesem Fall die Landesregierung.
Wir merken, Sie machen mit Staatsmitteln Wahlkampf. – Danke schön.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, Herr Rhein, dass ich es mit einer Werbeagentur mit angeschlossenen Ministerien zu tun habe. Das ist das Problem. Ich sage einmal, ich bin durchaus zu differenzierter Betrachtung der Haushalte in der Lage – wenn Sie nur das Maul nicht so aufreißen würden.
Sie sollten sich gepflegter artikulieren. Sie sollten das Mittelmaß nicht immer zur Superleistung erklären.
Sie haben zu Recht gesagt, ich sei hier ein bisschen für die Zahlen zuständig. Wenn ich Ihnen sagen würde, dass das Land Nordrhein-Westfalen hinsichtlich der Hochschulausgaben vor Ihnen liegt, würden Sie sagen: Sie haben einen Knall, denn Nordrhein-Westfalen ist größer und hat ein höheres Bruttoinlandsprodukt. – Sehen Sie, genau das ist der Grund, weshalb Sie ihre Zahlen nicht einfach in die Luft pusten können. Sie müssen sie zu etwas in Relation setzen. Das können die Einwohner oder das Bruttoinlandsprodukt sein. Bei diesem reichen Bundesland haben Sie das Problem, dass Sie bestenfalls mit zwei anderen Bundesländern genau in der Mitte der deutschen Bundesländer liegen. Das eine ist Thüringen. Das andere Bundesland habe ich vergessen.
Erstens. Sie sind nur Mittelmaß.
Zweitens. Sie reden immer nur über absolute Zahlen. Das machen Sie sehr bewusst. Denn Sie blenden völlig aus, dass alle Bundesländer gemeinsam ihre Ausgaben für die Hochschulen insgesamt fast verdoppelt haben. Das haben alle Bundesländer gemeinsam gemacht. Alle haben das Gleiche gemacht wie Sie. Ja, Sie haben einen kleinen Schnaps draufgelegt. Es ist nicht mein Problem, Ihnen das zuzugestehen. Aber diese Superleistung, die Sie unter anderem dadurch erzielt haben, dass Sie eine ganze Finanzgruppe, die niemals im Wissenschaftshaushalt war, nämlich die Pensionslasten, schrittweise hineingerechnet haben, ist in Ihrer Argumentation schlichtweg Beschiss. Damit müssen Sie einfach leben.
Ich bin mit der Aussage der Kollegin Wolff einverstanden. Ja, es ist gut, dass vieles Kulturelles ausgebaut wird. Ja, das ist gut. Aber da ist der zentrale Punkt: Sie reden darüber, wie die Zukunft aussehen soll, und stellen fest, dass eines der reichsten Länder nicht in der Lage ist, so viele Akademiker auszubilden, wie der Arbeitsmarkt braucht, der diesen Reichtum erwirtschaftet. Da ist etwas falsch gelaufen. Ich würde meinen Job als Politiker der Opposition verfehlen, wenn ich das nicht laut und deutlich sagen würde. Denn Sie selbst merken es nicht einmal, obwohl die Statistik von der Seite der Regierung stammt.
Ich finde LOEWE richtig gut. Aber Sie können nicht darüber hinwegschauen, dass Sie gerade dabei sind, die Qualität der Hochschulausbildung zu ruinieren. Die Hochschulen haben das alles getan, bevor sie von Ihnen das Geld bekommen haben. Der große Ansturm fing an, da waren die großen Zuwächse noch nicht da.
Die Hochschulen haben alles getan, um auch noch den letzten Studierenden aufzunehmen, den sie aufnehmen konnten. Das hat inzwischen dazu geführt, dass die Betreuungsrelation jedenfalls auf der Ebene der Professoren für europäische Verhältnisse schlichtweg eine Katastrophe ist. Unter dieser Ebene wird es ein bisschen komplizierter, weil es da sehr viele kurzfristige Verträge gibt.
Wir müssen uns einmal darüber unterhalten. Da bin ich überhaupt nicht auf dem Trip, dass ich sage, da muss ich jetzt Opposition gegen Regierung spielen. Wir haben die Situation, dass der Durchschnitt aller europäischen Hochschulen in etwa bei 37 Studierenden pro Professor liegt. An der Universität in Frankfurt, die alles getan hat, um so viele Studierende wie möglich aufzunehmen, haben wir inzwischen eine Relation jenseits der 90. Das ist mehr als das Doppelte.
Ihnen müsste doch auffallen, dass man diese Art Lehre nicht wegrationalisieren kann, indem man mehr Studierende an Computer setzt. Wenn die Zahl der Studierenden so bleibt, dann müssen wir langfristig anfangen, Schritt für Schritt dort etwas aufzubauen. Das werden wir zusammen machen müssen.
Ich verstehe, dass Sie ein Jahr vor der Landtagswahl alles positiv verkaufen müssen. Aber der Punkt ist doch: Probleme heute nicht zu benennen, das bedeutet, sie morgen nicht lösen zu können. Das ist der Weg der Hessischen Landesregierung.
Rechnen Sie es meinem hohen Alter zu: Haben Sie eine Idee, wie Sie es schaffen können, dass die 50 % noch zu meinen Lebzeiten erreicht werden?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei mir ohne Werbeblock. Ehe wir unsere Lebenszeit hier weiter verschwenden, bitte ich, den Entwurf des Gesetzes in den Ausschuss zur Vorbereitung der zweiten Lesung zu schicken. – Vielen Dank.
Jeder Redebeitrag hat die Konsequenzen, die er herausfordert. Das ist ziemlich einfach.
Die Frage ist, ob in einer Anhörung Halb-Zuhören oder Ganz-Zuhören das richtige Verfahren ist. Wir sind für Ganz-Zuhören.
Ich will nur drei Sätze zur Vorgeschichte sagen, denn ohne diese ist das Ganze nicht verständlich. Unter Beihilfe der Hessischen Landesregierung ist die schwer zu handhabende Institution ZVS kaputt gemacht worden, ohne eine Ersatzlösung zu haben. Ihre Ersatzlösung funktioniert seit über zehn Jahren nicht. Wir reden über diese. Zu dieser Ersatzlösung wird ein Staatsvertrag gemacht.
Währenddessen sind unsere hessischen Hochschulen spitze. Sie haben es nämlich geschafft, Verfahren zu entwickeln, mit denen es schneller geht als mit all den zentralen Verfahren. Sie haben also bereits all die Vorteile, sollen aber jetzt, wenn es hart auf hart kommt – das kann im schlimmsten Fall den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften passieren –, bei dieser Stelle für eine Beratungsleistung zahlen, d. h. für die Konzepte, die sie selbst entwickelt haben.
Wir finden, dass dieser Staatsvertrag ein schlechter Staatsvertrag ist. Zu ihm kann man nur Ja oder Nein sagen. Wir haben in der Tat die klassische Wahl, zu sagen: „Es haben so viele Ja gesagt, dann sagen wir auch Ja“, oder wir sagen: „Es ist ein so schlechter Staatsvertrag, dass man Nein sagen muss“. Genau das tun wir. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema passt irgendwie gut zu gestern. Ich finde schon, dass wir eine Einrichtung begrüßen dürfen, die die Wissenschaftsfreiheit dringend verdient und mit der wir gemeinsam dafür sorgen müssen, dass dort die Frage, was Wissenschaft und Forschung ist, nicht in völkischem Unsinn untergeht. Das sage ich jetzt einmal so zugespitzt. Ich finde auch gut, dass wir nicht nur eine, sondern mit Gießen eine zweite Anlaufstelle dafür haben. Ich habe schon den Eindruck, dass die politische Instrumentalisierung dieser Themen inzwischen so weit fortgeschritten ist, dass es vielleicht auch hilft, sich ein Stück zurückzubesinnen.
Ich will einmal an einen berühmten Satz von Charlotte Knobloch, der früheren Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, erinnern, die einmal gesagt hat, sie verstünde bestimmte Debatten nicht, z. B. die Debatte über die Frage mehrerer und unterschiedlicher Kulturen in Deutschland. Es habe nur eine Zeit in Deutschland gegeben, in der es nur eine Kultur gab. Sie war zwölf Jahre lang. Manchen Leuten kam es vor, als seien es 1.000 gewesen. – Diese Zeit wollen wir nicht wiederhaben. Ich finde schon, dass man die Grundlagen dafür legen muss, dass wir diese Zeit nicht wieder bekommen.
Ich habe einen ganz persönlichen Nebengedanken. Ich fände es gut, wenn irgendjemand noch einmal Anstrengungen unternehmen würde, den Namensgeber des Instituts der Goethe-Universität ein bisschen weiter zu erforschen. Das, was Fritz Bauer für die Aufarbeitung der Vergangenheit geleistet hat, ist nach meiner Einschätzung – angesichts seines Lebenswerks und des Ärgers durch die Verfolgung, der er durch die Aufarbeitung der NS-Verbrechen ausgesetzt war – eigentlich unterlichtet. Das ist nur ein kleines Nebenthema. Aber ich glaube, wenn man das Thema politisch angeht, wird man auch diejenigen Personen wieder ein Stück aus der Versenkung holen, die zu den Zeiten angefangen haben über das Thema zu reden, als es in Deutschland noch ein Tabu war, darüber zu sprechen. Insofern wäre ein bisschen Beschäftigung mit Fritz Bauer ganz sinnvoll.
Der Punkt, von dem ich denke, dass wir darüber noch einen Moment nachdenken müssen, ist: Wir haben jetzt sozusagen die Erforschung eines Zeitraums instrumentalisiert. Was wir noch nicht haben, ist, wie das, was dort erforscht wird, dann auch aus dem Elfenbeinturm heraus
geht. Ich glaube, da wird es noch andere Debatten geben, z. B. erneut mit der Landeszentrale für politische Bildung, die das Thema schon eine Weile sehr ordentlich verfolgt, sowie mit anderen. Und – Klammer auf –: Mir geht es nicht um die Haltung der Forscherinnen, sondern mir geht es darum, dass wir auch ein Stück Unterstützung materieller Art leisten müssen, wenn man vernünftige Veranstaltungen machen will, wenn man aufklären will, wenn man Ausstellungen machen will und wenn man das Thema verbreiten will. Mit Verlaub: So etwas organisiert sich nicht von selbst. Ausstellungen und Ähnliches mehr entstehen nicht von alleine. Das Ganze hat keinen Sinn, wenn es nicht als klares Gegengewicht zu populistischem Unsinn in die Welt getragen wird. Ich glaube, dass wir als Landtag bei der einen oder anderen Haushaltsberatung zwar keinen großen, aber doch einen kleinen Anschub liefern müssen. Sonst wird das einfach nur Forschung. Forschung allein bewegt in unserer Gesellschaft nichts, sondern Wissenschaft heißt dann auch, die Ergebnisse in der Bevölkerung zu verbreiten und dafür zu sorgen, dass sich das herumspricht.
Ich habe noch einen ganz winzigen, abseitigen Satz zu dem Thema. Wir haben hier häufig schon über die Autonomie von Hochschulen geredet, und dass es der Politik nicht möglich sei, Forschung zu beeinflussen. Zumindest haben wir hier – jenseits von Wettbewerb – das Gegenbeispiel geliefert. Vielleicht fällt uns so etwas bei dem einen oder anderen wichtigen Punkt auch noch einmal ein. Das ist in der Tat möglich, wenn Politik sagt: Die Gesellschaft braucht einen bestimmten Bereich, der erforscht sein muss. Die Politik muss in der Lage sein, so etwas in einem sehr kooperativen Verfahren mit den Hochschulen durchzusetzen. – Ich merke mir das; denn ich habe die eine oder andere Debatte noch im Kopf.
Wir haben eine ganze Reihe von gesellschaftlichen Fragen. Ich nenne einmal ein simples Beispiel. Ich finde es völlig irre, dass wir seit Jahrzehnten in Deutschland über die Rentenversicherung reden, dass es aber in Deutschland seit sieben Jahren keinen einzigen Lehrstuhl mehr gibt, der sich strukturell mit Sozialversicherungsfragen beschäftigt, sondern dass es nur noch abgeleitete Wirtschaftsforschung gibt, die das als Nebenprodukt betreibt. Ich will das nur beschreiben; denn ich glaube, dass auch das ein Punkt ist, an dem wir ein Stück weit politische Impulse setzen müssen. Aber insgesamt freue ich mich wie alle anderen darüber, dass es die beiden Professuren gibt. Ich hoffe, dass wir sie in diesem Landtag vielleicht auch einmal politisch zu hören bekommen. Ich bin gespannt auf die Debatte danach. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich eigentlich, dass wir diesen Antrag hier wiedersehen. Die Sozialdemokraten kennen ihn schon ein bisschen, weil wir ihn in Nordrhein-Westfalen zusammen mit den GRÜNEN in den Landtag eingebracht haben.
Dort war er ein bisschen länger.
Wenn Sie wissen wollen, wie der Antrag insgesamt in Langfassung aussieht
jetzt bleibt doch einmal ganz entspannt –, dann müssen Sie die Rede vom Kollegen May noch zum Antragstext hinzurechnen. Dann haben Sie in etwa den Antragstext aus NRW. Ich sage das ohne Bosheit. Die Bosheit kommt nämlich gleich, weil ich schon glaube, dass das Thema ganz spannend ist. Die Bosheit besteht einfach darin, dass dieser Antrag in NRW mit den Stimmen von SPD, GRÜNEN und Piraten gegen die Stimmen von CDU und FDP angenommen worden ist.
Das ist das, was Kollege May gesagt hat. Sie können es gerne nachlesen. Es steht auch im Netz.
Wir werden dem Antrag logischerweise zustimmen, weil er in der Grundintention richtig ist. Ich glaube schon, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die aus ihren Elfenbeintürmen herausgekommen sind, um zu sagen: „Wir müssen für unsere eigene Freiheit kämpfen“, alle unsere Unterstützung verdient haben. Alleine dafür lohnt sich diese Debatte.
Ich bin ein bisschen differenzierter bei der Frage, wer an welcher Stelle die Schuld trägt. Es ist immer so schön, hier zu stehen und zu sagen: Die Welt ist in Ordnung, und woanders ist die Welt schlecht.
Ja, sie ist schlecht, aber es gibt ganz unterschiedliche Bereiche. Der härteste Bereich betrifft die Türkei mit der Schließung von Universitäten. Das waren immerhin 15. Tausende Beschäftigte sind entlassen worden. Hunderte sind verhaftet worden. Hinzu kam eine Reihe von Rückrufaktionen, bei denen gesagt wurde: Ihr seid zwar im Ausland, aber kommt zurück. – Sie wissen, dass sich eine Reihe von Professorinnen und Professoren dem entzogen und Asylanträge gestellt haben.
An dieser Stelle kann ich mich dem Kollegen Lenders nur anschließen: Wir sollten sie genau so behandeln wie die Asylanträge von Simitis und seinem Bruder. Wir sollten auch bedenken, wie in Deutschland der Antrag von Frau Bachelet behandelt wurde, die später chilenische Präsidentin geworden ist. Deutschland hat eine lange Tradition, das zurückzuzahlen, was es selbst an Hilfen für seine Flüchtlinge zu Zeiten des Faschismus bekommen hat. Ich halte das für einen zentralen Punkt, den man auch sehr deutlich betonen muss.
Ich finde manche Debatte darüber kleinlich, wie es denn um die Qualifikation desjenigen steht, der in Syrien Professor war und gegen das Regime aufgestanden ist. Diese zum Teil dummen Fragen, denen er sich stellen muss, sind der Würde dieses Landes nicht angemessen.
Das ist der staatliche Teil. Es gibt viele Berichte über Professorinnen und Professoren in Russland, die unangenehme Wahrheiten verkündet haben und deshalb von ihren Ämtern entfernt wurden. Etwas komplizierter ist es in Ungarn. Nun sind wir bei dem Punkt angelangt, an dem wir genau aufpassen müssen, was wir fordern und wie wir es fordern. In Ungarn hat sich der Konflikt zugespitzt bei der Frage einer Universität.
Das wird dann so diskutiert, als ginge es nur um ein Thema. Es ging aber um drei Themen. Das erste Thema ist die Wissenschaftsfreiheit. Darüber gibt es überhaupt keine Debatte. Die Wissenschaftsfreiheit gilt auch für private Universitäten. Das ist überhaupt keine Frage. Das gilt aber auch – um diesen Satz sehr bewusst zu sagen – innerhalb privater Universitäten. Das ist ein ganz spannender Punkt, den wir an anderer Stelle sicher noch einmal diskutieren werden.
Der zweite Punkt ist die politische Intention. Es geht darum, eine bestimmte politische Richtung per Universität durchzusetzen bzw. per Staat zu bekämpfen. Die Intention der Universität liegt im demokratischen Spektrum. Deswegen ist gegen diese Art von Universität auch nichts einzuwenden. Im Gegenteil, ihre Freiheit muss verteidigt werden gegen Staatsintervenismus.
Der dritte Punkt betrifft die Frage, wie die Universität insgesamt betrachtet wird. Die Europäische Union hat schließlich keinen Konflikt mit Ungarn vor dem Hintergrund der Wissenschaftsfreiheit. Ich weiß nicht, ob Ihnen das aufgefallen ist. Die EU-Stellungnahmen beziehen sich auf die Dienstleistungsfreiheit, auf die Frage, dass eine privatwirtschaftliche Universität in der Europäischen Union bestimmten Regeln unterliegt und dass ihr der Zugang – völlig unabhängig von der nationalen Gesetzgebung – zum Wissensmarkt gewährleistet werden muss. Ob wir das alles so wollen, darüber könnte man noch einmal eine Runde debattieren.
Kennerinnen und Kenner der Materie möchte ich auf § 91 des Hessischen Hochschulgesetzes hinweisen. Dort wird relativ präzise die Zulassung von privaten Hochschulen geregelt. Dabei geht es um vergleichbare Bedingungen, wie sie im ungarischen Hochschulgesetz gerade formuliert worden sind. Da muss man sehr präzise schauen, dass man im Kampf dafür, dass keine Meinung unterdrückt werden darf, nicht gleichzeitig das Mittel, dass nämlich Länder Hochschulgesetzgebung machen können, mit in den Orkus kippt. Das muss man sauber auseinanderhalten. Ich glaube, da ist eine große Differenzierung wichtig.
Genauso spannend ist es in den Vereinigten Staaten. Die Forschungsförderung und Wissenschaftsfreiheit sind dort bedroht. Dies betrifft die Kürzungen, die der Kollege May angesprochen hat, und den Umgang mit der United States Environmental Protection Agency. Aber Vorsicht. Die Worte lauten: Forschungsergebnisse werden in Zukunft ei
nem politischen Vertreter vorgelegt werden müssen. Sie müssen zur Haltung der neuen Regierung passen.
Das ist der Angriffspunkt. Ich frage Sie einmal ernsthaft, ob Sie die Geschichte der letzten beiden Armuts- und Reichtumsberichte in Deutschland verfolgt haben. Es wurden Daten vorgelegt, die infolge eines Einspruchs des Bundeskanzleramts vor der Veröffentlichung korrigiert wurden. Wer also über Wissenschaftsfreiheit redet und dies zum Angriffspunkt nimmt, der muss sehr präzise sagen, wie man mit deutschen Wissenschaftlern umgeht, die kritische Berichte erstellen. Das ist nicht ganz so einfach.
Das war aber nur der staatliche Teil. Es gibt noch eine Reihe von Auseinandersetzungen, die gar nicht aus dem staatlichen Bereich kommen. Schauen wir uns einmal in den Vereinigten Staaten nach den sogenannten Think Tanks um, die aus gesellschaftspolitisch genehmen Wissenschaftlern zusammengesetzt werden. Schauen wir uns aber auch einmal die offene Korruption an. Schauen wir uns einmal Studien zum Tabakkonsum vor dem Hintergrund der in diesem Zusammenhang geflossenen Gelder an. Hierzu gibt es einen ordentlichen Bericht des amerikanischen Senats. Dadurch wird deutlich, dass Wissenschaft auch offen bezahlt werden kann. Auch an dieser Stelle wird Wissenschaftsfreiheit aufgegeben, sodass kritische Wissenschaft nicht möglich ist.
Außerdem gibt es die Frage der inneren Probleme. Ich beschreibe das einmal anhand eines klassischen Beispiels. Sie wissen alle, dass Veröffentlichungen im wissenschaftlichen Bereich einem Peer-Review unterliegen. Das heißt, dass Leute aus dem gleichen Bereich sagen müssen, ob das wissenschaftlich oder nicht wissenschaftlich ist. Wenn Sie genau hinschauen, stellen Sie fest, dass das dazu führt, dass sich eine herrschende Meinung in den Journalen abbildet, eine andere aber nicht.
Ob das unserem Bild einer Wissenschaftsfreiheit, in der Pluralität, Vielfalt und Widersprüchlichkeit öffentlich sichtbar werden, entspricht, ist ein Punkt, mit dem sich die Wissenschaft selbst auseinandersetzen muss. Ich glaube, das ist nicht ganz ohne.
Der nächste Punkt betrifft den internationalen Austausch. Ja, das ist ein zentrales Problem. Da die Debatte so schön in die heutige Zeit passt, möchte ich das anhand der historischen Entwicklung deutlich machen. Die Freiheit der europäischen Wissenschaft hat zwei Quellen. Die eine Quelle ist eine europäische Quelle, nämlich die Aufklärung. Die zweite Quelle ist die arabische Wissenschaft, die die Grundlagen der Naturwissenschaften durch Experimente, durch Forschung am Gegenstand und durch die praktische Auseinandersetzung mit dem lebenden Körper und dem lebenden Organismus eingeführt hat. Insofern baut die europäische Wissenschaft auf einer großen Tradition auf. Damit ist die europäische Wissenschaft aus der Gefangenschaft ideologischer Grenzen, nämlich theologischer Grenzen, herausgeholt worden. Ich finde, der internationale Austausch, der ideologische Grenzen nicht kennt bzw. durchbricht, ist eines der zentralen Elemente der Wissenschaftsfreiheit. Insofern stimmen wir auch diesem Teil zu, dass dieser internationale Austausch deutlich gefördert werden muss.
Das könnte man auch ein bisschen zuspitzen. Die Frage ist, ob Hessen seine Partnerschaft mit Wisconsin nicht nutzt, um diese unsinnigen Einreisebeschränkungen der Vereinigten Staaten als Bundesland zur Debatte zu stellen, und zwar im freundlichen Austausch mit denen, die schließlich zusammen mit uns Politik machen wollen. Sonst hätten sie diesen Freundschaftsvertrag mit uns ja nicht unterzeichnet.
Es gibt noch ein letztes Problem, das in die Redezeit passt. Das betrifft die Frage der modernen Medienwelt und den Umgang von Politik mit wissenschaftlichen Ergebnissen. Das betrifft auch den Umgang mit Zeitungen. Ich nenne das dann immer die Flatulenz des Monats. Das ist dann also die Studie, bei der mit fünf Befragten erklärt wird, dass Schokolade intelligenter macht, dass braune Augen darauf hindeuten, dass man – – Das lasse ich jetzt lieber.
Nein. Ich möchte das nachher nicht im Protokoll nachlesen. Die Studie ist so absurd. Das glauben Sie alles nicht.
Diese werden ganz locker gleichwertig zitiert wie die Erkenntnisse von renommierten Instituten, wie die Erkenntnisse der Klimaforschung und Ähnliches mehr. Ich glaube, wenn die Öffentlichkeit solchen Quatsch rezipiert, als sei es ernsthafte wissenschaftliche Arbeit, dann tragen wir ein Stück weit zur Entwertung und damit zur Entgrenzung der Wissenschaft bei.
Der allerletzte Punkt ist, dass nationale, fremdenfeindliche und autoritäre Bewegungen sehr bewusst sagen, dass sie bestimmte Wissenschaft nicht zur Kenntnis nehmen. Darüber müssen wir streiten; denn es geht nicht nur um die Frage der Freiheit einer Wissenschaft, sondern es geht um die Freiheit der Wissenschaft, aller Wissenschaftler und damit um Pluralität und um die Breite von Wissenschaft. Ich glaube, dass wir an dieser Stelle in allen Ländern Nachholbedarf haben. Ich möchte nicht, dass irgendwann einmal ein Wissenschaftler völlig verzweifelt am Ende seines Lebens genauso wie Galileo sagt: Und sie bewegt sich doch. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch diesem Antrag werden wir zustimmen. Ich tue das mit besonderer Begeisterung; denn der Antrag könnte auch die Überschrift „Einstürzende Leuchttürme“ tragen. Das ist deshalb der Fall, weil nicht nur die Fraktion der GRÜNEN, sondern auch die CDU-Fraktion diesen Antrag gestellt hat. Ich darf einmal an die Landtagsdebatten zur Föderalismusreform erinnern. In einer dieser Debatten sagte ein Hessischer Ministerpräsident voller Begeisterung: Wir brauchen eine strikte Trennung der Finanzierung im Hochschul- und im Schulbereich – Bereiche, in denen der Bund nichts zu
sagen hat, in denen das Land aus eigener Kraft agiert, mit anderen Bundesländern im Wettbewerbsföderalismus konkurrierend.
Dieser Mythos ist in sich zusammengebrochen; denn Bildung ist in Deutschland eine Gemeinschaftsaufgabe. Genau so muss sie behandelt werden.
Wir werden jetzt – jenseits der Frage des Hochschulpaktes – Schritt für Schritt Grundgesetzänderungen vornehmen; da gibt es noch ein paar Notwendigkeiten der Nacharbeit für nächste Legislaturperioden. Im Kern ist es aber Unsinn, zu glauben, dass es in einem Land wie der Bundesrepublik, in der es unterschiedliche Lebensräume gibt, eine kluge Idee ist, die einen Länder ihre Hochschulen aus knappen Mitteln und andere Länder ihre Hochschulen aus einer gewissen Fülle heraus finanzieren zu lassen. Wenn wir gleichwertige Lebensbedingungen haben wollen, ist es vernünftig, dass über den Bund dafür gesorgt wird, dass es einen Ausgleich gibt. Warum soll ein Studierender in Hessen für die deutsche Bevölkerung mehr „wert“ sein als ein Studierender in Mecklenburg-Vorpommern – oder in welchem Bundesland auch immer? Deswegen können wir diesem Antrag nur zustimmen. Er ist ein guter Schritt in die richtige Richtung, und er bietet eine Lösung für ein Problem.
In der Sache müssen wir irgendwann darüber reden, wie es weitergehen soll. Wir führen nämlich im Hochschulbereich eine Debatte darüber, dass eines der Elemente der Studienreform mittlerweile zu einer großen Restriktion geworden ist. Sie wissen: Für jeden Masterstudiengang gibt es relativ klare Notenanforderungen, was die Aufnahme des jeweiligen Studiengangs betrifft. Die spannende Frage ist – das muss jeder für sich beantworten –, ob wir tatsächlich wollen, dass es in Deutschland weniger Masterstudienabschlüsse gibt. Ich vertrete die Position – das sage ich sehr deutlich –, dass jeder, der einen Bachelorstudiengang abgeschlossen hat, die Chance haben muss, einen Master zu machen. Das heißt, dass die Restriktionen, die wir an der Stelle haben, ein Stück weit aufgeweicht werden müssen.
Wir wissen, dass wir auch an der Stelle über Geld reden. Ich glaube, dass wir in allen Bundesländern sehr bewusst über Geld reden müssen, weil wir eher einen höheren als einen niedrigeren Bedarf an Hochqualifizierten haben. Wir müssen als Landespolitiker dafür sorgen, dass dieser Bedarf gedeckt wird. Auch das ist ein Punkt, an dem ich denke, dass wir einen Schritt weitergehen müssen.
Ich sage sehr offen: Ich fände es gut, wenn wir das gemeinsam hinkriegen würden – jenseits aller Spitzen, die sich auf die Vergangenheit beziehen.
Nein. Der Punkt ist: Die einen sehen das als parlamentarisches Spiel, bei dem man hier nette Redeschlachten führt; die anderen sehen das als ein ernsthaftes Projekt an. – Es ist deshalb ein ernsthaftes Projekt, weil wir in Deutschland noch immer in der Situation sind, dass noch kein Bildungspolitiker in der Lage war, so viel Geld zu mobilisieren, wie die Bildung braucht. Das ist doch ein Punkt, über den wir
uns jenseits der Parteigrenzen einig sein müssten. Dieses Land lebt davon, gut ausgebildete Menschen zu haben und auch künftig junge Menschen gut auszubilden.
Wenn wir das nicht gemeinsam auf die Reihe kriegen, dann können wir uns eine ganze Reihe von Detaildebatten sparen; denn dann geht es um die Substanz. In der Substanz sind wir gerade dabei, die Zugänge „nach oben“, in die Hochschulen, zu verengen. Rein volkswirtschaftlichmathematisch dargestellt: Wenn man in einem Abschlusssystem dafür sorgt, dass die Absolventen des zweiten, des höheren Abschlusses, die bisher tendenziell in der Mehrheit waren, deutlich weniger werden, dann senkt man das Qualifikationsniveau der Beschäftigten in Deutschland insgesamt. Daran kann keine Industrienation, die auf einer wissensbasierten Gesellschaft aufbaut, ein Interesse haben. Deshalb sollten wir ein gemeinsames Interesse haben.
Letzter Punkt. Wir alle wollen, dass die Anwendungsorientierung ein ganz wichtiger Punkt beim Ausbau der Hochschullandschaft ist. Ich spreche die Hochschulen für angewandte Wissenschaften an. Da bin ich ganz bei Ihnen, Herr Kollege May. Wenn wir den Anschluss an den Hochschulpakt 2020 nicht schnell auf die Reihe kriegen, dann werden wir die Bedeutung eines Teils der Hochschulen für angewandte Wissenschaften faktisch verringern. Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften müssen aber eine größere Bedeutung bekommen. Insofern lohnt sich eine gemeinsame Anstrengung. Ich fände es gut, wenn alle Fraktionen diesem Antrag zustimmen würden – wie wir.
Frau Ministerin, haben Sie eine Alternativplanung für den Fall, dass Sie feststellen, dass das Einkommen der vorhandenen Mieterinnen und Mieter für einen Kauf nicht ausreicht?
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss gestehen, ich bin etwas verwirrt über die Art der Debatte im Hessischen Landtag.
Wir haben in Hessen eigentlich mit allen politischen Parteien die Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung gegründet und unterstützt, weil sie einen rationalen, differenzierten und ausgewogenen Umgang mit Prozessen von Krieg und Frieden beschreiben kann. Wir tun heute so, als hätte es diese Stiftung niemals gegeben. – Ich glaube, dass das so nicht geht, sondern, dass wir schon sehr genau schauen müssen, wie politisches Handeln bewaffnetes provoziert, und bewaffnetes politisches. Die Frage, dass wir in Europa nur gemeinsam unter Ausgleich aller Interessen Frieden erreichen: Dafür hat der ehemalige Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei den Friedensnobelpreis erhalten, und ich sage, er hat ihn zu Recht erhalten.
Man kann diese Debatte nicht so führen, als gebe es nur einen Schuldigen und einen Nichtschuldigen – egal, wie
herum. Vielmehr gibt es Verantwortliche, und unser Job ist es eigentlich, darüber zu diskutieren, wie man einer solchen Verantwortung gerecht werden kann. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ziemlich klar ist: Steuern auf Vermögen nach internationalem Standard sind etwas, was Deutschland braucht, um die
Menschen, die viel Geld verdient haben, an den Ausgaben für Bildung und Infrastruktur zu beteiligen.
Wenn ich „internationale Standards“ sage, dann meine ich damit nicht einmal, dass die Vermögensbesteuerung 3,6 % – wie in Großbritannien – oder 3,1 % des Bruttoinlandsprodukts – wie in den Vereinigten Staaten – ausmachen soll.
Ich will an der Stelle sehr deutlich sagen: Die Menschen haben sich in den vergangenen Jahren relativ ungleich das aneignen können, was gemeinsam erwirtschaftet worden ist. Auch das ist ein Effekt, der ausgeglichen werden muss.
Die spannende Frage ist – wie immer –: Gut gemeint oder gut gemacht? Wir haben das skurrile Problem, dass wir als hessische SPD das Thema Vermögensteuer sehr bewusst mit einer Anhörung beleuchtet haben, an der der eine oder andere als Gast teilnehmen konnte. Wir haben dabei festgestellt, dass ein Nebeneffekt einer anderen politischen Entscheidung plötzlich das „gut Gemachte“ in Probleme bringt. Herr Dobrindt hat nämlich mit seiner Maut-Entscheidung eine Debatte darüber ausgelöst, dass staatliche Gebühren und Steuern in Beihilfekontexten auftauchen können, was unter anderem dazu führt, dass das, was wir bei der Vermögensteuer immer debattieren, nämlich dass es bestimmte Regelungen geben muss, die die harten Brüche bei Betrieben reduzieren, unter das Beihilferecht fallen. Das ist unser derzeitiger Debattenstand.
Das heißt, wir haben keine Lust, eine Forderung in unser Wahlprogramm zu schreiben, die, wenn umgesetzt, vielleicht zwei Jahre später vom Verfassungsgericht wieder aufgehoben wird. Das hat die amtierende Bundesregierung bei der Erbschaftsteuer schon zum zweiten Mal erlebt. Ich sage das einmal so zugespitzt. Darauf haben wir keine Lust.
Die Konsequenz daraus ist, dass wir sagen: Wir wollen eine Besteuerung des Vermögens, und wenn wir eine Vermögensbesteuerung betreiben, dann nehmen wir den Teil, von dem wir glauben, dass wir leichter Korrekturen vornehmen können. An dem, was an Erbschaftsteuer derzeit möglich ist, können wir die Korrekturen, von denen wir glauben, dass sie verfassungsgerichtlich überleben – das ist ja eine Wette auf die Zukunft –, leichter vornehmen. Damit sind wir bei einem sehr ertragreichen und sehr simplen Punkt, von dem wir glauben, dass sich die Gerechtigkeitsfrage erneut stellt.
Das wäre ein spannender Punkt für die Liberalen. Liberale Politiker haben vor rund 150 Jahren eine Erbschaftsteuer von 100 % gefordert, weil sie der Meinung waren, dass jeder die gleichen Startchancen ins Leben haben sollte und dass es keine Vorteile geben darf. Es gibt Leute, die realisieren das individuell. Ich will Sie einmal darauf aufmerksam machen, dass der berühmte Investor Warren Buffett seine Kinder enterbt und sein komplettes Vermögen einer gemeinnützigen Stiftung überschrieben hat, weil er sagt: Meine Kinder sollen lernen, im normalen Leben zu arbeiten, wie andere auch. – Ich sage das so zugespitzt, weil ich glaube, dass wir an der Stelle durchaus auf Einsicht bei denen treffen, die viel Geld verdienen, und dass eine ertragreiche, eine die Einkommensverteilung korrigierende Erb
schaftsteuer ein erster Schritt ist, eine vernünftige Vermögensbesteuerung auf die Reihe zu kriegen. Dafür stehen die Sozialdemokraten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN, wir werden Ihren Antrag ablehnen, weil wir glauben, dass wir noch ein paar Fragen klären müssen, bevor wir uns auf diesen Pfad begeben.
Frau Erfurth, wenn Sie den letzten Wahlkampf als Argument heranziehen, muss ich sagen: Da bin ich ganz anderer Meinung. Ich glaube, die Menschen in Deutschland warten darauf, dass jemand die Initiative ergreift, die Ungleichheiten auch im steuerlichen Bereich endlich auszugleichen. Das sehe ich völlig anders als Sie.
Das Schlimmste, was wir tun könnten, wäre, einem Vorschlag zuzustimmen, von dem wir nach unserem derzeitigen Diskussionsstand glauben, er wird nicht funktionieren. Das wäre die schlimmste Enttäuschung. Deswegen: Erst einmal der Vorschlag zur Erbschaftsteuer, von dem wir glauben, dass er funktionieren kann, und wenn wir die anderen Fragen geklärt haben, dann können wir noch einmal über eine Vermögensteuer reden.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Vertreterinnen und Vertreter all der Menschen, die hier eingewandert und zugewandert sind! Die Ministerin hat mir die Gelegenheit gegeben, meine Redezeit etwas aufzustocken. Deswegen würde ich Ihnen gerne einen Nachtrag liefern zu Ihrem eigenen Ressort; denn als für Wissenschaft Zuständiger gilt man angeblich als besonders geschickt.
Wenn man Werbegeschenke bekommt, fragt man sich manchmal, welchen Inhalt sie haben und welchen Sinn das hat. Dieses hier hat eine große Pappverpackung.
Darin befindet sich ein Karton aus Hartplastik. Es ist eine Herausforderung, ihn aufzumachen.
Darin befindet sich – das habe ich jetzt schon einmal abgemacht – ein weiteres Stück Hartplastik, und daran befindet sich – das ist der wahre Gag – ein Los Ihrer Umweltlotterie.
Ich wollte Ihnen einfach nur im Sinne von Umgang mit Material für kleine Zwecke helfen,
vielleicht ein bisschen besserer Umgang mit Material. Das ist viel Verpackung für ein Blättchen Papier.
Wir sind uns einig. Ich dachte, das wollen Sie verfolgen.
Ich weiß es nicht. Wir haben nicht geprüft, ob es ein Gewinn ist. Den kann sie dann vielleicht in den Etat einstellen.
Die zweite Vorbemerkung hat etwas mit den Grundsätzen des Haushalts zu tun. Wir haben zwar heute Morgen aus grundsätzlichen Überlegungen gegen eine Personalentscheidung gestimmt. Aber da ich die Kollegin kenne und weiß, wie sie ihre eigenen Haushaltszahlen interpretiert, will ich sagen: Vielleicht hilft es, dafür zu sorgen, dass wir im Haushalt Kennzahlen bekommen, die auch Kennzahlen sind. Sie haben an manchen Stellen einen Zusammenhang wie den der Störche im Ruhrgebiet mit der Geburtenrate im Ruhrgebiet, nämlich gar keinen. Auf die Frage: „Ist eine Maßnahme effektiv?“, wird gesagt: „Es werden 80 Behörden betreut“. Was das mit Effektivität zu tun hat, weiß ich nicht.
Ich glaube, dass wir an der Stelle abrüsten müssen. Denn der Versuch, Pseudokennzahlen für Haushaltszusammenhänge zu schaffen, nützt weder dem Parlament noch dem Bürger, noch der Verwaltung, aber es macht Ihnen ohne Ende Arbeit. Ich finde schon, es wäre eine kluge Geschichte, an der Stelle den Ratschlag der Kollegin, die den Job gewechselt hat, einzuholen, was man denn anders machen könnte.
Wir haben im Hochschulbereich – deswegen bin ich so entspannt – nicht die große Kritik; denn die Landesregierung verhält sich wie alle deutschen Landesregierungen. Sie stockt es in Maßen auf. Sie stockt selbst noch einmal an kleinen Punkten auf.
Es gibt allerdings einen Punkt, wo wir einen Änderungsantrag haben, und der hat etwas mit Zukunfts- und längerfristiger Perspektive zu tun. Denn die Tücke bei Haushalten sind langfristige Personalentscheidungen, z. B. bei der Berufung von Professoren. Das lässt sich manchmal nicht in Haushalten abbilden. Wir haben im Moment die Situation, dass alle Länder darüber diskutieren, wie es mit dem Hochschulpakt 2020 weitergehen soll, aus dem bei den Hochschulen für angewandte Wissenschaften z. B. ein Drittel der Stellen finanziert wird und bei den Universitäten etwa 15 %. Die Frage ist, wie es weitergeht, und alle sind sich einig, dass es nicht funktionieren wird, wenn es nicht zumindest in großen Teilen bei einer Fortführung bleibt.
Jetzt hat die Landesregierung, durchaus lobenswerterweise, eine Bemerkung in den Haushalt aufgenommen, dass Personal zu 50 % aus dem Hochschulpakt 2020 eingestellt werden kann, wenn die Hochschulen es hinterher selbst finanzieren.
Was heißt das aber bei einer Geschichte, die 2020 bis 2023 ausläuft? Wenn Sie einen Professor für was auch immer berufen, können Sie ihn nach Haushaltsrecht nur noch befristet berufen. – Jetzt haben wir auf der anderen Seite lange Debatten über die Qualität der hessischen Hochschulen geführt. Mit Verlaub, glauben Sie, irgendein Professor, der hohe Qualität hat, wird nur einen Ruf haben? Glauben Sie, wenn er sich zu entscheiden hat, würde er sich gegen eine lebenslange Berufung in einem Land wie Baden-Württemberg und für eine Berufung auf fünf Jahre in Hessen entscheiden?
Wenn wir wollen, dass die Qualität der Hochschulen, insbesondere der Hochschulen für angewandte Wissenschaften erhalten bleibt, dann würde ich Ihnen vorschlagen – Sie haben noch ein bisschen Zeit –, unsere Änderungen zu übernehmen und zu sagen: Liebe Hochschulen, an dieser Stelle gehen wir davon aus, dass ihr das auch dauerhaft machen könnt.
Herr Minister, wir sind uns doch einig, glaube ich, dass wir ohnehin diese Programme irgendwie fortführen müssen. Wir sind uns ebenfalls einig, dass das ohnehin Landesgeld bindet. Wenn wir uns einig sind, dann wäre es an der Stelle eine geschickte Variante, zu sagen: Wir gehen das Risiko ein, dass es vielleicht nicht ganz so viel wird, wie wir wollen. Aber wir sorgen dafür, dass die Hochschulen in der Lage sind, qualifiziertes Personal einzustellen.
Dann im Schnelldurchgang drei Sätze zum Schluss, weil meine Redezeit abgelaufen ist. – Was wir nicht haben, ist eine Landeskulturpolitik. Zur Landeskulturpolitik gehört, glaube ich, dass wir nicht nur Leuchttürme finanzieren.
Ich will es an einem Beispiel deutlich machen; denn es ist spannend. Wenn man anderswo prominent ist – –
Kein Problem. Ich bin gut in meiner eigenen Zeit.
Wenn man jemand Prominentes hat und jemand weniger Prominentes, gibt es unterschiedliche Behandlungen. Wir haben bei den Bad Hersfelder Festspielen einen Intendanten gefeuert, weil er seinen Haushaltskarren knapp eingestellt hat. Ein prominenterer Intendant, der sozusagen gnadenlos überzieht, bekommt fast eine Dreiviertelmillion obendrauf. Ich glaube, das ist eine Form, die nichts mit Kulturpolitik zu tun hat, sondern schlicht mit zu viel Leuchtturmdenken und zu wenig in der Fläche. – Danke.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt schon wieder einen historischen Tag. Denn in Hessen muss alles historisch sein, auch wenn das ein bisschen ein Etikettenschwindel ist. Denn das ist eine der „faszinierenden“ Geschichten. Wir haben eine Debatte darüber, wie das mit dem Promotionsrecht werden wird. Da gibt es die Mitglieder von ein paar Fraktionen, die sagen: Es gehört vielleicht zur Entwicklung des Hochschulsystems dazu, dass es ein kooperatives Promotionsrecht gibt. – Dann wird verteidigt, warum es anders gemacht werden soll. Dann wird relativ genau das kooperative Promotionsrecht als Fachhochschulrecht nur mit einem anderen Briefkopf eingeführt.
Das nennt man Etikettenschwindel. Daran ist nichts Historisches. Das hätten wir vermutlich in diesem Hause einstimmig hinbekommen, wenn man vorher gesagt hätte, was man tut. Aber, wie gesagt, man tut es nicht.
Zweitens. Wir erinnern uns an die schönen Reden, auch an die gegenüber den Universitäten. Da hieß es: Wir fangen einmal mit den Bereichen an, bei denen die Hochschulen für angewandte Wissenschaften etwas anderes als die Universitäten machen. Europäische Integration und Globalisierung ist jetzt sozusagen das Zentrum des neuen Promotionsrechts.
Ich habe irgendwie folgenden Eindruck. Wer auch immer den Satz gesagt hat: „Wir machen etwas anderes als an den Universitäten“, weiß nicht, was die Universitäten machen. Denn das ist der Kernbereich dessen, was in Hessen an allen Universitäten geforscht wird. Auch das ist eine nette Form des Etikettenschwindels.
Drittens. Da wird es richtig lustig. Man muss erst einmal auf die Idee kommen, Forschungsstärke an so Dingen wie Drittmitteln aufzuhängen. Wenn es irgendwo viel Geld gibt, muss das Ergebnis Forschungsstärke sein. Das ist blanker Unsinn. Die Höhe der Drittmittel sagt etwas über das Interesse am Forschungsgebiet aus, ob es wirtschaftlich, politisch oder sonst irgendwie bedeutsam ist. Das sagt überhaupt nichts über das Ergebnis aus.
Bei Forschungsstärke redet man in der Wissenschaft eigentlich über Gutachten, über die Akkreditierung und was auch immer. Jedenfalls redet man über qualitative Kriterien. Wer sich anschaut, was hier passiert, erkennt, dass es die Zahl der Professoren und die Höhe der Drittmittel ist. Das Einzige, was in der Tat akzeptabel ist, ist die Zahl der
Veröffentlichungen, die es dazu schon gegeben hat. Das ist es.
Es ist ein völlig skurriles Moment, dass jemand, der keine Ahnung davon hat, wie die Wissenschaft funktioniert, Kennzahlen erfindet, die angeblich die Forschungsstärke ausweisen sollen. Ich würde das Ministerium schon bitten, diese Debatte einmal ernsthaft zu führen. Sie kennen mein Hobby. Es geht um die Frage, ob das, was sie angeben, auch das aussagt, was sie tun. Das tun sie nicht. Das tun die Kennzahlen dieses Ministeriums selten.
Die Einschätzung über die Rolle der Hochschulen für angewandte Wissenschaften teile ich mit Herrn Kollegen May. Das ist ein schöner Tag für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Da gibt es bei uns keinen Neid.
Es gibt etwas, da bin ich auf die Fortsetzung gespannt. Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften werden jetzt verpflichtet, ein bisschen Qualitätssicherung bei den Promotionen zu betreiben. Ich bin auf den Tag gespannt, an dem das, was es an Qualitätssicherung für Promotionen geben wird, nicht nur für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften verbindlich wird. Wer sich anschaut, was es an Promotionen im Fach Medizin gibt – die Debatte kennen wir – und was es sonst noch so an Promotionen an den Hochschulen gibt, wird feststellen, dass wir in Deutschland internationalen Standards nicht genügen.
Es wäre vielleicht ganz gut, freundlich zu sagen: Dieser Fortschritt, also das, was als Regel für die Qualitätssicherung der Promotionen vorgeschrieben wird und für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften jetzt verbindlicher gemacht wird, soll auch für die Universitäten verbindlich gemacht werden. Ich glaube, das wäre ein Vorhaben, das wir hier vermutlich gemeinsam angehen könnten. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Lieber Frank Kaufmann, ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich glaube, dass eine Aussage hier so nicht stehen bleiben kann. Die Aussage – wenn ich Sie richtig verstanden habe – lautete, die SPD-Fraktion solle eher gegen die Atomindustrie statt gegen die Ministerin vorgehen. Im Kern ist die Frage, gegen die Atomindustrie vorzugehen, angesichts unserer politischen Geschichte völlig klar beantwortet.
In einem Rechtsstaat, in dem selbst ein Straftäter ein Recht auf Verteidigung hat, hat aber jeder, der von einer negativen Entscheidung betroffen ist, ein Recht darauf, dass die Spielregeln des Rechtsstaates eingehalten werden.
Das Gleiche gilt für die Androhung der Folgen. Selbstverständlich hat die Ministerin politisch entschieden; aber wenn man auch nur andeuten würde, dass politische Entscheidungen rechtsstaatliche Mechanismen aushebeln können, wäre das ebenfalls ein ziemliches Problem.
Ich will das gar nicht unterstellen, aber ich würde bitten, das hier deutlich klarzustellen. Um es auf den Punkt zu bringen: Rechtsstaat und Demokratie hängen untrennbar zusammen. Wer den Rechtsstaat einschränkt, der schränkt auch die Demokratie ein.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin Kollegin Wolff ganz dankbar, dass sie erst einmal erklärt hat, was aktuell ist. Denn das ist der 14. Werbeblock innerhalb der letzten drei Jahre zum Thema LOEWE.
Ja, das macht nichts. – Ich muss gestehen: Ich warte auf den Tag, an dem hier Mainzelmännchen zwischen den einzelnen Reden auftauchen.
Denn das entspricht in etwa der Debattenform. Ich will gar nicht von unserer Grundlinie abweichen, zu sagen, dass LOEWE keine schlechte Idee ist. Denn ich meine schon, dass damit ein paar vernünftige Dinge angeregt wurden. Was ich aber immer wieder faszinierend finde – Frau Kollegin Wolff hat das deutlich aufgezeigt –: Es sind die Hochschulen, die etwas leisten. Es sind die Hochschulen, die neue Projekte entwickeln. Es sind die Hochschulen, die sich etwas ausdenken. Und es ist immer die Hoffnung oder die Fantasie, das hätte viel mit dem Land Hessen zu tun. Darüber ließe sich nun das eine oder andere sagen. Ich komme zum Schluss noch einmal darauf zu sprechen.
Ich will einen Zwischenpunkt noch einmal formulieren, weil ich glaube, dass dieser der gemeinsamen Anstrengung und des gemeinsamen Nachdenkens bedarf. Denn das LOEWE-Programm hat das Problem aller Initialprogramme, die für eine bestimmte Zeit die Finanzierung für bestimmte Projekte organisieren. Sie merken es jedes Mal, wenn die Programme auf das Ende zulaufen: Wir denken Wissenschaft und wissenschaftliche Forschung in zu kurzen Zeiträumen. Das, was wir an Initialzündung anbieten – das ist überhaupt kein Vorwurf gegen die Hessische Landesregierung, sondern gegen diese Art von Programmen, und das Gleiche gilt für das Bundesprogramm 2020, und das Gleiche gilt für die Exzellenzinitiativen –, produziert Strukturen, die im Prinzip an dem Punkt, wenn sie zum Ende hin laufen, sozusagen andere totmachen müssen, weil das Geld irgendwoher kommen muss, oder aber selbst wieder zu Ende gehen. Ich habe den Eindruck, dass hier die Kurzlebigkeit der Politik und die Langlebigkeit wissenschaftlicher Forschung in einem Missverhältnis stehen. Ich finde schon, dass man, wenn man über LOEWE redet, darüber reden muss, ob wir in der Programmstruktur – das gilt, wie gesagt, auch für die Bundesprogramme – nicht strukturelle Fehler machen, die der Wissenschaft eher schaden als nutzen.
Der zweite Punkt ist – auch das ist eine Frage für eine Landesregierung, die sich Hochschulautonomie auf die Fahnen geschrieben hat –, wie sie sozusagen in der Steuerungsstruktur damit umgeht. Ja, in der Tat, die Hochschulen stellen Anträge. Das heißt, sie überlegen sich selbst, wo sie forschen wollen. Aber gleichzeitig bedeutet das, da das nicht ohne Universitätsmittel, ohne Universitätsausstattung und ohne Universitätsräume geht, dass sie ihre eigenen Forschungsanstrengungen ein Stück zurückfahren müssen, um die LOEWE-Initiativen tragen zu können. Die spannende Frage ist, ob das eine kluge Entscheidung ist oder ob wir nicht das, was wir im Prinzip brauchen, nämlich die Vereinbarung von Lehre und Forschung in der Hochschule
und in der Hochschulausbildung, dadurch eher schwächen als stärken. Das ist ein Punkt, der bei LOEWE leicht und der bei den Bundes-Exzellenzinitiativen noch sehr viel stärker auftritt, dass im Prinzip dem normalen Forschungsund Lehrbetrieb und seiner Integration eher Schaden zugefügt wird.
Der allerletzte Punkt ist der, der hier immer zu wilden Aufschreien führt – ich vermute, aus Trauer. Das ist die Tatsache, dass Sie alle der Illusion unterliegen, das, was in Hessen passiert, sei außergewöhnlich. Um es ganz simpel zu sagen: Wir sind in einer Situation, dass die Forschungsmittel aller Länder für Hochschulen zusammen so strukturiert sind, dass Hessen dort auf Platz 6 liegt. Da habe ich schon die ganz armen Länder, also Sachsen-Anhalt – davon hatten wir es heute Morgen schon einmal –, MecklenburgVorpommern und andere mit eingeschlossen. Würden wir die Forschungsmittel aller Länder nach der Wirtschaftskraft oder – das ist mir völlig egal – nach Haushaltsausgaben oder -einnahmen berechnen, kämen wir auf Platz 11 von 16. Ich sage das deswegen so deutlich, weil das das Problem dieses Programms auf einen Punkt bringt. Es gibt real nicht überdurchschnittlich viele Mittel, aber sie werden aus der Grundfinanzierung herausgezogen. Denn die Grundfinanzierung in Hessen ist deutlich zu niedrig, und die Mittel werden in Sonderprogramme gesteckt. Die Frage ist, ob das für die Entwicklung der Hochschulen und für die langfristige Struktur der Hochschulen etwas Vernünftiges ist.
Die Gesamtwertung ist leider, allen Warnungen zum Trotz: Das Land Hessen ist und bleibt das, was es in allen Politikbereichen ist, nämlich Mittelmaß. Tut mir leid.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Ursula, genau nach dem Beitrag der Ministerin war es mir noch einmal ganz wichtig, dass wir einfach die Spielregeln, die wir uns selbst setzen, akzeptieren und nicht so tun, als ginge es anders. Wir haben die Situation, eine Partei ist in Berlin in einer Koalition, die andere ist in Hessen in einer Koalition, und beide wollen das Verbandsklagerecht. Ich finde es gut, wie die Ministerin auftritt und sagt: Ich will das, aber ich bin in einer Koalition gebunden.
Was ich nicht gut finde, ist, zu sagen: Na ja, wenn ihr auf der einen Seite gebunden seid, dann müsst ihr da antreten, und hier dürft ihr es nicht machen. – Andersherum wird ein Schuh daraus. Wir leben davon, in öffentlicher Debatte dafür zu sorgen, dass politische Positionen breiter werden. Dafür würde es schon helfen, wenn ihr jenseits der Koalitionsdebatte – wie es die Ministerin gerade gemacht hat – sagt: Leute, wir sind gebunden, aber wir finden es richtig. – Das wäre eine bessere Idee gewesen, als das Spiel Berlin gegen Hessen zu spielen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Antrag gelesen habe, war ich hin- und hergerissen; denn das Erste, was mir einfiel war: „Na endlich!“ Der Antrag beachtet nämlich die Kontinuität in der Regierungsarbeit. Mein zweiter Gedanke war: Haben die GRÜNEN vielleicht doch mehr durchgesetzt, als ich gedacht habe? – Das beträfe sozusagen die Diskontinuität zwischen der früheren und der jetzigen Koalition.
Warum ich „Na endlich!“ gedacht habe, will ich an einem simplen Beispiel darstellen. Mein Kollege Michael Siebel war vor mir hochschulpolitischer Sprecher unserer Fraktion und hat die Anfänge des LOEWE-Programms begleitet. Er hat damals vehement eine eigene Förderungslinie für die damaligen Fachhochschulen, also für die heutigen Hochschulen für angewandte Wissenschaften, gefordert. Insofern: Na endlich, seit einiger Zeit ist es gut.
Es gibt da aber noch ein paar kleine Probleme, denn Sonntagsreden sind tückisch: Die Aussagen verblassen manchmal im Alltag. Wer Forschung an Hochschulen für angewandte Wissenschaften haben will, der sollte nicht nur darüber reden, der sollte keine kleinen Budgets zur Verfügung stellen, sondern überlegen, wie das funktioniert. Dabei reicht es nicht, das Promotionsrecht zu gewähren oder ein kooperatives Promotionsrecht einzuführen. Die Frage ist vielmehr: Gibt es dort überhaupt einen forschungsgemäßen Mittelbau? Forschung ist nämlich kein Einpersonenunternehmen, bei dem ein genialer Professor mit seinen Studierenden etwas erforscht, sondern sie bedarf einer ziemlichen komplexen Struktur. All das haben die Fachhochschulen nicht.
Eine weitere Frage: Wir muten den an den Fachhochschulen Lehrenden sehr hohe Stundendeputate zu. Was bedeutet das für die Forschung? Auch das ist eine unbeantwortete Frage. Wir geben im Hessischen Landtag zwar schöne Erklärungen ab, aber die Detailfragen, wie die Hochschulen das organisieren sollen, werden hier nicht debattiert. Mit den Problemen müssen die Hochschulen im Rahmen ihrer Autonomie fertig werden. Aber: Geld allein reicht hier nicht.
Damit mein Beitrag nicht zu bissig wird: Es ist wirklich ein Fortschritt erzielt worden, aber er kommt aus einem ganz zentralen Grund zu spät. Das Land Hessen hat, wie wir alle wissen, bei den Ausgaben pro Studierenden einen Platz im Mittelfeld der deutschen Hochschullandschaft. Wir haben es zum Teil verpennt, bei den Studienplätzen, die wir in Hessen haben, eine vernünftige Steuerung zu betreiben. Lieber Herr Kollege May, das will ich gar nicht den GRÜNEN zum Vorwurf machen; das haben vergangene Landesregierungen versäumt. Die Landesregierungen anderer Länder haben sich darüber Gedanken gemacht, wie das Hochschulsystem, das tertiäre System insgesamt aussehen soll, und haben, als sich große Studierendenzahlen aufbauten, sehr bewusst einen Schwerpunkt auf die damaligen Fachhochschulen, die heutigen Hochschulen für angewandte Wissenschaften, gelegt. Hessen hat das den Universitäten und Hochschulen überlassen – mit dem Ergebnis, dass es nun ein etwas teureres System hat, weil der Zuwachs an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften zwar groß, an den Universitäten aber ein deutliches Stück größer ist. Das ist bekanntermaßen die teurere Variante.
Die zweite Frage, wie sich die Studierenden über das Land verteilen, wird ebenfalls eher dem Zufall überlassen. An die spannende Frage, welche Verantwortung wir als Hessischer Landtag haben, welche Verantwortung die Landesregierung hat, möchte ich wiederholt eine weitere Frage anschließen: Ist die Hochschulentwicklung, ist die Entwicklung von Bildung nicht ein Teil der Landesentwicklung, sodass die Beteiligung der Regionen und die Auswirkungen auf die Regionen etwas genauer betrachtet werden müssten? Auch da haben wir, glaube ich, eine ganze Menge an Defiziten; denn im Moment wird die Hochschulentwicklungsplanung von den Hochschulen selbst gemacht. Das ist nichts, was das Land macht. Wir warten ja noch immer auf eine vernünftige Vorlage, in der das alles zusammengefasst wird, damit wir darüber auch im Landtag diskutieren können.
Ich stimme den Kollegen in der Frage zu, dass wir eine Debatte mit dem Bund über die Verstetigung der Mittel im Hochschulpakt 2020 haben werden. Ich würde an der Stelle das Problem bestimmter Förderungsstrukturen aber gerne einmal genau beschreiben. Die Idee, Anstoßprogramme mit einem großen Volumen aufzulegen und sich darauf zu verlassen, dass nach dem Auslaufen der Programme irgendwer schon dafür sorgen wird, dass es nicht wieder in den Keller geht, ist tendenziell gescheitert. Sowohl für den Hochschulpakt 2020 als auch für die Exzellenzinitiative gilt, dass zwar Geld mobilisiert wird, das eine im Prinzip wohltätige Wirkung hat, dass die Hochschulen die Programme aber nach ihrem Auslaufen, wenn sie quasi in den Normalbetrieb der Hochschulen integriert werden müssten, weil die Hochschulen auf das Geld angewiesen sind, an die Wand fahren lassen, wie Sie es präzise beschrieben haben. Das heißt, wir haben in Deutschland immer noch das Problem der Unterfinanzierung des Bildungssektors und des Hochschulsektors. Ich glaube, es ist gemeinsamer Anstrengungen wert, über diese Unterfinanzierung weiter zu streiten.
Ich komme zum nächsten Punkt, der die Gewichte ein kleines bisschen kritischer setzt. Das ist überhaupt nicht auf eine Partei oder auf die Auseinandersetzung „Landesregie
rung versus Opposition“ zugespitzt. Die Frage ist vielmehr: Nehmen wir unsere Reden wirklich ernst? Wir haben zwar die große Zahl an Studierenden „bewältigt“, aber wenn Sie sich einmal anschauen, wie viele Leute die Last der Ausbildung tragen, wie gering die Professorinnen- und Professorendichte an Hochschulen und Universitäten ist, dann wissen Sie, dass die Qualität der Ausbildung auf Überlast gefahren wird. Das verlangt strukturell eigentlich danach, dass alle Bundesländer etwas dafür tun, dass wir mehr Menschen gewinnen, die als Professorinnen und Professoren an Hochschulen arbeiten. Das ist eine Auseinandersetzung, in der wir in Prioritätendebatten oder in Schuldenbremsendebatten geraten – was auch immer.
Aber wenn wir unsere Beiträge in den Sonntagsreden ernst nehmen, nämlich dass Bildung eines der zentralen Ziele deutscher Politik ist, stellen wir fest, dass wir mit diesem Punkt noch nicht fertig sind. Es reicht nicht, die Ruhmestaten der Vergangenheit immer wieder vorzutragen, sondern es ist nötig, darüber zu reden, wie wir es hinbekommen, gemeinsam so viel zu mobilisieren, dass wir in Deutschland eine Hochschulbildung auf der Qualitätsstufe zumindest einer mittleren ausländischen Universität erreichen. Die Spitzenuniversitäten sind nicht mein Punkt, weil diese Sonderfinanzierungsregeln haben, die mit unseren Regelungen nicht vergleichbar sind.
Dazu gehört auch, zu fragen: Wie sieht das Ausbildungssystem insgesamt aus? Wie wird das Gleichgewicht zwischen dualer Ausbildung, Ausbildung an Fachhochschulen bzw. Hochschule für angewandte Wissenschaften und Universitäten gewahrt? Auch dort gibt es eine Reihe von Debatten, um die wir uns herumdrücken.
Die Frage ist: Was gehört eigentlich in die Ausbildung? Wo übernehmen Hochschulen für angewandte Wissenschaften bereits Aufgaben, die eigentlich in die duale Ausbildung gehören, die aber von den Unternehmen längst nicht mehr wahrgenommen werden? Das ist einer politischen Debatte wert; davon gibt es eine ganze Reihe.
Andersherum stellt sich die Frage, welche heutigen Ausbildungsberufe aus Gründen der Qualifikation an Hochschulen für angewandte Wissenschaften gehören. Sie kennen das Problem, das wir bei bestimmten Pflege- und Betreuungsberufen haben: Es geht um die Frage der Diagnostik. Ich sage es einmal ganz flapsig: Das Bildungssystem in einem Land, das es schafft, 7 Millionen funktionale Analphabeten zu produzieren, ist gescheitert.
Ich glaube, auch da haben wir Nachholbedarf. Die Kriterien sind für uns klar. Bei der Frage der Durchlässigkeit bin ich Ihrer Meinung. Ein Kriterium wäre der Einstieg für Menschen, die sozusagen nicht den goldenen Weg zum Universitätsabschluss haben, und ein weiteres Kriterium wäre, keine Abschlüsse erster und zweiter Ordnung zu haben. Das war dieser Punkt.
Es ist nicht so, dass wir uns zu der Frage der Promotion nicht geäußert haben, sondern wir haben unsere Befürchtung geäußert, dass es wieder eine Konstellation gibt, wie wir sie bei den graduierten Ingenieuren z. B. schon hatten: Abschlüsse erster und zweiter Ordnung. Es gibt gute Gründe, darüber nachzudenken, das so abzusichern, dass das nicht mehr passiert.