Vielen Dank, Frau Kollegin Wolff. – Als nächster Redner spricht Kollege Schalauske, Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der Debatte ist darauf hingewiesen worden, man braucht mehr finanzielle Mittel für die Bildung. Daher würde ich dem Kollegen Grumbach deutlich recht geben. Wir müssen aus grundsätzlichen, aber auch aus volkswirtschaftlichen Erwägungen auf allen Ebenen in unserem Land viel mehr in Bildung investieren. Wir brauchen aber auch dringend mehr Geld für die Hochschulen. Wir brauchen eine bessere Grundfinanzierung. Wir brauchen mehr Planungssicherheit für die Menschen, die in den Hochschulen arbeiten. Wir brauchen mehr Kapazitäten, um die noch immer steigende Zahl der Studierenden bewältigen zu können.
Dafür braucht es mehr finanzielle Mittel für die Hochschulen. Das sagen nicht wir; das sagen die Studierenden
vertretungen, die Gewerkschaften und Personalräte. Das sagen aber auch die Professorinnen und Professoren sowie die Hochschulpräsidien. Denn der Anstieg der Drittmittelbeiträge ist problematisch. Ich will aber im Nachgang der Debatte, die wir vorhin geführt haben, nicht mehr problematisieren, welche Schwierigkeiten es gibt, wenn man sich auf Drittmittelfinanzierungen verlässt.
Wir hatten eine Diskussion zur Wissenschaftsfreiheit. Ich halte es immer für höchst problematisch, wenn Dritte mithilfe von finanziellen Mitteln Einfluss auf die Ziele und Ergebnisse von Wissenschaft und Forschung nehmen können. Dabei bleibe ich. Der Anteil der Drittmittelbeiträge ist enorm gestiegen. Er hat das Wachstum der Grundfinanzierungsbeiträge längst abgehängt. Welche Folgen es hat, wenn Hochschulen durch eine strukturelle Unterfinanzierung abhängig gemacht werden, habe ich eben versucht darzustellen. Wir können beobachten, dass die infrastrukturellen Einrichtungen an unseren Hochschulen darunter leiden, dass notwendige langfristige Investitionen in den Bildungsbereich, in Forschungsgeräte, Lehrmaterialien und in viele andere Bereiche, ausbleiben.
Wenn man mit Vertreterinnen und Vertretern der Hochschulen spricht, dann ist es für viele spürbar, dass sich durch die steigende Zahl der Studierenden auch die Arbeitsbedingungen an den Hochschulen erheblich verschlechtert haben. Das heißt, was wir dringend brauchen, ist eine höhere langfristige öffentliche Grundfinanzierung für die Hochschulen. Dabei ist klar – damit will ich denjenigen Rednerinnen und Rednern recht geben, die das deutlich gemacht haben –, dass der Bund als Geldgeber hierbei eine wesentliche Rolle spielt. Deswegen ist es gut, dass die Landesregierung den Hochschulpakt nicht nur fortsetzt, sondern in einer dauerhaften Kooperation mit dem Bund verstetigen will. Wir würden da auch noch weiter gehen. Wir wollen daher langfristig auf die vollständige Aufhebung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Land hinarbeiten.
Damit das aber die Kollegen von der FDP nicht gleich falsch verstehen, die sich hier sehr für die Verantwortung der Länder starkgemacht haben, sage ich auch: Wir glauben, dass dies die Länder nicht aus der Verantwortung entbindet. Die Länder sind weiterhin dafür zuständig, das Land Hessen ist dafür weiterhin zuständig, dass es in Hessen eine gut ausgestattete Wissenschaftslandschaft gibt, dass alle Studieninteressierten einen Studienplatz bekommen – das betrifft den Bachelor ebenso wie den Master – und dass in den Hochschulen eine Atmosphäre herrscht, in der die freie Entfaltung der Studierenden und Erkenntnis durch unabhängiges wissenschaftliches Forschen und Lehren möglich sind.
Was fordern wir also? – Wir fordern mehr Grundfinanzierung für die Hochschulen durch die Länder. Wir fordern mehr Finanzierung durch den Bund im Rahmen des Hochschulpakts; und wir fordern mehr langfristige Planungssicherheit für die Hochschulen statt der leidigen Projektitis. Nur so kann eine stabile strukturelle Grundlage für eine Wissenschaftslandschaft geschaffen werden, in der ein von mir beschriebenes Forschen und erkenntnisorientiertes Studieren möglich sind.
Die Verstetigung des Bund-Länder-Hochschulpakts ist deshalb der richtige Weg, sofern er finanziell auch gut ausgestattet wird. Bisher war der Hochschulpakt unterfinanziert. Wir brauchen deshalb einen Hochschulpakt, der sich nicht nur strukturell, sondern auch finanziell deutlich ver
stetigt. Wenn Sie in Ihrem Antrag schreiben, dass sich die Studierendenzahlen in den nächsten Jahren nicht verringern werden, dann ist doch im Umkehrschluss völlig klar, dass die Mittel für die Hochschulen massiv erhöht werden müssen, meine Damen und Herren.
Deswegen brauchen wir keinen Hochschulpakt, der in seiner Mittelhöhe stagniert. Nötig wäre eigentlich ein Hochschulpakt, der mit der Mittelverdopplung mitzieht, welche die Drittmittelbeiträge an den deutschen Hochschulen innerhalb der letzten zehn Jahre hingelegt haben, eben weil sich der Staat auch ein Stück weit aus seiner Verantwortung gezogen hat. Wir brauchen also einen Hochschulpakt, der mit dieser Verdopplung mithält, in diesem Falle mit öffentlichen Mitteln.
Ich komme zum Schluss. – Was wir nicht brauchen, ist eine Untertunnelung des Studierendenberges. Wir brauchen eine ausreichende Finanzierung langfristig steigender Studierendenzahlen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Schalauske. – Für die Landesregierung spricht nun Staatsminister Rhein. Bitte schön, Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, man kann schon sagen – das ist auch in der Debatte sehr deutlich geworden –: Der Hochschulpakt 2020 ist in der Wissenschaftslandschaft und in der deutschen Wissenschaftspolitik ein echter Erfolg gewesen. Er ist es nach wie vor, ich glaube, das kann man sagen, wenn man sich einmal anschaut, was in der Zwischenzeit geschehen ist. Das kann man auch im Hinblick darauf sagen, wie schnell durch den Bund und die Länder gehandelt worden ist. Das gilt insbesondere, wenn man sich anschaut, mit welch hohem Engagement insbesondere die Hochschulen mit dem Studierendenaufwuchs – das ist ein furchtbar technisches Wort; ich verwende es trotzdem – umgegangen sind. Das ist insbesondere eine große Leistung der Hochschulen. Davor, wie das geschultert worden ist, habe ich wirklich riesigen Respekt.
Ich will mich bei dieser Debatte vielleicht ein bisschen darauf beschränken, nur nüchternes Zahlenwerk zu referieren. Fakt ist, wenn man sich das einmal anschaut: Ab 2008 sind die Studienanfängerzahlen wirklich durch die Decke gegangen. 2009 wurden bundesweit erstmals deutlich mehr als 400.000 Studienanfängerinnen und -anfänger gezählt. 2011 waren es erstmals mehr als 500.000. Dazu kommt natürlich der Einmaleffekt der Aussetzung der Wehrpflicht. Aber seither ist die Marke von 500.000 noch übertroffen
worden. Mit dem Hochschulpakt 2020 stand ein Instrument zur Verfügung – auch das sollte man an einer solchen Stelle hin und wieder einmal hervorheben –, das uns und die Hochschulen in die Lage versetzt hat, diese Herausforderungen sehr kompetent zu bewältigen.
Auch sollte man sich vielleicht hin und wieder einmal vergegenwärtigen, wie sich die Dinge am Ende finanziell entwickelt haben. Ursprünglich hatte der Bund für die Periode 2007 bis 2010, einschließlich einer Auslauffinanzierung bis 2013, insgesamt 1,1 Milliarden € veranschlagt – davon 75 Millionen € für Hessen. Real hat der Bund in diesem Zeitraum fast 4,2 Milliarden € aufgewandt. Seit 2012 zahlt er in jedem Jahr mindestens so viel, wie ursprünglich für den Pakt geplant war. 2016 und 2017 ist es sogar doppelt so viel gewesen. Herr Schalauske, aber eines sollte man bei alldem nicht vergessen: Das ist kein warmer Geldregen aus Berlin oder sonst woher gewesen, sondern das Gleiche, was ich eben referiert habe, gilt natürlich für die Länder.
Frau Wissler, „mindestens“, weil sie ja noch ihre eigenen Hochschulpakte abgeschlossen haben; 9 Milliarden € für die Jahre 2016 bis 2020, wie Sie wissen. – So viel zum Thema Unterfinanzierung. Ich halte das für eine Schimäre. Das ist ein Hochschulpakt mit dem größten Umfang, der jemals für Hessen vereinbart worden ist. Ich glaube, das sollten wir bei den Debatten vielleicht nicht ganz ausblenden.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Die Mittel pro Student!)
Dann kam die dritte Verwaltungsvereinbarung vom 11.12.2014, das ist die aktuelle – es ist, wie gesagt, ein bisschen technisch, was ich Ihnen heute vortrage –, die nach dem Willen des Bundes, und jetzt kommt das Problem, eine abschließende Regelung sein soll. Sie schließt eine Auslauffinanzierung für 2021 bis 2023 ein, und danach sind im Jahre 2020 seitens des Bundes – jetzt kommen wir zu dem Punkt, den der Abg. Hahn vorgetragen hat; über die Zahlen müssen wir vielleicht noch einmal bilateral reden, weil ich glaube, dass ein Missverständnis vorliegt; aber das müssen wir vielleicht noch einmal miteinander klären – noch einmal über 1,7 Milliarden € aufzuwenden. Davon entfallen 123 Millionen € auf Hessen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Anfängerzahlen der KMK-Vorausberechnung erreicht werden. Das wissen wir wahrscheinlich Anfang 2018, weil dann hierzu ein Soll-IstVergleich stattfindet.
Insgesamt stehen planmäßig während der Laufzeit des aktuellen Hessischen Hochschulpaktes rund 1,5 Milliarden € zur Verfügung; das bedeutet durchschnittlich 300 Millionen € pro Jahr. Allerdings gilt hier das, was von Herrn Hahn gesagt worden ist: Die Jahresraten sind abnehmend. Zunächst standen aufgrund von Nachzahlungen aus der Vorperiode mehr Mittel zur Verfügung.
Jetzt komme ich zu dem, was alle gesagt haben. Ich bin sehr dankbar, dass Sie das so einmütig sehen, weil das auch ein wichtiges Signal nach Berlin ist. Allen Wissenschaftspolitikern ist doch klar, dass die aktuelle Mittelausstattung der staatlichen Hochschulen nicht reduziert werden kann. Deswegen ist eine Entscheidung über die Verstetigung der Mittel des Hochschulpaktes 2020 dringend erforderlich und muss möglichst bald, allerspätestens kurz nach der Bundestagswahl, getroffen werden.
Insoweit können wir den Bund nur dazu auffordern – da bin ich sehr dankbar, dass dieses einmütige Signal von Hessen ausgeht –, eine sinnvolle Regelung, eine sinnvolle Anwendung der Möglichkeiten von Art. 91b vorzunehmen. Das ist das, was ich im Übrigen bereits bei den Verhandlungen über die Exzellenzinitiative der Bundesministerin vorgetragen habe. Hier wäre der Art. 91b wirklich sinnvoll anzuwenden. Deswegen bin ich dankbar, dass wir in Hessen, und zwar sehr einmütig, den Bund auffordern, bei den Verhandlungen im Zusammenhang mit den Mitteln des Hochschulpaktes 2020 zum Art. 91b endlich eine konstruktivere Position zu beziehen. Danke für dieses Signal, es wird uns in den Verhandlungen immens helfen. – Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Minister Rhein, für Ihre Ausführungen. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache abgeschlossen.
Der Antrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN betreffend Verstetigung des Bund-LänderHochschulpaktes 2020 soll an den Ausschuss für Wissenschaft und Kunst überwiesen werden. – Keiner dagegen, dann machen wir das so.
Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE und der Abg. Öztürk (fraktionslos) betreffend nach schwerem Anschlag in Kabul muss die für heute geplante Sammelabschiebung nach Afghanistan gestoppt werden – Drucks. 19/4950 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend ausreisepflichtige Asylbewerber aus Afghanistan – Drucks. 19/4955 –
Meine Damen und Herren, wir hatten uns einmal vereinbart, wenn eine Rednerin oder ein Redner zum Pult geht, dass wir uns mit unseren liebenswürdigen Kommentaren zurückhalten. Darum würde ich bitten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute Morgen ereignete sich in Kabul ein verheerender Bombenanschlag,
bei dem 80 Menschen starben und über 300 verletzt wurden. Wir gedenken der Opfer und sprechen den Angehörigen und den Verletzten unsere Anteilnahme aus.
Dieser Anschlag zeigt einmal mehr: Afghanistan ist nicht sicher, nirgendwo, auch nicht in Kabul, wohin heute Abend der nächste Abschiebeflug starten sollte. Deshalb fordern wir eine Neubewertung der Sicherheitslage in Afghanistan, eine realistische Bewertung, und wir fordern einen sofortigen und generellen Abschiebestopp.
Es ist ein richtiger Schritt, dass die für heute geplante Sammelabschiebung nach Kabul nicht stattfindet. Bundesinnenminister de Maizière hat erklärt, man wolle die Abschiebung schnellstmöglich nachholen; deshalb hat sich unser Antrag auch nicht erledigt. Auch die Begründung für die Absage des Fluges ist wieder einmal zynisch. Die Abschiebung finde mit Rücksicht auf die Mitarbeiter der Deutschen Botschaft nicht statt, nicht etwa wegen der Afghanen, die im Flieger sitzen und Todesangst haben.
Die Sicherheitslage in Afghanistan ist heute nicht anders als morgen oder nächste Woche. Afghanistan ist nächste Woche nicht sicher. Es gilt als das viertgefährlichste Land der Welt. Es herrscht Krieg, und es können jederzeit und überall Anschläge passieren, auch in Kabul, das laut Bundesregierung zu den relativ sicheren Zonen gehört, wohin abgelehnte Asylbewerber zurückgebracht werden könnten.
Im März hatten Angreifer ein Militärkrankenhaus in Kabul gestürmt, mindestens 38 Menschen getötet und mehr als 70 Patienten, Ärzte und Pfleger verletzt. Anfang Mai waren bei einem Sprengstoffanschlag acht Menschen getötet worden.