Gerade junge Menschen profitieren von den europäischen Programmen. So unterstützt – das will ich beispielhaft herausstellen – die Europäische Union den europäischen Jugendaustausch durch das Programm ERASMUS in den nächsten Jahren mit immerhin fast 15 Milliarden €. Ebenso bemüht sich die EU, weil es eine Problematik ist, wenn es in so vielen Mitgliedstaaten der EU hohe Jugendarbeitslosigkeit gibt, Maßnahmen zu unterstützen, um die Jugendarbeitslosigkeit deutlich zu senken. Das ist richtig so. Die jungen Menschen brauchen in der EU eine Perspektive. Die EU kann dazu beitragen.
Unser Bundesland Hessen trägt ebenfalls dazu bei, dass Europa erfahrbar ist. So leisten Begegnungsprojekte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Schul- und Städtepartnerschaften sowie Austauschprogramme von Universitäten und Hochschulen einen wichtigen Beitrag für eine gelebte Toleranz und für die Völkerverständigung. Die Partnerschaften innerhalb von Europa sind von einer besonderen Bedeutung.
Die Begegnungen und das Pflegen des Gemeinsamkeitsgefühls sind für den Zusammenhalt der Europäischen Union absolut wichtig. Tausende Städtepartnerschaften in Europa haben positiv dazu beigetragen. Es sind aktive Partnerschaften, in denen sich die Zivilgesellschaft engagiert. Jugendaustausch und kommunale bzw. regionale Netzwerke tragen bis heute zum Zusammenwachsen Europas und zur Völkerverständigung bei. In diesem Sinn pflegt Hessen seit vielen Jahren gute Beziehungen mit Regionen in Europa.
So bestehen Partnerschaften in Frankreich mit der Region Aquitaine, in Italien mit der Emilia-Romagna, in Polen mit Wielkopolska, in Russland mit der Region Jaroslawl; und in der Türkei besteht eine Partnerschaft mit der Region Bursa. Mit der Vojvodina in Serbien besteht eine Verbundenheit durch die Partnerschaft des Landtags. Von großer Bedeutung ist daher bei allen Partnerschaften der gegenseitige Austausch. Darüber hinaus müssen jedoch die Beziehungen zu allen anderen Staaten, die nicht der EU angehören, von einem partnerschaftlichen Austausch zu beiderseitigem Nutzen geprägt sein.
Wir wollen alle ein sozialeres und ein gerechtes Europa. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Hessen setzt sich für ein soziales und gerechtes Europa ein. Dazu gehört der Schutz der Minderheiten, dazu gehört der Schutz der Menschenrechte, dazu gehören soziale Lebensbedingungen, dazu gehört aber auch der Einsatz für eine humane Flüchtlingspolitik.
Das Mittelmeer ist zu einer Todesfalle für Flüchtlinge geworden. Diese Tragödie kann uns nicht ruhen lassen. Diese Tragödie muss schnellstmöglich beendet werden. Die Europäische Union muss auf die Flüchtlingsproblematik eine humane Antwort geben. Das sage ich auch ganz deutlich: Hier sind alle Mitgliedstaaten gefordert. Sie müssen diese Aufgabe gemeinsam und solidarisch bewältigen.
Ich möchte einen Aspekt ansprechen, der von meinen beiden Vorrednern nicht angesprochen wurde. Das betrifft den gesamten Natur- und Umweltschutz. Hier bedarf es gemeinsamer Anstrengungen innerhalb der Klima-, Naturschutz- und Umweltpolitik der Europäischen Union. Gerade die Natur- und Umweltschutzpolitik der Europäischen Union zeigt, wie wichtig das gemeinsame Handeln für den Bestand unserer Lebensgrundlage ist. Das ist keine Kleinigkeit. Ausdrücklich begrüßen wir die Anstrengungen der Europäischen Union in Form der zahlreichen Initiativen und Maßnahmen.
Viele wissen das nicht – die Frau Staatsministerin hat es eben schon angesprochen –: Gerade beim Natur- und Umweltschutz gehen ca. 80 % der aktuell gültigen Gesetze auf die Europäische Union zurück. All die Regelungen, die auf der Ebene der Europäischen Union beschlossen werden, haben dann auch Auswirkungen vor Ort, letztendlich auch bei uns in Hessen.
Beispielsweise gibt es zur Reinhaltung des Wassers die EU-Wasserrahmenrichtlinie. Sie wurde vorhin schon angesprochen. Es gibt die Umweltverträglichkeitsrichtlinie. Es gibt die Abfallverbringungsverordnung, die dafür sorgt, dass Sondermüll nicht irgendwo hingeschoben wird. Es gibt die EU-Vogelschutzrichtlinie und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Sie wird auch FFH-Richtlinie genannt. Das bedeutet den Erhalt natürlicher Lebensräume und wild lebender Pflanzen und Tiere. Diese Schutzgebiete bilden das europaweite Schutznetz Natura 2000. Es ist notwendig, wenn wir unsere Natur erhalten wollen.
Biodiversität ist ein großes Thema, auch innerhalb der Europäischen Union. Es hat an Bedeutung zugenommen. Der Verlust der Biodiversität und der Artenvielfalt ist innerhalb der Europäischen Union und auch weltweit weiterhin dramatisch. Da muss konsequent mit Maßnahmen entgegengesteuert werden. Daher ist es wichtig, dass die Europäische Union mit der Biodiversitätsstrategie für das Jahr 2020 sowie dem Umweltaktionsprogramm darauf hinwirken will, dass die Voraussetzungen für nachhaltiges Wachstum, den Erhalt der Artenvielfalt, den Schutz des Klimas sowie den Schutz der natürlichen Ressourcen geschaffen werden.
Das ist europaweit notwendig, wenn wir Erfolge erzielen wollen. Wir bekennen uns daher ausdrücklich zu den internationalen und europäischen Vereinbarungen im Naturschutz und deren Umsetzung auf Landesebene. Wir werden daher die Europäische Union mit ihren Bemühungen zum Erhalt der Biodiversität unterstützen.
Wir haben in der Koalitionsvereinbarung gemeinsam mit der CDU festgehalten, dass wir in Hessen die Gefährdungssituation für Arten, die auf der Roten Liste stehen, deutlich senken wollen. Die hessische Biodiversitätsstrategie wird zum Erhalt der biologischen Vielfalt weiterentwickelt und umgesetzt werden. Uns ist der Auftrag, der von der Seite der Europäischen Union für alle Mitgliedstaaten gekommen ist, wichtig und ernst. Wir werden dies angehen.
In der Landwirtschaft haben wir sehr viele Förderprogramme, die wir dazu nutzen können, der Landwirtschaft Bestand zu geben, auf der anderen Seite aber auch, um in der belebten Umwelt Fortschritte zu erreichen. Deshalb wird in der Landwirtschaft der neue Hessische Entwicklungsplan
für die Förderperiode der Europäischen Union in den Jahren 2014 bis 2020 an die festgelegten Anforderungen der EU für die Zukunft z. B. hinsichtlich des Klimawandels, der Biodiversität, des Umweltschutzes und der artgerechten Tierhaltung angepasst werden. Ebenso werden wir den Anteil der Agrarumwelt- und Naturschutzprogramme im Rahmen von ELER in der neuen Förderperiode erhöhen.
Eine wichtige Konsequenz, die ebenfalls von uns vollzogen wird, ist der gentechnikfreie Erhalt der hessischen Land- und Forstwirtschaft. Hessen wird dem Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen beitreten. Das ist, gerade was den Erhalt unserer Biodiversität und unserer Artenvielfalt angeht, ein ganz bedeutender und wichtiger Schritt.
Ich komme jetzt zum Thema Klimaschutz und Energie. Auch da ist die Europäische Union in vielen Bereichen mit vielen guten Programmen und vielen guten Aufschlägen jemand, der uns sagt, wie wir etwas verbessern können. Wir haben in Deutschland dazu sehr viele gute Beiträge. Auf der Ebene der Europäischen Union gibt es sehr viele Aktionsprogramme, die ebenfalls noch vor Ort umgesetzt werden können.
Gemeinsamer Anstrengungen bedarf es, um eine Klimakatastrophe in Europa und in der Welt zu verhindern. Notwendig ist hierfür die Umsetzung ambitionierter Klimaschutz- und Energieeinsparziele auf europäischer Ebene. Wir brauchen einen europaweiten Ausbau der Nutzung der erneuerbaren Energien. Dazu gehören Strom-, Wärme- und Gasnetze sowie Speicherlösungen, die der Energiewende dienen.
Der Einsatz des Frackings, wie wir ihn diskutiert haben, stellt in unseren Augen keinen verantwortbaren Beitrag zur europäischen Energieversorgung dar. Europaweit müssen die Schadstoffemissionen reduziert werden.
Der Lärmschutz muss umgesetzt werden. Das ist für unsere Bevölkerung wichtig. Denn wir wissen: Lärm macht krank. – Gerade da gibt es genügend Ansatzmöglichkeiten, um die Lärmentwicklung deutlich nach unten zu verschieben.
Dazu gehört auch der Ausbau einer umwelt- und klimafreundlichen Mobilität. Das ist europaweit erforderlich.
Ich möchte jetzt zu einem Bereich kommen, der ebenfalls noch keine Erwähnung gefunden hat. Das ist der Tierschutz. Der Tierschutz erhält innerhalb der Europäischen Union einen immer größer werdenden Stellenwert. Ein deutliches Bekenntnis zu einem gemeinsamen europäischen Tierschutz erfolgte durch den am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon. Art. 13 besagt, dass die Union und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung tragen werden. Die Europäische Union ist deshalb gefordert, im Umgang mit den Tieren weitere Fortschritte zu erzielen. Dazu gehört ein Tierschutzaktionsplan.
Es bedarf eines Tierschutzaktionsplans, der Konsequenzen beinhaltet, die tatsächlich dazu führen, dass Verbesserungen erreicht werden.
Die Akzeptanz für die Europäische Union muss uns allen wichtig sein. Entscheidungen sollen möglichst bürgernah fallen. Ich glaube, wir sind uns darin einig, dass nicht alles von der Europäischen Union entschieden werden muss. Natürlich kann vieles vor Ort besser entschieden werden. Aber wir wollen die Europäische Union dann stärken, wenn gemeinsames Handeln notwendig und sinnvoll ist.
Nichts anderes besagt das Prinzip der Subsidiarität. Das ist etwas, was wir im Hessischen Landtag immer wieder diskutieren und zu dem wir immer wieder kritisch hinterfragen, ob diese Regelungen notwendig sind oder ob es Regelungen sind, die wir eigenständig treffen können.
Ein weiteres wichtiges Thema, das ich ebenfalls ansprechen möchte, ist das Problem der Ukraine. Auch hierzu haben wir schon Plenardebatten geführt. Ich möchte feststellen, dass uns gerade die Entwicklung in der Ukraine wirklich Sorge bereitet. Auch hier hat die Europäische Union eine besondere Aufgabe zu erfüllen. Wir sehen wirklich mit großer Sorge den aktuellen Konflikt und begrüßen alle diplomatischen Bemühungen, insbesondere die der Europäischen Union.
Eine friedliche Beilegung des Konflikts ist das gemeinsame Ziel. Das muss auch unser gemeinsames Ziel sein. Alle europäischen Staaten müssen einen Beitrag zu einer friedlichen und nachhaltigen Entwicklung nach innen und nach außen leisten. Was wir brauchen und wofür es sich lohnt, sich einzusetzen, ist ein friedliches, nachhaltiges und bürgernahes Europa.
Lassen Sie uns gemeinsam das einzigartige Erfolgsprojekt europäische Einigung weiterentwickeln. Treten wir für Europa ein. Zeigen wir die Erfolge innerhalb der Europäischen Union. Mischen wir uns ein, wenn es darum geht, Dinge zu verbessern und Dinge zu verändern.
Machen Sie einen guten Wahlkampf. Bis zum 25. Mai 2014 müssen wir ganz viele Bürgerinnen und Bürger davon überzeugen, dass es sich lohnt, demokratische Entscheidungen auf der Ebene der Europäischen Union durch die Abgabe ihrer Stimme mit zu beeinflussen. – Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Kollegin Hammann, vielen Dank. – Als Nächster erhält Kollege Willi van Ooyen für die Fraktion DIE LINKE das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe bereits als Kind Europa und seine internen Grenzen kennen- und überwinden gelernt. Im zarten Alter von fünf Jahren und später natürlich regelhaft überwanden wir die von unserem Elternhaus nur 3 km entfernte Grenze mit dem Fahrrad, ohne natürlich den Zollbeamten zu begeg
Das betraf Brot, Butter, Zucker, Mehl und Dinge des täglichen Bedarfs, die damals in Holland billiger waren und die wir zollfrei zur Versorgung der größer werdenden Familie – ich bin immerhin der Älteste von sieben Kindern – dringend benötigten. Dazu gehörte auch der Kurzhaarschnitt beim „Kapper“, der dafür nur 50 holländische Cent nahm, während das bei uns schon eine Mark kostete.
In der Volksschule wurde mir dann beigebracht, dass Europa nicht nur die Grenzregion zwischen Nijmegen, Venlo – wo der Familiensitz unserer Familie liegt – und Kleve ausmacht, sondern es wurde gelernt, dass Europa vom Atlantik bis zum Ural reicht. Das habe ich mir gemerkt.
Diese Idee des großen gemeinsamen Europa hat mich geprägt und bildet heute eine wichtige Grundlage für meine politische Arbeit. Gleichzeitig lernte man Sprachen, um sich zu verständigen. Das geht am besten beim Essen und, wie gesagt, beim Einkaufen, später dann auch bei den politischen Auseinandersetzungen. Man kann auch gemeinsam etwas trinken.
Wir haben im Zusammenhang mit der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa über neue Ideen, Grenzen zu überwinden und das gemeinsame Haus Europa einzurichten, viele Debatten und Aktionen durchgeführt – und zwar vom Atlantik bis zum Ural und von Athen bis Helsinki. Deshalb haben wir in den Achtzigerjahren in Florenz, Paris, London, Malmö, Athen und Istanbul über gemeinsame soziale Standards bei den europäischen Sozialforen debattiert.
Wir wollten anknüpfen an die Ideen der Französischen Revolution, der Egalité, Liberté und Fraternité, an die Ideen des „Kommunistischen Manifests“ von 1848, in dem Marx und Engels formulieren: „Ein Gespenst geht um in Europa, das Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dieses Gespenst verbündet, der Papst und der Zar, Metternich und Guizot, französische Radikale und deutsche Polizisten.“
„Die Arbeiter haben kein Vaterland. Man kann ihnen nicht nehmen, was sie nicht haben“, so Marx und Engels im „Kommunistischen Manifest“.
Wir, DIE LINKE, stehen in der Tradition dieser Arbeiterbewegung, die ein friedliches und solidarisches Europa will und dafür gekämpft hat. Daran werden wir anknüpfen, wenn wir die Veranstaltungen zum 100. Jahrestag des Ersten Weltkrieges gestalten.
Ich will daran erinnern, dass es vor Beginn des Ersten Weltkrieges vor allem Rosa Luxemburg war, die in Frankfurt aufgetreten ist und diese Position noch einmal deutlich gemacht hat. Wir verdanken den Bericht übrigens einem Polizeispitzel, der das alles aufgeschrieben hat, was Rosa Luxemburg als Delegierte der Frankfurter SPD im September 1913 im heutigen Frankfurt-Bockenheim in einer bekannten Rede formuliert hat. Für diese Rede musste sie ein Jahr im Gefängnis sitzen. Sie redete über die Beschlüsse des Treffens von 1912 in Basel. Dort traf sich die II. Internationale, als die SPD wahrscheinlich noch sozialdemokra
tischer war, und formulierte: „Droht der Ausbruch eines Krieges, so sind die arbeitenden Klassen und deren parlamentarische Vertretungen in den beteiligten Ländern verpflichtet, den Ausbruch des Krieges zu verhindern.“