Diese Formulierung, Herr Kollege Rudolph, findet sich im gesamten Abschlussbericht des Bundestages nicht ein einziges Mal. Das ist unseriös.
(Beifall bei der CDU – Hermann Schaus (DIE LIN- KE): Da steht „erheblich beeinträchtigt“! Ich habe es vorgelesen!)
Entschuldigung, ich habe gesagt: „erheblich behindert“. Das ist eben nicht da drin zu finden. Herr Kollege Schaus, ich kann wahrscheinlich besser lesen.
(Lachen und Zurufe von der LINKEN und der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten – Manfred Pentz (CDU): Hört doch mal zu!)
Sie orientieren sich – das zeigt auch die Debatte – nicht an den Fakten. Sie folgen nur Ihrem Populismus.
Erstens. Ihren Vorwurf leiten Sie aus einer Passage des Abschlussberichts des Bundestags-Untersuchungsausschusses ab, die sich auf ein einzelnes Aktenstück bezieht.
Zweitens. Sie zitieren bewusst falsch. Der Bundestags-Untersuchungsausschuss spricht aus seiner Sicht von „erheblich beeinträchtigt“, Sie sprechen von „erheblich behindert“. Das habe ich bereits gesagt. Ich sage noch einmal: Es geht um ein einziges Blatt.
Nebenbei bemerkt: So selbstbewusst sollten wir in Hessen auch sein. Wenn wir die Empfindsamkeit, die der Bundestag hier an den Tag legt, als Maßstab nehmen würden, müssten wir uns durch den Bundestags-Untersuchungsausschuss mindestens massivst und nachhaltig in unserer Arbeit beeinträchtigt sehen.
Der Bundestags-Untersuchungsausschuss hat uns über Monate und gar Jahre mit der Übersendung seiner Vernehmungsprotokolle hingehalten. Er wiederum erwartet mitunter in Zweitagesfrist Rückmeldung. Vor wichtigen Vernehmungen in Hessen musste unser Vorsitzender mehrfach beim Bundestag die Übersendung von Protokollen anmahnen.
Da ging es um mehrere Hundert Seiten, die teilweise erst nach mehrfachem Intervenieren und dann erst einen Werktag vor wichtigen Vernehmungen zur Verfügung gestellt wurden.
(Zurufe der Abg. Hermann Schaus und Janine Wiss- ler (DIE LINKE) – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Drittens. Der von Ihnen falsch dargestellte Vorwurf des Bundestages ist auch inhaltlich nachweislich falsch. Der Berliner Untersuchungsausschuss stellt fest, dass das betreffende Schriftstück, eine Mail, lediglich aus den Medien festzustellen sei. Das ist nachweislich falsch.
Wir haben unsere Protokolle aufgrund unseres Beschlusses jeweils zur Verfügung gestellt, und das sofort nach der entsprechenden Sanktionierung.
Aber nicht nur falsch, sondern jeglicher Grundlage entbehrend ist die Äußerung von Ihrer Kollegin im Bundestag, Frau Högl, die als ehemalige SPD-Obfrau im ersten Untersuchungsausschuss in einem Radiointerview behauptet, der damalige Innenminister Bouffier habe durch die Sperrerklärung die Vernehmung des Verfassungsschützers Temme verhindert. Hier wird bewusst die Unwahrheit gesagt.
Der Verfassungsschützer Temme wurde mehrfach vernommen. Seine Dienst- und Wohnräume wurden durchsucht. Seine Telefone wurden abgehört.
Das sind die Fakten. Aber Ihre Genossin Högl, Obfrau im ersten Bundestags-Untersuchungsausschuss, macht mit dieser Aussage nicht einen Versprecher, sondern eine bewusste Falschbehauptung, und dies rein zufällig am Tag der Vernehmung von Volker Bouffier.
Das ist unseriös, populistisch und unwürdig. Sie sind eben in der postfaktischen Welt angekommen, ebenso wie der postfaktische Zug Ihres Kanzlerkandidaten Schulz.
Daher – und damit möchte ich schließen, Herr Präsident – war die Entscheidung richtig, die Quellen indirekt zu vernehmen und nicht direkt vernehmen zu lassen. Denn im
Jahr der Fußballweltmeisterschaft galt es, diese Gesellschaft vor islamistischem Terror zu schützen.
(Zurufe der Abg. Günter Rudolph und Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) – Wortmeldung des Abg. Günter Rudolph (SPD))
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob die Tonlage diesem Thema angemessen ist.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Günter Rudolph (SPD): Das sagen die Richtigen!)
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Tonlage diesem Thema angemessen ist. Die Untersuchungsausschüsse der Länder und des Bundes im Zusammenhang mit der Aufklärung des NSU-Komplexes leisten eine überaus wichtige Arbeit und eine herausragende Arbeit. Für alle, die an dieser Aufklärung mitarbeiten, sollte diese Arbeit oberste Priorität haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Diese Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds hat unser Land zutiefst erschüttert. Wir hätten uns alle nicht vorstellen können, dass eine rechtsterroristische Mörderbande durch unser Land zieht und zehn Menschen brutal hinmordet. Diese schrecklichen Taten, aber auch die Fehler und das Versagen bei der Arbeit der Staatsanwaltschaften, der Sicherheitsbehörden und des Verfassungsschutzes müssen aus unserer Sicht lückenlos aufgeklärt werden. Daran gibt es keinen Zweifel. Daran kann es keinen Zweifel geben.
Wir sind es den Opfern schuldig, dass alle Behörden, die in diesem Zusammenhang arbeiten, die Untersuchungsausschüsse unterstützen. Das ist der Auftrag, den alle haben. Akten müssen vollständig geliefert werden, Zeugen und Mitarbeiter der Behörden müssen über ihre Arbeit und über die damaligen Ermittlungen vor den Untersuchungsausschüssen vollständig und lückenlos aufklären. Alles muss auf den Tisch. Daran kann es doch keinen Zweifel geben. Deswegen finde ich, dass man diese Debatte in einer sachbezogenen Art und Weise führen sollte, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wenn die sogenannte Pilling-Mail ohne Abzeichnung von Temme, also ohne Paraphe, an den Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages geliefert wurde, ist das ein Fehler. Darüber brauchen wir, so glaube ich, hier in diesem Zusammenhang nicht zu streiten. Ob man in die
sem Zusammenhang von „erheblicher Beeinträchtigung“ der Aufklärungsarbeit reden kann, da kann man zumindest schon einmal ein Fragezeichen machen.