Protokoll der Sitzung vom 29.06.2017

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Judith Lannert (CDU))

In Darmstadt hat sich ein breites Bündnis aus Politik, Digitalunternehmen, Wirtschaftsverbänden und der Wissenschaft zusammengefunden, das gemeinsam die Digitalisierung gestalten will, unter anderem auch, um den Alltag einer wachsenden Stadt mit knappen Flächenressourcen und hoher Verkehrsdichte besser zu organisieren. Hier kommen die Ziele einer ökologischen und einer digitalisierten Stadtentwicklung beispielhaft zusammen. In Darmstadt wird wirklich an morgen und an übermorgen gedacht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Nicht zuletzt das Land Hessen hat die Bewerbung Darmstadts tatkräftig unterstützt; denn die Digitalisierung ist für diese Landesregierung eine der zentralen Zukunftsaufgaben. Mehrere Ressorts, bis hin zum Wirtschaftsminister und dem Ministerpräsidenten selbst, haben zu diesem Erfolg beigetragen. Oberbürgermeister Partsch hat das am Tag der Verleihung nicht umsonst besonders hervorgehoben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Bis zu 5 Millionen € Landesförderung und die gleiche Summe an EFRE-Mitteln stehen bereit, um Darmstadt auf seinem Weg zu unterstützten. Das ist das richtige Signal; denn die Ernennung Darmstadts zur bundesweiten digitalen Modellstadt fügt sich hervorragend in unsere Strategie „Digitales Hessen – Intelligent. Vernetzt. Für Alle“, die von Minister Al-Wazir im vergangenen Jahr vorgestellt wurde.

Es wird jetzt wahnsinnig spannend, zu beobachten, was sich in unserer Südhessenmetropole tut. Ab Anfang 2018 werden der Verkehrssektor, die Energieversorgung, die Schulen und das Gesundheitswesen mit neuesten digitalen Technologien ausgerüstet. Die öffentliche Verwaltung soll ein Muster für innovative Onlineanwendungen werden. Das sind sehr ambitionierte Pläne, die die Stadt und Region vor gewaltige Herausforderungen stellen werden; denn es handelt sich hier nicht um den Gewinn eines Preises oder einer Auszeichnung, sodass der Prozess damit quasi an sein Ende käme. Im Gegenteil: Mit dem Erlangen des Titels „Digitale Stadt“ beginnt die Arbeit erst. Die Wissenschaftsstadt Darmstadt weiß das Land, die Landesregierung und sicher auch weite Teile dieses Landtags dabei an ihrer Seite. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Kollege Klose.

Bevor wir weitermachen, begrüße ich auf der Besuchertribüne unseren langjährigen Kollegen Peter Stephan. Lieber Peter, herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Für das Protokoll halte ich fest, dass Frau Kollegin Öztürk an allen drei Tagen der Plenarrunde entschuldigt ist.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist ja ein Riesenverlust! – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LIN- KE): Kommentieren wir jetzt Krankheiten?)

Das Wort hat Kollege Eckert, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Irmer, Gott sei Dank kommentieren wir nicht die Krankheit von Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Unruhe bei der CDU)

Auch wir schließen uns den Glückwünschen nach Darmstadt an, insbesondere an die Kolleginnen und Kollegen der Stadt Darmstadt. Wir haben damit tatsächlich eine große Aufgabe ins Haus bekommen, nicht nur eine Auszeichnung, sondern auch eine Aufgabe – eine Aufgabe für die Zukunft. Kollege Klose hat schon ein paar Takte dazu gesagt. Ich kann auch nachvollziehen, dass wir das heute Morgen hier besprechen müssen, insbesondere da Sie den grünen Oberbürgermeister der Stadt Darmstadt erwähnt haben. Er hat es auch dringend nötig, endlich einmal positive Nachrichten über Darmstadt zu hören – bei dem Finanzchaos der letzten Wochen und Monate.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE) – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Darmstadt ist auch aus unserer Sicht die Kommune, die sich dafür eignet, die Vorstellung von Digitalisierung der Zukunft weiter voranzutreiben. Das liegt in erster Linie an der großen Dichte von Forschungseinrichtungen rund um den gesamten Bereich der Sicherheitsfragen und der Unterstützung aus Wirtschaft und Gesellschaft in Bezug auf die Digitalisierung und den digitalen Fortschritt. All das hat es möglich gemacht, Darmstadt in diesem Wettbewerb als Sieger hervorgehen zu lassen.

Meine Damen und Herren, ich will aber auch sehr deutlich sagen: Ein digitales Darmstadt macht noch lange kein digitales Hessen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Eigentlich ist es traurig, wenn „hessenschau.de“ zu der gesamten Preisverleihung unter anderem auch titeln muss: „Wettbewerb sichert Investitionen“; denn ohne diesen Wettbewerb vermissen wir ja gerade in den Debatten immer wieder das Thema Investitionen in Infrastruktur. Wenn ich Frau Kollegin Wolff gerade sehe, dann will ich sagen: Mich hat schon die eine oder andere Pressemitteilung rund um diese Preisverleihung etwas verwundert, nämlich als die CDU behauptet hat, sie stecke 80 Millionen € dort hinein. Das hat man nachher nachlesen müssen. Wir reden da natürlich über etwas anderes. Es ist sozusagen ein Ammenmärchen, zu behaupten, diese Volumina an Landesmitteln würden dort hineingesteckt. Nein, das Projekt wird getragen von Wirtschaft und Gesellschaft, damit

wir Darmstadt auf dem Weg der Digitalisierung vorantreiben.

Es geht um Investitionen in Infrastruktur, damit das digitale Darmstadt nicht ein Einzelprojekt bleibt, sondern damit wir die Digitalisierung in Hessen vorantreiben können. Es geht nämlich nicht nur darum, die Stadtgesellschaft digital zu gestalten. Es geht darum, die digitale Spaltung von Stadt und Land zu verhindern. Dafür ist auch das Land in Mitverantwortung. Meine Damen und Herren, deswegen geht es darum, nicht nur zu loben, sondern auch zu sehen, welche Hausaufgaben für uns als Land dahinterstehen.

(Beifall bei der SPD)

Es wäre schon ganz hilfreich, wenn der dafür zuständige Minister in unserem Land nicht nur Überschriften produziert, wie etwa „Auf dem Weg in die Gigabit-Gesellschaft“ und Ähnliches mehr, sondern auch auf konkrete Fragen antwortet: Was ist denn neben der Überschrift eigentlich die tatsächliche Strategie des Landes Hessen? Wie soll das organisiert werden? – Ich erinnere an meine Kleine Anfrage, wo der Minister mehr oder weniger darauf antwortet, dass es Hoffen, Bitten, Wünschen und Bangen ist, dass wir das hinbekommen.

Meine Damen und Herren, das ist deutlich zu ambitionslos; denn das Land muss eine eigene Strategie haben und sie auch realisieren und umsetzen. Es darf nicht nur darauf hoffen, dass wir es irgendwie hinbekommen, die Breitbandanbindung in Hessen von 50 auf 300 bis 400 MBit/s zu erhöhen, die wir später brauchen, um Digitalisierung, autonom vernetztes Fahren und Ähnliches mehr wirklich voranzubringen.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt noch viele Themen, die auch unter dem Stichwort Darmstadt angesprochen worden sind. Wir können da auf Know-how aus Hessen zurückgreifen. Ich fand es auch spannend, dass rund um die Preisverleihung an Darmstadt insbesondere auch von anderen Ebenen immer wieder einmal hervorgehobenen wurde, dass es noch weitere Projekte gibt, die wir in einem solchen Modellprojekt organisieren können, und wo es sinnvoll ist, sie digital neu zu gestalten – Stichwort: die berühmte mitdenkende Mülltonne. Barbara Hendricks hat ein paar Takte dazu gesagt. Wenn wir uns anschauen, dass Städte wie Barcelona mit Know-how aus Hessen – namentlich, das sei mir gestattet, aus Limburg – da schon sehr weit sind, dann sehen wir, dass es hier Baustellen gibt, die wir mit hessischem Know-how beackern können. Meine Damen und Herren, wir sollten diese Projekte vielleicht nicht in anderen Städten der Welt organisieren, sondern wir sollten sie hier in Hessen digitale Realität werden lassen.

(Beifall bei der SPD)

Eine digitale Stadt Darmstadt macht noch kein digitales Hessen. Wir haben große Hausaufgaben. „Digitales“ Darmstadt beschreibt die Herausforderungen, die wir vor der Haustür haben, wenn wir Digitalisierung gestalten wollen. Es gibt große Hausaufgaben, und es braucht das Engagement des Landes. Nur mit dem Land wird es nicht funktionieren, aber ohne das Land wird es auch nicht funktionieren. Herr Minister, sich einfach immer nur dafür zu feiern, dass irgendwo etwas mit der Wirtschaft, den Verbänden und den Forschungseinrichtungen gut gelaufen ist – das ist zu wenig. Wir brauchen nicht nur eine digitale Stadt Darmstadt, sondern wir brauchen ein digitales Hessen in

städtischen und in ländlichen Räumen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Tobias Eckert. – Das Wort hat der Abg. Dr. Wilken, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, Darmstadt hat sich sehr viel vorgenommen. Auch wir sprechen natürlich Glückwünsche dafür aus, dass dieser Titel gewonnen worden ist. Damit stellt sich Darmstadt ambitioniert dar. Wir hoffen, dass da auch mit Unterstützung des Landes zukunftsweisende Dinge passieren.

Etwas irritiert hat mich bzw. meine Fraktion die Reduzierung der Digitalisierung auf die Wirtschaft in Ihrem Antrag betreffend eine Aktuelle Stunde. Beim Blick auf das, was Bitkom mit der „Digitalen Stadt“ verbindet, wird klar, dass deutlich mehr Bereiche als nur die Wirtschaft Berücksichtigung finden müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Klose hat das gerade nicht so eng geführt, aber in Ihrem Titel führen Sie das leider so eng. Deswegen muss ich Sie offensichtlich daran erinnern, dass es bei der „Digitalen Stadt“ auch um Energie und Umwelt geht. Ferner geht es darum, die Verwaltung in der „Digitalen Stadt“ herzustellen.

Ich kann es mir nicht ersparen, liebe GRÜNE, Sie daran zu erinnern, dass es auch darum geht, digitale Bürgerämter und Transparenz herzustellen. In diesem Zusammenhang darf ich Sie noch einmal daran erinnern, dass wir ein Transparenzgesetz brauchen.

(Beifall bei der LINKEN)

Bitkom betrachtet mit dem Wettbewerb „Digitale Stadt“ auch den großen Bereich der Gesundheit. Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, ich hoffe nicht, dass Sie in unserem Land Gesundheit unter Wirtschaft subsumieren wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, außerdem geht es um Sicherheit in der „Digitalen Stadt“, um den Handel in der „Digitalen Stadt“ und um Bildung in der „Digitalen Stadt“. Lassen Sie mich anhand dieses Beispiels einmal ganz klar sagen, dass wir trotz der Digitalisierung nach wie vor auch Angebote im analogen Leben brauchen. Was hilft es mir, wenn ich digital nachschauen kann, wo es keine Kitaplätze gibt? Es muss reale Kitaplätze geben, damit sie digital verwaltet werden können.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Torsten War- necke (SPD))

Meine Damen und Herren, es geht auch um die Gesellschaft als Ganzes in einer sozialen Stadt. Wir hoffen, dass Darmstadt auch in diesem Zusammenhang gute Beispiele schaffen wird, sodass wir im analogen Leben bessere Lebensbedingungen haben, die dann in digitaler Verwaltung sicherlich optimiert werden können.

Alles in allem lassen Sie sich aber auch ganz klar gesagt sein: Ob die Digitalisierung in Darmstadt irgendeinen Ausfluss haben wird auf ein nordhessisches Wirtschaftsunternehmen, z. B. in Baunatal, das wagen wir heftig zu bezweifeln. Diesen Beleg müssen Sie noch nachliefern. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege Dr. Wilken. – Das Wort hat Frau Abg. Karin Wolff, CDU-Fraktion, Darmstadt.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben soeben zwei Beispiele gehört von Fraktionen, die ein bisschen Schwierigkeiten haben, sich mit Darmstadt zu freuen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Das haben Sie ein bisschen sehr verschwurbelt gesagt. Die Stadtverordnetenfraktion Ihrer Partei hat auch gesagt, die Stadt sei nun unter die Knute des Großkapitals im Branchenverband Bitkom geraten.