Das haben Sie ein bisschen sehr verschwurbelt gesagt. Die Stadtverordnetenfraktion Ihrer Partei hat auch gesagt, die Stadt sei nun unter die Knute des Großkapitals im Branchenverband Bitkom geraten.
Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, und ich will ein paar Beispiele nennen, um zu verdeutlichen, wie in Darmstadt der Blick in die Zukunft gerichtet worden ist von denjenigen, die sich an dieser Stelle engagiert haben. Da gibt es z. B. die Frage der Vernetzung aller Angebote von Kultur, Sport und Gesundheit. Da gibt es die Frage, ob es in Zukunft eine Bürger-ID gibt für alle Anwendungsservices, die man nutzen kann, ohne permanent Zettel ausfüllen zu müssen, sodass man direkt zum Amt gehen kann. Gibt es in Zukunft eine intelligente Steuerung des Energieverbrauchs und des Verkehrs? Gibt es z. B. die Nutzung von Erdbeobachtungsdaten ganz real im Klassenzimmer? Wird die Gesundheitskarte künftig in Beratungsdienstleistungen eingebunden? Gibt es in Zukunft – erste Ansätze gibt es bereits – Sensortechnik, die Straßenbeleuchtung, Signalanlagen usw. steuert und teilautonomes Fahren von Straßenbahnen und Kleinbussen in der Stadt ermöglicht? Gibt es eine Verknüpfung des Internets mit dem lokalen Handel, der damit aufrechterhalten wird?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind die Fragestellungen in die Zukunft hinein, denen man sich gestellt hat. Bitkom hat gemeinsam mit dem Städte- und Gemeindebund eines nicht getan. Bitkom hat nicht eine Stadt oder eine Region ausgezeichnet, in der schon alles perfekt läuft. Vielmehr ist eine Stadt gesucht worden, in der es Ansatzpunkte und bereits jetzt Vernetzungen gibt, die die Hoffnung zulassen, dass exemplarisch etwas gezeigt werden kann, was in Zukunft engagiert gefördert fortgesetzt werden und damit beispielgebend für andere Städte werden kann.
Bei der Verleihung dieses Preises ist deutlich geworden, dass Darmstadt den festen Willen hat, auch im Verbund zu bleiben mit den anderen Bewerberstädten, aber durchaus auch im Verbund mit anderen Städten in Hessen.
An diesem sehr schönen Abend der Preisverleihung in Walldorf ist auch deutlich geworden, dass das Ergebnis
wesentlich damit zu tun hat, dass die Akteure vor Ort zusammengewirkt haben. Das beginnt mit der Software AG als Ankerunternehmen. Das betrifft aber auch das Software-Cluster „IT FOR WORK“, die IHK, das Klinikum, die Energieversorgung, die TU und die IT-Sicherheit. Dort haben wir ein ganz starkes Unternehmen und einen ganz starken Forschungsbereich.
Wir haben aber auch einen guten Zeugen gehabt, der für die Stadt Darmstadt eingetreten ist, und das ist das Land Hessen. Das Land Hessen hat die klare Zusage gegeben, insgesamt 10 Millionen € zu diesem Prozess beisteuern zu wollen. Damit werden die Ambitionen der Stadt Darmstadt und die Ambitionen der Repräsentanz des Landes Hessen insgesamt unterstützt.
Damit sind jetzt die Möglichkeiten gegeben, durch eine weitere Vernetzung die Stadtverwaltung zu entwickeln und ein E-Government darzustellen. Damit ist die Möglichkeit gegeben, im Bereich des Klinikums, im Bereich der Energieversorgung usw. weitere Schritte zu gehen, und zwar mit den Mitteln des Landes und mit EFRE-Mitteln sowie mit der Unterstützung des Wirtschaftsministeriums.
Ich darf Ihnen, Herr Minister, und auch Herrn Staatssekretär Samson, der dort sehr engagiert unterwegs war, sehr herzlich danken. Hinzu kommt die Unterstützung der Unternehmensverbände, die dort finanziell stark einsteigen. Darmstadt wird damit die Möglichkeit haben, das gute Netzwerk, das jetzt schon vorhanden ist, auszubauen und vorbildhaft zu werden. Deswegen hat es der Städte- und Gemeindebund auch unterstützt, dies hineinzutragen in die Masse der Kommunen in Deutschland.
Das ist deutlich mehr, als sich nur über die Digitalisierung auf Bundes- und Landesebene zu unterhalten. Es muss hineinwirken in die Kommunen, in die Städte und in die Gemeinden. Insofern haben wir einen Tag der Freude erlebt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe überhaupt kein Problem, Frau Kollegin Wolff, mich mit der Stadt Darmstadt zu freuen. Herzliche Gratulation aller Freien Demokraten an Darmstadt. Ich war bei der Auszeichnung von Darmstadt anwesend.
Wir freuen uns als Freie Demokraten insbesondere darüber, dass es zu den zugesagten Investitionen der privaten Partner in Millionenhöhe kommt; denn diese werden maßgeblich dazu beitragen, dass das passiert, was Sie eben aufgezählt haben. Es ist sehr wichtig, dass das in allen Bereichen des Lebens, des Arbeitens, der Freizeit, der Bildung und der Gesundheit in einer Kommune geschieht, damit wir im digitalen Zeitalter eine Modellstadt entwickeln können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, allerdings gehört zur Wahrheit auch, dass diese Landesregierung zu diesem Erfolg nichts beigetragen hat.
Herr Minister Al-Wazir, Sie haben mit diesem Erfolg so viel zu tun wie der Baron Münchhausen mit der Mondlandung.
Im Gegenteil, die Landesregierung verschläft die Entwicklungen in diesem wichtigen Zukunftsbereich. Im europäischen Innovationsindex ist Hessen auf Platz 10 abgerutscht. Wir standen noch vor zwei Jahren auf Platz 7. Der Breitbandausbau liegt darnieder. Hessen ist sogar hinter das Agrarland Schleswig-Holstein zurückgefallen. Hinzu kommt, dass Deutschland im europäischen Vergleich der Vernetzung und Ausstattung mit Glasfaseranschlüssen auf Platz 28 liegt, also noch nicht einmal im vorderen Mittelfeld mitspielen kann. Auch bei Start-ups und bei neuen Geschäftsmodellen, den Ideentreibern im digitalen Zeitalter, liegen wir bestenfalls im Mittelfeld.
Wir Freien Demokraten wollen das ändern. Wir wollen neue Ideen ins Land holen. Dazu brauchen wir aber einen flächendeckenden Ausbau der Glasfasernetze. Wir brauchen ein Gigabit-Netzwerk und nicht das Zufriedensein mit 50-MBit/s-Leitungen, mit denen man noch nicht einmal einen intelligenten Kühlschrank betreiben kann.
Wir müssen den Digital Hub in Frankfurt stärken. Wir müssen die öffentlichen WLAN-Netze ausbauen. Insbesondere brauchen wir die 5G-Funknetztechnologie; denn sie ist die Grundlage dafür, dass wir einen modernen Mobilfunkstandard bekommen, sodass z. B. autonomes vernetztes Fahren flächendeckend in Hessen, in Deutschland und nicht nur in Darmstadt möglich wird.
Zusätzlich ist es aber auch notwendig, dass wir neben diesen neuen Technologien unser Know-how stärken, kreatives Potenzial stärken, kreatives Potenzial in unser Land holen. Das gilt nicht nur für den klassischen Bildungsbereich. Das heißt, wir müssen massiv und schneller investieren, nicht nur in eine moderne Ausstattung unserer Bildungseinrichtungen, in die Fort- und Weiterbildung unseres Lehrpersonals oder in die Vermittlung moderner Inhalte, die für unsere Bildungseinrichtungen völlig neu aufbereitet werden müssen, sondern wir müssen auch dafür sorgen, dass wir eine echte Gründerkultur in Hessen und in Deutschland schaffen.
In Hessen hätten wir die Grundlagen dafür aufgrund unseres starken Mittelstands. Wir müssen diejenigen belohnen, die Mut haben, und die belohnen, die bereit sind, ein Risiko einzugehen. Wir sollten gemeinsam alles daransetzen, Hessen attraktiv zu machen und aus dem In- und Ausland Talente und kluge Köpfe anzuwerben, um ihre Ideen und Visionen nicht nur in Darmstadt, sondern insgesamt in Hessen und auch in Deutschland umsetzen zu können.
Verehrter Herr Minister, leider schmücken Sie sich mit fremden Federn. Es sei Darmstadt gegönnt, aber die Landesregierung hat keine konsistente Digitalisierungsstrate
gie für dieses Land. Lächerliche 5,5 Millionen € sind im Haushalt dieses Ministers für die Digitalstrategie Hessen etatisiert. Das sind gerade einmal 0,3 % der Mehreinnahmen – ausschließlich der zusätzlichen Einnahmen, die Finanzminister Schäfer in der Hand hat –, die von der Landesregierung in dieses wichtige Zukunftsfeld investiert werden.
Sehr geehrter Herr Kollege Klose, ich fand es toll, als Sie von einer „digitalen Stadt“ gesprochen haben, mit einer Onlinevermittlung von Kindergartenplätzen und anderem. Wir sollten aber nicht nur auf das Übermorgen, sondern auch auf das Morgen schauen. Wir sollten ein bisschen realistischer an die Sache herangehen, uns kein Märchenschloss bauen und glauben, dass wir schon spitze seien. Wenn wir uns international vergleichen, müssen wir feststellen, dass wir eine große Aufholjagd zu starten haben.
Während wir uns nämlich darauf freuen, dass demnächst Services wie die Vermittlung von Kindergartenplätzen online erfolgen können, plant Amazon zu derselben Zeit schon den Bau von Drohnenflugplätzen in Städten, um Waren mittels Drohnen zu den Kunden bringen zu können, und Airbus experimentiert bereits mit den ersten Drohnen, die selbstlenkend Personen transportieren können. Die Urban Drone ist bereits im Testeinsatz – aber natürlich nicht in Deutschland oder in Darmstadt.
Ich komme zum Schluss. – Überall wächst die digitale Wirtschaft dynamisch, aber wir in Deutschland liegen nach der ersten Halbzeit der Digitalisierung 0 : 2 zurück und müssen wirklich Gas geben, damit wir uns in der zweiten Halbzeit an die Spitze setzen. Diese Landesregierung trägt dazu leider nicht bei. Sie hat offensichtlich die Breite der Thematik noch nicht einmal ansatzweise verstanden.
Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Das Wort hat der Wirtschaftsminister, Herr Staatsminister Tarek Al-Wazir.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Darmstadt hat am 12. Juni auf dem Digitalgipfel der Bundesregierung, von Bundeswirtschaftsministerin Zypries bekannt gegeben, den Bitkom-Wettbewerb „Digitale Stadt“ gewonnen. Auch von mir herzlichen Glückwunsch. Ich finde, das ist ein Grund zur Freude.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich Redebeiträge des Kollegen Eckert, von Herrn Wilken und von Frau Beer höre, wundere ich mich immer wieder, wie man
schon am frühen Morgen so viel schlechte Laune verbreiten kann. Freuen Sie sich doch einfach einmal mit.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD und der LINKEN)
Darmstadt hat sich in einem sehr starken Bewerberfeld gegen 19 Städte durchgesetzt. In der Endrunde waren noch Heidelberg, Wolfsburg, Paderborn und Kaiserslautern. Ich darf Ihnen verraten – das ist sicher kein Geheimnis –, dass die Bewerbungen von Heidelberg und Wolfsburg jeweils von sehr starken, DAX-notierten Unternehmen unterstützt wurden. Deshalb sage ich ausdrücklich: Es ist ein großer Erfolg, dass sich in einem solchen Bewerberfeld am Ende eine hessische Stadt durchgesetzt hat.
Klar ist auch: Wenn es gut läuft, dann waren es die Leute vor Ort; wenn es schlecht läuft, ist die Landesregierung schuld. – Frau Beer, ich darf an dieser Stelle aber schon darauf hinweisen – wahrscheinlich wissen Sie das nicht –, dass das Land Hessen im Bewerbungsverfahren Zuschüsse in Höhe von mehreren Millionen Euro aus Landesmitteln und aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, EFRE, in Aussicht gestellt hat. Wir sind sicher, dass das am Ende einen Teil, vielleicht sogar den entscheidenden Teil zum Erfolg beigetragen hat. Ich habe am Wochenende nach Bekanntgabe der Entscheidung den badenwürttembergischen Ministerpräsidenten auf dem Parteitag der GRÜNEN getroffen. Er war ein bisschen verkniffen und sagte, es hätte auch ihm einfallen müssen, nicht nur Unterstützungsschreiben zu schicken, sondern konkrete Zuschüsse in Aussicht zu stellen. Insofern wissen wir ziemlich genau, was unser Anteil am Erfolg ist. Ich darf hinzufügen: Wir haben in Darmstadt das House of IT. Im House of IT sind die maßgeblichen Player seit Jahren miteinander verbunden.
Sie wissen wahrscheinlich auch nicht, dass seit letztem Dezember jeden Freitagmorgen um 8 Uhr eine Telefonkonferenz stattgefunden hat, die von Herrn Staatssekretär Samson geleitet wurde, in der man sich Gedanken darüber gemacht hat, wie man diesen Wettbewerb gewinnt. Zu der Uhrzeit dreht sich der Abg. Marius Weiß noch einmal von rechts nach links. Wir wissen also, was wir dazu beigetragen haben, dass Darmstadt gewonnen hat.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lebhafte Zurufe von der SPD und der LINKEN)
(Günter Rudolph (SPD): Der Minister verhält sich arrogant! – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN)