Protokoll der Sitzung vom 29.06.2017

(Günter Rudolph (SPD): Der Minister verhält sich arrogant! – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Jetzt haben wir alle Zwischenrufe nicht gehört, die gekommen sind. Jetzt ist wieder alles beruhigt.

(Zurufe von der SPD)

Wir haben ja gehört, dass wir es nicht gehört haben. – Herr Staatsminister Tarek Al-Wazir spricht jetzt weiter.

Wir wollen die Digitalisierung so gestalten, dass alle davon profitieren.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Dafür müssen wir erproben, welche digitalen Dienste und Anwendungen den Menschen nutzen. Darmstadt bringt dafür hervorragende Voraussetzungen mit: exzellente Forschung, große Weltoffenheit und begeisterungsfähige Menschen.

Digitale Regionen sind ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie „Digitales Hessen“. Ich will Ihnen an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich sagen: Wir wollen die Anwendungen erproben, die am Ende auch von anderen Städten genutzt werden. Deswegen ist es so wichtig, dass wir nach vorne gekommen sind.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich nenne einige Beispiele für die Punkte, die in Darmstadt erprobt werden: Verkehrsleitsysteme, umweltsensitives und verkehrsabhängiges Verkehrsmanagement, intelligente Gebäudetechnik, virtuelle dezentrale Stadtkraftwerke, die Vernetzung von Gebäuden und Energiesystemen. All diese Anwendungsprojekte, die in Darmstadt nach dem Gewinn des Wettbewerbs angegangen werden, gibt es in genau diesen Bereichen.

Verkehr heißt: Verarbeitungsplattform, Übertragungsnetz und eine App für intelligentes Parkraummanagement.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Abfallwirtschaft heißt: bedarfsbezogene Leerung der Abfallbehälter. Aber es bezieht sich auch auf die Bildung: beispielsweise mit einer Darmstadtpedia, die für alle im Netz zur Verfügung steht und bei der die Bevölkerung an der Stadtgeschichte mitschreibt.

Ein Punkt, der ganz besonders wichtig ist – –

(Unruhe)

Einen Moment. – Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um etwas Aufmerksamkeit. Der Präsident versteht hier oben auch nichts. Bitte seien Sie etwas friedlich, und hören Sie zu. Danach kann es weitergehen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Daran hätte der Minister vorher denken sollen!)

Was sicherlich dazu beigetragen hat, dass Darmstadt ganz vorne gelandet ist, sind die enormen Kompetenzen in der IT-Sicherheitsforschung mit dem Fraunhofer SIT und mit dem CRISP. Darmstadt ist zum Sitz des Cyber-SecurityHubs des Bundeswirtschaftsministeriums erklärt worden.

Es soll den Fintech-Hub in Frankfurt verstärken. Wir haben dort viele Studierende und gut ausgebildete Fachkräfte.

An dieser Stelle vielen Dank an die starken und engagierten Wirtschaftsverbände und Unternehmen: die IHK, die Deutsche Telekom, die Software AG, das Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung mit dem megaenergieeffizienten Rechenzentrum Green Cube, das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum an der TU Darmstadt. Auch das hat sicherlich dazu beigetragen, dass wir vorne sind. Deswegen – letzter Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen –: Darmstadt braucht und Darmstadt bekommt weiter unsere Unterstützung.

(Manfred Pentz (CDU): Sehr gut!)

In den kommenden Jahren sind massive Anstrengungen erforderlich. Diese Unterstützung werden wir geben. Darmstadt wird als Labor funktionieren, in dem das vorgelebt wird, was am Ende in anderen Städten, vor allem in Hessen, angewandt werden soll. Wir wollen dafür sorgen, dass sich alle Hessinnen und Hessen die enormen Chancen der digitalen Technologien erschließen können – Stichwort: Breitbandversorgung. Wir haben inzwischen fast 80 % der Haushalte Datenübertragungsgeschwindigkeiten von 50 MBit/s oder mehr ermöglicht. Frau Beer, an dieser Stelle belegt Hessen Platz 3 der Flächenländer.

(Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

Alle Landkreise sind aktiv, inzwischen auch der Vogelsbergkreis, die östliche Wetterau und das NGA-Cluster Nordhessen. Es ist an dieser Stelle so, dass die beiden bestversorgten Landkreise Deutschlands, nämlich der Odenwaldkreis und der Hochtaunuskreis, hessische Landkreise sind. Wir haben eine Gigabit-Allianz gegründet, um auch die nächsten Schritte vorzubereiten.

(Manfred Pentz (CDU): So ist es!)

Ich will Sie an dieser Stelle alle einladen: Machen Sie mit, und machen Sie das fröhlich, weil das am Ende auch Sie selbst attraktiv macht. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD – Gegenruf des Abg. Manfred Pentz (CDU): Hören Sie zu!)

Vielen Dank, Herr Minister. – Wir haben keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Punkt. Damit ist der Tagesordnungspunkt 59 erledigt.

Bevor wir den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufen, hat sich Kollege Günter Rudolph zur Geschäftsordnung gemeldet. Bitte sehr.

(Manfred Pentz (CDU): Na, was wird denn jetzt wieder gemeckert?)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben eben durch den Wirtschaftsminister einen Beitrag der Landesregierung zur Kampagne „Hessen lebt Respekt“ erlebt, als er meinte, den Abg. Marius Weiß sinngemäß so beschreiben zu müssen: Während der Minister bereits arbeitet, dreht sich Abg. Weiß noch im Bett um. – Wir finden ein solches Verhalten unangemessen. Wenn Sie bei

dem Thema Flughafen Probleme mit dem Abg. Weiß haben, tragen Sie das bitte inhaltlich aus, und geben Sie hier nicht den Herrn Arrogantix.

Herr Präsident, deswegen finden wir das unangemessen. Wir bitten darum, den Fraktionen einen Protokollauszug dieser Rede zuzuleiten, damit wir darüber entscheiden können. Herr Al-Wazir, Respekt sieht jedenfalls anders aus.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und der LINKEN – Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank, Kollege Rudolph. – Wir lassen den Protokollauszug anfertigen, und dann sehen wir weiter.

(Nancy Faeser (SPD): Wir entschuldigen uns wenigstens! – Zurufe von der SPD: Wie er lacht! – Er ist arrogant! – Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich habe doch gesagt, wie es weitergeht. Damit ist der Punkt erst einmal erledigt. Wenn wir den Protokollauszug haben, können wir weitersehen. Darum hat der Geschäftsführer der SPD-Fraktion gebeten. Daher bitte ich auch darum, dass das Präsidium jetzt nicht durch die SPD-Fraktion kritisiert wird. Das lasse ich sowieso nicht zu – ganz egal, was –; aber das wollte ich Ihnen noch einmal sagen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 60 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Aufklärung sieht anders aus – Hessische Lan- desregierung hat die Arbeit des NSU-Untersuchungs- ausschusses des Deutschen Bundestages erheblich be- hindert) – Drucks. 19/5039 –

Das Wort hat Kollege Günter Rudolph.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist leider kein Grund zur Freude. Die Aufklärung des neunten Mordes einer schrecklichen Mordserie, der in Kassel stattgefunden hat, wurde durch einen Untersuchungsausschuss 19/2, im Mai 2014 im Hessischen Landtag eingesetzt, begleitet.

Er sollte die Umstände dieser schrecklichen Mordtat aufklären, insbesondere auch, welche Fehler die Sicherheitsbehörden bei den Ermittlungsarbeiten begangen haben. Trotz dieses herausragenden Ziels hat der NSU-Untersuchungsausschuss bis zum heutigen Tag noch nicht alle notwendigen Unterlagen und Akten erhalten.

Zwar hat die Landesregierung im Januar 2017 nach zweieinhalb Jahren erklärt, alle Akten seien vollständig; seit dieser Zeit gibt es jedoch wöchentlich Nachlieferungen. Wir haben Akten, in denen mehrere Blätter fehlen, andere sind geschwärzt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit wird die Arbeit des Untersuchungsausschusses in unerträglicher Art und Weise sabotiert und erschwert.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Als der NSU 2012 bekannt wurde, hat Boris Rhein, der in dem Jahr Innenminister war, einen Bericht in Auftrag gegeben, um zu schauen, was damals alles passiert ist. Dieser Bericht wurde im September 2014 vorgelegt, auf Antrag von SPD und LINKEN viel später dem Untersuchungsaus

schuss zur Verfügung gestellt und als geheim eingestuft. Auf Druck von SPD und LINKEN wurden Teile des Berichts herabgestuft, damit man ihn in öffentlichen Vernehmungen zitieren kann. Aufklärung sieht anders aus.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Auch die von der CDU und der von ihr mit geführten Landesregierung geschaffene Legende, in Hessen sei der Rechtsextremismus dank der hervorragenden Arbeit des Verfassungsschutzes erfolgreich bekämpft worden, ist widerlegt. Den Abschlussbericht des Innenministeriums kennt übrigens der heutige Ministerpräsident angeblich gar nicht.

(Nancy Faeser (SPD): Hört, hört!)

Man muss sich das einmal vorstellen: Er ist elfeinhalb Jahre Innenminister und kennt einen Abschlussbericht nicht, in dem es um die Arbeit des Verfassungsschutzes in seiner Amtszeit geht. Das ist schon bemerkenswert. Beides ist gleich schlimm – entweder er kennt den Bericht, oder er kennt ihn nicht –, weil er nicht die richtigen Konsequenzen zieht.

(Beifall der Abg. Nancy Faeser (SPD) – Manfred Pentz (CDU): Was Sie erzählen, ist Käse!)