Im Rahmen dieses Haushaltsantrags sind Richtlinien bezüglich der Leistungen an kommunale Kostenträger wegen der Unterhaltssicherung von Personen, denen aufgrund einer Anordnung im Wege des Härtefallverfahrens eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder verlängert wurde, erarbeitet worden.
Die Kommunalen Spitzenverbände sind an dem Verfahren beteiligt worden. Die Richtlinien sind bereits am 26. Dezember 2016 im „Staatsanzeiger“ veröffentlicht worden und tags darauf in Kraft getreten. Administriert wird dieser Härtefallfonds vom RP Darmstadt. Von dort ist die Information gekommen, dass bisher keine Gelder dafür abgerufen worden sind. Die Gründe hierfür werden sich zeigen, wenn nach Ablauf von zwei Jahren eine turnusmäßige Evaluation der Richtlinie stattfindet.
Verstehe ich es richtig, dass es bis jetzt keine Erklärung dafür gibt, warum keine Gelder aus dem Härtefallfonds abgeflossen sind, obwohl es etliche Kommunen gibt, die Härtefälle aufgenommen haben, ohne dass die Lebensunterhaltssicherung gewährleistet war?
Frau Abgeordnete, da die Kommunalen Spitzenverbände an der Erarbeitung der Richtlinie beteiligt gewesen sind und dementsprechend eine Kommunikation in die einzelnen kommunalen Gliederungen erfolgt ist, kann ich diese Frage nicht beantworten. Wir können nur Anträge bearbeiten, die gestellt werden, um zu einer entsprechenden Entscheidung zu kommen. Warum an dieser Stelle keine Anträge gestellt worden sind, kann ich nicht beurteilen.
Wären Sie bereit, die Richtlinien zu überdenken, die für den Härtefallfonds gelten? Wenn man bedenkt, dass die
antragstellenden Kommunen gemäß dieser Richtlinie überhaupt keinen Anspruch z. B. auf Unterhaltskosten, auf Heizkosten, auf Krankenversicherungsbeiträge haben – das sind die Kosten, die bei den Kommunen hauptsächlich anfallen –, müsste man dann nicht darüber nachdenken, die Richtlinie zu ändern, damit die Kommunen tatsächlich einen Zugriff auf den Härtefallfonds haben?
Frau Abgeordnete, diese Anregung ist durchaus berechtigt. Das wird im Laufe der Evaluation auch mit aufgenommen. Die Mittel sind ja nicht bereitgestellt worden, um etwas ins Schaufenster zu stellen, sondern um Hilfestellungen an der Stelle zu leisten, wo die Härtefallkommission eine entsprechende Entscheidung getroffen hat und keine anderen Kostenträger vorhanden sind. Ich werde Ihre Anregung durchaus mit aufnehmen und auch im nächsten Gespräch mit den Kommunalen Spitzenverbänden noch einmal zum Thema machen.
Plant sie für den Fall der Umwidmung der autobahngleich ausgebauten B 3a zwischen dem Gießener Nordkreuz und Niederweimar, die Linienführung der A 49 infrage zu stellen?
Sehr geehrte Frau Abgeordnete, die Linienführung der A 49 ist das Ergebnis einer intensiven Planung. Es wurden umfangreiche Untersuchungen durchgeführt und die verkehrlichen und raumstrukturellen Wirkungen jeglicher einzubeziehender Vorhaben bewertet. Durch entsprechende Planfeststellungsbeschlüsse wurde die Linienführung der A 49 in ihren einzelnen Abschnitten bestätigt.
Eine Umwidmung der B 3a – umgangssprachlich ausgedrückt: die Aufstufung zu einer Autobahn – zwischen dem Gießener Nordkreuz und Niederweimar wäre ein rein verwaltungsrechtlicher Akt, der aus unserer Sicht zu keinen verkehrlichen Veränderungen führen würde, weil die B 3a bereits autobahnähnlich ausgebaut ist.
Darüber hinaus ist die B 3a in den betreffenden Abschnitten bereits wie eine Autobahn bemautet. Daher sind Verkehrsverlagerungen allein aus der Umwidmung zu einer Autobahn nicht oder jedenfalls nicht in großem Umfang zu
erwarten. Eine Umwidmung an sich gibt daher keinen Anlass dazu, die Linienführung der A 49 infrage zu stellen.
Ich darf Folgendes hinzufügen. Es gäbe zwei Änderungen bei der B 3a, wenn sie eine Autobahn werden würde. Erstens wären die Schilder nicht mehr gelb, sondern blau. Zweitens wäre die sogenannte Baubeschränkungszone rechts und links der Straße größer als bisher. Die Baubeschränkungszone beträgt bei einer Bundesstraße bis zu 40 m, bei einer Autobahn bis zu 100 m. Ich habe deshalb den Oberbürgermeister der Stadt Marburg darüber informiert, dass er uns, wenn er an seinem Wunsch festhalten wolle, die Zustimmung der Gemeinde Weimar und der Städte Lollar und Staufenberg „bringen“ müsste. Das sage ich deshalb, weil die ganze Debatte auf ein Schreiben des Oberbürgermeisters von Marburg zurückgeht.
(Die Fragen 901, 902, 904, 907, 908, 910 bis 914, 925 und die Antworten der Landesregierung sind als Anlage beigefügt. Die Fragen 900, 903, 905, 906, 909 und 915 bis 924 sollen auf Wunsch der Frage- stellerinnen und Fragesteller in der nächsten Frage- stunde beantwortet werden.)
Regierungserklärung des Hessischen Ministers der Finanzen betreffend „Vier gewinnt – bundesweit beispielgebende Kommunalfinanzierung in Hessen“
Es wurde eine Redezeit von 20 Minuten je Fraktion vereinbart. Das sage ich zur Orientierung für die Landesregierung. Die Reihenfolge der Fraktionen zur Erwiderung auf die Regierungserklärung: SPD, GRÜNE, LINKE, FDP, CDU und die Kollegin Öztürk.
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Vier gewinnt“ – dieses Spiel kennt vermutlich fast jeder hier im Saal. Es hat viel mit Logik und Strategie und ein klein wenig mit Taktik zu tun. All das sind Elemente, die man auch benötigt, um die Konsolidierung der Kommunalfinanzen in einer nachhaltigen Weise zu organisieren.
Am Ende gewinnt derjenige das Spiel, der die vier Elemente exakt hintereinander angeordnet bekommt. Der Kommunale Schutzschirm, die Investitionsprogramme I und II, die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs und nun die Hessenkasse sind genau die vier Elemente, die wir hintereinander, aufeinander aufbauend und sich wechselseitig ergänzend, konstruiert haben – zu einer einzigartigen Erfolgsgeschichte bei der Konsolidierung der Kommunalfinanzen in unserem Land.
Lassen Sie uns auf das Jahr 2010 zurückblicken. Damals lag der Finanzierungsaldo aller hessischen Kommunen bei minus 2,2 Milliarden €, und lediglich 10 % der Kommunen konnten einen ausgeglichenen Haushalt erzielen.
Aus heutiger Sicht wirken diese Zahlen wie aus einer anderen Zeit. Aber sie dokumentieren die tiefen Einschnitte, die die große Wirtschaftskrise 2008 und die Folgejahre hinterlassen haben. Sie werden sich erinnern, dass wir mit einer Nettoneuverschuldung von 3,5 Milliarden € planen mussten, als ich die Verantwortung für den Landeshaushalt übernehmen durfte. Glücklicherweise kamen wir zum Jahresende mit „nur“ 2,5 Milliarden € aus – ungefähr der gleiche Betrag, den das kommunale Defizit in diesem Jahr betrug.
Heute sehen die Zahlen glücklicherweise ganz anders aus. Im Jahr 2016 konnten die hessischen Kommunen einen positiven Finanzierungssaldo von über 300 Millionen € aufweisen. Knapp 80 % der Kommunen konnten einen ausgeglichenen Haushalt erzielen. In diesem Jahr konnten bereits 94 % aller Kommunen einen ausgeglichenen Haushalt aufstellen. Ich bin sehr optimistisch, dass dieser Prozentsatz im Jahre 2018 sogar noch steigen wird.
Ich bin keineswegs so vermessen, zu behaupten, dass diese Verbesserung ausschließlich das Ergebnis unserer Konsolidierungspolitik ist. Natürlich haben die außergewöhnlich glücklichen äußeren Umstände einer seit Beendigung der Krise nahezu durchgehend positiven konjunkturellen Entwicklung einen erheblichen Beitrag geleistet. Darüber hinaus haben die eigenen Anstrengungen der Kommunen, die teilweise bis an die Schmerzgrenze und gelegentlich sogar ein wenig darüber hinaus gingen, ebenfalls einen erheblichen Anteil. Aber ohne die Elemente von „Vier gewinnt“ wäre diese Entwicklung in unserem Land nicht denkbar gewesen.
Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit noch Folgendes hinzufügen. Wer glaubt, in einer politischen Debatte um die Verteilung von Finanzmitteln sowohl zwischen den staatlichen Ebenen als auch zwischen den einzelnen Gliedern der gleichen staatlichen Ebene auch nur den Hauch einer Chance zu haben, ein anhaltendes Zufriedenheitsgefühl bei allen Beteiligten zu erzeugen, der suche sich am besten von vornherein ein anderes Betätigungsfeld.
Man braucht im Übrigen nicht allzu viel Fantasie, um anzunehmen, dass die nun nach meiner Rede folgende Debatte dafür auch schon ein relativ beredtes Beispiel liefern wird. Aber die Grundvoraussetzung für eine auf Zukunftsentwicklungschancen gerichtete Situation ist nicht nur eine ausreichende finanzielle Ausstattung der kommunalen Ebene insgesamt, sondern auch die jeweils individuelle Finanzkraft in jeder einzelnen Kommune. Deshalb steht und fällt in einer Zeit, in der der Abstand der Kommunen untereinander in der jeweiligen Steuerkraft immer größer wird, genau diese Zukunftsperspektive eben nur mit einem funktionierenden zukunftsfesten Finanzausgleich. Dazu gleich mehr.
Daneben bedarf es aber einer Situation, in der wir nach der großen Krise versuchen, allen Kommunen die nahezu gleichen Startchancen dadurch zu geben, dass wir sie von Altlasten durch den Kommunalen Schutzschirm bereits in Teilen befreit haben und mit der Hessenkasse noch befreien werden.
Seit der Umstellung des Kommunalen Finanzausgleichs im Jahr 2016 auf ein bedarfsorientiertes System sind knapp zwei Jahre vergangen. Das Gesamtvolumen ist spürbar gestiegen, von rund 4,4 Milliarden € im Jahr 2016 auf nahezu 5 Milliarden € im Jahr 2018. 2019 werden wir die 5-Milliarden-€-Schwelle überschreiten.
Die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2017 bis 2021 sieht eine weitere Steigerung von 1,2 Milliarden € vor, was etwa 26 % entspricht. Durch den neuen Kommunalen Finanzausgleich wurde die Verteilung unter den Gemeinden ebenfalls neu ausgestaltet; sei es bei der Frage, welches Volumen auf die Landkreise, kreisfreien Städte und die kreisangehörigen Gemeinden entfällt, oder bei der Frage, wie viele Mittel jede einzelne Kommune erhält. Nach zwei Jahren ist es sicherlich noch zu früh für ein belastbares Fazit. Gleichwohl zeichnen sich Tendenzen ab.
Grob lassen sich diese wie folgt zusammenfassen: Die steuerschwachen Kommunen erhalten mehr, die steuerstarken Kommunen erhalten weniger. Oder, anders ausgedrückt: Der Ausgleich ist gerechter geworden. Die besonders steuerstarken Kommunen zahlen zudem eine angemessene Solidaritätsumlage an die schwächeren und tragen dazu bei, die Herausforderungen in allen Teilen unseres Landes solidarisch zu bewältigen. Keinesfalls werden die zur Solidaritätsumlage herangezogenen Kommunen dabei relativ schlechter gestellt. Die Umlage führt bei den betroffenen Kommunen eben nicht zu einem rapiden Rückgang von freiwilligen Aufgaben oder Standards. In der Folge werden sie auch weiterhin steuerstärker sein als die anderen. Erfolgreiches Wirtschaften, insbesondere durch die Ansiedlung erfolgreicher Unternehmen, lohnt sich weiterhin und muss sich auch in Zukunft lohnen.
Es ist aber nicht nur der optimierte Ausgleich zwischen ärmeren und reicheren Kommunen. Es zeigt sich, dass besonders auch der ländliche Raum von dem neuen Finanzausgleich profitiert. Die Schlüsselzuweisungen der Städte und Gemeinden im ländlichen Raum sind deutlich angestiegen. Das verbessert die kommunale Finanzausstattung in Regionen, die mitunter deutlich weniger Gewerbesteuer einnehmen und nicht selten auch mit einem Bevölkerungsrückgang konfrontiert sind. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass die Teilschlüsselmassen der Gemeinden und der Landkreise von 2016 – dem Beginn des neuen Systems – bis 2019 um insgesamt fast 500 Millionen € steigen werden, wohingegen die Teilschlüsselmasse für die kreisfreien Städte, wo die Gewerbesteuer deutlich stärker steigt als woanders, gleich bleiben wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zeigt, dass die Umverteilung, die notwendig ist, um Bedarfe zu decken, funktioniert.
Wir haben vor, die Verteilungswirkungen nach fünf Jahren zu evaluieren. Das hat die Landesregierung den Kommunalen Spitzenverbänden zugesagt. Daran halten wir uns. Die Evaluation wird die KFA-Jahre 2016 bis 2020 einschließen, und wir werden die gewonnenen Erkenntnisse zu einer Überarbeitung nutzen.
Was nun die KFA-Zahlungen im Jahr 2018 angehen, so haben viele Fachleute schon gemerkt, dass wir von „veralteten“ Einwohnerzahlen ausgehen müssen, da das Statistische Bundesamt die aktuellen Einwohnerzahlen zum Jahresende 2016 noch nicht geliefert hat. Frei nach dem Motto „in dubio pro Kommunen“ erhalten diejenigen, die durch die neuen Zahlen, mit denen wir im Laufe des kommenden Jahres rechnen, besser gestellt werden und Anspruch auf höhere Anteile aus dem KFA hätten, eine glattstellende
Ausgleichszahlung. Diejenigen, die dann etwas zurückzahlen müssten, dürfen das Geld behalten, weil wir an der Stelle Planungssicherheit erreichen müssen. Das kann am Ende – wir wissen noch nicht, wie viel es ist – bis zu einem Gesamtvolumen in Höhe von rund 70 Millionen € gehen. Das nenne ich: das Land als verlässlicher Partner an der Seite der Kommunen.
Ich komme nun zum zweiten Steinchen des „Vier gewinnt“-Szenarios. Sie werden es bemerkt haben: Die Anzahl der Baufahrzeuge auf den Straßen und in den Orten hat zugenommen. Allerorts wird gebaut und saniert. Das hängt auch mit unseren Investitionsprogrammen zusammen – angestoßen durch die Entwicklung im Jahr 2015 durch ein Investitionsprogramm des Bundes. Dieses Programm hatte ausschließlich die finanzschwachen Kommunen im Blick. Die Hessische Landesregierung hat das Bundesprogramm um ein eigenes Landesprogramm ergänzt, um allen Kommunen die Möglichkeit zu eröffnen, Mittel für Investitionen zu beantragen. Das Bundeskontingent von ungefähr 350 Millionen € wurde vom Land Hessen so weit ergänzt, dass am Ende ein Förderkontingent von über 1 Milliarde € bereitgestellt werden kann.
Sowohl das Bundesprogramm als auch das Landesprogramm wurden sehr gut angenommen und sind mittlerweile voll ausgelastet. Wir sprechen hier mittlerweile von über 3.000 gemeldeten Einzelmaßnahmen, mit denen in die kommunale Infrastruktur in Kindergärten, Sportstätten, Straßen und Krankhäusern investiert wird. Das ist ein enormer Schub für die Infrastruktur der hessischen Kommunen.
Dabei ist es aber nicht geblieben. Für das nächste Investitionsprogramm – „KIP macht Schule!“ – sind die Weichen bereits gestellt. Das Bundesprogramm wurde erneut durch ein eigenes Landesprogramm mit Landesgeld von knapp 100 Millionen € ergänzt. Wir stellen dabei sicher, dass alle Schulträger – nicht nur finanzschwache – von diesem Angebot profitieren; denn Sanierungsbedarf an Hessens Schulen gibt es unabhängig von der Finanzschwäche des Schulträgers. Ohne das ergänzende Landesprogramm würde fast ein Drittel der hessischen Schülerinnen und Schüler nicht von dem Programm „KIP macht Schule!“ profitieren, da die finanzstarken Kommunen im Bundesprogramm nicht antragsberechtigt sind.