Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser vorgelegte Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen gibt uns Gelegenheit – und ich stelle erfreut fest, dass das fraktionsübergreifend passiert –, das erfolgreiche Projekt SchuB zu würdigen, das wir in den letzten Jahren in Hessen eingeführt haben. Diese Projektklassen der Initiative Lernen und Arbeiten in Schule und Betrieb sind ein bewährtes und effizientes Erfolgsmodell der Hessischen Landesregierung zur Förderung abschlussgefährdeter Schülerinnen und Schüler.
Genau das sagt der Antrag aus. Dem können wir uneingeschränkt zustimmen. Kollege Klein hat schon einiges dazu ausgeführt, was die positiven Erfahrungen angeht, was die enge Verzahnung von Theorie und Praxis betrifft. Wir haben die Situation, dass die Förderperiode des ESF ausläuft, sodass wir uns neu überlegen müssen, wie es weitergehen soll.
Ich bin sehr froh, dass auch die neue Landesregierung die Politik fortsetzt, die insbesondere Nicola Beer in der letzten Wahlperiode betrieben und mit der sie dafür Vorsorge getroffen hat, dass es weitergehen kann. Die Frage ist nur, wie.
Herr Kollege Klein, das muss ich schon sagen: In den Abs. 1 bis 4 Ihres Antrags gibt es ein paar Unwuchten. Kollege Quanz hat ein paar Fragen dazu formuliert. Wir können im Prinzip zustimmen. Aber spätestens bei Abs. 5 dieses Antrags ist es mit der Zustimmung vorbei.
Eines können wir nicht: den Koalitionsvertrag bejubeln, der mit einer Formulierung eindeutig zu kurz greift, weil sie genau das vom Kollegen Quanz genannte Thema EIBE außen vor lässt.
Ich will das für alle, die sich nicht so intensiv mit dem Thema beschäftigen, zusammenfassen. SchuB ist das Programm für Schülerinnen und Schüler kurz vor Ende ihrer Schulzeit, um den Übergang in den Ausbildungsbeginn zu schaffen. Das ist auch über weite Strecken erfolgreich, aber eben nicht bei allen. Es kann auch nicht flächendeckend für alle angeboten werden. Das werden Sie auch in den nächsten Jahren nicht schaffen.
Selbst wenn es das wäre, wird es nicht dazu führen, dass Sie eine 100-prozentige Erfolgsquote haben, sondern wir werden auch in Zukunft damit rechnen müssen, dass wir Schülerinnen und Schüler haben, die nach Abschluss ihrer Schulpflicht nicht direkt in eine Ausbildungsstelle kommen, nicht direkt in die Erwerbstätigkeit kommen.
Da setzt das EIBE-Programm als extrem wichtige zweite Säule dieser Arbeit an. Das richtet sich an Jugendliche und
Ich will nur einmal die tatsächliche Bedeutung beider Programme in Zahlen nennen. In der SchuB-Förderperiode 2007 bis 2013 wurde SchuB an 109 Schulen mit etwa 2.300 Schülerinnen und Schülern pro Jahr angeboten. Derzeit gibt es immerhin an 96 Schulen SchuB-Klassen mit deutlich über 2.000 Schülerinnen und Schülern.
In der EIBE-Förderperiode wurden 2.800 Schülerinnen und Schüler in EIBE-Klassen unterrichtet. Momentan sind es 2.850 Schülerinnen und Schüler an 58 Schulen mit EIBE-Klassen, also zahlenmäßig sogar das Bedeutendere.
Wenn es ums Geld geht – letztlich haben wir hier über die Verteilung des Geldes zu entscheiden –, dann sieht es noch sehr viel krasser und deutlicher aus, welche Bedeutung EIBE hat. Insgesamt haben wir aus den ESF-Mitteln – also von der europäischen Ebene – 22,4 Millionen € für diesen Bereich einsetzen können. Von diesen 22,4 Millionen € flossen 18,2 Millionen € in EIBE und nur 4,2 Millionen € in SchuB. Das heißt, diese Relation macht schon deutlich, wo die Unwucht in Ihrem Antrag liegt.
Sie setzen den Schwerpunkt zu einseitig. Das gilt auch bei der Kofinanzierung durch Landesmittel. Das Land Hessen hat die Kofinanzierung vornehmen müssen und muss sie auch zukünftig vornehmen. In der neuen Förderperiode, wie immer das dann heißen wird, für die EIBE- und SchuB-Klassen zusammen hat das Land 8 Millionen € in die Hand genommen, davon 6,25 Millionen € für EIBE und 1,75 Millionen € für SchuB. Dies macht sehr deutlich, dass Sie beide Punkte zusammen sehen müssen.
Was die Frage der Finanzierung angeht, werden wir uns demnächst etwas intensiver mit den Zahlen beschäftigen müssen. Wir haben uns einmal erkundigt. Nach den Aussagen der ESF-Verwaltungsstelle können die ESF-Mittel der derzeitigen Förderperiode für EIBE und für SchuB noch bis zum 30. Juni 2015 verausgabt werden. Insofern hoffe ich, dass wir doch das eine oder andere nicht aus dem Landeshaushalt übernehmen müssen, sondern auf die ESFMittel zurückgreifen können. Aber das ist nur die Frage der Übergangszeit.
Entscheidend ist, wie es in der neuen Förderperiode 2014 bis 2020 weitergeht. Man muss dabei eines zur Kenntnis nehmen, Herr Kollege Klein. Wir haben das in der Vergangenheit auch schon öfter diskutiert. Es ist nicht zulässig und nicht möglich, einfach alles so weiterzumachen, wie es war, und trotzdem die ESF-Mittel in Anspruch zu nehmen.
An dieser Stelle greift Ihr Antrag wiederum zu kurz. Was mir fehlt – insoweit hoffe ich auf die Rede des Kultusministers, dass wir darüber etwas hören –, das ist das Konzept für die Zukunft. Ich weiß, dass Nicola Beer in der letzten Wahlperiode Vorarbeit für ein Konzept geleistet hat, das insgesamt tragfähig die ESF-Mittel für den entsprechenden Zweck nach Hessen bringen kann. Wo bleibt jetzt das fertige Konzept der Landesregierung? Darauf erhoffe ich mir Antwort vom Kultusminister.
Wir wollen, dass die Mittel im Prinzip für die gleiche Klientel eingesetzt werden, d. h. für Jugendliche mit besonderer Leistungs- und Lernschwäche. Dafür müssen die bewährten Elemente von SchuB und von EIBE fortgeführt werden und in einer gewissen Weise auch zusammengeführt werden.
Herr Kollege Quanz, ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie richtig verstanden habe. Ich bin schon der Auffassung, dass das zusammengehört. Wir können nicht einfach trennen, nur weil jemand 16 Jahre geworden oder nicht mehr schulpflichtig ist.
Wir müssen die Klientel zusammen sehen. Es sind Jugendliche mit besonderen Leistungs- und Lernschwächen. Die müssen wir unterstützen. Wir müssen Praxis und Schule zusammenführen. Deswegen ein neuer Ansatz, um Bewährtes fortzusetzen, aber auch Neues hinzuzubringen.
Was wir brauchen, ist eine verstärkte Zusammenarbeit der allgemeinbildenden und der beruflichen Schulen bei der Projektdurchführung. Da haben wir auch wieder die Schnittstellen zwischen SchuB und EIBE. Es ist nämlich nicht damit getan, mit der Klasse 9 abzubrechen, sondern wir brauchen gerade für die Jugendlichen, die es trotz SchuB nicht geschafft haben, entsprechende Übergangsmöglichkeiten, damit doch noch die Integration in den beruflichen Alltag funktioniert.
Was dabei eine ganz besondere Bedeutung hat – auch darauf hat Herr Kollege Quanz schon hingewiesen –, ist die ganz besonders notwendige sozialpädagogische Betreuung, die intensiviert werden muss, sowie die Kombination von Unterrichts- und Praxistagen, die bewährt ist und fortgeführt werden muss.
Ich bin der Auffassung, dass die ESF-Mittel vollständig zur Finanzierung der sozialpädagogischen Arbeit eingesetzt werden müssen. Wenn Sie in die Berufsschulen gehen, werden Sie feststellen, dass die Probleme dort nicht etwa kleiner als an den Haupt- oder Realschulen sind, sondern dass dort manches noch erheblich stärker aufschlägt.
Zum Schluss meiner Rede will ich feststellen: Es liegt derzeit noch kein Konzept vor. Wir haben eine Ankündigung. Wir sollen jetzt beschließen, dass wir die Ankündigung bejubeln. Das werden wir nicht tun.
Uns fehlt das Konzept, das die Realisierung des im Koalitionsvertrag formulierten Ziels, Lernen und Arbeiten in Schule und Betrieb weiterzuentwickeln, sicherstellt. Es bleibt bislang bei der Ankündigung in Abs. 5 Ihres Antrags. Deswegen können wir Abs. 5 nicht zustimmen.
Die Abs. 1 bis 4 sind in Ordnung. Das haben wir gemacht. Es freut uns, dass Sie das würdigen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nur in der gebotenen Kürze möchte ich erwidern. Herr Greilich, natürlich haben wir EIBE nicht aus dem Fokus verloren. Das ist Ihnen klar. Wir haben heute unseren Schwerpunkt auf SchuB gesetzt. Das geschah in dem Wissen, dass natürlich mit dem Förderprogramm bzw. mit der Maßnahme EIBE auch außergewöhnlich gute Erfolge erzielt wurden.
Ich habe gesagt: Die Stoßrichtung zielt auf die Schüler, die Schwächen haben. Das sind zum einen Schüler, die in der Hauptschule Schwächen haben. Natürlich haben Sie recht: Wir werden auch weiterhin Schüler haben, die nach der Hauptschule Unterstützung benötigen.
Gehen Sie von Folgendem aus. Das wissen Sie selbst. Aufgrund der Systematik der Fördermittelzuweisung der Europäischen Union kann man Projekte nicht zweimal anmelden. Das heißt im Klartext: Wir müssen jetzt unter anderem Namen ein Kind wieder neu verkaufen, wenn ich das einmal so rustikal ausdrücken darf.
Gehen Sie einmal davon aus, dass derzeit Gedankenspiele da sind. Der Minister wird vielleicht ein bisschen mehr dazu sagen. Ich habe in meinem Kopf zumindest schon gewisse Gedankenspiele gehabt. Da werden diese Schülerinnen und Schüler genauso eine Rolle spielen. Es ist vielleicht zwingend, dass wir nicht mehr unter dem Namen EIBE agieren können, sondern dass eine andere Begriffssystematik verwendet werden wird. Das ist eine andere Sache.
Für unsere Seite sage ich ganz deutlich: Wir haben EIBE nicht aus dem Blickfeld verloren. EIBE wird auch weiterhin eine entscheidende Rolle im Rahmen der nächsten Förderperiode spielen. Was wir an Fördermitteln der Europäischen Union verwenden können, werden wir auch in diese Schülerklientel mit investieren.
Herr Kollege Klein, es freut mich, dass Sie Gedanken im Kopf haben. Ich habe immer unterstellt, dass Sie Gedanken im Kopf haben. Die machen wir uns alle. Nur, ich warte darauf, dass wir sie hier einmal hören. Wir müssen sehen, wie wir das zusammenführen sollen.
Ich kann es nur wiederholen: Ich hoffe, dass der Minister die Frage beantworten wird, wie wir denn in Zukunft Schule und Praxis zusammenführen wollen, wie das funktionieren soll, wie das so funktionieren kann, dass wir im Interesse des Landes Hessen natürlich auch die Fördermittel der Europäischen Union wieder bekommen. Das setzt voraus, das wir eine Weiterentwicklung von SchuB und EIBE zu Papier bringen. Das muss so dokumentiert werden, dass Veränderungen im positiven Sinne da sind. Ansonsten wird es diese Fördermittel nicht geben.
Deswegen sollten Sie Praxis und Schule zusammenführen. Da fällt mir gerade ein: Aus Praxis und Schule zusammen kann man ein wunderbares Wortspiel machen. PuSch wäre eine schöne Möglichkeit, voranzukommen.
Herr Kollege Klein, Sie sehen, auch unsereins macht sich Gedanken. Ich freue mich, dass Sie auch mitdenken.
Herr Kollege Greilich, vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Daniel May für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es wurde wiederholt angegriffen: Warum stellt ihr einen Antrag zu SchuB und keinen zu EIBE? Habt ihr denn zu EIBE nichts auf der Pfanne?
Dazu muss ich den Rednern der Opposition schon sagen: Ihre Verwunderung löst bei mir Verwunderung aus. Denn wir saßen im Kulturpolitischen Ausschuss zusammen. Da hat der Minister auf diese Fragen explizit geantwortet. Er hat Ihnen geantwortet, dass es da eine Weiterentwicklung geben wird. Ich kann Ihnen das gerade einmal vortragen – ich zitiere –:
Eine Weiterentwicklung wird es z. B. durch die verstärkte Zusammenarbeit der allgemeinbildenden und der beruflichen Schulen bei der Projektdurchführung geben. Die Qualität des Programms soll durch eine Erhöhung der sozialpädagogischen Begleitung im berufsbildenden Bereich und deren Flexibilisierung im allgemeinen Bereich weiter gesteigert werden.
Wir arbeiten die Punkte nach und nach ab. Deswegen ist es richtig, dass wir uns heute um ein sehr erfolgreiches Programm kümmern. Denn mit dem heutigen Beschluss des Landtags zu SchuB werden wir, die schwarz-grüne Koalition, ein ganz wichtiges Signal an die Schulen und die Schulträger senden, nämlich dass für uns die Förderung abschlussgefährdeter Schülerinnern und Schüler weiterhin ganz hohe Priorität hat und dass wir entsprechend handeln werden. Denn mit Ablauf der letzten Förderperiode der Europäischen Union war die Notwendigkeit entstanden, zu beraten, wie es damit weitergehen soll.
Von daher läuft auch die Kritik fehl, wir würden einfach etwas weitermachen. Auch uns ist klar, dass der ESF eine Wiederholung der Maßnahmen nicht vorsieht. Deswegen ist es ganz klar, dass wir das Konzept weiterentwickeln werden, das sich bewährt hat. Wir möchten das in diesem Sinne weiterbetreiben. Dabei haben wir aber den Punkt Weiterentwicklung mit auf dem Schirm.