Erst dann schaffen Sie Lernbedingungen, die Förderung ermöglicht, und loben sich dafür auch noch in den Himmel. Das ist doch paradox. Diese Lernbedingungen müssen für alle Schülerinnen und Schüler von Anfang an geschaffen werden, und zwar nicht nur im Hinblick auf ihre Verwertbarkeit im Beruf; denn darum scheint es Ihnen doch hauptsächlich zu gehen. Begriffe wie Beschäftigungsfähigkeit stehen bei Ihnen im Vordergrund – und genau dies ist das
Wir müssen an dieser Stelle doch darüber reden, wie wir nicht nur den 2.300 Schülerinnen und Schülern jährlich eine Schule bieten, die sie von Beginn an individuell fördert und auf ihrem Bildungsweg unterstützt. Dies ist die langfristige Aufgabe, die sich aus Ihrem Antrag ergibt, meine Damen und Herren. Ich hätte mir gewünscht, Sie wären etwas mehr auf diesen Aspekt eingegangen und hätten dafür ein wenig von dem umfänglichen Eigenlob gestrichen, welches sich durch den ganzen Antrag zieht.
Lassen Sie mich noch ein paar Worte über Praxisnähe und die Verzahnung von Schule und Beruf sagen. Hier muss ganz dringend etwas geschehen. In anderen Bundesländern wie NRW gibt es bereits Modellversuche. Wir meinen, dass Arbeitslehre als Teil des schulischen Bildungsprozesses dringend integriert und aufgewertet werden muss, und zwar für alle Schülerinnen und Schüler. An Gymnasien findet die praxisnahe Berufsorientierung, wie Sie es so schön nennen, beinahe gar nicht statt. Dies ist erneut ein Ausdruck Ihrer Gewichtung und Teil des ganzen Problems.
Wir begrüßen die Fortführung, wissen aber auch, dass dies nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Es muss viel tiefer gegraben und viel früher agiert und gefördert werden. Zudem muss die Auseinandersetzung mit der Arbeitswelt für junge Menschen viel früher einsetzen und nicht nur mit einer kurzschlüssigen Orientierung auf die Ausbildungsberufe. Auch auf das Studium und die an Hochschulen erlernten Berufe muss vorbereitet werden.
Meine Damen und Herren, wir haben nun die Enquetekommission Bildung eingesetzt. Es bleibt zu hoffen, dass dort auch über notwendigere Formen in der Bildungspolitik und über Wege zur tatsächlichen individuellen Förderung von Kindern von Beginn an und in kleineren Klassen gesprochen wird. Denn darauf kommt es wirklich an. – Ich bedanke mich.
Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen, verehrte Kollegen, liebe Schülerinnen und Schüler, werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Herr Klein, zunächst einmal danke dafür, dass Sie dieses Thema als Setzpunkt genommen haben. Es findet grundsätzlich unsere Zustimmung, weil es ein Thema in den Mittelpunkt rückt, das durch die Diskussion um G 8 und G 9 offensichtlich ein bisschen in Vergessenheit geraten ist. An dieser Stelle sind wir dankbar, dass der Blick auch auf das andere Ende der Leistungsskala bzw. der Erfolgsskala gerichtet wird.
Es ist eine gesellschaftliche Notwendigkeit, gerade denjenigen die größtmögliche Unterstützung anzubieten, die es am dringendsten nötig haben. In einer Zeit, in der die demografische Entwicklung in Deutschland besonders schwierig ist, in einer Zeit, in der wir wissen, dass jeder
Ausbildungsplatz besetzt werden muss, in einer Zeit, in der aber auch die Gefahr droht, dass immer mehr junge Menschen nicht in diesen Ausbildungsmarkt hineinkommen, ist es umso dringlicher, genau dafür Maßnahmen zu schaffen, die erfolgsversprechend sind und die allen jungen Leuten eine Zukunft in eigener Verantwortung bereitstellen, eine Zukunft, in der sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen können und nicht alimentiert werden. Das ist für mich ein Grundrecht.
Der Einzelne muss die Möglichkeit haben, aufgrund von äußeren Bedingungen sein Optimum für sein Leben zu gestalten. Umgekehrt ist es ein gesellschaftliches Interesse, durch Prävention am Anfang zu verhindern, dass anschließend Karrieren die Gesellschaft und den Einzelnen sehr teuer kommen. – Von daher Konsens, was den Grundsatz bei diesem Thema angeht. Aber es gibt beim Lob und beim Konsens auch Grenzen, auf die werde ich gleich hinweisen.
Der Zeitpunkt ist richtig gewählt, weil die europäische Förderperiode ausgelaufen ist und wir zu Beginn einer neuen Förderperiode stehen. Noch haben wir nicht die Ausführungsbestimmungen, wie das neue Konzept im Detail aussehen wird. Vielleicht war auch der Dringliche Berichtsantrag der SPD vom 11. März Anlass für Sie, sich um dieses Thema zu kümmern – was wir auch schon getan haben, und zwar einige Monate früher.
Im Blickpunkt stehen die jungen Menschen, die unter dem Begriff „Bildungsverlierer“ oder unter dem Begriff „Schulabbrecher“ subsumiert werden. Die EU definiert übrigens „Schulabbrecher“ noch ein ganzes Stück weiter. In der Definition der EU sind nicht nur Schülerinnen und Schüler ohne Hauptschulabschluss gemeint, sondern auch diejenigen mit Hauptschulabschluss, aber ohne Ausbildungsabschluss.
An dieser Stelle kommt die erste massive Kritik, weil Sie diese Schülerinnen und Schüler überhaupt nicht im Blick haben. Sie haben die jungen Menschen, die jetzt im EIBEProgramm sind, völlig ausgeklammert. Sie sprechen in dem gesamten Antrag nur von SchuB. Das ist eine wichtige Gruppe, und das ist auch eine Antwort, ein Modell, auf die dringende Frage des gesamten Problems. Es ist aber keine abschließende Antwort auf das gesamte Problem.
Deshalb kommt von uns massive Kritik, weil Sie zu EIBE überhaupt nichts sagen. Ganz kurz in der gebotenen Eile, die bei zehn Minuten Redezeit notwendig ist: Der EIBEMonitor zeigt, dass etwa 20 bis 25 % der Abgänger in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden können. Die Hälfte aller EIBE-Schülerinnen und -Schüler findet anschließend tatsächlich einen Weg und bekommt somit Möglichkeiten für den Erfolg am Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft, und damit wird die Teilhabe eröffnet.
Das Programm muss dringend fortgeführt werden. Es muss offen sein für alle Altersstufen, auch für diejenigen, die über 18 Jahre alt sind. Es muss Projektarbeit, erweiterten schulischen Rahmen, schulische Sozialarbeit, kleine Gruppen und, darauf richte ich den Blick ganz besonders, besondere Unterstützung für Migranten weiterhin geben. Der Anteil der Migranten ohne schulischen oder beruflichen
Abschluss ist proportional deutlich größer. Deswegen brauchen wir zusätzliche Programme, um diesen jungen Menschen zu helfen, die in Deutschland leben und arbeiten wollen, um letztlich auch den Mittelpunkt ihres Lebens hier finden zu können.
Dazu noch zwei wichtige Anmerkungen. Dieses Programm wird durch die beruflichen Schulen durchgeführt. Ich habe den Eindruck, es drohe die Gefahr, dass die Regierungsfraktionen beabsichtigen, dies mit den SchuB-Klassen zu verknüpfen. Ich warne davor. Es handelt sich um eine besondere Klientel, die gerade durch die Betreuung und das Engagement in beruflichen Schulen Erfolge vorzuweisen hat. Eine Vermischung zwischen diesen beiden Gruppen kann beiden nicht zum Erfolg gereichen.
Nächster Punkt: SchuB. Herr Klein, ich bin Ihnen an dieser Stelle auch dankbar, und völliger Konsens: Dieses dicke Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen, die dort arbeiten, also Sozialpädagoginnen und -pädagogen und Lehrerinnen und Lehrer, teile ich. Sie wissen, ich bin Gymnasiallehrer. Ich gestehe, die Arbeit am Gymnasium ist leichter. Deswegen würdige ich ganz besonders die Arbeit derjenigen, die dort handwerklich, pädagogisch und engagiert für die Menschen Chancen schaffen, die es aus eigener Kraft nicht schaffen können.
Wenn wir sagen, wir stellen SchuB nicht grundsätzlich infrage, das ist eine Antwort von weiteren möglichen, dann stellen wir Anforderungen an SchuB, die eben schon für EIBE genannt wurden. Die sozialpädagogische Betreuung ist ein wichtiger Meilenstein, ein wichtiger Baustein für das gesamte Konzept. Ich will auf ein Problem hinweisen. Noch wissen wir nicht, wo die neuen Standorte sein werden. Erst durch die Ausschreibung im Amtsblatt gibt es neue Bewerbungen. Ich plädiere sehr dafür, dass wir in den Regionen, gerade im ländlichen Raum, dafür sorgen, dass die bisherigen Standorte auch erhalten bleiben. Längere Anfahrten sind gerade für diese Schülerinnen und Schüler ein Riesenproblem. Deshalb brauchen wir in der Fläche ein komplettes Angebot an Standorten, mindestens in dem Ausmaß wie bisher auch.
Die zweijährige Tätigkeit in der 8. und 9. Klasse muss erhalten bleiben. Die Aufteilung drei Tage Schule und zwei Tage Praxis hat sich bewährt. Die Gruppengröße darf maximal bei 15 Schülerinnen und Schülern liegen. Es darf nicht unter Sparzwängen die Situation entstehen, dass man SchuB auf Klasse 9 begrenzt. Die zweijährige Ausbildung ist sicherlich mit Garantie und Fundament für den bisherigen Erfolg.
Ich habe nur noch wenig Redezeit. Gesamtzeit: nur noch drei Minuten. – Ich lese das das erste Mal in meiner Laufbahn hier.
(Allgemeine Heiterkeit – Zuruf: Das gibt SchuB! – Gegenruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das gibt RedezeitSchuB!)
Der Landtag würdigt daher die Ankündigung der Landesregierung zur Fortführung der SchuB-Standorte über das Auslaufen der gegenwärtigen Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) zum Schuljahr 2013/14 hinaus.
Wenn das so ist, sind wir mit Ihnen im Konsens. Das habe ich eben gesagt. Wenn das aber nur eine Absichtserklärung ist, die nicht in die Tat umgesetzt wird, haben wir Streit miteinander, weil wir den Erhalt aller Standorte wollen.
… die Einrichtung von Lerngruppen mit erhöhtem Praxisbezog in der 8. Klasse einen lückenlosen Übergang zwischen den beiden Förderperioden ermöglichen wird.
Was wird denn nach der 8. Klasse? Diese Frage ist für mich noch nicht beantwortet. Ich gehe davon aus, dass im Anschluss an den 8. Jahrgang immer noch ein 9. kommen wird, der dann konsequenterweise aus Landesmitteln bezahlt werden muss. Diese Aussage müssen Sie aber treffen. Darauf müssen sich Schulen, Eltern, Schülerinnen und Schüler verlassen können. Das ist ganz wichtig.
… dass die praxisnahe Berufsorientierung und die erfolgreiche Vermittlung junger Menschen in Ausbildungsverhältnisse als Folge der SchuB-Initiative einen wichtigen und wirkungsvollen Ansatz zur Stärkung der Beschäftigungs- und Ausbildungsfähigkeit der betreffenden Schülerinnen und Schüler darstellt …
Ja, jetzt kommt das Aber. Schauen Sie sich bitte einmal die Abbrecherquote in den Ausbildungsverhältnissen an. Ich wage einmal die Behauptung, dass dabei auch ein Teil der Schülerinnen und Schüler ist, die SchuB erfolgreich durchlaufen und einen Hauptschulabschluss haben, aber anschließend im Ausbildungsverhältnis durchaus in Schwierigkeiten kommen.
Deshalb sagen wir: Wer wirklich Erfolg haben will, muss auch das Ausbildungsverhältnis entsprechend begleiten, damit diese jungen Leute tatsächlich im Beruf erfolgreich sind und die Ausbildung erfolgreich abschließen. Ansonsten wäre nur ein halber Gewinn entstanden mit Hauptschulabschluss in SchuB. Das kann uns nicht genügen. Wir brauchen anschließend die erfolgreiche Ausbildung. Deshalb muss auch dort begleitend und helfend eingegriffen werden.
Zum Abschluss teile ich die Position von Frau Cárdenas. Das ist auch die Position der SPD: frühe gezielte Förderung, individuelle Förderpläne, Ganztagsangebote, Schulsozialarbeit in der Schule schon früh stärken. Wenn man „kein Kind zurücklassen“ ernst nimmt – das ist Ihr von uns dann übernommener Slogan geworden –, dann sage ich: Jedem Jugendlichen muss man auch eine zweite und manchmal auch eine dritte Chance geben, damit er nicht verloren geht, damit er seinen Platz in der Gesellschaft findet.
Ganz besonders wichtig, und damit auch letzter Satz: Wir wissen, dass nicht nur Reichtum vererbt wird. Wir wissen auch, dass Armut vererbt wird. Wir wissen auch, dass pre