Lothar Quanz
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Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass man in dieser Situation etwas nicht tun darf, dann war das der Beitrag von Frau Schott. Die Situation vor Ort ist so emotionalisiert, politisch und menschlich so aufgeheizt, dass Ihr Bei
trag nicht dazu dient, die Debatte zu versachlichen. Darum geht es: eine sachliche Diskussion zu führen.
Deshalb gilt es, auszuloten, ob man Chancen entwickeln kann, ob man Chancen nutzen kann oder ob man gleich am Anfang sagt, man wolle die Chance nicht nutzen.
Ich bekenne mich dazu: Der Haushaltsausschuss hat einen weisen Beschluss gefasst. Ich bin dankbar dafür, dass die GRÜNEN an dieser Stelle mitgestimmt haben. Dieser Beschluss ist für mich richtungsweisend, weil er einer ganzen Region, die bisher als strukturschwach gilt, die Chance gibt, sich wirtschaftlich zu entwickeln. Es betrifft nicht nur den Werra-Meißner-Kreis, es betrifft nicht nur Neu-Eichenberg, es betrifft Westthüringen genauso wie Südniedersachsen. Hier besteht die Chance, dass bis zu 2.000 Arbeitsplätze entstehen. Das hat mehrere positive Effekte.
Menschen, die jetzt woanders hinpendeln, können vor Ort Arbeit finden. Ich denke an die vielen Menschen, die auch bei uns in Hartz IV sind, die Sozialhilfe empfangen und anderes mehr. Sie werden ihre Chance haben, weil es dort auch um Arbeitsplätze geht, die nicht hoch qualifiziert sind. Insgesamt werden dort aber auch Arbeitsplätze mit anspruchsvollen Profilen entstehen.
Was nicht sein sollte und wogegen man gemeinsam eintreten müsste, ist, dass zieht: „Wer am lautesten schreit, hat recht“, oder umgekehrt oder ergänzt, dass demokratische und rechtsstaatliche Entscheidungen durch fundamentalistische Positionen ausgehebelt werden.
Ja, da geht es um eine Abwägung. Das ist so. Es gibt Belastungen, das bestreitet niemand. Da werden sich Verkehre potenzieren, da wird es mehr Lärm geben und vieles mehr. In der Abwägung, was auf der Habenseite verbucht werden kann, entscheide ich mich für die Chance, die mit dieser Entwicklung gegeben ist. Ein Spielen auf Zeit, wie das anklingt und von den Gegnern auch vorgesehen ist, soll dazu führen, den Investor weich zu machen, dass er zurückzieht.
Ich bin dafür, dass wir faire Bedingungen schaffen und die weitere Entwicklung optimieren. Das ist auch vorgesehen durch Lärmschutz, durch das Öffnen eines Baches, der bisher durch Kanäle fließt, durch Wälle und Begrünung und vieles mehr. Es wird alles getan werden, um die Einschränkungen und Belastungen zu minimieren.
Frau Schott, lassen Sie mich eines sagen, vielleicht passt es ja doch irgendwo ins Profil: Sie bekennen sich immer wieder und treten auf als die Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmerschaft. Fragen Sie doch einmal in der Arbeitnehmerschaft im Werra-Meißner-Kreis, in Südniedersachsen und Westthüringen nach, ob sie sagt, irgendwelche Ökofundamente gingen vor, und der Arbeitsplatz sei nachrangig. – Diese Position haben Sie an dieser Stelle vertan und verspielt.
Chancen für die Zukunft, Chancen für die Jugend – es ist noch gar nicht so lange her, dass wir den demografischen Bericht im Landtag besprochen haben. Was sagt denn der demografische Bericht für die Entwicklung dieser Region? – Wir tun alles, um zu verhindern, dass die Landflucht der Jugend weitergeht,
dass die Schule und der Kindergarten in Neu-Eichenberg geschlossen werden. Hier liegt eine Chance für junge Familien, sich anzusiedeln und vor Ort einen Arbeitsplatz zu finden und auf diese Art und Weise der gesamten Region ein neues Profil zu geben.
Kaufkraft in der Region entwickeln, Kaufkraft in der Region verbleiben lassen: Meine Damen und Herren, die Steuerkraft für die Kommune – ich muss kurz nachsehen, um es genau zu haben – beträgt 500.000 € jährlich allein aus der Grundsteuer B. Das ist ein Sechstel des gesamten Haushalts. Das ist mehr, als alle Grundstückseigentümer in Neu-Eichenberg Jahr für Jahr bezahlen. Das heißt, der kommunale Haushalt wird neue Chancen eröffnen – für Familien, für Angebote im sozialen Bereich und für vieles mehr.
Lassen Sie mich abschließen. Ich finde, wenn sich eine solche Chance ergibt, muss man zugreifen und sie nutzen, mit allen Möglichkeiten der Verbesserung, was natürlich auch Nachteile auf der anderen Seite bedeutet. Diese Chance aber nicht zu nutzen und liegen zu lassen, heißt für mich, vor der Zukunft zu versagen, eine Chance für die Jugend nicht zu nutzen.
Meine Damen und Herren, das wird jetzt nicht lang werden, und es wird auch nicht zu Tränen kommen. Aber, Frau Präsidentin, wenn Sie gestatten, ist es mir trotzdem ein Bedürfnis, die letzte Minute meiner letzten Rede im Landtag für eine persönliche Erklärung zu nutzen, wie es auch Walter Arnold getan hat.
Das Ende der Mitgliedschaft im Landtag ist spürbar nahe, ist in Sichtweite. Ich habe ganz viele Gründe, Danke zu sagen: für den meist respektvollen Umgang miteinander, für das Vertrauen meiner Partei und meiner Fraktion, mir besondere Funktionen anzuvertrauen. Es würde mich freuen, wenn es mir gelungen ist, nicht nur eigene klare parteipolitische Positionen zu markieren, sondern auch Brücken zu bauen.
Letztlich hoffe ich – und das wünsche ich Ihnen allen genauso wie mir –, dass die regionale Geschichtsschreibung im Fazit irgendwann feststellen darf: Wir haben Gutes für die Menschen in Hessen bewirkt. – Alles Gute für Sie, privat und politisch.
Herr Staatsminister, wie erklären Sie sich, dass alle Lehrerverbände unisono mitteilen, dass in Hessen weiterhin Unterricht ausfällt?
Ich frage die Landesregierung:
In welchen Bereichen des Kultusministeriums sind oder waren der Mitarbeiter und die Mitarbeiterin tätig, die offensichtlich der sogenannten Reichsbürgerbewegung angehören?
Kann man Aussagen darüber treffen, ob negative Folgen aus dieser Tätigkeit erwachsen sind oder gar Schäden entstanden sind, die die Schulaufsicht letztlich getroffen haben?
Gibt es konkrete Überlegungen, wie künftig ausgeschlossen werden kann, dass aus einem solchen Personenkreis Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in staatlichen Institutionen, insbesondere im Kultusministerium, arbeiten?
Sie war wirklich nicht abgestimmt; ich kann das bestätigen. – Herr Rudolph, Sie haben eben das Staatsziel Sport angesprochen. Können Sie sich vorstellen, dass der Landesrechnungshof in einer Vergleichenden Prüfung im Wetter-Meißner-Kreis festlegen will, dass wir von den Vereinen Hallenbenutzungsgebühren nehmen sollen?
Ich frage die Landesregierung:
Wie ist sie in die Planungen eines Rhön-Nationalparks durch die bayerische Landesregierung eingebunden?
Frau Ministerin, ist es zutreffend, dass mehr als 10.000 Unterschriften gegen diesen Nationalpark vorliegen, gesammelt von einer Bürgerinitiative, und wie bewerten Sie diese Position, die sich offensichtlich sehr massiv gegen die Einrichtung eines Nationalparks wendet?
Frau Ministerin, nach meinem Kenntnisstand fehlen auf bayerischer Seite etwa 1.000 ha, um einen Nationalpark ausweisen zu können. Das heißt, die hessische Seite wird gebraucht, was die Erbringung der Flächen angeht. Wo lägen auf hessischer Seite denn die Vorteile, käme es zu einem solchen Nationalpark?
Ich möchte noch eine Nachfrage stellen. Herr Minister, gibt es eine Evaluierung über den Erfolg dieser Maßnahmen, sodass man etwa sagen kann: „Das ist eine richtig gute Einrichtung, und weil sie so erfolgreich ist, setzen wir sie auch fort“? Oder gibt es da durchaus Fragezeichen, da sich eben nicht die Erfolge einstellen, die man erhofft hat?
Ich frage die Landesregierung:
Welche konkreten Gebiete in Hessen sind von der Änderung des Bundesbaugesetzbuches und von der geänderten Baunutzungsverordnung betroffen, um in der kommunalen Zuständigkeit sogenannte „urbane Gebiete“ auszuweisen, damit auch in Industriegebieten Wohnmöglichkeiten geschaffen werden können?
Herr Minister, wenn ich das richtig verstanden habe, heißt das, dass man in ländlichen Regionen durchaus aufgrund der kommunalen Zuständigkeit dafür sorgen könnte, mit einem vereinfachten Verfahren in Industriegebieten Wohnmöglichkeiten zu schaffen?
Sehr verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Die SPD beantragt eine Studie zu den besonderen Belastungen der Lehrerinnen und Lehrer in Hessen. Warum tun wir das? Ich möchte – mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident – mit einigen wenigen Zitaten beginnen.
Zunächst aus der „Zeit“ vom 16. Februar 2017:
Grundschullehrer ist ein Traumjob: Neugierige, lernwillige Kinder, leichter Stoff, früher Feierabend. Wirklich? In vielen Frankfurter Grundschulen scheint sich der Job in einen Albtraum zu verwandeln. „Manche Lehrer stehen kurz vor dem Kollaps“, sagt Benedikt Gehrling, Sprecher der Frankfurter Grundschulleiter und selbst Rektor seit 2003. Er wolle nicht jammern, sagt er. Aber da laufe gerade etwas total aus dem Ruder.
Diese Entwicklung ist nicht ganz neu, aber sie hat im Laufe der Zeit an Dynamik – an schlechter Dynamik, wenn man so will – deutlich zugenommen. Ich zitiere aus dem „Spiegel online“ vom 8. April 2014. Es geht um eine Stu
die, die der Aktionsrat Bildung in Bayern auf den Weg gebracht hat:
Erschöpft, deprimiert, krankgeschrieben: Kaum eine Berufsgruppe leidet so häufig unter Burn-out-Symptomen wie Lehrer – obwohl sie ihren Beruf durchaus mögen. Der Aktionsrat Bildung warnt vor Auswirkungen auf den Unterricht.
Etwas später:
„Die Analysen sind besorgniserregend“, sagte der Vorsitzende des Aktionsrates, Dieter Lenzen.
Übrigens ein Mann aus der Wirtschaft.
Viele Beschäftigte im Bildungswesen leiden dem Gutachten zufolge unter chronischem Stress und psychischen Beeinträchtigungen. Studien, in denen Berufsgruppen verglichen werden, zeigen, dass Beschäftigte im Bildungswesen subjektiv besonders stark belastet sind, heißt es in dem Gutachten.
Das war Bayern. Ich gehe auf die aktuelle Situation in Hessen ein. Die GEW hat im letzten Jahr in Hanau eine Studie unter den Lehrerinnen und Lehrern durchgeführt. Von 56 Schulen haben immerhin 43 geantwortet, knapp 500 Lehrerinnen und Lehrer haben sich daran beteiligt. Ganz kurz zu den Ergebnissen: 75 % der Kolleginnen und Kollegen können abends nicht abschalten und die Schule einfach einmal vergessen. Über 90 % geben an, dass während des Schuljahrs kein Wochenende frei von Arbeit sei. Ständig zunehmende außerunterrichtliche Aufgaben beklagen mehr als 95 %. Ich könnte das fortsetzen; die Pressespiegel der letzten Wochen waren voll davon.
Ich weise außerdem darauf hin, dass die Arbeitszeiten der Beschäftigten im öffentlichen Dienst in Hessen über jenen in allen anderen Bundesländern liegen.
Meine Damen und Herren, wir wollen wissen, was Sache ist. Deshalb fordern wir jetzt diese wissenschaftliche Studie ein. Es geht um die Zahl der Pflichtstunden im Bundesvergleich, es geht um die Kosten der Beihilfe im Bundesvergleich, es geht um Mehrkosten durch Frühpensionierungen. Es geht auch darum, zu erforschen, was die besonderen Belastungen der Lehrerinnen und Lehrer sind. Sie liegen in Hessen offensichtlich noch einmal deutlich über jenen in anderen Bundesländern.
Wenn Sie, verehrter Herr Kultusminister, von einem „Allzeithoch“ in der Unterrichtsversorgung sprechen, sehen Tausende von Lehrerinnen und Lehrern das anders. Sie sagen, dass wir kein Allzeithoch, sondern ein Dauertief haben. Das wollen wir erforschen; deshalb wollen wir diese Studie gern in Auftrag geben.
Meine Damen und Herren, wir haben eine Fürsorgepflicht für die Beamtinnen und Beamten. Das ist nicht nur ein gegenseitiges Vertragsverhältnis, sondern diese Fürsorgepflicht reicht natürlich weiter, weil sie auch die Schülerinnen und Schüler angeht. Die Hilfe, die Lehrerinnen und Lehrer zu Recht beanspruchen – mehr Ressourcen, weiteres Personal usw. –, kommt letztlich den Schülern und Schülerinnen zugute. Das ist der eigentliche Kern des Problems: Natürlich wirken sich Krankheitssymptome und Belastungen der Lehrerinnen und Lehrer auch auf die Qua
lität des Unterrichts aus. Deshalb ist das ein ganz zentrales Thema, das uns in den nächsten Wochen und Monaten beschäftigen muss.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle ein letztes Zitat aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 13. Februar dieses Jahres. Dort wird eine Grundschullehrerin zitiert; sie berichtet:
Als ich vor 15 Jahren als Lehrerin angefangen habe, gab es in manchen Schulen in Frankfurt den sogenannten Gemeinsamen Unterricht. Das waren Klassen mit nicht mehr als 21 Kindern, in denen es drei Inklusionskinder gab und die von einer Lehrerin und einer Förderschullehrerin gemeinsam unterrichtet wurden. Das war ein gutes Modell, das aber offenbar zu teuer war, denn es wurde wieder abgeschafft.
Meine Damen und Herren, es gibt Antworten. Es gibt Modelle, die wir auch erprobt haben. Sie sind deutlich besser und beantworten auch die die zentralen Fragen, die wir gestellt haben.
Deshalb können wir nicht zufrieden sein, solange diese Studien uns immer wieder mitteilen: Lehrerinnen und Lehrer sind stärker belastet als andere Berufsgruppen. – Das hat Konsequenzen für die Qualität des Unterrichts.
Wir wollen diese Studie haben. Wenn Sie das mit Mehrheit im Kulturpolitischen Ausschuss ablehnen würden, hätten wir auch ein gutes Argument. Dann wollen Sie nämlich nicht wissen, wie es in den Schulen tatsächlich aussieht. – Vielen Dank.
Ich frage die Landesregierung:
Welche Schritte hat sie unternommen, um bei der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans darauf Einfluss zu nehmen, dass die Ortsumfahrung im Bereich von NeuEichenberg/Hebenshausen in den vordringlichen Bedarfsplan aufgenommen wird?
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, hat die Landesregierung keinen Einfluss genommen, obwohl aus den Gemeindegremien ein Begehren vorlag.
Herr Staatsminister, haben Sie uns, die Menschen im Werra-Meißner-Kreis, gebeten – oder sogar aufgefordert –, unsere Interessen etwas lautstärker zu vertreten?
Ich frage die Landesregierung:
Welche Konsequenzen für die Planung und Durchführung einer Straßenbaumaßnahme hat es, wenn diese zwar im „Vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans steht, aber derzeit keine Planung vorliegt bzw. ungewiss ist, wann mit der Planung begonnen wird und diese abgeschlossen ist?
Herr Staatsminister Al-Wazir, können wir davon ausgehen, dass die Planungskapazitäten bei Hessen Mobil ausreichen, um die entsprechenden Planungen zeitnah voranzubringen?
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, werte Besucherinnen und Besucher! Es wird keine Überraschung geben. Wir werden dem sogenannten Zustimmungsgesetz selbstverständlich zustimmen. Es ist auch keine Überraschung, und ich habe auch keine Entzugserscheinungen, Herr Ministerpräsident, wenn ich nichts zu kritisieren habe. Alles das, was Sie sagten, ist im Konsens der Demokraten nicht nur möglich, sondern nötig.
Denn hier geht es nicht um irgendein Gesetz. Es geht um ein ganz besonderes Gesetz, das unserer Geschichte entspringt. Diese Geschichte erfordert von uns Verpflichtung
einerseits und Verantwortung andererseits. Aus beidem erwächst die Aufgabe, dass wir das historische Erbe nicht nur kritisch betrachten, sondern die richtigen Lehren und Konsequenzen daraus ziehen.
Deshalb sage ich: Verantwortung und Verpflichtung heißt, dass wir erstens alles gemeinsam tun müssen, dass in Hessen für Antisemitismus kein Millimeter Raum ist.
Zweitens – das ist die andere Seite der gleichen Medaille – müssen wir alles tun, um das Wiederentstehen, das Wiederbeleben jüdischer Kultur und jüdischer Tradition zu fördern. Ja, wir wollen, dass wir Hessen gemeinsam weiter in die Zukunft führen. Wir wissen um die schlimme Vergangenheit. Wir wissen um den barbarischen Holocaust, allerdings nur als Spitze eines jahrhundertelangen Antisemitismus. Daraus haben wir gelernt und ziehen die nötigen Konsequenzen.
Deshalb ist es richtig und gut, dass wir jetzt diesen Gesetzentwurf gemeinsam beraten und auf den Weg bringen. Ich begrüße ausdrücklich die bisherige kontinuierliche Aufstockung der Mittel, die 1986 einmal mit 2 Millionen DM begannen, mittlerweile bei 4 Millionen € liegen, dass dazu Sondervereinbarungen gekommen sind – 250.000 € bisher werden aufgestockt auf jeweils 500.000 € für die große Frankfurter Gemeinde und für den Landesverband, und es erfolgt eine Dynamisierung dieser Zuweisung in den nächsten Jahren.
Dazu kommt – das darf ich noch ergänzen, Herr Ministerpräsident –, dass das Land der Jüdischen Gemeinde Frankfurt auch bei der Entschuldungshilfe entsprechend Unterstützung leistet.
Der neue Vertrag sieht eine Laufzeit von weiteren fünf Jahren vor. Ich nannte es eben: Die Mittel sollen entsprechend aufgestockt werden.
Das teilen Sie sicherlich alle. Davon gehe ich jedenfalls aus. Ich freue mich, dass wir nicht nur in Frankfurt eine sehr lebendige und prosperierende Gemeinde haben, sondern auch in anderen Städten unseres Landes. Ich denke an Wiesbaden, an Kassel, an Marburg und andere mehr. Die neue gemeinsame Erklärung, die vereinbart wurde, soll nun in diesem Gesetzentwurf ihren rechtlichen Niederschlag finden.
Ich darf zum Schluss noch zwei Sachen ergänzen. Das sei eine Investition in die eigene Zukunft, betonte der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden, Jacob Gutmark, kürzlich. Er sagte, das Geld werde nicht nur in das Leben der Gemeinden eingehen, was die Religionsausübung angehe. Es werde auch für Kinderbetreuung, für die schulische Arbeit, für den Religionsunterricht und vieles mehr verwendet werden. Deshalb wird das, was wir mit unserer Unterstützung leisten werden, gewissermaßen ein Rundumbeitrag für die weitere Entwicklung des Lebens sein, das wir gemeinsam für unsere jüdischen Mitbürger wollen.
Ein bisschen Rückblick darf sein. Ich erinnere noch einmal an die Woche der Brüderlichkeit, die ich als Vizepräsident mehrmals miterleben und auch eröffnen durfte. Da ist etwas gewachsen. Da ist etwas gewachsen, was nicht nur ein tolerantes Nebeneinander vorsieht. Vielmehr ist daraus längst ein Miteinander geworden. Dieses Miteinander wollen wir fördern, auch durch dieses Gesetz. Deshalb werden die Mitglieder der SPD-Fraktion zustimmen.
Ich frage die Landesregierung:
Welche Gründe sind dafür verantwortlich, dass bundesweit die Kultusminister der einzelnen Länder offensichtlich verhindern, dass Ländervergleiche in der Bildungspolitik weiterhin stattfinden?
Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis würde ich gerne aus dem „Handelsblatt“ vom 11. Mai 2016 den renommierten Schulforscher Wilfried Bos wie folgt zitieren:
Es ist manchen Politikern vielleicht peinlich, wenn ihr Bundesland auf dem Niveau von Mexiko landet. Ein Teil der Länder hat offenbar kein Interesse daran, von Wissenschaftlern in der Öffentlichkeit vorgeführt zu werden.
Wie kommentieren Sie diese Aussage?
Wir können gemeinsam durchaus sicher sein, dass Hessen besser als Mexiko abschneidet, und das ist gut so.
Ich lasse aber nicht locker. Herr Präsident, ich würde mit Ihrer Erlaubnis gerne nochmals aus dem „Handelsblatt“ zitieren, diesmal Marcel Helbig, der im Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung tätig ist. Er sagt:
Keiner weiß, woran es liegt, dass die Schüler in Bremen oder Hamburg so viel schlechter sind als jene in Bayern oder Baden-Württemberg …
Weiter heißt es: „Die Folge: bildungspolitischer Blindflug.“ – Das ist doch eine massive Kritik. Können Sie dazu etwas sagen?
Herr Staatsminister, ich darf kurz aus dem Bericht des Landesrechnungshofs zitieren. Auf Seite 219 heißt es:
Mit 40,9 % aller im Landeshaushalt eingestellten Stellen umfasste der Einzelplan im Jahr 2014 den größten Personalhaushalt.
Jetzt kommt es:
Das Stellensoll sank im Dreijahreszeitraum von 63.140 auf 62.225,5 Stellen (minus 1,4 %).
Etwas später heißt es, dass bei den Beamten die Quote von 56.805,5 im Jahr 2013 auf 55.908 im Jahr 2015 sank, also um 1,4 %. Wie passt das zu Ihrer Aussage von vorhin?
Herr Staatsminister, wie hoch sind die Gesamtkosten, und welchen Anteil daran haben die 8,8 Millionen € des Landes?
Ich frage die Landesregierung:
Welche Gründe waren ausschlaggebend dafür, dass im neuen EU-Förderprogramm EFRE keine Mittel mehr im Kultusministerium ressortiert sind, sondern nur noch im Wirtschaftsministerium?
Gibt es derzeit schon eine Einschätzung, ob das die Verwaltungsabläufe wirklich vereinheitlicht, beschleunigt oder verbessert hat oder ob dadurch nicht eher große Schwierigkeiten entstanden sind?
Sehr verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich teile den Inhalt dieser Botschaft voll und ganz, nicht nur, was die Thematik dieses Tagesordnungspunkts anbelangt, sondern ich kann auch jeden Satz meines Vorredners unterstreichen. Wir sprechen hier von einem Glücksfall der deutschen Geschichte. Unsere Geschichte ist nicht sehr gesegnet mit solchen Glücksfällen. Aber wir können gemeinsam in Dankbarkeit und mit Stolz auf die Ereignisse von 1989 zurückblicken, die dann zum 3. Oktober 1990 führten, mit ganz besonderer Dankbarkeit, weil kein einziger Schuss fiel, weil die Revolution friedlich begann und friedlich endete und deshalb erfolgreich war, und mit Stolz, weil Menschen auf die Straße gingen, Zivilcourage zeigten und die Mauer zum Einsturz brachten und damit das Tor zur Wiedervereinigung aufstießen.
Ich darf kurz auf die wichtigsten Ursachen, Akteure, Ereignisse und Entwicklungen eingehen. Wie Herr Klee sage auch ich: Der 3. Oktober 1990 ist nicht denkbar ohne den 9. November 1989. Ich möchte zunächst ganz kurz auf Bertolt Brechts klassisches Gedicht „Fragen eines lesenden Arbeiters“ verweisen. Dort heißt es unter anderem:
Wer baute das siebentorige Theben? In den Büchern stehen die Namen von Königen.
Auch in unseren Geschichtsbüchern werden Namen, nicht von Königen, aber wesentlicher Politiker stehen, die dieses Ereignis ermöglicht haben. Ich aber möchte wie Brecht zunächst den Blick auf diejenigen richten, die für mich die wahren Helden sind. Das sind die Menschen, die mit Kerzen in den Händen gegen einen Unrechtsstaat, gegen eine Diktatur aufmarschierten.
Die wahren Helden sind diejenigen, die Rückgrat zeigten, als es noch zerschlagen werden konnte, die Gesicht zeigten, als die Stasi noch ihr Unwesen trieb. Diesen Menschen müssen wir bei solchen Gelegenheiten zuerst das Recht auf ihren Platz in der Geschichte zuweisen.
Die Dynamik – Herr Klee, das haben auch Sie zitiert – setzte sich fort. Aus dem Skandieren des Slogans „Wir sind das Volk“ wurde „Wir sind ein Volk“; und die Dynamik hin zur Wiedervereinigung wurde letztlich von dieser Macht von Hunderttausenden von Menschen untermauert.
Ich darf aber auch auf die Akteure verweisen, die geschichtlich gewissermaßen zu den Vorläufern gehören, an die Solidarność in Polen. Ich erinnere an die Charta 77, an Václav Havel in Prag. Ganz besonders erinnere ich an den KSZE-Prozess, dieser wäre undenkbar ohne den wesentlichen Beitrag – das sagen wir Sozialdemokraten mit Stolz – von Willy Brandt und Egon Bahr.
Egon Bahrs Blaupause mit dem Titel „Wandel durch Annäherung“ legte die wesentliche Grundlage dafür, dass die Mauer löchrig wurde, dass Informationen flossen, dass sich Menschen wieder begegnen konnten – zunächst nur von West nach Ost, aber dieser Prozess gewann so an Dynamik, dass er letztlich auch die Menschen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg erfasste.
Sie haben zu Recht Michail Gorbatschow und seine Verdienste genannt. Ich glaube, er hat sich dreifach um diese Entwicklung, um die deutsche Wiedervereinigung, verdient gemacht:
Erstens. Perestroika und Glasnost haben die Sowjetunion verändert, haben Prozesse ermöglicht, die vorher undenkbar waren.
Zweitens. Sein Befehl, dass nicht geschossen wird – ich sagte es schon –, war die wesentliche Grundlage dafür, dass das Ganze friedlich und erfolgreich beendet werden konnte.
Drittens. Ohne seine Zustimmung und ohne die Zustimmung der drei westlichen Großmächte in den Zwei-plusVier-Verhandlungen wäre der Prozess letztlich gescheitert. Deshalb will ich an dieser Stelle noch einmal das große Verdienst von Gorbatschow erwähnen.
Ich vergesse auch nicht Bundeskanzler Kohl und Außenminister Genscher, die diesen Prozess mit ihren weitsichtigen Entscheidungen natürlich erfolgreich mit eingeleitet und begleitet haben.
Lassen Sie uns gemeinsam in Freude feiern. Ja, es gibt weiterhin Trennendes zwischen den neuen und alten Bundesländern. Ich könnte auf einige Beispiele verweisen; wenn man es scherzhaft benennen wollte, könnte man sagen: Die neuen Bundesländer haben nicht eine einzige Fußballmannschaft in der ersten Bundesliga. – Aber es gibt andere Beispiele, die, glaube ich, zeigen, dass wir gemeinsame Probleme auch gemeinsam lösen müssen. Ich denke an die demografische Entwicklung. Ich denke an den ländlichen Raum und dessen Entwicklung; dort gibt es gemeinsame Aufgaben, welchen wir uns auch gemeinsam zuwenden müssen.
Lassen Sie mich damit schließen, dass diese Ereignisse auch uns, der Generation von heute, Verantwortung übertragen, Verantwortung dafür, eine Erinnerungskultur zu bewahren – dazu dienen solche Stunden wie diese auch –, Erinnerungen an das Trennende, an das Menschenverachtende, an die Mauer, an Stacheldraht und vieles mehr, und damit ein Zeichen der Trauer setzen. Aber gleichzeitig erinnern diese Ereignisse an die grenzenlose Freude, die am 9. November 1989 begann. Sie erinnern an die stolzen Aufbauleistungen, daran, dieses Projekt, dieses Problem von 17 Millionen Menschen zu stemmen, die wirtschaftlich, sozial und kulturell unter völlig anderen Bedingungen lebten. In so kurzer Zeit so viel Gemeinsames an Qualität zu schaffen, ist eine stolze Leistung aller Deutschen. Darauf können wir stolz sein.
Ich komme zum Schluss; gestatten Sie mir noch zwei Sätze. – Beleben wir also stets den Geist der Demonstranten von 1989. Feiern wir immer wieder den Sieg der Freiheit über die Diktatur, feiern wir den Sieg der Kerzen über die Gewehre. Dies bleibt der Auftrag an alle Demokraten: Wir sind ein Volk, das Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität nicht nur an Feiertagen predigt, sondern an allen Werktagen seine praktische Politik daran orientiert. – Vielen Dank.
Ich frage die Landesregierung:
Welche konkreten Maßnahmen wird sie ergreifen, um in der Kultusministerkonferenz (KMK) darauf hinzuwirken, dass die Konditionen zur Feststellung der Abiturnoten vereinheitlicht werden?
Nun wissen wir, dass die Abiturnote gerade für viele Studienanfänger immense Bedeutung hat, besonders in Numerus-clausus-Fächern. Wie kommentieren Sie folgenden Sachverhalt? 2013 schlossen in Thüringen 38 % aller Abiturprüflinge mit einer Eins vor dem Komma ab. Im angrenzenden Niedersachsen gelang es nicht einmal halb so vielen Schülern, nämlich nur 16 %.
Ein Sprecher der Kultusministerkonferenz kommentierte:
Einen Bundesdurchschnitt zu den Abiturnoten bilden wir grundsätzlich nicht, da die Abiturprüfungen in den Ländern recht unterschiedlich sind.
Reichen die von Ihnen angeführten angedachten Maßnahmen aus, um nicht zu sagen, wir hätten resigniert?
Frau Dorn, vielen Dank für die Gelegenheit, eine Zwischenfrage zu stellen. – Wissen Sie, wie lange nach diesem Vertrag noch belastete Abwässer in die Werra geleitet werden?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Erneut dürfen wir ein bekanntes Ritual erleben: Die GRÜNEN baden wohlig im Fettnäpfchen,
und die CDU übernimmt die Rolle des Bademeisters.
Meine Damen und Herren, eine Redezeit von fünf Minuten für ein durchaus komplexes Thema ist nicht angemessen. Deshalb bleiben nur klare Striche, und deshalb müssen wir in eine Diktion verfallen, die klar pointiert, die aber einer Differenzierung möglicherweise nicht nahe genug kommt.
Es ist so: Wenn Reisefreiheit, Meinungs- und Demonstrationsfreiheit nicht gewährt werden, wenn die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit von staatlicher Bevormundung nicht gegeben ist, wenn Wahlen gefälscht werden, wenn der staatliche Überwachungsapparat bis in die letzte Intimsphäre des Privaten eindringt, wenn Grenzsicherungssysteme nicht nach außen gerichtet sind, sondern gegen die eigenen Bürgerinnen und Bürger – dann herrscht Unrecht und eben keine Rechtsstaatlichkeit.
Warum gab es z. B. im Rechtssystem der DDR keine Verwaltungsgerichtsbarkeit – ein Rechtsinstrument zum Schutz des Bürgers, das den Rechten des Bürgers gegenüber dem Staat Durchsetzungsmöglichkeiten bietet? Warum kommt es denn im Jahr 1989 zu Massendemonstrationen gegen dieses Unrecht, kommt es zur friedlichen Revolution, zu einem Einigungsprozess, und die glückliche Wiedervereinigung findet 1990 statt? – Ich zitiere aus der Gründung des NEUEN FORUMS von 1989:
Allen Bestrebungen, denen das NEUE FORUM Ausdruck und Stimme verleihen will, liegt der Wunsch nach Gerechtigkeit, Demokratie, Frieden sowie Schutz und Bewahrung der Natur zugrunde.
Dafür gingen die Bürgerinnen und Bürger auf die Straße, zeigten Rückgrat, als es noch gebrochen werden konnte, zeigten ihr Gesicht, als die Greifarme der Krake Stasi noch greifen konnten.
Über die Gründung der SDP am 7. Oktober 1989, der Vorläuferin der SPD, ist zu lesen – ich zitiere –:
Alles musste konspirativ ablaufen bei der Gründung der SDP am 7. Oktober 1989. Die Sorge war groß, dass sich das kleine Häufchen mutiger Bürgerrechtler um die Pastoren Martin Gutzeit und Markus Meckel nicht wie geplant im Pfarrhaus von Schwante trifft, sondern im Stasi-Knast von Berlin-Hohenschönhausen endet.
Dazu noch einmal grundsätzlich: Das Wesentliche eines demokratischen Rechtsstaates sind die garantierten Rechte einer Opposition. Wie es damit bestellt war, zeigen diese Äußerungen anlässlich der Gründung der SDP.
Ein Wort zur Differenzierung. Gesine Schwan hat recht, wenn sie darlegt, dass nicht jedes Urteil im Arbeits- oder Verkehrsrecht auf der Basis des real existierenden Sozialismus, sondern nach geltendem Recht gefällt wurde. Sie verlangt zu Recht auch, dass die Arbeit und das Leben sämtlicher ehemaliger DDR-Bürger nicht unter einen moralischen Generalverdacht gestellt werden darf.
Man darf die 17 Millionen Menschen in der früheren DDR selbstverständlich nicht in Täter und Opfer einteilen. Aber um gerade den Opfern des Systems gerecht zu werden, muss deutlich gemacht werden, dass das Unrecht in der DDR systemisch bedingt war, staatlich organisiert war und der Absicherung der Herrschaft der SED, vereint in den Blockparteien, diente.
Ich sage Ja zu der notwendigen Differenzierung in der Aufarbeitung der Geschichte. Aber auch und gerade die Rolle der sogenannten Blockparteien muss geklärt werden.
Aufklärung, ja, Differenzierung, ja, aber Relativierung des staatlichen Unrechts, nein.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Gesine Lötzsch, DIE LINKE, stellt richtigerweise fest:
Ja, in der DDR wurden Gesetze gebrochen, Menschenrechte verletzt und Oppositionelle schikaniert und verfolgt. … Doch kann man deshalb von einem Unrechtsstaat sprechen?
Auf Twitter bekam sie die, wie ich glaube, richtige Antwort – ich zitiere –:
Ja, es ist groß, grau, hat einen Rüssel und trompetet. Aber ob es deshalb ein Elefant ist?
Ja, es ist ein Elefant, und ja, es war ein Unrechtsstaat.
Ein letztes Zitat. Ich zitiere aus einem Papier der SPD, der GRÜNEN und der LINKEN in Thüringen aus den Sondierungsgesprächen zur Regierungsbildung:
Dabei geht es um eine demokratische Kultur von morgen.
Für eine Aufarbeitung in die Gesellschaft hinein ist es von Bedeutung festzuhalten: Die DDR war eine Diktatur, kein Rechtsstaat.
… weil jedes Recht und Gerechtigkeit für diejenigen verloren waren, die sich nicht systemkonform verhielten, war die DDR in der Konsequenz ein Unrechtsstaat. Daraus erwächst besondere Verantwortung.
Dies gilt nicht nur für die LINKEN in Thüringen, sondern auch für die LINKEN in Hessen.
Sehr verehrter Herr Präsident, ich frage die Landesregierung:
Warum will sie der Erweiterung der Naturparkfläche Meißner-Kaufunger Wald durch den Beitritt der Kommunen Großalmerode, Herleshausen, Hessisch Lichtenau und Sontra die Genehmigung versagen?
Sie zitieren sehr zu Recht das Bundesnaturschutzgesetz und beziehen sich auf das Jahr 2008. Damals wurden die Landschaftsschutzgebiete auf der Grundlage einer Verordnung umgewandelt. Da sind also FFH-Gebiete entstanden, die dann keine Landschaftsschutzgebiete mehr waren. Teilen Sie meine Auffassung, dass es schwierig ist, die Qualitätsstandards zwischen FFH- und Landschaftsschutzgebieten zu unterscheiden oder ungleich aussehen zu lassen?
Ich teile ausdrücklich Ihre Auffassung: Ein Überdenken der Qualitätsstandards ist bei dieser Gelegenheit sicherlich sinnvoll. Ich schätze sehr, dass Sie dabei an Lösungsmöglichkeiten denken. Heißt das auch, dass wir über eine Novellierung des Naturschutzgesetzes nachdenken müssen?
Verehrte Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Zu diesem Antrag kann man ganz viel sagen, nur eines nicht, dass dies ein Dokument politischer Bescheidenheit sei.
Von einem Vier-Sterne-Platz der innovativsten Länder sind wir eine ganze Ecke entfernt. Der Antrag hat das Motto: Eigentlich sind wir nicht so toll, aber um so doller wollen wir uns beklatschen. – Das wird nicht funktionieren, wenn man sich etwas genauer und etwas kritischer damit befasst.
Herr Boddenberg, fangen wir einmal mit dem Titel an. Der Titel lautet: Hessen bleibt Innovationsregion in Europa. – Das finde ich klasse. Mit großer Dankbarkeit nehmen wir zur Kenntnis, dass die Regierungskoalition Hessen in Europa belassen will.
Es besteht offensichtlich keine Absicht, uns in einen anderen Kontinent zu integrieren. Ein Zweites: Sie sagen, Hessen bleibt Innovationsregion. Dies setzt etwas voraus, nämlich dass man eine Innovationsregion ist. Jetzt schauen wir einmal etwas genauer hin, und dann zitiere ich aus dem Innovationsindikator, der vom BDI, vom Fraunhofer Institut und von der Deutschen Telekom Stiftung herausgegeben wird:
Trotz aller Anstrengungen gelingt es Deutschland nicht, in die Spitzengruppe der innovationsfähigsten Industrienationen vorzustoßen. Im internationalen Vergleich belegt Deutschland unter 28 Industrieländern zusammen mit den USA nur noch Platz 6. Da
bei rutschte die größte Volkswirtschaft Europas um zwei Plätze ab. Das ist das Ergebnis der Innovationsindikators 2012, den die Deutsche Telekom Stiftung und der Bundesverband der Deutschen Industrie … veröffentlichten.
Das ist kein Anlass zu übertriebener Freude.
Zu Hessen und den anderen Bundesländern komme ich später. Ein wesentlicher Grund, weshalb wir relativ bescheidener abschneiden als andere, ist das Bildungssystem.
Ein wesentlicher Grund für den Rückstand Deutschlands ist demnach die Schwäche des Bildungssystems. Hier landet Deutschland nur auf Platz 17 [von 28 Ländern]. „Mit Ausnahme der beruflichen Bildung hapert es in der gesamten Bildungskette, von der Kita bis zur Hochschule und in die Weiterbildung hinein“, erklärte der Vorsitzende der Stiftung, der ehemalige Außenminister, Klaus Kinkel (FDP).
Das ist wahrlich kein Zeugnis, mit dem man nur Lob verdient. Im weiteren Verlauf gehen die Autoren nochmals auf die Kernforderungen ein. Sie schreiben Deutschland quasi ins Stammbuch, dass Bildungsreform statt Bildungsreformitis angesagt sei: vorschulische Programme, um Kindern aus sozial benachteiligten Familien zu helfen; mehr Chancengleichheit in der Bildung herzustellen; Schüler mit unzureichendem Lernerfolg in der Pflichtschule rechtzeitig zu fördern und ihnen die Voraussetzungen für eine berufliche Ausbildung zu vermitteln usw.
Wir sind weit entfernt davon, dass wir Bildungserfolg vom sozialen Status hätten abkoppeln können. Dies ist immer noch in Deutschland und auch in Hessen eine Riesenursache für das Versagen von vielen. Wo sind die Ganztagsangebote, die wirklich fördern, die alle Begabungen berücksichtigen, die verhindern, dass frühzeitig Karrieren beginnen, die anschließend beim Sozialamt enden?
Das ist letztlich Gegenstand aller gesellschaftlichen Betrachtungen. Nicht nur Reichtum wird vererbt, sondern auch Armut. Deswegen müssen wir gerade an diesen Stellen richtig nacharbeiten und dürfen uns nicht selbst beloben.
Ich will auf einen weiteren Punkt hinweisen: Innovation und Innovationsfähigkeit sind selbstverständlich Voraussetzungen für zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg, Voraussetzung für die Konkurrenzfähigkeit von Wissenschaft und Wirtschaft. Wenn man liest:
Neben den eher kooperations- und kreativitätshemmenden Lehrstuhlstrukturen stellen vor allem die im internationalen Vergleich ungünstigen Perspektiven des Nachwuchses eine große Herausforderung dar. So haben viele Arbeitsverträge sehr kurze Laufzeiten und bieten keinen geeigneten Rahmen für eine wissenschaftliche Qualifikation. Nur ca. 10 % der Wissenschaftler an den deutschen Universitäten haben eine unbefristete Anstellung. Und für die große Zahl der neu promovierten Wissenschaftler existie
ren fast keine Stellen für eine Anschlussbeschäftigung an den Hochschulen. Diese Situation führt letztlich zur Abwanderung talentierter Wissenschaftler ins Ausland oder in eine wissenschaftsferne Tätigkeit und somit zu einem Verlust an Humankapital.
dann ist dem nichts hinzuzufügen, da gibt es Handlungsbedarf.
Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt in der gebotenen Kürze ansprechen. – Das duale System wird ausdrücklich gelobt. Ich weise auf eine Schwierigkeit hin. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage des Kollegen Yüksel, die in diesen Tagen in unseren Postfächern lag, wurde mitgeteilt, dass jedes vierte Ausbildungsverhältnis vorzeitig abgebrochen wird. Wir loben zu Recht noch einmal das duale System. Ich sage aber auch hier: Genauer hinschauen, wenn wir wirklich die nächste Generation zukunftsfähig heranführen wollen, dass sie erfolgreich an der Wirtschaft mitarbeitet und sich selbst ein Leben in Eigenverantwortung gestalten kann. – Vielen Dank.
Ich frage die Landesregierung:
Bis wann ist mit der Neubesetzung der Stelle einer Schulleiterin/eines Schulleiters an der Freiherr-vom-SteinSchule in Hessisch Lichtenau zu rechnen?
Herr Staatsminister, mir liegt ein Schreiben des Schulelternbeirats vor, dass am 16.06. noch keine Ausschreibung erfolgt war, obwohl seit Monaten bekannt ist, dass der Schulleiter mit Ende des Schuljahres ausscheidet. Ist das normal, ist es gewöhnlich, dass eine Ausschreibung trotz Kenntnis des Ausscheidens so lange nicht erfolgt?
Nun ist nicht auszuschließen, dass eine Konkurrentenklage erfolgt. Das heißt, das Verfahren könnte sich über weitere Monate hinziehen. Wie gedenken Sie die Übergangszeit zu gestalten?
Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen, verehrte Kollegen, liebe Schülerinnen und Schüler, werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Herr Klein, zunächst einmal danke dafür, dass Sie dieses Thema als Setzpunkt genommen haben. Es findet grundsätzlich unsere Zustimmung, weil es ein Thema in den Mittelpunkt rückt, das durch die Diskussion um G 8 und G 9 offensichtlich ein bisschen in Vergessenheit geraten ist. An dieser Stelle sind wir dankbar, dass der Blick auch auf das andere Ende der Leistungsskala bzw. der Erfolgsskala gerichtet wird.
Es ist eine gesellschaftliche Notwendigkeit, gerade denjenigen die größtmögliche Unterstützung anzubieten, die es am dringendsten nötig haben. In einer Zeit, in der die demografische Entwicklung in Deutschland besonders schwierig ist, in einer Zeit, in der wir wissen, dass jeder
Ausbildungsplatz besetzt werden muss, in einer Zeit, in der aber auch die Gefahr droht, dass immer mehr junge Menschen nicht in diesen Ausbildungsmarkt hineinkommen, ist es umso dringlicher, genau dafür Maßnahmen zu schaffen, die erfolgsversprechend sind und die allen jungen Leuten eine Zukunft in eigener Verantwortung bereitstellen, eine Zukunft, in der sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen können und nicht alimentiert werden. Das ist für mich ein Grundrecht.
Der Einzelne muss die Möglichkeit haben, aufgrund von äußeren Bedingungen sein Optimum für sein Leben zu gestalten. Umgekehrt ist es ein gesellschaftliches Interesse, durch Prävention am Anfang zu verhindern, dass anschließend Karrieren die Gesellschaft und den Einzelnen sehr teuer kommen. – Von daher Konsens, was den Grundsatz bei diesem Thema angeht. Aber es gibt beim Lob und beim Konsens auch Grenzen, auf die werde ich gleich hinweisen.
Der Zeitpunkt ist richtig gewählt, weil die europäische Förderperiode ausgelaufen ist und wir zu Beginn einer neuen Förderperiode stehen. Noch haben wir nicht die Ausführungsbestimmungen, wie das neue Konzept im Detail aussehen wird. Vielleicht war auch der Dringliche Berichtsantrag der SPD vom 11. März Anlass für Sie, sich um dieses Thema zu kümmern – was wir auch schon getan haben, und zwar einige Monate früher.
Im Blickpunkt stehen die jungen Menschen, die unter dem Begriff „Bildungsverlierer“ oder unter dem Begriff „Schulabbrecher“ subsumiert werden. Die EU definiert übrigens „Schulabbrecher“ noch ein ganzes Stück weiter. In der Definition der EU sind nicht nur Schülerinnen und Schüler ohne Hauptschulabschluss gemeint, sondern auch diejenigen mit Hauptschulabschluss, aber ohne Ausbildungsabschluss.
An dieser Stelle kommt die erste massive Kritik, weil Sie diese Schülerinnen und Schüler überhaupt nicht im Blick haben. Sie haben die jungen Menschen, die jetzt im EIBEProgramm sind, völlig ausgeklammert. Sie sprechen in dem gesamten Antrag nur von SchuB. Das ist eine wichtige Gruppe, und das ist auch eine Antwort, ein Modell, auf die dringende Frage des gesamten Problems. Es ist aber keine abschließende Antwort auf das gesamte Problem.
Deshalb kommt von uns massive Kritik, weil Sie zu EIBE überhaupt nichts sagen. Ganz kurz in der gebotenen Eile, die bei zehn Minuten Redezeit notwendig ist: Der EIBEMonitor zeigt, dass etwa 20 bis 25 % der Abgänger in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden können. Die Hälfte aller EIBE-Schülerinnen und -Schüler findet anschließend tatsächlich einen Weg und bekommt somit Möglichkeiten für den Erfolg am Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft, und damit wird die Teilhabe eröffnet.
Das Programm muss dringend fortgeführt werden. Es muss offen sein für alle Altersstufen, auch für diejenigen, die über 18 Jahre alt sind. Es muss Projektarbeit, erweiterten schulischen Rahmen, schulische Sozialarbeit, kleine Gruppen und, darauf richte ich den Blick ganz besonders, besondere Unterstützung für Migranten weiterhin geben. Der Anteil der Migranten ohne schulischen oder beruflichen
Abschluss ist proportional deutlich größer. Deswegen brauchen wir zusätzliche Programme, um diesen jungen Menschen zu helfen, die in Deutschland leben und arbeiten wollen, um letztlich auch den Mittelpunkt ihres Lebens hier finden zu können.
Dazu noch zwei wichtige Anmerkungen. Dieses Programm wird durch die beruflichen Schulen durchgeführt. Ich habe den Eindruck, es drohe die Gefahr, dass die Regierungsfraktionen beabsichtigen, dies mit den SchuB-Klassen zu verknüpfen. Ich warne davor. Es handelt sich um eine besondere Klientel, die gerade durch die Betreuung und das Engagement in beruflichen Schulen Erfolge vorzuweisen hat. Eine Vermischung zwischen diesen beiden Gruppen kann beiden nicht zum Erfolg gereichen.
Nächster Punkt: SchuB. Herr Klein, ich bin Ihnen an dieser Stelle auch dankbar, und völliger Konsens: Dieses dicke Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen, die dort arbeiten, also Sozialpädagoginnen und -pädagogen und Lehrerinnen und Lehrer, teile ich. Sie wissen, ich bin Gymnasiallehrer. Ich gestehe, die Arbeit am Gymnasium ist leichter. Deswegen würdige ich ganz besonders die Arbeit derjenigen, die dort handwerklich, pädagogisch und engagiert für die Menschen Chancen schaffen, die es aus eigener Kraft nicht schaffen können.
Wenn wir sagen, wir stellen SchuB nicht grundsätzlich infrage, das ist eine Antwort von weiteren möglichen, dann stellen wir Anforderungen an SchuB, die eben schon für EIBE genannt wurden. Die sozialpädagogische Betreuung ist ein wichtiger Meilenstein, ein wichtiger Baustein für das gesamte Konzept. Ich will auf ein Problem hinweisen. Noch wissen wir nicht, wo die neuen Standorte sein werden. Erst durch die Ausschreibung im Amtsblatt gibt es neue Bewerbungen. Ich plädiere sehr dafür, dass wir in den Regionen, gerade im ländlichen Raum, dafür sorgen, dass die bisherigen Standorte auch erhalten bleiben. Längere Anfahrten sind gerade für diese Schülerinnen und Schüler ein Riesenproblem. Deshalb brauchen wir in der Fläche ein komplettes Angebot an Standorten, mindestens in dem Ausmaß wie bisher auch.
Die zweijährige Tätigkeit in der 8. und 9. Klasse muss erhalten bleiben. Die Aufteilung drei Tage Schule und zwei Tage Praxis hat sich bewährt. Die Gruppengröße darf maximal bei 15 Schülerinnen und Schülern liegen. Es darf nicht unter Sparzwängen die Situation entstehen, dass man SchuB auf Klasse 9 begrenzt. Die zweijährige Ausbildung ist sicherlich mit Garantie und Fundament für den bisherigen Erfolg.
Ich habe nur noch wenig Redezeit. Gesamtzeit: nur noch drei Minuten. – Ich lese das das erste Mal in meiner Laufbahn hier.
Herr Wagner, zu Ihrer Freude gehe ich wieder auf den Antrag ein. In Abs. 2 des Antrags steht:
Der Landtag würdigt daher die Ankündigung der Landesregierung zur Fortführung der SchuB-Standorte über das Auslaufen der gegenwärtigen Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) zum Schuljahr 2013/14 hinaus.
Wenn das so ist, sind wir mit Ihnen im Konsens. Das habe ich eben gesagt. Wenn das aber nur eine Absichtserklärung ist, die nicht in die Tat umgesetzt wird, haben wir Streit miteinander, weil wir den Erhalt aller Standorte wollen.
In Abs. 3 des Antrags heißt es:
… die Einrichtung von Lerngruppen mit erhöhtem Praxisbezog in der 8. Klasse einen lückenlosen Übergang zwischen den beiden Förderperioden ermöglichen wird.
Was wird denn nach der 8. Klasse? Diese Frage ist für mich noch nicht beantwortet. Ich gehe davon aus, dass im Anschluss an den 8. Jahrgang immer noch ein 9. kommen wird, der dann konsequenterweise aus Landesmitteln bezahlt werden muss. Diese Aussage müssen Sie aber treffen. Darauf müssen sich Schulen, Eltern, Schülerinnen und Schüler verlassen können. Das ist ganz wichtig.
In Abs. 5 des Antrags heißt es:
… dass die praxisnahe Berufsorientierung und die erfolgreiche Vermittlung junger Menschen in Ausbildungsverhältnisse als Folge der SchuB-Initiative einen wichtigen und wirkungsvollen Ansatz zur Stärkung der Beschäftigungs- und Ausbildungsfähigkeit der betreffenden Schülerinnen und Schüler darstellt …
Ja, jetzt kommt das Aber. Schauen Sie sich bitte einmal die Abbrecherquote in den Ausbildungsverhältnissen an. Ich wage einmal die Behauptung, dass dabei auch ein Teil der Schülerinnen und Schüler ist, die SchuB erfolgreich durchlaufen und einen Hauptschulabschluss haben, aber anschließend im Ausbildungsverhältnis durchaus in Schwierigkeiten kommen.
Deshalb sagen wir: Wer wirklich Erfolg haben will, muss auch das Ausbildungsverhältnis entsprechend begleiten, damit diese jungen Leute tatsächlich im Beruf erfolgreich sind und die Ausbildung erfolgreich abschließen. Ansonsten wäre nur ein halber Gewinn entstanden mit Hauptschulabschluss in SchuB. Das kann uns nicht genügen. Wir brauchen anschließend die erfolgreiche Ausbildung. Deshalb muss auch dort begleitend und helfend eingegriffen werden.
Zum Abschluss teile ich die Position von Frau Cárdenas. Das ist auch die Position der SPD: frühe gezielte Förderung, individuelle Förderpläne, Ganztagsangebote, Schulsozialarbeit in der Schule schon früh stärken. Wenn man „kein Kind zurücklassen“ ernst nimmt – das ist Ihr von uns dann übernommener Slogan geworden –, dann sage ich: Jedem Jugendlichen muss man auch eine zweite und manchmal auch eine dritte Chance geben, damit er nicht verloren geht, damit er seinen Platz in der Gesellschaft findet.
Ganz besonders wichtig, und damit auch letzter Satz: Wir wissen, dass nicht nur Reichtum vererbt wird. Wir wissen auch, dass Armut vererbt wird. Wir wissen auch, dass pre
käre soziale Verhältnisse vererbt werden. Gerade deshalb sind all die Maßnahmen notwendig,
um wirklich Erfolg zu haben. – Vielen Dank.