Protokoll der Sitzung vom 21.05.2014

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Och nee!)

Genau das zeigt dieser Haushalt, in dem eine zulässige strukturelle Neuverschuldung nach den Regeln der sogenannten Schuldenbremse von 415 Millionen € ausgewiesen wird. Aus unserer Sicht bietet der Nachtragshaushalt keine sonderlichen Überraschungen. Nachdem die GRÜNEN einem echten Politikwechsel in Hessen eine Absage erteilt haben, war das auch nicht anders zu erwarten. Also ein „Weiter so“ wie früher.

Es ist offensichtlich egal, mit wem die CDU in Hessen regiert – ob mit FDP oder GRÜNEN, in Hessen bleibt alles beim Alten. Die Schuldenbremse wird wie eine Monstranz vor sich hergetragen, um die dringend notwendigen Mehrausgaben abzuwehren. Es wird versucht, den Landeshaushalt auf Kosten der Kommunen zu sanieren; dazu hat der Kollege Schmitt einiges gesagt.

Es wird mit der Weimar-Rücklage hantiert, als sei sie für einen Konjunkturausgleich geschaffen worden. Und ein sinnloses Prestigeprojekt wie Kassel-Calden wird durchgezogen, koste es, was es wolle.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das Ding ist leider schon fertig gebaut! – Gegenrufe von der LINKEN)

Wer die GRÜNEN gewählt hat, der wacht nun mit einem CDU-Nachtragshaushalt auf.

(Beifall bei der LINKEN)

Schwerpunkte, die von der neuen Koalition angekündigt wurden, gibt es frühestens nächstes Jahr vielleicht im Haushalt. Gerade was das Sozialbudget betrifft, hätte man hier mehr erwarten können, geht es doch nur um eine vergleichsweise kleine Summe von etwa 18 Millionen €. Davon aber keine Spur.

Die Ansage an alle, die darauf gehofft hatten, dass die brutalstmöglichen Kürzungen der Ära Koch wenigstens teilweise zurückgenommen werden, ist klar. Sie lautet eindeutig: Sozial kann warten.

Meine Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, es mag für Sie ja zu verschmerzen sein, dass dieser Nachtragshaushalt keine neuen Schwerpunkte setzt. Aber das bedeutet eben auch, dass Sie das erste Jahr Ihrer Regierungszeit im Haushalt bereits verschenkt haben.

Statt zu zeigen, dass Schwarz-Gelb nicht nur durch das Gerede von einem neuen Stil abgelöst wurde, sondern dass Schwarz-Grün etwas Neues ist, begeben Sie sich auf ausgetretene schwarz-gelbe Pfade.

(Beifall bei der LINKEN)

So strotzt dieser Haushalt vor Erblasten einer schwarz-gelben Landesregierung. Exemplarisch sind hier die Millionen, die auch in den kommenden Jahren am verkehrsberuhigten Flughafen Kassel-Calden versenkt werden, oder die Prozesskosten, die die letzte Landesregierung hinterlassen hat. Allein über 2 Millionen € plant die Landesregierung an Prozesskosten für die Stilllegung des AKW Biblis ein.

Und die werden möglicherweise nur die Spitze des Eisbergs sein, den die Immer-noch-Ministerin Puttrich wesentlich zu verantworten hat.

(Zuruf von der CDU: Na, na, na!)

Den größten Bock schießt aber der Finanzminister selbst. Nachdem es letztes Jahr fast an der Öffentlichkeit vorbeiging, greifen Sie auch dieses Jahr wieder in die freiwillige Versorgungsrücklage, um den Haushalt bei der Aufstellung besser aussehen zu lassen.

Die sogenannte Weimar-Rücklage, mit der zukünftige Beamtenpensionen teilweise bezahlt werden sollen, wird nach diesem Nachtragshaushalt nur noch dann gezahlt, wenn am Ende des Jahres Geld übrig sein sollte. Was auf den ersten Blick vernünftig klingt, ist aber letztlich nichts anderes als ein durchsichtiges Manöver.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Denn allein diese Maßnahme verschafft der Landesregierung einen zusätzlichen Handlungsspielraum von über 100 Millionen €. In der Sache bin ich durchaus dabei, zu sagen, dass es Unsinn ist, eine Rücklage zu bilden, wenn man gleichzeitig neue Schulden aufnehmen muss. Aber dann sollte man sich eben auch dazu entscheiden, diese Rücklage nicht weiter aufzubauen. Stattdessen schreiben Sie aber jetzt in den Haushalt, dass die Weimar-Rücklage nicht weiter bedient wird. Wenn aber am Jahresende noch Geld übrig sein sollte, dann wollen Sie die Weimar-Rücklage doch noch bedienen.

Ganz ehrlich: Das stinkt zum Himmel. Denn wenn am Ende des Jahres noch Geld übrig sein sollte, dann kann man darüber nachdenken, die Neuverschuldung zu reduzieren oder notwendige Ausgaben mit den aufgenommenen Krediten zu bezahlen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist aber einfach widersinnig, die Schulden dafür aufzunehmen, um eine Rücklage zu bedienen. Entweder man kann es sich leisten, zusätzliche Rücklagen zu bilden, oder eben nicht. Solange wir aber Schulden aufnehmen, weil einige die Vermögensteuer immer noch verhindern, brauchen wir über zusätzliche Rücklagen eigentlich nicht nachzudenken.

Wenn Sie es tatsächlich schaffen, die 100 Millionen € im laufenden Haushalt zusätzlich zu erwirtschaften, dann frage ich Sie, warum das nicht schon jetzt bei der Aufstellung auch so veranschlagt wird. Denn 100 Millionen € sind kein Pappenstiel, den ein Finanzminister mal eben am Parlament vorbei erwirtschaften sollte. Darüber möchte ich als Abgeordneter eben vorher informiert werden. Denn hier geht es um Dimensionen, die das Haushaltsrecht des Parlaments berühren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein „Weiter so“ ist dieser Haushalt aber auch auf der Einnahmeseite. Daran sind nicht allein die GRÜNEN und die CDU schuld. Daran trägt auch die SPD eine erhebliche Mitverantwortung, denn es sind die Sozialdemokraten, die im Bund nichts mehr davon wissen wollen, dass sie im Wahlkampf noch für höhere Steuern auf große Einkommen und auch für die Vermögensteuer geworben haben.

Stattdessen reden nun auch Sozialdemokraten von der Abschaffung der kalten Progression, die vielen Menschen nur enttäuschend kleine Beiträge an Entlastung bringen kann, gleichzeitig aber weiter Löcher in die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen reißen wird.

Es geht also weiter wie bisher. Die Vermögensteuer wird von einer großen Koalition aus CDU, SPD, GRÜNEN und Rest-FDP verhindert. Dabei hätte Hessen allein mit der Vermögensteuer nicht nur einen ausgeglichenen Haushalt, sondern strukturell sogar mehrere Hundert Millionen Euro Überschuss – genug also, um wichtige Investitionen in die Infrastruktur, die öffentliche Daseinsvorsorge und im Bildungsbereich zu tätigen.

Statt aber wenigstens den Versuch zu unternehmen, das große Rad der Vermögensteuer zu drehen, geht man auch dieses Jahr den Weg, die Grunderwerbsteuer zu erhöhen. Zunächst möchte ich den Regierungsfraktionen dazu gratulieren, dass sie es dieses Jahr geschafft haben, dafür auch rechtzeitig einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen, und diesmal nicht auf unsere Initiative angewiesen sind.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

Aber ich muss Ihnen auch ins Stammbuch schreiben, dass die erneute Erhöhung der Grunderwerbsteuer nur ein Notnagel ist. Die Grunderwerbsteuer ist nicht die Steuer, mit der man den Landeshaushalt nachhaltig sanieren wird. Ich erwarte schon von der Landesregierung, dass sie hier deutlich macht, wie man die Möglichkeiten der Steuerumgehung weiter einschränken will.

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Im letzten Jahr ist man dabei schon ein gutes Stück vorangekommen. Aber es ist immer noch zu erwarten, dass insbesondere Großinvestoren mit Beteiligungsmodellen versuchen könnten, auch diese Steuer zu umgehen.

Ich nehme an, dass niemand hier im Haus will, dass die Grunderwerbsteuer eine Steuer wird, die vor allem von den besonders Großen in der Immobilienbranche umgangen werden kann. Vielleicht ist dies auch ein guter Ansatzpunkt, um sich einmal darüber zu unterhalten, ob man nicht wie in den USA verlangen kann, dass Steuersparmodelle der Steuerbehörde angemeldet werden müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für meine Fraktion kann ich Ihnen aber schon jetzt signalisieren, dass wir zumindest die Erhöhung der Grunderwerbsteuer prüfen werden, aber auch mit dem deutlichen Hinweis, dass wir nicht immer wieder bereit sein werden, diese einzige kleine Steuerschraube des Landes zu drehen, nur weil an anderer Stelle CDU, SPD, GRÜNE und FDP nicht bereit sind, das Einnahmeproblem der Länder zu beheben.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieses Eingeständnis der Landesregierung nehmen wir aber auch zur Kenntnis: Hessen hat ein Einnahmeproblem. Das kann sicher nicht auf der Landesebene allein gelöst werden. Die Grunderwerbsteuer kann hier nur der Anfang sein.

(Manfred Pentz (CDU): Das wird durch die Schuldenmachpartei gelöst!)

Solange aber die großen Schuldenbremser aus den anderen Parteien nicht bereit sind, ernsthaft über die Wiedererhebung einer Vermögensteuer zu diskutieren, bleibt Ihnen

nichts anderes übrig als die Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Viel mehr kann das Land nicht machen.

Für die weiteren Beratungen des Nachtragshaushaltsentwurfs ist aber klar: Die Landesregierung hat zumindest im Prinzip erkannt, dass Hessen dieses Einnahmeproblem hat. Allein es fehlt der Wille, es auch anzugehen. – Dazu müsste man bereit sein, einen echten Politikwechsel einzuleiten. So ist aber Schwarz-Grün nichts anderes als das „Weiter so“ schwarz-gelber Politik.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will noch ein paar Worte zu dem heute vorgelegten Gesetzentwurf der FDP-Fraktion sagen. Sie hätten sich diesen Gesetzentwurf sparen können. Durch Bundesgesetz ist geregelt, dass die Grunderwerbsteuer 3,5 % beträgt. Sie hätten also sagen können: Wir setzen dieses Gesetz aus. – Dann hätten wir uns das ganze Papier sparen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort erhält Herr Kollege Jörg-Uwe Hahn für die FDP-Fraktion.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Was interessiert mich mein Gesetz von gestern!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gebe zu: 23:40 Uhr ist nicht mehr die Zeit, zu der ich noch Presseerklärungen der Regierung lese. Als ich heute Morgen gegen 7 Uhr die Rede des Finanzministers Thomas Schäfer sozusagen garniert mit Tee und Frühstücksei lesen konnte, habe ich mir gedacht: Mensch, das ist ein guter Verkäufer.

(Beifall des Abg. Florian Rentsch (FDP) – Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich habe mir gedacht: Thomas, es ist super, wie du das hinbekommst. – Das habe ich mir gedacht. Ich bin jetzt gleich wieder beim Sie. Er hat aus dem Entwurf eines Haushaltsgesetzes, den eine neue Landesregierung vorlegt, so viel gemacht. Glückwunsch.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, leider ist nur vieles von dem, was der Hessische Finanzminister Dr. Thomas Schäfer Ihnen hier heute vorgetragen hat, nicht zu 100 % mit der Realität deckungsgleich.

(Zuruf von der CDU: Na, na, na!)