Protokoll der Sitzung vom 23.11.2017

Die Zukunft der Mobilität und auch der Automobilindustrie ist die intelligente und vernetzte Mobilität mit guten Produkten. Das wird Opel leisten. Das hoffen wir. Wenn Opel zur Premiummarke wird, machen wir uns auch keine Sorgen mehr um den Standort und um die Beschäftigten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Opel war schon immer weitsichtig und erfolgreich. Am Anfang wurden fünf Jahrzehnte lang Fahrräder gebaut. Adam Opel hat den Satz geprägt: Bei keiner anderen Erfindung ist das Nützliche mit dem Angenehmen so eng verbunden wie beim Fahrrad. – Wir feiern jetzt 200 Jahre Fahrrad. Wenn wir in 200 Jahren 200 Jahre Elektromobilität bei Opel feiern werden, dann ist das ein guter Erfolg für den Standort.

Ich habe ein Plakat mitgebracht, auf dem steht: „Opel: feine Marke – jetzt und hoffentlich auch in 100 Jahren“.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Müller. – Das Wort hat Frau Abg. Schott für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als der PSAChef seinen Sanierungsplan vorgestellt hatte, ist uns – glaube ich – allen ein Stein vom Herzen gefallen. Noch einmal davongekommen, war so ein Gefühl, das sicherlich viele hatten. Aber mehr ist es im Moment auch noch nicht als „noch einmal davongekommen“.

Wie viele andere Firmen auch stellt Opel Produkte her, die wir zur Mobilität brauchen. Damit stehen sie in Konkurrenz zu VW, Toyota, Tesla, Daimler und Co., aber auch zu Bussen und Bahnen der hessischen Verkehrsverbünde und Konzernen wie Siemens.

Was die Produktion von Autos angeht, haben wir seit Jahren eine Überkapazität. Der Markt ist hart umkämpft, und

wir LINKE sorgen uns um jeden Arbeitsplatz, während wir gleichzeitig wissen, dass dauerhaftes Wachstum, immer größere Autos und zunehmender Individualverkehr keine Zukunft haben, wenn mit Klimaschutz und Verkehrswende Ernst gemacht werden soll.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie für den Erhalt der Forschungs- und Produktionsstätten in Hessen eintreten, muss dem Management von PSA, Opel oder VW, aber auch der Hessischen Landesregierung eines klar sein: Als Autokonzern reicht es heute nicht mehr aus, nur Autos zu bauen. Wer zukünftig erfolgreich sein will, muss als Dienstleister ganze Mobilitätskonzepte anbieten, in denen die Hardware E-Auto nur ein Bestandteil ist.

Die Konzerne müssen ihre Strategien an der Entwicklung der Mobilitätsbedürfnisse der Menschen und an Anforderungen an eine zu verändernde Mobilität in Zeiten des Klimawandels und knapper Ressourcen ausrichten. Spätestens an dieser Stelle kommt die Politik ins Geschäft. Der Klimaschutz sowie der übermäßige Ressourcenverbrauch erfordern eine andere Mobilität. Für die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors braucht Opel sein Entwicklungszentrum nicht mehr. Wenn wir den Klimawandel, die Pariser Klimaschutzvereinbarung und das Kanzlerinnen-Statement zur Dekarbonisierung unserer Wirtschaft ernst nehmen, ist das Ende der fossilen Verbrennungsmotoren absehbar. Dieser Prozess muss jetzt eingeleitet werden. Das ist vor allem Aufgabe der Politik, nicht der Autobauer, die gern mit ihrer etablierten Technik weiter Geld verdienen möchten.

Es ist die Aufgabe der Politik, den gesellschaftlichen Aushandlungsprozess über die Zukunft unserer Mobilität anzuschieben und zu modernisieren. Konzernmanagement, die Belegschaft von Opel, die Gewerkschaft oder die kommunalen Stadtwerke sind dabei einige Akteure unter vielen.

Wir, die Politikerinnen und Politiker, sind aufgefordert, auf die Spielregeln zu achten. Die Grenzen der Belastbarkeit unserer Umwelt verlangen von uns, ökologische Leitplanken für die Mobilität zu setzen. Die sozialen Erfordernisse verlangen, für gute Arbeits- und Einkommensbedingungen für die Beschäftigten zu sorgen und Standorte nicht gegeneinander auszuspielen.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Gesundheitsschutz verlangt, den Ausstoß von Schadgasen zu reduzieren, und für die soziale Gerechtigkeit darf Mobilität nicht zum teuren Luxusartikel werden.

Kurz: Unser Job ist, eine Verkehrswende einzuleiten und dafür die sozialen und ökologischen Leitplanken aufzustellen.

Aber noch nicht einmal das Wort „Verkehrswende“ hat es in den schwarz-grünen Koalitionsvertrag geschafft, geschweige denn, in die Inhalte.

Teil des Sanierungsplans der Tochter des französischen PSA-Konzerns ist die schnelle Einführung von Elektromodellen bis 2020. Aus bekannten Gründen ist Opel nicht gerade der Exportweltmeister. Der heimische Markt ist also besonders wichtig. Ohne Ladeinfrastruktur wird aber niemand E-Autos kaufen.

Es ist ja schön, dass die Landesregierung an einigen Gebäuden Steckdosen installieren lässt und die wenigen Ladestationen in Hessen in einer Karte darstellt. Das ist aber

keine sozial-ökologische Verkehrswende und wird weder Pendler noch Handwerker zum Umsteigen auf E-Autos verleiten.

Opel hat geliefert, jetzt muss die Politik liefern. Die Aktivitäten der Landesregierung sind aber eher kläglich. Was wir brauchen, ist ein verlässlicher Plan, wie wir in den kommenden Jahren zu einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur kommen. Herr Minister, das schafft Sicherheit für die Investitionen und die Arbeitsplätze.

Für Nordhessen hätten wir da einen Vorschlag: Anstatt weiterhin Geld an einem so nicht benötigten Flughafen zu verpulvern, sollte die Landesregierung mit diesen Millionen die Ladeinfrastruktur aufbauen. In wenigen Jahren hätte Nordhessen das beste Ladenetz in ganz Deutschland. Dann wäre Hessen einmal richtig vorn.

(Beifall bei der LINKEN)

In spätestens drei Jahren muss bei Opel neu investiert werden, sonst wird es dunkel. Verantwortlich handeln heißt an dieser Stelle, Konversion frühzeitig einzuleiten, soziale und ökologische Belange, Arbeitsplätze, Wirtschaft und Klimaschutz zusammenzubringen. Die Hessische Landesregierung versagt hier.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

Mein letzter Satz, Herr Präsident. – Sie ist leider eher Teil des Problems als Teil der Lösung.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun hat sich für die Landesregierung Herr Staatsminister Al-Wazir zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Schott, die Landesregierung ist für vieles verantwortlich, aber sie ist wirklich nicht an allem schuld.

(Zuruf von der SPD: Was? – Marjana Schott (DIE LINKE): Das habe ich auch nicht gesagt!)

Ja, doch. Das ist eine echte Neuigkeit für die Fraktion DIE LINKE.

Aber jetzt wieder zurück zu Opel und dem, was da gerade passiert. Ich will das aus Sicht der Landesregierung kommentieren.

Was Michael Lohscheller und Carlos Tavares am 9. November der Öffentlichkeit vorgestellt haben, das gibt in der Tat Anlass zu Hoffnung. Ich will einmal die aus unserer Sicht drei wichtigsten Aussagen benennen: erstens keine Werksschließungen, zweitens Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen und drittens, vielleicht für die Zukunft das Allerwichtigste, neue Opel-Fahrzeuge sollen in Rüsselsheim entwickelt werden. Denn die Zukunft dieser Marke steht und fällt mit der Frage, ob es dieses Entwicklungs

zentrum dort weiter gibt oder nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist das eine Chance für die Zukunft. Ich will aber ausdrücklich hinzufügen: Niemand soll sich da etwas vormachen. Opel muss in vielerlei Hinsicht effektiver werden. Was die Antriebe angeht, Herr Lenders, muss Opel effektiver werden. Es muss aber auch, was die Kosten angeht, mehr Effektivität hinein. Und das wird natürlich auch Veränderungen und teilweise auch Zumutungen für die Belegschaft bedeuten. Da soll sich niemand etwas vormachen.

Mir hat neulich einer, der es wissen muss, gesagt, die Leute bei Opel denken langsam, sie seien unverwundbar.

(Michael Boddenberg (CDU): Wie der HSV!)

Denn wer seit 1999 kein einziges Jahr Gewinn gemacht hat und immer noch existiert, wer irgendwie denkt, es wird immer so weitergehen, muss wissen, am Ende des Tages muss eine Firma irgendwann einmal wieder einen positiven Ergebnisbeitrag erwirtschaften, sonst wird es schwer, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deswegen: Es ist eine Chance, aber diese Chance muss jetzt auch genutzt werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe das Entwicklungszentrum angesprochen. Warum ist das Entwicklungszentrum aus unserer Sicht so wichtig? – Weil auch die Zukunftsfähigkeit einer Marke mit der Kompetenz einhergehen muss, ein Fahrzeug von Grund auf zu entwickeln. Das hat eine ganz besondere Bedeutung, Herr Kollege Lenders. Denn – Sie haben die Antriebe angesprochen – Opel muss auch bei neuen Antrieben auf der Höhe der Entwicklung bleiben.

Jetzt haben Sie zu Recht die Gefahr angesprochen, dass Opel Strafzahlungen leisten muss, wenn die CO2-Grenzwerte nicht eingehalten werden. Aber ich sage Ihnen, aus meiner Sicht wird eigentlich andersherum ein Schuh daraus. Wenn es viele Hersteller gibt, die diese Werte einhalten können, und Opel nicht, dann muss Opel eigentlich bei der Transformation schneller werden, und es ist nichts damit gewonnen, wenn man dann sozusagen die Grenzwerte nicht mehr gelten lässt. Das ist am Ende des Tages eine der wichtigen Aufgaben, die aus meiner Sicht vor Opel stehen, weil die Transformation in vollem Gange ist.

Es sind die Investitionen von VW in die Elektromobilität angesprochen worden. Es wird dort den Versuch geben, in diesen Bereichen wirklich eigene Kompetenzen wieder zu erwerben, teilweise Produktionen zurückzuholen, die bisher – was Batterien angeht – vor allem in Asien sind. Wer an dieser Stelle nicht mithalten kann, der kriegt auf lange Sicht ein Problem.

Also, meine Antwort darauf wäre nicht, zu sagen, wenn man keine zukunftsfähigen Technologien hat, dass man die alten noch länger benutzt, sondern, dass man sich mehr anstrengen muss, genau diese zukunftsfähigen Technologien zu entwickeln.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da gibt es aber auch gute Nachrichten; denn Herr Lohscheller hat nämlich auch am 9. November gesagt, dass es sein Ziel ist – Frau Bächle-Scholz hat es angesprochen –, bis 2024 jedes Opel

Modell – ich wiederhole: jedes Opel-Modell – auch elektrisch oder teilelektrisch anbieten zu können.

Das zeigt mir, dass die Firma Opel die Herausforderungen der Zukunft annehmen möchte. Ich wünsche an dieser Stelle viel Glück.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)