Ich bin sicher, dass gerade die Mitarbeiter in der Fertigung und Forschung in Rüsselsheim angesichts ihrer herausra
genden Leistungen der letzten Jahre mit Selbstbewusstsein und Zuversicht in die Zukunft blicken können. Ich wünsche viel Erfolg bei den Verhandlungen, Nehme Pace im engeren und wahrsten Sinne des Wortes Tempo auf. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Bächle-Scholz. – Als Nächster spricht Herr Kollege Decker für die Fraktion der Sozialdemokraten. Bitte sehr.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Opel hat wieder eine Zukunft. Das ist eine erfreuliche und wichtige Nachricht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Region und den Automobilstandort Hessen und den Standort Deutschland. Für uns Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen ist die wichtigste Botschaft, dass es keine Werksschließungen und keine betriebsbedingten Entlassungen geben wird.
Das heißt, dass die Unternehmensleitung offensichtlich keinen Kahlschlag vornehmen will, sondern vielmehr eine verantwortungsbewusste und vor allem sozial verträgliche Restrukturierung plant. Meine Damen und Herren, das würden wir uns auch vom Siemens-Konzern wünschen, zu dem wir gerade die andere Aktuelle Stunde hatten.
Wenn das alles tatsächlich so vonstattengehen wird, hat Opel die Chance, im PSA-Konzernverbund wieder zu einer erfolgreichen Marke zu werden.
Ich will an dieser Stelle deutlich hervorheben, was für uns Sozialdemokraten im weiteren Verlauf des Prozesses einen besonderen und unverzichtbaren Stellenwert hat. Die weitreichenden und tief greifenden Veränderungen, die den Opelanern und Opelanerinnen mit dem Umbau des Unternehmens ins Haus stehen, müssen im Einvernehmen und in enger Kooperation mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften umgesetzt werden. Meine Damen und Herren, alles andere wäre für uns ein No-Go.
Für uns steht und fällt damit auch der Erfolg der Neustrukturierung. Wir alle in diesem Hause wissen, dass eine starke Mitbestimmung und starke Arbeitnehmervertretungen ein Markenzeichen der sozialen Marktwirtschaft und ein Garant für eine gute Entwicklung der Wirtschaft und des Arbeitsmarkts sind. Immer dann, wenn Unternehmensvorstände und Arbeitnehmervertretungen vertrauensvoll, konstruktiv und zukunftsorientiert zusammenarbeiten, sind Unternehmen in aller Regel erfolgreich und die Arbeitsplätze gesichert. Aber auch nur dann sind sie in der Lage, aus Krisen und schwierigen Lagen herauszukommen und zukunftsfähige gute Produkte und gute Arbeit zu bieten.
Meine Damen und Herren, wie wichtig das ist, können wir gerade bei Volkswagen beobachten. Wir haben oben vor
den Toren Kassels das zweitgrößte Werk mit fast 17.000 Beschäftigten. Da – und auch an den anderen Standorten von Volkswagen weltweit – geht es nicht nur um die Bewältigung des Dieselskandals, sondern es geht zusätzlich auch darum, effizienter bei hoher Qualität zu produzieren und konkurrenzfähig zu bleiben. Es geht darum, neue Technologien – ich rede z. B. von der E-Traktion – auf den Markt zu bringen und gleichzeitig den digitalen Wandel sozial und arbeitsplatzschonend zu vollziehen. Durch eine starke Arbeitnehmervertretung bei Volkswagen, die durch harte Verhandlungen maßgeblich zur Standort- und Arbeitsplatzsicherung beigetragen hat, wird dies aller Voraussicht nach auch gelingen. Genau das wollen wir und wünschen wir uns für die Opelanerinnen und Opelaner in Rüsselsheim und natürlich auch in Bochum und an anderen Standorten.
Wir wollen auch anerkennen, dass der neue französische Konzerneigentümer PSA mit der Zusage, auf Standortschließungen und betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten, den Willen zeigt, verantwortungsvoll mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umzugehen. Wir erwarten jetzt, dass die Anpassung bestehender Tarifverträge sowie anderer betrieblicher Vereinbarungen an die künftige Unternehmensstruktur im Einvernehmen zwischen dem Betriebsrat, den Gewerkschaften und der Konzernleitung geregelt wird. Gemeinsam mit der Arbeitnehmervertretung werden wir das sehr sorgfältig beobachten und auch in diesem Hause im Rahmen unserer Möglichkeiten begleiten.
Auch wir begrüßen die Pläne, die CO2-Emissionen der Fahrzeugflotte zu reduzieren und Teile der Modellpalette als E-Variante anzubieten, sowie dass das Entwicklungszentrum in Rüsselsheim künftig innerhalb des PSA-Konzerns eine Schlüsselrolle einnehmen soll. Meine Damen und Herren, all dies sind überlebenswichtige Bausteine für Opel und zugleich eine große Zukunftschance.
So wie wir von einem Unternehmen verlangen, dass es seine Hausaufgaben macht, so muss man es auch vom Staat erwarten können. Konkret geht es darum, jetzt die staatliche Förderung der Elektromobilität zielgenauer und wirksamer zu gestalten. Dabei geht es nicht nur um die Zukunft von Opel, sondern um die aller Automobilhersteller in Deutschland.
Ich rede hier von rund 800.000 Beschäftigten in der deutschen Automobilbranche und von 19.000 Opel-Beschäftigten. Es geht um Konkurrenzfähigkeit in einem immer härter werdenden internationalen Markt, um wirtschaftliche Entwicklung und damit um Arbeit und Wohlstand. Das ist vor allem der Job der Landesregierung. Da helfen keine wohlfeilen Worte und Glückwunschadressen bzw. Jubeladressen. Jetzt muss gehandelt werden. Da gibt es einiges zu tun.
Zum Schluss noch ein kleiner Hinweis: Dass Hessen bei der Energiewende im Ranking der Bundesländer nur auf Platz 14 steht und sich damit in der Abstiegszone befindet, spricht Bände, meine Damen und Herren. Da muss noch kräftig nachgelegt werden. Die Landesregierung hat also die Aufgabe, ihren Beitrag dazu zu leisten, damit es bei den Opelanern wieder bergauf geht. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Decker. – Ich erteile nun Herrn Abg. Jürgen Lenders für die Fraktion der FDP das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist gut, dass wir direkt im Anschluss an die vorherige Debatte über Opel diskutieren; denn beides gehört aus unserer Sicht ein Stück weit zusammen. Sie haben uns eben gesagt, wir seien hartnäckig ignorant, was den Klimawandel angeht.
Wir sagen Ihnen, dass Sie das nicht isoliert betrachten können. Das sind Entscheidungen von Unternehmen, die Ausfluss Ihrer Politik sind. Das stellt für mich ein Stück weit eine Klimahysterie dar. Am Ende sagen Sie aber, das habe überhaupt nichts damit zu tun.
Ich will Ihnen eines sagen, meine Damen und Herren: Opel gehört sicherlich zu den größten hessischen Industrieunternehmen. Was bei Siemens diskutiert wird, hat für Opel genau die gleiche Bedeutung.
Ich kann in die Freude über die Entscheidung bei Opel nicht ganz so einstimmen. Das hat einen einfachen Hintergrund. Warum hat denn General Motors das Unternehmen nach 90 Jahren abgegeben? Bei der Übernahme von Magna hieß es damals noch, dies sei ein fester Bestandteil des General-Motors-Konzerns. Was hat sich denn geändert? Die CO2-Grenzwerte der EU gelten ab dem Jahr 2020. General Motors hat sich gefragt: Gibt es nach 2020 noch ein Geschäftsmodell für General Motors in Europa, ja oder nein? – General Motors hat entschieden, dass dies der Moment ist, um auszusteigen.
Dann haben wir Glück gehabt, zumal die Opel-Mitarbeiter eine hervorragende Arbeit abliefern. Daraufhin hat PSA entschieden, dort einzusteigen. Auch Analysten sagen, dass die Lage extrem ernst und extrem gefährlich ist. Der PSASanierungsplan sieht im Grunde genommen vor: Wir werfen die Opel-Plattformen raus und bauen französische Technologie ein. – Ab 2020 drohen Opel Strafzahlungen. Insofern funktioniert das nur, wenn man die Flotte wieder in einen Rahmen bringt, der den europäischen Vorstellungen entspricht.
Ich sage ausdrücklich, dass ich von einer neuen Bundesregierung, aber auch von einem hessischen Wirtschaftsminister erwarte, dass man sich in die Diskussion in Europa einschaltet, wenn es um eine Schlüsselindustrie in Deutschland geht. Das gilt also auch für die Automobilindustrie. Wenn eine Schlüsselindustrie im Grundsatz gefährdet ist, dann muss eine Regierung handeln, egal ob in Berlin oder in Wiesbaden.
Meine Damen und Herren, wenn ich PSA richtig verstanden habe, dann sind am Standort in Rüsselsheim, aber auch an anderen deutschen Standorten 3.000 bis 4.000 Arbeitsplätze zumindest in Gefahr. Wir hoffen, dass Opel mit PSA wieder richtig in die Spur kommt. Bis 2020 müsste der Durchschnittsverbrauch der gesamten Fahrzeugflotte um 30 % reduziert werden. Das hat aber natürlich nichts mit Ihren politischen Entscheidungen zu tun. Das Schlecht
Am 8. November dieses Jahres, also einen Tag vor der Bekanntgabe des Opel-Sanierungsplans, verkündet die EU neue CO2-Grenzwerte für die Zeit von 2025 bis 2030. Meine Damen und Herren, der zulässige Kraftstoffverbrauch wird noch einmal um 30 % gekürzt. Im Klartext heißt das übersetzt: Dann dürfen Autos nur noch 2 bis 3 l Benzin oder Diesel pro 100 km verbrauchen.
Meine Damen und Herren, wie das technisch und wirtschaftlich realisiert werden kann, ist vollkommen unklar, zumal noch gar keine Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität vorhanden ist und zumal die Kunden diese Fahrzeuge überhaupt nicht annehmen.
Aus Sicht der Freien Demokraten sollte das technologieoffen sein. Wir wollen Alternativen prüfen. Warum nicht einmal über synthetische Kraftstoffe nachdenken? Es passt ein bisschen in die sehr aufgeregte Diskussion um den Klimaschutz, dass grundlegend falsche Entscheidungen getroffen werden. Ich erwarte von einem hessischen Wirtschaftsminister, dass er in Berlin klarmacht, welches die Schlüsselindustrien in Hessen sind. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Als Nächste spricht zu uns Frau Kollegin Karin Müller von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bis zur Rede von Herrn Lenders dachte ich, dass wir den Abschluss der Aktuellen Stunden in Einigkeit und mit Optimismus begehen können. Da habe ich mich aber leider getäuscht.
Bisher hat uns Opel immer geeint. Wir haben uns im Jahr 2009 sehr intensiv mit dem Thema Opel beschäftigt. Frau Bächle-Scholz hat bereits darauf hingewiesen. Am Pfingstsonntag hat eine Sondersitzung des Landtags stattgefunden. Das Land hat 448 Millionen € an Bürgschaften bereitgestellt. Dem haben wir alle zugestimmt, um den Standort zu retten – im Sinne des Standorts, für die Beschäftigten und für das Unternehmen, um langfristig die Arbeitsplätze zu sichern. Da waren wir uns immer alle einig.
Anfang dieses Jahres, als Opel von PSA übernommen wurde, waren wir noch pessimistisch und bangten um den Standort. Ich glaube, mit dem jetzt vorgelegten Sanierungsplan können wir durchaus optimistisch in die Zukunft blicken.
PSA hat verkündet, dass der CO2-Ausstoß sukzessive abgebaut werden soll und dass bis 2024 alle Modelle mit Elektromotoren zur Verfügung stehen sollen. Ich finde, das ist eine positive Nachricht; denn die Automobilunterneh
men erkennen unisono, dass der Weg in Richtung Elektromobilität gewiesen ist. Auch der Standort Nordhessen wird jetzt gestärkt. 1,2 Milliarden € werden jetzt in den Standort gesteckt. VW will Weltmarktführer im Bereich der Elektromobilität werden. Ich finde, das ist eine gute Nachricht für die hessischen Standorte.
Natürlich gehen auch wir das technologieoffen an. Die Elektromobilität steht aber zur Verfügung. Deshalb müssen wir da jetzt massiv einsteigen und in den anderen Bereichen – synthetische Kraftstoffe, Brennstoffzellen usw. – weiter forschen. Serienmäßig wird aber wohl der Elektromotor auf den Weg gebracht werden. Das hat auch PSA erkannt und investiert deshalb in die Zukunft.
Sie haben auch erkannt, dass das Know-how der Beschäftigten und der Ingenieure sehr wichtig ist. Um die Beschäftigungsgarantie für alle auch nach 2018 zu gewährleisten, werden keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen. Zudem soll ein globales Kompetenzzentrum aufgebaut werden.