Dann gibt es noch eine Botschaft an die linke Seite in unserem Hause: Wir geben in Hessen mittlerweile 900 Milliarden € für Soziales aus – nicht in Hessen, sondern in Deutschland, Entschuldigung. In Deutschland geben wir 900 Milliarden € für Soziales aus.
Das ist fast ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes unseres Landes. Trotzdem stellen wir fest, dass es immer noch eine große Ungerechtigkeit bei der Verteilung der Chancen gibt. Wir stellen auch fest, dass Ungleichheit durch immer mehr soziale Maßnahmen nicht aus der Welt geschafft werden kann. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Frage der Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft mittlerweile viel mehr eine Bildungsfrage ist, als wir das glauben. Deshalb ist jede Investition in die Bildung auch eine gerechte Investition in die Zukunft der Menschen in unserem Land.
Es wurde hier der Vorwurf erhoben, die Opposition würde nicht seriös finanzieren. Wir haben uns die Mühe gemacht, im Sozialetat – im Einzelplan 08 – 300 Millionen € für diese bildungspolitischen Maßnahmen herauszuwirtschaften. Wir haben Kürzungen vorgenommen – im Jahr 2018 fehlt uns noch ein kleiner zweistelliger Millionenbetrag, aber 2019 haben wir unsere Investition aus dem Einzelplan 08 vollständig finanziert. Warum haben wir das gemacht? – Weil wir deutlich machen wollen, dass die sozialpolitische Maßnahme der Freistellung von Gebühren eine gute Maßnahme ist, für die man auch gut eintreten kann. Wir haben aber eine andere Priorität. Wir haben die Priorität, dieses Geld in die Qualität, in die Zukunft der jungen Menschen, der Kinder in den Kitas zu stecken, damit sie einen guten Weg gehen können. Auch darum haben wir dafür eine seriöse Finanzierung. Wir können das auch jederzeit deutlich machen und nachweisen.
Es gibt auch noch eine Menge anderer Themen, um die man sich in unserem Land kümmern muss, vor allem in der Wirtschaftspolitik. Ich habe schon dargestellt, wie wir es eigentlich nicht machen wollen oder wie wir es für falsch halten. Das macht der jetzige Wirtschaftsminister. Wir brauchen natürlich eine Offensive, damit wir die Mittel, die der Bund zur Verfügung stellt, auch verbauen können. Wir brauchen eigene Investitionen. Auch da haben wir in den Haushaltsanträgen deutlich gemacht, wie wir uns das vorstellen und wo wir den Schwerpunkt legen.
Wir brauchen in Hessen eine vernünftige Energiepolitik, die nicht zur Gefährdung des Industriestandorts Hessen wird, sondern die die Zukunft der Industriearbeitsplätze in Hessen gewährleistet und die den Menschen, die dort arbeiten, auch die Sicherheit gibt, dass sie auch beim nächsten Weihnachtsfest noch einen Job haben.
Zum Thema Wohnungsbau. Ich höre immer: Wohnungsbauförderung. Ich glaube, beim Wohnungsbau ist deutlich geworden, dass Instrumente wie die Mietpreisbremse nicht geeignet sind, um das Problem zu lösen. Sie sind ein Teil des Problems, warum nicht ausreichend Wohnraum entsteht.
Es gibt da verschiedene Rahmenbedingungen. Nur mit Geld – das erleben Sie ja selbst –, nur mit Fördermitteln bekommen Sie keinen selbst tragenden Investitionsschub im Bereich Wohnen hin. Sie müssen an die Rahmenbedingungen heran. Sie müssen die Rahmenbedingungen für die Kommunen und Unternehmen verbessern, und Sie müssen natürlich ein investitionsfreundliches Klima schaffen. Dann wird es auch im Wohnungsbau vorangehen.
Zum Thema Digitalisierung möchte ich vor allem im Bildungsbereich ein paar Worte verlieren. Zu der Frage „Wer
den Computer oder Tablets im Unterricht von Lehrpersonal eingesetzt?“ gibt es einen relativ aktuellen internationalen OECD-Vergleich. Dabei ist Kanada führend, an der absoluten Spitze. Im oberen Drittel sind noch die Niederlande, im Mittelfeld Korea, Thailand und die Türkei. Dann geht es ins untere Drittel. Allerletzter in dem Bereich ist Deutschland. Deutschland ist beim Einsatz von Computern und Tablets im Unterricht durch Lehrer absolutes Schlusslicht im OECD-Vergleich.
Ich kann nur sagen: Das ist eine Aufgabe für jedes Kultusministerium, für jede Lehrerfortbildung, für alle, die dort tätig sind. So kann das nicht bleiben. So können wir die Zukunft der Digitalisierung nicht gewinnen.
Was sagt der Kultusminister dazu? Darauf angesprochen, antwortet er: Ein Tablet ersetzt ja kein Gehirn. – Das ist richtig. Das behauptet auch niemand. Aber die Klassenzimmer in Deutschland sehen heute noch so aus wie vor 20, 30 Jahren. Wenn die Klassenzimmer bei uns genauso aussehen wie in einem Dritte-Welt-Land – eine Tafel, ein Pult für den Lehrer, Tische, ein paar Stühle, hinten ein Schrank mit ein paar Büchern drin, vielleicht noch ein Computer mit einem Drucker –,
Darum braucht Hessen eine Agenda 2030. Warum 2030? Im Jahr 2030 werden in Deutschland drei Millionen Fachkräfte fehlen. Heute herrscht noch die Denkweise von Massenarbeitslosigkeit vor, die wir in Hessen zum Glück nicht mehr haben. In wenigen Jahren wird der demografische Wandel im Arbeitsmarkt mit aller Härte ankommen. Das, was uns die Handwerksverbände, die Altenpflegeverbände, der Kultusminister in Bezug auf Lehrer, die Erzieher heute sagen – überall fehlen Fachkräfte –, wird sich in den nächsten zwölf Jahren noch einmal richtig steigern. Auf diese Situation müssen wir uns vorbereiten. Denn ein Stück weit hängt der Wohlstand unseres Landes davon ab, ob es uns gelingt, diese Herausforderung zu meistern. Da gibt es nur wenige Stellschrauben:
Thema Einwanderungsgesetz: Qualifizierte Einwanderung in den Arbeitsmarkt ist nicht unproblematisch und wird auch nicht schnell funktionieren. Das wird immer noch mit Investitionen verbunden sein.
Thema Bildung: Wir müssen die Menschen fit machen, damit sie in einer anspruchsvollen Welt als freie, selbstbestimmte Menschen Entscheidungen treffen können.
Es geht uns nicht darum, Menschen für die Wirtschaft auf den Weg zu bringen, sodass sie tolle Produktionserfolge erzielen, sondern wir brauchen in einer sehr vielfältigen Welt, in der wir deutlich mehr Entscheidungen treffen müssen als noch vor 30, 40, 50 Jahren, in der man tagtäglich herausgefordert wird, Menschen, die in der Lage sind, sich zu behaupten und die Chancen dieser Zeit anzuneh
Der vierte wichtige Bereich ist das Thema Digitalisierung. Es geht um Wertschöpfung und die Möglichkeit, effektiver und effizienter zu arbeiten. Wir müssen Menschen für den Arbeitsmarkt gewinnen, die jetzt vielleicht niedrigschwelligere Tätigkeiten ausüben. Man muss ihnen die Möglichkeit zum Aufstieg geben. Auch dort spielt Bildung eine entscheidende Rolle. Genau da müssen wir investieren. Wir haben wichtige Aufgaben vor uns, die wir angehen müssen. Mit einem „Weiter so“ dieser Landesregierung können wir die Aufgaben auf keinen Fall lösen.
Deshalb ist unser klares Credo: Wir haben wichtige Aufgaben, wir haben wichtige Herausforderungen, und die Zeit wird immer knapper. Wir haben vier Jahre nicht optimal genutzt. S i e haben vier Jahre nicht optimal genutzt, um sich auf diese Herausforderung einzustellen.
Dazu gehört auch, als Politiker den Dialog mit den Bürgern zu verbessern. Wir haben einen guten Aufschlag gemacht, indem wir in dieser Plenarwoche eine Verfassungsänderung auf den Weg bringen werden, die ich mir in der Form und Breite nicht hätte vorstellen können. Das ist eine hervorragende Leistung des Hessischen Landtags in seiner Gesamtheit, vor der ich absolute Hochachtung habe.
Dennoch würden wir uns natürlich noch das eine oder andere mehr wünschen. Dazu werden wir noch zusätzliche Anträge stellen, wie es auch die anderen Fraktionen tun werden. Wir respektieren und anerkennen jedoch die Leistung, die in der Enquetekommission mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammen vollbracht worden ist. Das, was wir gemeinsam vorangebracht haben, werden wir konstruktiv unterstützen.
So stelle ich mir vor, dass wir die Zukunft gewinnen. Wir arbeiten gemeinsam im Hessischen Landtag an den wichtigen Problemen, aber nicht in einer gemeinsamen Soße, sondern klar in einer ordentlich geführten Diskussion, die Widersprüche hier austragend, nach besten Lösungen suchend und ringend für die Bürgerinnen und Bürger in Hessen. Alles ist transparent, sichtbar, nachvollziehbar, damit sie wieder Spaß an der Politik haben. Daran wollen wir mitarbeiten.
Wir wollen eine Agenda 2030 gestalten. Das ist wichtig für Hessen. Mit unseren Haushaltsanträgen würden wir, wenn sie denn eine Mehrheit finden, die Grundlage dafür legen. Dafür möchte ich werben, dafür treten wir als Freie Demokraten ein. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Schön, dass Sie noch ein bisschen Zeit haben und vielleicht auch dem letzten Redner noch ein wenig zuhören, wenngleich mir sehr bewusst ist, dass das nach dieser sehr ausführlichen Debatte schwerfallen wird. Ich werde versuchen, möglichst wenig von dem zu wiederholen, was Sie heute schon gehört haben. Das ist angesichts meiner Vorredner Volker Bouffier und Mathias Wagner als erstem Redner für die Regierungskoalition nicht ganz einfach.
Aber ich will schon sagen – Kollege Rudolph ist gerade nicht da –, dass das Wort „historisch“ – einmal losgelöst von der üblichen Interpretation – heute alleine deswegen seine Berechtigung hat, weil es der letzte Haushalt in dieser Legislaturperiode ist, einer Regierungskoalition, die es so noch nicht gegeben hat.
Da ich die Zwischenrufe fast unterstelle und auf Knopfdruck auch generieren kann, Herr Kollege, will ich Ihnen nur sagen – Sie sind noch nicht ganz so lange dabei –: Solche Zwischenrufe erfahren wir jetzt seit mittlerweile, ich glaube, 18 Jahren regelmäßig, und sie haben sich selten als gute Prognose herausgestellt. Aber ich will nicht arrogant sein. Ja, Sie haben recht. Wir werden im nächsten Jahr darum streiten, ob diese Regierungskoalition bzw. die dahinterstehenden Parteien weiterhin eine Mehrheit in diesem Land haben sollen. Deswegen ist der heutige Tag sicherlich geeignet, auch darüber zu reden, was denn zur Entscheidung ansteht.
Herr Kollege Rock, Sie haben eine Reihe von Punkten angesprochen, bei denen ich nicht so ganz folgen konnte. Es war in Teilen ein tiefenpsychologisches Kolloquium oder ein soziologisches Kolloquium. Aber Sie haben an zwei, drei Stellen durchaus Punkte angesprochen, bei denen ich Ihnen dankbar bin, dass Sie konkret geworden sind. Viel mehr waren es nicht, aber an zwei, drei Stellen sind Sie konkret geworden.
Ich mache das einmal an dem Beispiel der Kindergartengebühren bzw. der Erziehung in sehr frühem Kindesalter fest. Dort haben Sie im Ergebnis – das zeigen Sie auch mit Ihren Haushaltsanträgen – eine andere Schwerpunktsetzung als wir. Ich sage nicht, dass es eine völlig andere ist, aber dass es eine andere Schwerpunktsetzung ist, kann man sicherlich sagen. Sie sagen nämlich, Sie würden, wenn Sie regieren würden, mehr in Qualität, also beispielsweise in Personal, investieren, während Sie uns vorwerfen, dass wir mit der Gebührenfreiheit eher eine sozialpolitische Leistung vollbringen.
Das haben Sie ungefähr so formuliert. Ich nehme das doch als Vorwurf an und sage: Ich finde, wir haben in dieser Regierungskoalition einen richtigen und vernünftigen Mittelweg gefunden, indem wir nämlich beidem gerecht werden.
Wir reden jetzt über Eltern, die heute auch finanziell sehr gefordert sind, schon vom Tag der Geburt des Kindes an sehr gefordert sind. Diese wollen wir um immerhin einen Betrag von 5.000 € entlasten. Ich sage immer dazu: Das ist vom Netto; dazu muss man erst mal 8.000, 9.000 € verdienen, um diesen Betrag an anderer Stelle zu erwirtschaften.
Sie werden es nicht glauben, Herr Kollege Rock: Darüber werden wir im nächsten Jahr ziemlich intensiv und heftig mit den Eltern in diesem Lande reden.