Meine Damen und Herren, ich bitte Sie doch um etwas Ruhe und Frieden. – Herr Kollege Dr. Jörg-Uwe Hahn hat jetzt das Wort. Bitte sehr.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz offensichtlich wollte der Präsident noch ein Alternativprogramm zu meiner Rede verkünden. Ich nehme es ohne Kommentierung zur Kenntnis.
„Haushalte werden in guten Zeiten ruiniert. Wir müssen sicherstellen, dass wir weiterhin ohne Schulden auskommen“, … „In aller Regel sind die Begehrlichkeiten signifikant größer als der zur Verfügung stehende Spielraum.“
Diese Worte sind aus dem Munde des Präsidenten des deutschen Stabilitätsrates, der im Hauptberuf Finanzminister des Landes Hessen ist, nämlich von Dr. Thomas Schäfer.
Warum, so fragen wir Liberale uns schon seit Wochen, hält sich Dr. Schäfer nicht an diese eigene Aussage?
Wieso stellt er einen Haushaltsplan auf, der unheimlich viele Begehrlichkeiten bedient? Wieso stellt er einen Haushalt auf, der unter dem Titel „Eier legende Wollmilchsau“ noch ein Viertel mehr anbietet, als das eigentlich von den Leuten in den Ressorts gewünscht wird? Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir fragen uns, wo denn die finanzpolitische Nachhaltigkeit dieses Haushalts ist. Wir finden sie nicht, und deshalb lehnen wir ihn ab.
Einen anderen Bericht haben wir alle, da wir Empfänger der „Wirtschaftswoche“ sind, in der Ausgabe für diese Woche lesen können, und zwar im Vorwort des Chefredakteurs, übertitelt „Das Orakel von Basel nervt wieder – zum Glück“. Dann weist Herr Balzli darauf hin, dass schon einmal, im Jahr 2007, die Bank für internationalen Zahlungsausgleich – Sie müssen sich das vorstellen als Dachorganisation aller Zentralbanken – darauf hingewiesen hat, dass wir finanzpolitisch harten Zeiten entgegentreten. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann mich nicht daran erinnern, dass im Jahr 2007 auch nur irgendeiner den damaligen Präsidenten William White ernst genommen hat. Ein Jahr später sah die Welt ganz anders aus.
Warum trage ich das hier vor? – Sie, Herr Minister, legen hier einen Haushalt vor, und Sie, Kolleginnen und Kollegen von CDU und GRÜNEN, werden ihn irgendwann im Januar in dritter Lesung jubelnd beschließen,
der genau gegen die Vorgaben und gegen die Bedenken verstößt, die Ihr eigener Finanzminister geäußert hat: „Haushalte werden in guten Zeiten ruiniert.“ Sie bilden
keine Rücklage für die schlechten Zeiten, und das, obwohl Sie wissen, dass die guten Zeiten irgendwann einmal vorbei sind.
Wir haben nicht mehr den Siebenjahresrhythmus, den wir noch aus dem Alten Testament kennen. Man nennt das in der Ausbildung für die Volkswirte auch „Schweinekurve“. Anscheinend sind die Zyklen länger. Aber es ist vollkommen klar, das weiß sogar ein Jurist:
Irgendwann sind die guten Zeiten zu Ende. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dann haben diejenigen, die nach Ihnen im nächsten Jahr die Regierungsverantwortung in Hessen übernehmen, ganz schön Stress, weil sie einen ganz schönen Schuldenhaufen übernehmen müssen. Das halten wir für nicht nachhaltig.
Es war ja klar, dass Michael Boddenberg das gestern in der Debatte sagte. Das war eine Reaktion auf die erste Lesung, in der ich Ihnen vorgelegt hatte – –
(Günter Rudolph (SPD), zur CDU gewandt: Dann fangt doch schon mal an damit! – Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war der Beitrag, den ich in der ersten Lesung für die FDP-Fraktion von diesem Pult aus vortragen durfte, in dem ich festgestellt habe, wie hoch die Unterschiede zwischen der mittelfristigen Finanzplanung von 2013, von Dr. Thomas Schäfer noch in der Regierungsverantwortung von CDU und FDP aufgeschrieben, und den tatsächlichen Einnahmen sind. Es waren über 6,5 Milliarden € mehr. So weit lag Thomas Schäfer daneben.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, jetzt tun Sie so, als ob das alles notwendige Ausgaben gewesen wären. Das hat der Fraktionsvorsitzende der Union schon einmal in der ersten Lesung versucht vorzutragen. Gestern hat er ein bisschen munitioniert, und heute hat es der finanzpolitische Sprecher Dr. Arnold noch einmal wiederholt. Merkt ihr nicht, dass ihr da Dinge vortragt, die nicht notwendige Ausgaben sind, sondern die ihr zusätzlich noch als „Eier legende Wollmilchsau“ in Hessen verteilt habt?
Das enttäuscht mich jetzt. Lieber Dr. Arnold, jetzt verkaufen Sie sich aber weit unter Wert. Sie wissen ganz ge
nau, dass Sie den KFA, so wie ihn der Staatsgerichtshof vorgegeben hat, nur zum Teil machen. Die ganzen Töpfchen, die daneben noch existieren, sind alter KFA, und das macht der Landtag, das macht der Haushaltsgesetzgeber.
Das weiß aber auch Dr. Arnold. Das war z. B. jetzt ein Zwischenruf, Herr Kollege Schwarz, den ich als ausbaufähig beschreiben würde.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich aber darauf hinweisen, dass z. B. der Steuerzahlerbund einmal nach den Personalkosten geschaut hat. So das Zitat aus der Zeitung 4/17:
noch einen Anstieg der Personalausgaben von weniger 200 Millionen € jährlich vor, sollen diese nach dem Haushaltsentwurf in den nächsten zwei Jahren um zusammen über 800 Millionen € steigen. Damit brechen sie 2019 erstmals die 10-Milliarden-€Schwelle.
Auch hier wird wieder deutlich: Es ist eine politische Entscheidung von CDU und GRÜNEN, mehr Geld auszugeben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dazu hat Sie keiner gezwungen, noch nicht einmal der Tarifabschluss hat Sie dazu gezwungen. Trotzdem machen Sie es, weil Sie meinen – und da werden Sie sich irren –, man könnte Hessinnen und Hessen kaufen; wenn man Hessinnen und Hessen ein bisschen mehr gibt – so wie beim Metzger: „Darf es ein Viertel mehr sein?“ –, würden die am Ende sagen: Boah, das ist ja eine richtig klasse Regierung. – Nein, nicht das Verweisen auf die anderen. Ihr macht es, und ihr GRÜNE macht mit.
Und ihr habt uns noch vor vier Jahren erklärt, was wir denn für schlimme Leute seien, weil wir beim Schuldenabbau noch nicht so weit seien. Das konnten wir auch nicht. Ich habe es gesagt: Diese Regierung hat jetzt 6,5 Milliarden € mehr in der Kasse, als der Finanzminister – ein und dieselbe Persönlichkeit – im Jahr 2013 prognostiziert hat.
Da wird man doch einmal fragen können: Was soll denn dieser dumme Satz: „Alles ist besser, alles ist größer, es gab noch nie so viel Geld für die Kommunen, es gab noch nie so viel Geld für die Schulen, es gab noch nie so viel Geld für die Justiz“?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man nach dem Prinzip geht: „Alles das, was ich habe, streue ich als Eier legende Wollmilchsau in Hessen herum“, dann gibt es natürlich überall mehr, mehr, mehr.