Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Daneben werden auch zur Verbesserung der technischen Voraussetzungen – wir brauchen Großrechner, wir brauchen eine gut funktionierende elektronische Datenverarbeitung – jeweils 8 Millionen € im Doppelhaushalt für 2018 und 2019 zur Verfügung gestellt.

Hessen ist auch Vorreiter im Kampf für mehr Steuergerechtigkeit. Das sehen wir z. B. an der Vorreiterrolle im Kontext der Panama Papers und Paradise Papers. Das klingt furchtbar exotisch, ist aber etwas ganz Einfaches, nämlich der Versuch internationaler Konzerne, in Deutschland möglichst wenig oder gar keine Steuern zu zahlen. Dagegen gehen wir an. Hessen nimmt, wie schon bei der Auswertung der Panama Papers, eine Vorreiterrolle ein. Besonders hervorzuheben ist die Arbeit der Sondereinheit aus Bediensteten der Oberfinanzdirektion Frankfurt und Steuerfahnderinnen und -fahndern, die erst einmal recherchieren, was da passiert ist, und dafür sorgen, dass so etwas in Zukunft möglichst unterbunden wird.

Weitere Initiativen sind Bundesratsinitiativen, z. B. zur Unterbindung von anderen aggressiven Steuervermeidungsstrategien von multinationalen Konzernen. Wir kennen alle die Beispiele von einem Konzern wie z. B. Amazon, der versucht, in Europa möglichst wenig oder gar keine Steuern zu zahlen. Ein anderes Beispiel dafür ist die

Einführung der Lizenzschranke. Das zielt darauf, dass die Gewinne in dem Land versteuert werden, in dem sie erzielt wurden.

Wir begrüßen auch ausdrücklich die Bundesratsinitiative zur Reform der Grunderwerbsteuer, mit der den Share Deals ein Riegel vorgeschoben werden soll. Das ist auch eine Steuervermeidungsstrategie, und die sieht so aus: Großinvestoren erwerben z. B. in Frankfurt, in Wiesbaden oder in Darmstadt, da, wo die Preise sehr hoch sind, nicht Immobilien, sondern Anteile an Eigentümergesellschaften. Sofern sie weniger als 95 % Anteile erwerben, fällt keine Grunderwerbsteuer an. Das heißt, wir haben hier ungeheure Vermögensübergänge, wir haben Käufe in Millionenhöhe. Jeder Bürger zahlt für den Kauf eines Häuschens oder einer Wohnung Grunderwerbsteuer. Diese Großinvestoren tun das nicht. Das wollen wir unterbinden, und daran arbeitet auch die hessische Steuerverwaltung intensiv.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Durch diese Share Deals entgingen nach seriösen Berechnungen im Übrigen allen Bundesländern zusammen schon etwa 1 Milliarde € an Grunderwerbsteuer. Man sieht also, welches Volumen diese Steuervermeidung hat.

Ich komme zu den Kommunen, ein immer wieder beliebtes und interessantes Thema. Wir haben den Kommunalen Finanzausgleich. Die kontinuierliche Steigerung der Zahlungen an die Kommunen setzt sich fort und macht damit jede Kritik, wir würden nicht genug oder zu wenig zahlen, einfach nur lächerlich. Wir erreichen 2019 die Grenze von 5 Milliarden € Zahlungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich an die hessischen Kommunen. Das ist so viel Geld wie noch nie zuvor.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Mit der Hessenkasse, hier auch schon angesprochen, nimmt das Land den hessischen Kommunen 6 Milliarden € an Kassenkrediten ab. Das ist ein unglaublich großes Volumen.

(Marius Weiß (SPD): Die Zahl ist doch längst überholt! – Norbert Schmitt (SPD): Wer zahlt es?)

Wenn hier Kritik von der Opposition kommt, das sei aus kommunalen Mitteln finanziert, kann man dazu nur sagen: Es sind Mittel für kommunale Zwecke, und die werden genau dafür eingesetzt, nämlich zur Entschuldung der hessischen Kommunen. Da sind sie richtig und zielgerichtet eingesetzt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Jetzt ist der Zeitpunkt, um die Verschuldung anzugehen, weil die Zinsen noch niedrig sind und weil wir gute Steuereinnahmen haben. Deswegen gehen wir das jetzt an. Zum Juli 2018 werden die hessischen Kommunen keine Dispokredite, also keine Kassenkredite, mehr haben. Das ist eine sehr erfolgreiche Politik der Hessischen Landesregierung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich komme noch einmal zum ländlichen Raum. Herr Schäfer-Gümbel fragte gestern in der Generaldebatte, was die Regierung eigentlich für den ländlichen Raum tue, außer der Schaffung einer neuen Stabsstelle. Ich möchte dazu einmal aus einer Zeitung zitieren; das tut die SPD auch

gern. Sie haben vorhin zitiert, was so in den Regionen passiert. Im Vogelsberg gab es eine Veranstaltung der SPD; dort waren auch die Kollegen Warnecke und Lorz zu Besuch. Das finde ich sehr nett, dass sie in den Vogelsberg kommen. Im Hintergrund ein großes Foto von Thorsten Schäfer-Gümbel, und der Titel dieser Veranstaltung war: „Neue Kraft fürs Land – Ideen für den ländlichen Raum“.

(Zuruf von der SPD: Genau das brauchen wir!)

Interessant war der Kommentar eines Lesers in „Oberhessen-Live“ zu dieser Veranstaltung. Ich finde, der Kommentar ist an Klarsicht nicht zu überbieten. Deswegen werde ich ihn hier zitieren. Ich betone, es ist ein wörtliches Zitat aus „Oberhessen-Live“:

Der Landtagswahlkampf wirft seine Schatten voraus. Höchste Zeit, die SPD als Partei für den ländlichen Raum anzupreisen. Gemeint ist damit nur, dass die SPD von den hiesigen Landbewohnern in den Landtag gewählt werden will. Es ist nicht möglich, ein Horrorszenario zu entwerfen. Es kann auch kein Sündenbock benannt werden, es ist kein Schwarzer Peter zuzuschieben, wo man selbst mit in der Verantwortung stand. Bewährter Trick: Erst einmal wird die rosarote Brille ausgepackt, mit Rosamunde Schäfer-Gümbel in die pinkfarbene Barbie-Welt.

Zur Erklärung: Mit „Rosamunde“ ist die Schriftstellerin Rosamunde Pilcher gemeint,

(Marius Weiß (SPD): Ein Leserbrief aus „Oberhessen-Live“!)

die in ihren Romanen der Trivialliteratur eine heile Welt beschreibt, wie es sie nie gab und nie geben wird. Die Titel sprechen für sich. Sie lauten: „Blumen im Regen“ oder „Ende eines Sommers“. Dieser romantisierten Welt ordnet der kritische Zeitungsleser und Bürger die SPD zu.

(Lachen und Zurufe von der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)

Was heißt das jetzt? – Das heißt, dass die Wählerinnen und Wähler sehr genau sehen, dass das immer gleiche Klagelied der SPD nicht zu einer Verbesserung im ländlichen Raum führt. Hier sehen alle die Herausforderungen: Breitbandausbau, ÖPNV, Arbeitsplätze, Gesundheitsversorgung.

(Norbert Schmitt (SPD): Ich schreibe jetzt einen Leserbrief über die Debatte im „Vorwärts“, den zitiere ich dann in der dritten Lesung! – Glockenzeichen des Präsidenten)

Die Frage ist aber nicht, ob wir alles auf einmal schaffen, sondern ob wir uns auf den Weg machen und in die richtige Richtung gehen, ob wir Maßnahmen umsetzen, die eine strukturelle Änderung bewirken, Verbesserungen Schritt für Schritt und in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen.

Ich möchte hier einmal eine Bemerkung zur politischen Verantwortung machen. In den Landkreisen, Städten und Gemeinden regiert nicht überall Schwarz-Grün – vielleicht leider –,

(Zuruf von der SPD: Zum Glück!)

sondern es regieren auch SPD-Landräte, -Bürgermeister und -Beigeordnete.

(Norbert Schmitt (SPD): Das war bisher die erste richtige Aussage!)

Die sind für kommunale Gesundheitsversorgung, Breitbandausbau und den Erhalt von Arbeitsplätzen mit in der politischen Verantwortung. Das sehen die Bürgerinnen und Bürger ganz genauso. Ein SPD-Landrat beschließt beispielsweise, die Defizite eines kommunalen Krankenhauses für die Geburtshilfe nicht mehr zu tragen, und damit wird die letzte Geburtshilfestation im Kreis geschlossen.

(Zuruf von der SPD: Warum?)

Im selben Landkreis hat der Finanzminister 100 neue Stellen geschaffen, indem er die Grunderwerbsteuerstelle dorthin geschafft hat. Jetzt frage ich: Wer schwächt den ländlichen Raum, und wer stärkt ihn?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- rufe von der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich will hier keine Schuldzuweisungen vornehmen,

(Tobias Eckert (SPD): Nein, um Gottes willen!)

sondern ich möchte einmal betonen:

(Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, bitte kontrollieren Sie alle ein bisschen Ihre Erregung, dann geht es weiter.

Es ist die Aufgabe von uns allen, auf allen Ebenen für die Stärkung des ländlichen Raums zu sorgen. Aber das funktioniert einfach nur, wenn wir nicht gegenseitig Verantwortung zuschieben, sondern auf allen Ebenen gemeinsam die Verantwortung tragen. Wir tun das in enger Zusammenarbeit mit den hessischen Kommunen, als Partner der Kommunen. Wir packen es an und verbessern die Lebensbedingungen in Hessen, in der Stadt und im Land.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Frau Kollegin Goldbach, Sie sind mit der Redezeit auch gut dabei.

Die SPD mag derweil weiter in der rosaroten Traumwelt einer Rosamunde Pilcher verharren. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Goldbach.

Bevor wir in der Beratung weitermachen, möchte ich Sie trotz der attraktiven Debatte darauf hinweisen, dass die Ausstellung „Wahrheitskämpfer“ um 13 Uhr in der Ausstellungshalle eröffnet wird.

Jetzt geht es weiter in der Debatte.

(Unruhe)