Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Heute nicht mehr!)

Was ist seitdem passiert? Seitdem sind die Steuereinnahmen des Landes noch einmal gestiegen, aber es hat sich eigentlich wenig geändert. Die Landesregierung hat erneut deutlich mehr Mittel zur Verfügung, aber sie versäumt es weiterhin, sich den drängenden gesellschaftlichen Problemen in unserem Land zu widmen. Wir haben einen Mangel an bezahlbarem Wohnraum, wir haben eine wachsende Armut, wir haben einen ÖPNV, der aus allen Nähten platzt, wir haben marode Schulgebäude und sanierungsbedürftige Krankenhäuser. Nicht zuletzt ist festzustellen, dass die Kommunen nicht bedarfsgerecht finanziert werden.

Obwohl die Landesregierung im Vergleich zu 2013 – also zum Ende der letzten Legislaturperiode – über 5 Milliarden € mehr an Steuereinnahmen verzeichnet, ist sie nicht in der Lage oder nicht willens, sich diesen gesellschaftlichen Problemen zu stellen, die gesellschaftlichen Probleme zu bearbeiten. Deswegen komme ich zu dem Fazit, dass das, was Sie hier vorlegen, nicht „historisch“ ist – anders, als Sie behaupten –, sondern angesichts der Möglichkeiten, die das Land Hessen hat, eine historische Fehlleistung.

(Beifall bei der LINKEN)

Lieber Herr Kollege Schmitt, ich greife Ihre Formulierung aus der letzten Debatte auf und will Ihnen Ihr Kompliment glatt zurückgeben: Ich finde, das dieser Haushalt angesichts der finanziellen Möglichkeiten selbst von der hessischen SPD hätte vorgelegt werden können – und zwar auch ohne eine gerechte Steuerpolitik, die wir so dringend fordern und brauchen und zu der ich im Anschluss noch etwas sagen werde.

Die Konjunktur läuft also ausgesprochen günstig, und die Wirtschaft brummt. Darüber freut sich die Landesregierung. Allerdings hat sie selbst dazu wenig beigetragen. Auf die drängenden Probleme im Land hat sie keine oder nur unzureichende Antworten.

Wir haben deshalb zur zweiten Lesung insgesamt 98 Änderungsanträge eingebracht, mit denen wir zeigen wollen, wie wir Hessen sozialer, ökologischer und gerechter machen können.

Damit Sie sich schon einmal auf etwas freuen können: Auf ausdrücklichen Wunsch der SPD-Fraktion werden wir bei der nächsten Haushaltsberatung noch ein paar Änderungsanträge mehr stellen, damit wir die formalen Anforderungen, die der Kollege Schmitt an unsere Anträge angelegt hat, erfüllen. Es kommen also noch ein paar Änderungsanträge mehr.

In der Debatte im Haushaltsausschuss habe ich erfahren, dass sich der Kollege Kaufmann von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN seit Jahren durch unsere Haushaltsanträge zur Vermögensteuer und zur Erbschaftsteuer genervt fühlt. Herr Kaufmann, ich will Ihnen dafür ein herzliches Dankeschön aussprechen. Ich empfinde es als ein großes Lob für meine Fraktion, dass wir ein Thema, bei dem Sie am allerliebsten auf Durchzug schalten würden, beharrlich und hartnäckig immer wieder auf die Tagesordnung bringen. Wir werden also unserer Aufgabe gerecht,

eine gerechtere Besteuerung großer Vermögen in diesem Lande zu fordern.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Beratung der Einzelpläne des Finanzministeriums ist eine gute Gelegenheit, darüber hinaus zu verdeutlichen, warum wir das eigentlich machen. Um mit etwaigen Missverständnissen aufzuräumen: Wir wissen sehr wohl, dass mit unseren Haushaltsanträgen betreffend Einnahmen aus der Vermögensteuer diese Steuer noch nicht eingeführt ist. Wir haben auch nie etwas anderes behauptet.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aha! Das ist das, was nervt!)

Wir wollen aber auch zeigen, was politisch möglich wäre, wenn wir die Superreichen und Vermögenden in dieser Gesellschaft endlich kräftiger zur Finanzierung unseres Gemeinwesens heranziehen würden.

(Clemens Reif (CDU): Damit Sie deren Geld dann ausgeben können!)

Neben dem Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung und anderen Maßnahmen zur Herstellung von Steuergerechtigkeit – denken wir einmal an eine Unternehmenssteuerreform – gehören zu einer solchen Politik als zentrale Bausteine eine Reform der Erbschaftsteuer, die von der Großen Koalition in einem offensichtlich verfassungswidrigen Zustand belassen worden ist, und vor allem die Wiedereinführung der Vermögensteuer – eine Steuer, von der wir alle wissen, dass sie den Länderhaushalten zugutekäme.

Im Haushaltsausschuss haben einige an den Zahlen in unserem Antrag zur Vermögensteuer gezweifelt und haben angemahnt, man brauche dafür doch wissenschaftliche Gutachten. Das nehme ich gerne auf, da wir mit älteren Zahlen arbeiten. Wir werden uns bemühen, Ihnen zur nächsten Haushaltsberatung aktuellere Zahlen zu liefern, was bei einer gerechteren Besteuerung für den hessischen Landeshaushalt möglich wäre.

Unserer Fraktion ist es auch relativ egal – das müssen Sie ertragen –, ob Sie der Meinung sind, dass die Steuerpolitik nicht in die Haushaltsberatungen gehört. Aus unserer Sicht wird umgekehrt ein Schuh daraus. Wann, wenn nicht in der Haushaltsdebatte, wenn es um die Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand geht, müssen die Fragen über die Einkommens- und Vermögensverteilung in diesem Land auf den Tisch? Wann, wenn nicht jetzt?

(Beifall bei der LINKEN)

Es hilft uns auch nicht weiter, wenn die SPD uns im Land immer wieder verkündet, dass Vermögen- und Erbschaftsteuer nicht vom Land erhoben, sondern von einer Bundesregierung erhoben werden müssen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, und das wirklich in aller Freundschaft: Verwenden Sie Ihre Kraft, mit der Sie sich in dieser Frage mit uns beschäftigen, doch endlich darauf, in Berlin dafür zu sorgen, dass wir zu einer gerechteren Besteuerung der großen Vermögen kommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Von Schwarz und Grün ist das nicht zu erwarten, aber von der SPD würden wir uns entsprechende Initiativen wünschen und würden sie auch nach Kräften unterstützen.

Was macht Schwarz-Grün? – Statt sich die Frage zu stellen, wie man die Einnahmen des Landes Hessen verbessern

kann, bauen Sie lieber Schulden ab, als in die Zukunft zu investieren. Sie rechnen mit globalen Mindereinnahmen, weil Sie schon weitere Steuersenkungen für Unternehmen oder Besserverdienende vorausahnen.

Wie man es auch dreht und wendet: Für verfallende Schulen, unterfinanzierte Krankenhäuser, marode Schwimmbäder und Sportstätten sind wir als Land Hessen zuständig. Und wenn die Mittel dafür fehlen, dann müssen wir doch der Einnahmeverantwortung – eine Formulierung aus der Hessischen Verfassung, über die man sehr viel streiten kann – nachkommen und gemeinsam für gerechtere und höhere Steuereinnahmen kämpfen, damit wir die Ausgaben des Landes Hessen ordentlich finanzieren können.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Die Landesregierung feiert sich Plenarwoche für Plenarwoche dafür, dass die Kommunen in Hessen nicht mehr ganz so schlecht dastehen würden wie in der Vergangenheit. Dann loben Sie sich dafür – das ist auch hier wieder passiert, Herr Dr. Arnold –, dass Sie viel zu kleine Sonderprogramme auflegen, bei denen Sie ohnehin größtenteils Bundesmittel weitergeben, für die Sie sich hier auf die Schulter klopfen – denken wir einmal an das KIP II –, oder dass Sie Geld verwenden, das eigentlich den Kommunen zustünde, wie bei der von Ihnen hochgelobten Hessenkasse. Aber auch bei der Hessenkasse ist der Finanzierungsanteil des Landes erschreckend gering. Wie Ihnen die Vertreterinnen und Vertreter der Kommunalen Spitzenverbände vorgerechnet haben, beträgt er nur knapp 20 %.

Kollege Schalauske, Sie haben Ihre angemeldete Redezeit schon erreicht. Ich will Sie nur darauf hinweisen. Sie können machen, was Sie wollen.

(Norbert Schmitt (SPD): Sie haben sich zu lang mit der SPD befasst!)

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich komme dann auch so langsam zum Ende.

Auch über die unzureichende Befreiung von den Elternbeiträgen haben wir hier schon gesprochen. Die finanzieren Sie auch zur Hälfte aus den kommunalen Mitteln. Im Übrigen setzen Sie die Kommunen, die aufgrund Ihrer Kürzungspolitik höhere Beiträge verlangen müssen, weil sie finanziell nicht ausreichend ausgestattet sind, jetzt mit Ihrer Regelung noch zusätzlich unter Druck.

Ihre Sonderinvestitionsprogramme vergegenwärtigen letztlich nur eines: dass in der Vergangenheit auch durch die vom Land oktroyierte Kürzungspolitik große Schäden in unserer öffentlichen Infrastruktur in den Städten, Gemeinden und Landkreisen angerichtet worden sind und dass Sie unsere Infrastruktur im Lande Hessen seit langen Jahren auf Verschleiß fahren.

Wir müssen die Kommunen im Kommunalen Finanzausgleich deutlich angemessener ausstatten, und wir müssen ihnen Mittel zur Verfügung stellen, damit sie dauerhaft, also auch wenn sich die Wirtschaftslage einmal ändert, ihre Aufgaben erfüllen können. Denn wir wollen, dass sie die selbst erfüllen können und nicht dazu gezwungen werden,

öffentliche Aufgaben durch die Hintertür zu privatisieren, so wie Sie das präferieren, etwa indem sie PPP-Projekte eingehen müssen. Ganz im Gegenteil: Wir fordern, dass die Frage der Rekommunalisierung wieder auf die Tagesordnung kommt und das Land den Kommunen dabei beratend zur Seite steht, auch wenn Ihnen das ideologisch nicht passt, statt mit PPP-Projekten öffentliche Mittel zu verschleudern.

(Beifall bei der LINKEN)

Weil ich darüber gesprochen habe – das wird auch hier in den Debatten immer deutlich –, dass wir Sie mit unseren Anträgen nerven und auch nerven wollen, können Sie sich noch einmal freuen: Einen Antrag haben wir in diesem Jahr nicht gestellt, nämlich zusätzliche Steuerfahnder und Betriebsprüfer einzustellen. Hier ist die Landesregierung unserer Forderung endlich nachgekommen. Hier haben Sie eine Forderung der LINKEN erfüllt.

(Beifall bei der LINKEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Da haben wir das Ziel schon erreicht!)

Ich sage es Ihnen jede Plenarsitzung: Erzählen Sie es nicht zu laut zu Hause in Ihren Städten und Gemeinden, nicht dass Sie da noch Ärger mit Ihren Parteifreunden bekommen.

Ich bin mir völlig im Klaren darüber, dass Sie jetzt und in den nächsten Jahren frei werdende Stellen besetzen, weil im Moment mehr Geld in der Kasse ist. Ich befürchte aber, dass diese Landesregierung auch bereit wäre, schnell wieder Personal abzubauen, wenn sich die wirtschaftliche Situation wieder ändert, wenn wieder neue Kürzungsrunden drohen. Wenn Sie es mit zusätzlichem Personal in der hessischen Finanzverwaltung dauerhaft ernst meinen würden, dann würden Sie die Ausbildungskapazitäten in Rotenburg nicht nur provisorisch ausbauen, sondern hätten auch ein Konzept für eine auf Langfristigkeit angelegte Erweiterung.

Sie können sich also darauf einstellen, womit wir Sie in den nächsten Jahren weiter nerven werden: mit immer neuen Anträgen, die erst ignoriert, dann schlechtgeredet und am Ende wenigstens zum Teil übernommen werden.

(Beifall bei der LINKEN – Norbert Schmitt (SPD): Ich denke, ihr wollt regieren!)

Vielen Dank, Kollege Schalauske. – Das Wort hat Frau Abg. Goldbach, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte beginnen mit einem Satz eines großen deutschen Steuerrechtlers, Klaus Tipke:

Die gerechte Verteilung der Gesamtsteuerlast auf die einzelnen Bürger ist ein Imperativ der Ethik. … Die vornehmste Aufgabe eines Rechtsstaates ist es, für gerechte Regeln zu sorgen und sie durchzusetzen, seine Bürger vor Unrecht zu schützen.

Diese Durchsetzung ist eine der wichtigsten Aufgaben der Landesfinanzverwaltung. Konkret heißt das für das Land Hessen, Gemeinschaftssteuern und Landessteuern festzusetzen und zu erheben. Dass dies gelingt, ist von maßgebli

cher Bedeutung für den ganzen Landeshaushalt; denn je mehr Steuern das Land einnimmt, desto größer sind unsere Handlungsspielräume. Oder, einfach gesagt: Ohne Moos nix los.

Diese Landesregierung und diese Finanzverwaltung tun eine ganze Menge, um möglichst viele Steuern, die dem Staat zustehen, zu erheben. Das ist einmal die Stärkung der hessischen Steuer- und Finanzverwaltung. Denn es hängt ganz maßgeblich daran, dass diese Steuerverwaltung, die Finanzämter mit hoch qualifiziertem Personal gut ausgestattet sind. Die Zahl der Stellen für Betriebsprüferinnen und -prüfer wird noch einmal deutlich gesteigert. Ich sage „noch einmal“, weil sie in den letzten Jahren seit 2014 auch schon gestiegen ist. Denn sie werden noch einmal um 100 Stellen verstärkt.

Was das am Ende bewirkt, kann man an der Zahl für 2016 festmachen. Im Jahr 2016 wurden durch die Arbeit der Betriebsprüferinnen und -prüfer 2,4 Milliarden € an zusätzlichen Steuereinnahmen erzielt. Das sind, wenn man das einmal je Prüfung umrechnet, pro Betriebsprüfung ungefähr 136.000 €. Das ist also gut investiertes Geld in qualifiziertes Personal und bringt uns deutlich mehr Steuereinnahmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Eine weitere personelle Verstärkung in den Finanzämtern: Wir werden jeweils 700 neue Anwärterinnen und Anwärter in der Finanzverwaltung einstellen. Damit bewirken wir nicht nur sofort mehr Personal, sondern es ist vor allem auch eine Frage, wie wir mit dem demografischen Wandel umgehen. Denn die älteren Angestellten und Beamten in den Finanzverwaltungen gehen irgendwann in den Ruhestand. Aber wir sorgen dafür, dass dann schon junge, gut ausgebildete Leute da sind, die deren Aufgaben übernehmen können. Das ist eben eine vorausschauende und sehr nachhaltige Personalpolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)