Das ist ein Beweis dafür, dass wir in diesem Bereich mit der CDU zusammen etwas hinbekommen und mit der SPD nicht. So könnte man es auch sehen.
Wenn Sie fertig sind, mache ich weiter. – Wir investieren nicht nur in die Straßen, sondern auch in die Schiene und in den Radverkehr, in die Nahmobilität und die Elektromobilität. All das finden Sie im Haushalt in Zahlen ausgedrückt wieder. Wir verpassen es auch nicht, durch die Freifahrtberechtigung Anreize zum Umstieg zu schaffen, und wir erhöhen die Mobilität von Schülerinnen und Schülern durch das Schülerticket.
Noch ein Wort zur Gerechtigkeitsfrage. Was ist denn daran ungerecht, wenn jetzt mehr Menschen als vorher die Möglichkeit haben, sich für weniger Geld ein Schülerticket zu kaufen, in ganz Hessen mobil zu sein, und die anderen, die vorher nichts bezahlt haben, auch weiterhin nichts bezahlen und noch mobiler sind als vorher? Ich finde, das ist eine Win-win-Situation für alle und keine Gerechtigkeitslücke.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Jürgen Lenders (FDP): Nachher stimmen Sie noch dem Antrag der LINKEN zu! – Gegenruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Wieso? Ich habe nicht gesagt: kostenloser ÖPNV für alle. Ich habe gesagt: Er muss bezahlbar sein, und das ist er auch für alle.
Die FDP hat einen Haushaltsantrag gestellt, das zu streichen, während sie in der letzten Koalition noch vollmundig das Jobticket angekündigt hatte, es aber nur bis zum 10-%-Großkundenrabatt geschafft hat. Vielleicht ist das also nur ein bisschen Neid auf die Umsetzungsfähigkeit dieser Landesregierung.
Um noch ein paar Zahlen aus dem Haushalt zu nennen: Den Landesstraßenbauetat erhöhen wir 2018 um 20 Millionen € und 2019 um 30 Millionen €. Davon gingen 2018 1 Million € in den Radverkehr und 2019 2 Millionen € mehr in den Radwegebau an Landesstraßen. Damit kommen wir auch einer Forderung der FDP nach, die ja kritisiert hat, noch nicht einmal da würden wir mehr tun.
Aber wir machen mehr. Zusätzlich schaffen wir drei zusätzliche Stellen für die Radwegeplanung bei Hessen Mobil, damit es da vorangeht.
Wenn ich gerade beim Radverkehr bin: Auch innovative Projekte in Stadt und Land fördern wir mit zusätzlich 1 Million €. Mit Innovation und Digitalisierung unterstützen wir Projekte und leisten einen Beitrag, um insbesondere in den Innenstädten den Radverkehr attraktiver zu machen. Damit sorgen wir auch für bessere Luft, weniger Stau und mehr fitte Menschen.
Genau, das schaffen wir. – Zurück zum Straßenbau. Für den Landesstraßenbau stehen dann insgesamt, inklusive der erhöhten Planungsmittel, 2018 177,1 Millionen € und 2019 188,1 Millionen € zur Verfügung. Da kann man nicht von Vernachlässigung des Straßenbaus reden. Zusätzlich gibt es ein Sonderprogramm bei Hessen Mobil zur Erneuerung des Betriebsfahrzeugbestands mit einer Rate von 1 Million € 2018 und in einem Gesamtumfang von 9 Millionen € 2021. Also, es tut sich etwas. Tun Sie nicht so, als ob Stillstand herrschte, vielmehr herrschen Innovation und Fortschritt. Nehmen Sie es nur einmal zur Kenntnis.
Es stehen auch erhebliche Mittel zur Umsetzung des Klimaschutzplans im Haushalt, um Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen. Dafür haben wir auch Fraktionsanträge für Verpflichtungsermächtigungen gestellt, dass auch nachhaltig qualifiziertes Personal eingestellt werden kann, z. B. für die Fachzentren für Mobilität im ländlichen Raum und das schulische Mobilitätsmanagement. Dazu gibt es weitere Programme für Bürgerbusse.
Um das Bild rund zu machen: Außer dem Ausbau der Schieneninfrastruktur sichern wir auch die sogenannten Entflechtungsmittel ab 2019 mit 100 Millionen €, das sind 3,5 Millionen € mehr als vorher, da waren es 96,5 Millionen €. Ab 2020 brauchen wir dafür originäres Landesgeld, das Sie schon anderweitig verfrühstückt haben. Wir sorgen uns um den kommunalen Straßenbau und um die kommunale Schieneninfrastruktur.
Wir sind gut aufgestellt, und der Haushalt ist es auch. In diesem Sinne blicken wir auf zwei weitere gute Jahre für Hessen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Müller. – Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Wissler von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die wirtschaftliche Situation sei gut, so haben wir es in den eineinhalb Tagen Haushaltsdebatte oft gehört. Leider trifft das nicht für jeden in diesem Land zu. Bezogen auf die bloßen Konjunkturdaten stimmt das, aber dieser Wohlstand kommt nicht bei allen an. Die Ungleichheit im Land ist immens, aus dem Sozialbericht habe ich bereits gestern zitiert. Das heißt also: Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es noch lange nicht allen gut.
Das beste Beispiel in Hessen dafür ist aktuell Siemens, ein Konzern, der trotz gesteigerter Gewinne, trotz erhöhter Dividendenausschüttung an die Aktionäre 7.000 Stellen abbauen will. Das ist vollkommen inakzeptabel.
Aber auch an anderen Orten in Hessen sind Industriearbeitsplätze gefährdet. Gerade, wenn wir über die Automobilindustrie sprechen, wäre es vonseiten der Landespolitik dringend nötig, Zukunftskonzepte zu entwickeln – beispielsweise, wie man die Automobilindustrie so zukunftsfest umbauen kann, dass die Arbeitsplätze langfristig gesichert werden. Ich finde, da kommt einfach zu wenig an industriepolitischen Konzepten von dieser Landesregierung.
Das Thema „Gute Arbeit, gute Löhne“ ist angesprochen worden. Auch hier könnte die Landesregierung mehr tun, z. B. indem man erstens ein Vergabegesetz hätte, das sehr viel konkreter wäre und vor allem besser kontrolliert würde. Man könnte aber auch, wie wir es schon vor vielen Jahren gefordert haben, im Vergabegesetz einen Landesmindestlohn festlegen, weil wir natürlich wissen, dass vom gesetzlichen Mindestlohn im Rhein-Main-Gebiet in Hessen überhaupt niemand leben kann – er ist viel zu niedrig, er ist eben nicht armutssicher. Deswegen wäre es ein richtiger Schritt, zu sagen, wir vergeben öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen, die sehr viel höher bezahlen, um Lohndumping zu begrenzen.
Wir diskutieren in diesem Haushalt nicht nur die wirtschaftliche Lage, sondern auch die Verkehrspolitik. Die Mittel für die Verkehrsverbünde und den ÖPNV sind angesichts der jahrelangen Vernachlässigung weiter nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Busse und Bahnen fahren weiterhin auf Verschleiß.
Die Leidtragenden sind die Fahrgäste, weil vielerorts, gerade jenseits der Ballungsräume, die Anbindung immer schlechter wird. Weite Teile des ländlichen Raums werden einfach von der Verkehrsinfrastruktur abgehängt, während wir in den Ballungsgebieten die Situation haben, dass Busse und Bahnen faktisch aus allen Nähten platzen. Daher sind die Leidtragenden dieser Entwicklung natürlich in allererster Linie die Fahrgäste, aber auch die Beschäftigten, die bei dieser Unterfinanzierung den Unterbietungswettbewerb insbesondere im Bereich der Busse ausbaden müssen.
Es gibt immer schlechtere Arbeitsbedingungen, Pausenzeiten werden nicht eingehalten, Wartezeiten als Pausenzeiten
deklariert. – Sie sagen jetzt, das stimmt nicht, Herr Minister. Wir hatten Anfang dieses Jahres den Busfahrerstreik. Ich weiß nicht, ob Sie vor Ort waren. Ich jedenfalls war vor Ort und habe mich mit vielen Busfahrerinnen und Busfahrern genau über ihre Arbeitsbedingungen unterhalten und hatte den Eindruck, dass hier eine ganze Menge zu tun ist. Da wäre es doch wichtig, dass die Landesregierung über die Ausschreibungspraxis den Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten nicht auch noch anheizt, sondern dass man hier klare Grenzen einzieht und deutlich macht, dass nicht der Preis das allererste Kriterium ist, sondern gute Qualität, die im ÖPNV gesichert werden muss, ebenso wie gute Arbeitsbedingungen.
Gerade das Rhein-Main-Gebiet bräuchte dringend eine erhebliche Kapazitätserweiterung des ÖPNV, dessen Zustand seit dem Ende der Achtzigerjahre weitgehend stagniert.
Natürlich ist der ÖPNV in Hessen immer noch viel zu teuer. Wir müssen über neue Wege der ÖPNV-Finanzierung nachdenken, um notwendige Preissenkungen herbeiführen und gleichzeitig den dringend benötigten Ausbau des Angebotes – gerade auf dem Land – stemmen zu können. Immer teurere Fahrscheine können nicht der Weg sein.
Mittelfristig wäre der Nulltarif für Bus und Bahn für alle das richtige Zeichen, um deutlich zu machen: Wir meinen es ernst mit der Verkehrswende und mit dem Klimaschutz. Das ist keine Spinnerei, sondern es wäre machbar. Bereits heute wird die Hälfte der ÖPNV-Kosten bezuschusst, nur die andere Hälfte kommt aus Fahrkarten. Diese Hälfte könnte auch aus anderen Quellen kommen. Man könnte z. B. darüber nachdenken, ob man Unternehmensabgaben zur Finanzierung des ÖPNV einführt. Man kann auch über eine sozial gestaffelte Beitragsfinanzierung nachdenken. All dies ist möglich – lassen Sie es uns doch ausprobieren. Deswegen haben wir Geld für entsprechende Pilotprojekte in den Kommunen in unseren Haushaltsanträgen beantragt. Es gibt gute Beispiele, wie man beim Thema Nulltarif vorankommen kann, und hier solle man zumindest einmal die Möglichkeit eröffnen, dass die Kommunen solche Projekte für sich prüfen und testen können.
Es ist ja ein richtiger Schritt, dass es nun die Freifahrkarten für Landesbeamte und Landesbeschäftigte gibt, und für Schülerinnen und Schüler zumindest das Schülerticket. Das ist gut und richtig, aber das ist natürlich nur ein bestimmter Teil der Bevölkerung. Eine Sozialpassinhaberin in Frankfurt beispielsweise zahlt noch immer über 50 € für ihre Monatskarte, und damit kann sie dann auch nicht hessenweit, sondern nur in Frankfurt fahren. Es gibt also ganz gute Ansätze, aber diese müssten ausgeweitet werden.
Speziell zum Schülerticket – ich habe es schon gestern gesagt –: Für viele ist es ein Schritt in die richtige Richtung. Aber es schafft auch neue Ungerechtigkeiten. Zum einen für die Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern in den Sonderstatusstädten – also Hanau, Rüsselsheim, Wetzlar, Bad Homburg, Fulda, Gießen und Marburg –, dort werden die Schülerfahrkarten auf einen Schlag etwa 20 % teurer. Sie werden sagen, dafür kann man auch in ganz Hessen fahren.
Trotzdem ist es kein überzeugendes Argument. Wenn ich mit dem Zug von Frankfurt nach Berlin fahre, einen bestimmten Preis bezahle und mir dann jemand sagt, ab jetzt zahle ich 20 % mehr, dafür kann ich meinetwegen bis Prag weiterfahren, dann habe ich doch überhaupt nichts davon, wenn ich dort nicht hin will. Daher ist es doch erst einmal eine Kostensteigerung, weil natürlich viele Schülerinnen und Schüler nicht permanent quer durchs Hessenland fahren.
Das hat nichts mit Meckern zu tun, sondern damit, dass man natürlich auch sagen muss, wo die Probleme liegen.
(Manfred Pentz (CDU): Doch, hat es! Das Meckern sind wir sonst nur von den Sozis gewohnt, jetzt fangt ihr auch schon damit an!)
Zum anderen haben wir die Situation, dass einige Schülerinnen und Schüler dieses Ticket quasi geschenkt bekommen, während andere es bezahlen müssen. Das hängt davon ab, wie weit entfernt man von der Schule wohnt. Das ist günstiger als andere Monatskarten, aber für viele Familien vor allem mit mehreren Kindern ist das immer noch viel Geld. Für Eltern, die jeden Euro umdrehen müssen – insbesondere, wenn sie mehrere Kinder haben, und gerade, wenn es um Familien mit Hartz-IV-Bezug geht –, ist das ein echtes Problem. Deswegen haben wir beantragt, und dieser Antrag liegt jetzt in der Debatte vor, dass das Schülerticket für alle Schülerinnen und Schüler kostenlos ist.
Ups – vielen Dank, Frau Präsidentin. Aber da ich ja die Letzte bin, rede ich nur meine eigene Redezeit weg. – Ein kostenloses Ticket für alle Schülerinnen und Schüler wäre auch ein wichtiger Beitrag zur Herstellung von Chancengleichheit. Wir appellieren noch einmal an Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Wir wollen Mobilität für alle, und zwar bezahlbar wie auch barrierefrei. Wir haben die Situation, dass viele Bahnhöfe gar nicht für alle Menschen benutzbar sind, beispielsweise für Rollstuhlfahrer, weil sie überhaupt keine Fahrstühle haben oder diese andauernd defekt sind. Wir haben die Situation – dafür trägt die Landesregierung nicht die Verantwortung –, dass beispielsweise Blinden am Wiesbadener Hauptbahnhof auf Blindenleitsystemen Hinweistafeln in den Weg gestellt werden. Gerade in diesem ganzen Bereich Barrierefreiheit im ÖPNV ist so viel zu tun, insbesondere auch an den Bahnhöfen. Hier braucht es verstärkte Anstrengungen.
Es ist nicht so, als wollten wir nur Geld ausgeben. Wir haben auch Einsparvorschläge. Einer davon ist die überfällige Rückstufung des Flughafens Kassel-Calden zum Verkehrslandeplatz. Hier wurden mittlerweile mehr als 300 Millionen € verbrannt. Wir wollen keinen Cent mehr hinterherwerfen. Stattdessen beantragen wir ein Wirtschaftsförderungsprogramm für Nordhessen, das den Menschen vor Ort viel mehr nutzt als ein Flughafen ohne Angebot.