Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

(Zuruf des Abg. Ismail Tipi (CDU))

Frau Kollegin, die angemeldete Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme sofort zum Ende. – Es gäbe sicherlich mehr zum Sozialhaushalt zu sagen, aber auch zu den viel zu geringen Investitionsmitteln für die Krankenhäuser oder der mangelhaften Ausstattung der Altenpflegeschulen – dazu hat der Kollege schon eine Menge gesagt –, die sich auf eine Berufsneuorientierung vorbereiten müssen. Es gibt noch viel zu tun. Ich sehe nicht, dass Sie das in Angriff nehmen. Man kann von Glück reden, dass das hier wahrscheinlich nicht mehr ewig so weitergeht.

(Beifall bei der LINKEN – Manfred Pentz (CDU): Wir werden weiter regieren, denn wir wollen weiter daran arbeiten können!)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Kollege Bocklet für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen, dass Hessen sozialer und gerechter wird. Auf diesem Meilenstein haben wir das hessische Sozialbudget eingerichtet. Wir haben es 2015 noch einmal deutlich aufgestockt, damit Menschen in Not mehr Hilfen bekommen und die Möglichkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft haben.

Wofür ist das Sozialbudget? Das Sozialbudget umschreibt freiwillige soziale Leistungen des Landes und kommt vielen Verbänden, Kommunen und Institutionen zugute und gibt ihnen damit Planungs- und Handlungssicherheit. Das nutzt den Menschen, die für diese Einrichtungen arbeiten,

und den Menschen, die dort unterstützt werden. Das Sozialbudget ist in dieser Art und in diesem Umfang bundesweit einmalig. Das muss man heute auch einmal festhalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Noch in der letzten Haushaltsrede hat Herr Merz gesagt, die 30 Millionen €, die damals bei der „Operation sichere Zukunft“ zurückgefahren worden seien, seien nicht vollumfänglich ersetzt worden. Spätestens diese Rede ist hinfällig, weil die Mittel von 50 Millionen € auf 70 Millionen € erhöht worden sind. Nunmehr geht es auf 100 Millionen € und in der letzten Ausbaustufe auf 118 Millionen €. Damit, kann man sagen, ist das Sozialbudget in seinen umfangreichen Leistungen vollständig und gut für die zukünftigen Aufgaben aufgestellt.

Sie wissen, dass dort über 50 Posten aufgeführt sind, beispielsweise Frauenhäuser, Interventionsstellen, Beratungsstellen für Opfer sexueller Gewalt, Schuldnerberatungsstellen und vieles andere mehr. Es handelt sich um eine große Liste vieler Zuschussempfänger, die in diesem Land eine wichtige Aufgabe für die soziale Arbeit wahrnehmen.

Wir werden im Rahmen des Sozialbudgets Mittel für 20 weitere Maßnahmen bereitstellen. Ich will einige prominente Maßnahmen noch einmal hervorheben: „Sozialwirtschaft integriert“ soll mit 10,4 Millionen € das Pendant zu dem werden, was im Wirtschaftsministerium schon äußerst erfolgreich läuft, nämlich „Wirtschaft integriert“. Die Sozial- und Pflegeberufe werden dadurch auch die Möglichkeit bekommen, Flüchtlinge zu integrieren. Das ist von den freien Verbänden vielfach gefordert worden. Wir haben diese Idee gerne aufgegriffen und werden sie umsetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir werden auch bei der sozialen Infrastruktur – es gab oft die Kritik: Projektitis – drei weitere Netzwerke installieren. Das Netzwerk Antidiskriminierung soll die Antidiskriminierungsstrategie, die es schon gibt, noch stärker umsetzen. Dafür werden in Nord-, Mittel- und Südhessen und im Rhein-Main-Gebiet neue Stellen geschaffen, die dabei helfen, ein diskriminierungsfreies Leben für alle Bürgerinnen und Bürger in Hessen zu ermöglichen. Dafür werden 500.000 € bereitgestellt.

Ähnlich ist das Netzwerk LSBT*IQ zu verstehen, ebenfalls mit 500 Millionen € versehen. Es soll die tragfähigen landesweiten Strukturen der Community sicherstellen. Auch hier werden Beratungs- und Anlaufstellen geschaffen werden. – All das haben wir alle gefordert, auch die Kollegen der SPD, soweit ich mich erinnern kann, die jetzt Stillstand attestieren.

Ich ergänze das dritte Netzwerk: Gewalt im Namen der Ehre. Dabei handelt es sich um ein besonderes Anliegen der Kollegin Goldbach und von mir. Wir haben zu dem Thema viele Gespräche geführt. Viele Frauen werden im Namen der Ehre von ihren ehemaligen Ehemännern verfolgt und bedroht. Das ist ein großes Problem, dem wir jetzt eine besondere Aufmerksamkeit widmen werden. Die bedrohten Frauen werden Anlaufstellen und Schutz finden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Auffällig war auch, dass es immer wieder straffällige Jugendliche gab, die nach der Rückkehr aus der Justizvoll

zugsanstalt wieder rückfällig geworden sind. Umso wichtiger ist es, dass wir mit 300.000 € Vereine unterstützen werden, die den Übergang zurück in den Alltag begleiten werden. Das ist eine sehr wichtige Geschichte.

Genauso wichtig ist es, dass wir zu den in Höhe von 1,1 Millionen € bereitstehenden Mitteln noch einmal weitere 1,6 Millionen € für die Beratungsstellen von Opfern sexueller Gewalt zur Verfügung stellen. Wir haben oft über die Missbrauchsfälle geredet und dafür geworben, das Schweigen zu brechen und Betroffenen oder Multiplikatoren, die davon erfahren, Anlauf- und Beratungsstellen anzubieten. Das soll mit diesem Geld gewährleistet werden.

Auch die Frauenhäuser, die bereits mit 3,1 Millionen € durch das Sozialbudget gefördert werden, erhalten noch einmal 940.000 €, um die Vergütung ihrer Angestellten tariflich anpassen zu können.

Sie sehen, wir haben noch einmal nachgesteuert, und das Sozialbudget ist mit 118 Millionen € ein Meilenstein der Sozialpolitik in Hessen. Das ist bundesweit einmalig. Das ist eine großartige Errungenschaft, für die viele Jahre gefochten wurde. Sie hilft den Menschen. Die Landesregierung steht für eine gute Sozialpolitik. Wir können mit Fug und Recht stolz darauf sein, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und GRÜNEN, dass es gelungen ist, das finanzpolitisch darzustellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Die soziale Infrastruktur habe ich angesprochen. Natürlich ist ein ganz großer Beitrag im Sozialetat für die Integrationspolitik und für die Politik für Flüchtlinge vorgesehen; das wissen wir alle. Der Aktionsplan wird fortgeschrieben. Die Einrichtung von psychosozialen Zentren sei hier noch einmal erwähnt. Wir haben viele Sprachkurse, wir haben das WIR-Programm und vieles andere mehr, was im Sozialetat abgedeckt ist. Man kann nicht von einem Stillstand sprechen, ganz im Gegenteil. Es gibt vielerlei Maßnahmen und Initiativen, die die Situation von Flüchtlingen und Migranten nochmals verbessern.

Dritter Schwerpunkt. Herr Kollege Merz, dazu wird heute Abend oder morgen noch einmal zu sprechen sein: Wir haben in Hessen bisher 460 Millionen € für die Kinderbetreuung ausgegeben. Es werden jetzt nochmals 446 Millionen € hinzukommen. Das Land Hessen, das etwa 30 Milliarden € Ausgaben hat, stellt knapp 1 Milliarde € für eine „freiwillige Leistung“ zur Verfügung. Wir wissen, dass es eine kommunale Aufgabe ist. Wir halten diese Leistung für gesamtgesellschaftlich notwendig. Wir halten sie politisch für richtig. Das Land stellt nahezu 1 Milliarde € für Kinderbetreuung zur Verfügung; da kann man der Landesregierung nicht vorwerfen, dass sie etwas verschlafe.

Die Regierungsfraktionen haben dieses Thema in der Ausgewogenheit von Qualität, Ausbau und Beitragsreduzierung gut vorangebracht. Das ist sehr beachtlich. Es gibt bisher nur drei andere Bundesländer, die diesen Weg gegangen sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

1,6 Milliarden € für den Aktionsplan zur Integration von Flüchtlingen und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, 446 Millionen € für die Kinderbetreuung, 118 Millionen € am Ende für das Sozialbudget – meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dieser Sozialetat

ist eine sehr gute, für mich als Sozialpolitiker kann ich nur sagen, eine großartige Errungenschaft, ein Meilenstein. Hessen kann stolz sein, dass es diesen Haushalt jetzt verabschiedet. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat Kollege Rock für die FDPFraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Haushalt ist nicht das spannendste Thema, aber es ist die Stunde der Wahrheit, weil es die Stunde der Zahlen ist. Mit Zahlen kann man arbeiten, aber im Haushalt stehen sie an den richtigen Stellen. Wenn man es richtig lesen kann, dann zeigen sie die Wahrheit auf. Wenn man sich die grundsätzliche Entwicklung des Sozialetats – das ist der Einzelplan 08 – in Hessen anschaut: Herr Minister Grüttner, ich erinnere mich, vor etwa zehn Jahren waren wir noch bei rund 500 Millionen €. Dann kam die erste große Offensive, die wir im Sozialetat abgebildet haben. Das war die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dadurch ist dieser Etat in die Richtung 800 Millionen € gewachsen.

Dann kam die Flüchtlingskrise. Da ist der Sozialetat auf über 2 Milliarden € angewachsen. Der Sozialetat, der heute vorliegt, der Doppelhaushalt, zeichnet sich durch zwei große Themen aus. Das ist zum einen das Thema Aufwendungen für die Flüchtlingskrise. Das zweite sind die Aufwendungen im Bereich frühkindliche Betreuung.

Was ist zur Flüchtlingskrise zu sagen? Haushaltspolitisch positiv ist zu bewerten: Die Ausgaben zur Bewältigung der Flüchtlingskrise werden in diesem Doppelhaushalt im Vergleich von 2017 auf 2019 um 800 Millionen € abnehmen. 800 Millionen € beträgt die geplante Rücknahme bei den Unterkünften und bei den Erstattungen insgesamt. Das entlastet diesen Etat von 2,16 Milliarden € Aufwendungen im Sozialbereich im Jahr 2017 auf für 2019 geplante 1,57 Milliarden €. Da sehen Sie schon, es ist kein Rückgang um 800 Millionen €, sondern da sind neue Maßnahmen hinzugekommen.

Im Bereich frühkindliche Betreuung, der hier schon mehrfach angesprochen worden ist, ist allerdings das eine oder andere etwas unklar. Das sollte der Minister nachher aufklären.

Ein Wort muss noch für Herrn Kollegen Bocklet von den GRÜNEN übrig sein. Sie haben hier Abermillionensummen genannt, die im Sozialbereich zusätzlich verausgabt werden.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Schauen wir uns die Entwicklung der freiwilligen Transferleistungen an. Was sind freiwillige Transferleistungen? Das ist der Bereich im Sozialetat, den wir als Land Hessen zusätzlich zu unseren gesetzlichen Aufgaben in die soziale Infrastruktur investieren. Das ist ein wichtiger Bereich. Wenn man sich diesen Bereich anschaut, dann sieht man: Im Jahr 2017 hat das Land Hessen 367 Millionen € verausgabt. Jetzt haben wir den Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2018 und 2019 vorliegen. Wenn man schaut, was wir für

diese freiwilligen sozialen Leistungen zusätzlich ausgeben, dann stellen wir fest: 2016 waren es 367 Millionen €, und 2019 sind es 427 Millionen €. Das ist ein Zuwachs von 60 Millionen €. Daher kann ich die pompösen Zahlen von Herrn Kollegen Bocklet nicht ganz nachvollziehen,

(Zuruf des Abg. Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

außer Sie würden in Ihrer Rede einbauen, was Sie bei den freiwilligen Transferleistungen woanders herausgenommen haben, was Sie jetzt in diesen Bereich zusätzlich investieren.

Wenn ich jetzt aber noch weiß, dass in diesen freiwilligen Leistungen 129 Millionen € mehr für die Freistellung von Kindergartengebühren enthalten sind, bleibt für den Rest deutlich weniger Geld.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE) – Zuruf des Abg. Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie haben jetzt für Projekte mehr Geld in die Hand genommen. Es ist in Ordnung, dass Sie das sagen. Aber Sie verschweigen schon, woher es kommt. Das wollte ich Ihnen nur mit auf den Weg geben: darauf einzugehen, wenn Sie das nächste Mal Ihre Haushaltsrede halten.

(Beifall bei der FDP – Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Lesen Sie doch mal die Haushaltsanträge!)

Was mir viel wichtiger ist: Ich möchte auf die fantastischen Zahlen eingehen, die Sie hier immer zur Kinderbetreuung verkünden. In Ihrem eigenen Haushaltsentwurf ist festgehalten, dass Sie für die Betreuung der Kinder von drei bis sechs Jahren 2017 als Betriebskostenunterstützung 223,35 Millionen € ausgeben. Das sind zwischen 10 und 15 % der Betriebskosten, die real anfallen.

Diese 223 Millionen € sind nach Ihrem Haushaltsplan – jetzt muss ich kurz schauen – für rund 3.600 Kitas. Für 3.600 Kitas geben Sie 223 Millionen € aus. Für 2018 haben Sie jetzt als Betriebskostenzuschuss 239,95 Millionen € geplant. Das sind rund 16 Millionen € mehr. Allerdings sollen dann laut Ihrem Haushaltsplan nicht mehr 3.600 Kitas unterstützt werden, sondern 4.000 Kitas. Es gibt wohl einen quantitativen Zuwachs. Dann haben Sie 242,03 Millionen € für das Jahr 2019 eingeplant. Von 2018 auf 2019 wächst der Betriebskostenzuschuss nur noch um 3 Millionen €, laut Ihrem Haushaltsplan aber für dann 4.200 Kitas. Das bedeutet, wenn die Zahlen stimmen, die Sie zur Verfügung gestellt haben – vielleicht kann der Minister es aufklären –, dass ich Ihre Qualitätsoffensive im Haushalt nicht finden kann.

Wo sind diese 50 Millionen € mehr? Sie nehmen das Geld zum Großteil aus dem KFA. Wenn Sie Geld aus dem Einzelplan 08, über den wir heute reden, in den Einzelplan 17, den KFA, verschieben, dann kann man das genau nachvollziehen in Ihren Zahlen. Für 2017 haben Sie aus dem Sozialetat, über den wir heute sprechen, 87 Millionen € für die Betriebskosten zusätzlich ausgegeben. Diese 87 Millionen € Landesmittel, die Sie zusätzlich verausgabt haben, sind Bestandteil dieser 223 Millionen €. Das ist das, was Sie dazugeben.

Für 2018 steigt diese Summe auf 103 Millionen € an, und 2019, wenn der Höhepunkt Ihrer Qualitätsoffensive kommen soll, fällt diese Summe auf 87 Millionen € herunter.

Wissen Sie auch, warum? – Man kann das in dem Haushalt ziemlich gut nachvollziehen: Ein Teil der Finanzierung dieser Summe war bis jetzt der Anteil aus dem Betreuungsgeld. Wir haben zum Ersatz des Betreuungsgeldes vom Bund einen Anteil bekommen. Sie haben vielleicht gedacht, wir finden es im Haushalt nicht. Aber wir haben es gefunden. Sie lassen ihn einfach versickern.

2018 betrug dieser Anteil noch 36,35 Millionen €. Sie haben für die Bewirtschaftung der Kitas 36 Millionen € zugeschossen. Das war der Anteil Betreuungsgeld. Der fällt aber 2019 als Zuschuss des Landes ersatzlos weg. Sie ersetzen ihn jetzt durch 36 Millionen € Landesgeld und sagen, das sei Ihre Qualitätsoffensive. – Nein, das ist einfach linke Tasche, rechte Tasche, und es wird den Kommunen wieder so verkauft.