Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

Es kommt vermehrt zu Verletzungen des Naturschutzrechtes wie im Odenwald, wo in Bad König in einem Neubaugebiet das komplette uferbegleitende Gehölz gerodet wurde, weil die Kommunalaufsicht versagt hat, oder wie bei der Rodung von naturnahem Auenwald am Schönfelder Bach in Kassel, weil das Beteiligungsrecht nicht gewahrt wurde. Das sind zwei Fälle unter vielen.

Der Naturschutz braucht das Ehrenamt. Aber es muss Schluss damit sein, dass am Ende das Ehrenamt die Hauptlast im Naturschutz stemmt. Das sind originäre Aufgaben des Landes. Sie sind von Menschen zu erledigen, die dafür entlohnt werden, womit ich nicht das Austeilen von Medaillen meine.

(Beifall bei der LINKEN)

Während die Umweltverwaltung sträflich vernachlässigt wird, stärkt das Land den Verfassungsschutz, eine Behörde, die nachweislich großen Schaden angerichtet hat.

Was hilft es, wenn wir ein Umweltrecht ohne Umsetzer haben? Das fragen wir uns nicht nur bei der Versenkgenehmigung für K+S, das fragen wir uns auch beim Einsatz des Totalherbizids Glyphosat. Wenn die hessische Umweltministerin per Erlass den Einsatz von Glyphosat auf öffentlichen Flächen untersagt, ist das gut. Das muss aber auch kontrolliert werden. Die Kommunen setzen mittlerweile so viele Fremdfirmen bei der Grünlandpflege ein – auch das ist eine Folge des Spardiktates des Landes –, dass ein Erlass ohne Kontrolle und logischerweise auch ohne Folgen bleibt. Frau Ministerin, warum untersagen Sie nicht die Nutzung von Glyphosat auf den landeseigenen Ackerflächen? Eine Kommune nach der anderen findet den Weg, den Glyphosateinsatz auf ihren eigenen landwirtschaftlich genutzten Flächen zukünftig zu verbieten – so übrigens erst letzte Woche die Landeshauptstadt Wiesbaden unter grüner Beteiligung. Nur die Umweltministerin scheint das offensichtlich nicht zu wollen. Es ist mehr als nur schlechte Haushaltspolitik, den Einsatz von Totalherbiziden zuzulassen, gleichzeitig aber Geld für den Artenschutz auszugeben. Dann können Sie das auch gleich schreddern.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit keinem noch so guten Natur- und Artenschutz können Sie die Schäden, die Glyphosat und Co. anrichten, kompensieren. Frau Ministerin, lassen Sie die landeseigenen landwirtschaftlichen Betriebe glyphosatfrei wirtschaften, wirken Sie auf die Pächter ein, und machen Sie das zur Bedingung.

Eine chronisch unterbesetzte Verwaltung wird zum Flaschenhals für die Zukunftsinvestitionen:

(Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zum Wasserkopf!)

nicht nur, dass Fehler gemacht werden und es Verstöße ohne Folgen gibt. Auch die Planungen dauern zu lange, wenn es der hessischen Verwaltung an Personal mangelt. An fast allen Investitionen mit großen Baumaßnahmen – von der

Schulsanierung über die Umgehungsstraße bis zum ÖPNV – ist die Umweltverwaltung beteiligt.

Wenn dann einmal schnell reagiert werden muss, wie bei dem Absturz der Milchpreise 2016, kommt es fast zwangsläufig zu Pannen. Wie kann es sein, Frau Ministerin Hinz, dass von den 5 Millionen € Soforthilfe für Milchbauern ein Drittel bei Hessen-Forst, Schäfern und anderen Grünland bewirtschaftenden Betrieben landet, die überhaupt nichts mit Milch zu tun haben? Mit einer guten Planung – dazu braucht man ausreichend Personal –, mit einer professionellen Umsetzung – auch dazu braucht man wieder ausreichend Personal – und einer hauseigenen Kontrolle – auch dazu braucht man wieder ausreichend Personal – wäre das sicher nicht passiert. Laut Landesrechnungshof häufen sich die Fälle des offensichtlichen Versagens.

Das Verb „versagen“ könnte die Überleitung zu vielen Themen, wie beispielsweise der Stickoxidbelastung durch Dieselfahrzeuge, dem Schutz gegen Fluglärm oder dem Bau von Sozialwohnungen, sein.

Ich möchte an dieser Stelle auf den Klimaschutz zu sprechen kommen. 140 Millionen € will das Land in den nächsten zwei Jahren zusätzlich in den Klimaschutz investieren. – Frau Ministerin, das kündigten Sie in ihrer Regierungserklärung zum Klimaschutzplan im März an. Das Geld solle in 42 Projekte fließen, auf längere Sicht seien 100 weitere Maßnahmen geplant. Teil des Plans sei das Jobticket, so auch wieder die Ministerin. Das finden wir im Prinzip gut,

(Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist auch gut!)

wenn auch zu kurz gegriffen. Aber allein dafür sind im Landeshaushalt für die kommenden zwei Jahre 100 Millionen € vorgesehen. Nach Abzug des Jobtickets bleiben rechnerisch von den 140 Millionen € noch 24 Millionen € pro Jahr für die anderen 41 Projekte. Die 100 weiteren Maßnahmen lassen wir einfach einmal großzügig unter den Tisch fallen.

Im September verkündet die Umweltministerin auf einer ihrer zahlreichen Werbeveranstaltungen zum Landeshauhalt, dass für die Umsetzung des Klimaschutzplans die Haushaltsmittel mehr als verdoppelt worden seien – tolle Überschrift. Aber wenn man das liest, erfährt man, dass für das Jahr 2018 insgesamt 11,8 Millionen € und für das Jahr 2019 insgesamt 12,86 Millionen € zur Verfügung stehen werden. Das Jobticket abgezogen, sind aus den im Frühjahr angekündigten 24 Millionen € pro Jahr 12 Millionen € geworden.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Außerdem ist das Jobticket Einzelplan 03!)

Okay, das ist das Doppelte der Gelder für 2017. Aber es ist die Hälfte der Ankündigung. Knapp 5 Millionen € davon sollen in ein Förder- und Beratungsprogramm für Landwirtinnen und Landwirte fließen – sicher gut angelegtes Geld. Was bleibt dann für die anderen 40 im Frühjahr angekündigten Klimaschutzprojekte außer der Ankündigung?

Was Sie hier betreiben, Frau Ministerin, ist diskursive Geldvermehrung.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass Ihre beantragte Redezeit jetzt abgelaufen ist.

Danke. – Sie gaukeln den Menschen vor, dass Sie vergleichsweise große Summen für den Klimaschutz einsetzen – 140 Millionen € –, ja, die Haushaltsmittel mehr als verdoppeln. Übrig bleibt für die meisten Projekte im realen Leben aber fast nichts.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sind 140 Millionen € nichts?)

Bei der Bilanzierung der klimarelevanten Emissionen verschleiern Sie, wo wir wirklich stehen. Sie behaupten, dass das Land bereits eine Senkung der Treibhausgasemissionen um 26 % erreicht habe, obwohl es in Wahrheit nur 12 % sind, wenn man die Stromimporte nach Hessen mit berücksichtigt.

Wenn man Ihrer Logik folgen und das auf den Verkehrssektor anwenden würde, dann wäre der CO2-Ausstoß des Verkehrs kein Problem: einfach die Ölimporte nicht berechnen und den CO2-Ausstoß für den bei uns verfahrenen Treibstoff den Exportländern aufbrummen, schon wäre unser Straßenverkehr klimaneutral. Genau das haben Sie beim Strom gemacht. Sie verkaufen uns für dumm.

(Beifall bei der LINKEN)

Das sind Taschenspielertricks. Erst reden Sie die CO2-Bilanz schön und dann die Haushaltsmittel. Im Ergebnis verschleiern Sie die Dramatik der Situation und entziehen sich den tatsächlichen Herausforderungen des Klimaschutzes. Wenn wir bis 2025 40 % der CO2-Emissionen einsparen wollen – das ist Ihr eigenes Ziel –, dann muss der Ausstoß jedes Jahr um 3,5 % gesenkt werden. Aktuell schaffen wir noch nicht einmal ein halbes Prozent. Mit jedem Jahr, das wir mit dieser schwarz-grünen Klimakosmetik weitermachen, werden die Herausforderungen größer und nicht kleiner.

Wenn Sie Inspirationen brauchen, welche Richtung der Haushalt nehmen muss, wenn man den Klimawandel ernst nimmt, empfehle ich Ihnen die Lektüre unserer Anträge. Ich sage Ihnen ganz offen dazu: Abschreiben ist ausdrücklich erlaubt. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Als nächster Redner spricht nun Kollege Landau von der CDU-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Rede der Abg. Schott möchte ich die Maßstäbe wieder ein wenig zurechtrücken. Ich denke, das ist notwendig.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich fange mit der Aussage an: Auch im Bereich Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz set

zen wir mit dem Doppelhaushalt 2018/2019 Wegmarken. Das wird an deutlich erhöhten Haushaltsansätzen für viele Themen, die wir als wichtig für eine lebenswerte Zukunft erachten, ablesbar.

Für den Naturschutz steht in den beiden Haushaltsjahren mit 33 Millionen € fast die doppelte Summe zur Verfügung als derzeit, um ehrenamtliche Projekte, wie das Anlegen von Feuchtwiesen, zu ermöglichen oder um geforderte Naturschutzmaßnahmen zum Erhalt von Lebensräumen und zur Artenvielfalt umzusetzen.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Sie haben gerade nicht zugehört! Es stimmt nicht, was Sie da erzählen!)

Damit unterstreichen wir unsere Verantwortung für eine lebendige Natur und stehen im Gegensatz zur FDP, die die Ansätze für die Förderung der biologischen Vielfalt – Drucks. 19/5614 – zusammenstreichen möchte.

Auch für Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen verdoppeln wir die Haushaltsansätze. Damit wird der in diesem Jahr verabschiedete hessische Klimaschutzplan 2025 nicht nur mit Leben erfüllt, sondern auch ein ordentliches Stück abgearbeitet. Landwirte erhalten auf sie zugeschnittene Förder- und Beratungsangebote zur Vermeidung von Ernteausfällen infolge des Klimawandels. Waldbesitzer erhalten eine Klimarisikokarte für Waldbaumanagement. Kommunen und Unternehmen wird eine Transferstelle Klimaanpassung für ihre Strategien bezüglich sich verändernder klimatischer Bedingungen zur Seite gestellt.

Während wir also Anstrengungen unternehmen, einem unbestreitbaren und mächtiger werdenden Klimawandel nicht unvorbereitet gegenüberzustehen, und Menschen dabei auch einbinden, erklärt unsere FDP das alles – in bester trumpscher Manier – geradezu für Unsinn und beantragt in ihren Drucks. 19/5615 und 19/5616 nicht nur die Schließung des Fachzentrums Klimawandel, sondern auch gleich die Abschaffung des Klimaschutzplans.

Wenn vorhin gesagt wurde, Arnold Schwarzenegger sei vielleicht nicht unbedingt zum Zitieren geeignet, dann bringe ich ein Zitat von Gorbatschow, das hoffentlich unbestritten ist, der sagte: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Er meinte das in einem anderen Zusammenhang.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich meine, wenn wir uns jetzt nicht auf den Klimawandel einstellen, ihm aktiv entgegentreten, dann werden wir irgendwann unvermindert die Auswirkungen zu spüren bekommen, und das kann nicht unser Wille sein.

(Marjana Schott (DIE LINKE): 3 %, und Sie schaffen ein halbes!)

Aber es passt natürlich bei dem, was ich eben in Bezug auf die SPD erzählt habe, in das Bild. Sie möchten sich von der Nachhaltigkeitsstrategie verabschieden. Die CDU hält das ins Leben gerufene Gremium für hilfreich, weil es unterschiedliche Gruppen und Sichtweisen zusammenbringt und letztlich für einen guten Dialog in der Sache sorgt.

Für die Landwirtschaft – damit komme ich zu einem anderen Punkt – signalisieren wir Planungssicherheit mit Blick auf die neue Förderperiode des Hessischen Programms für Agrarumwelt- und Landschaftspflegemaßnahmen, wenn wir 2019 über 210 Millionen € in die Neubewilligung ge

ben. Damit bieten wir eine verlässliche Förderung für gesellschaftliche Aufgaben, die alle Landwirte in Hessen erbringen.

Ferner unterstützen wir Landwirte mit 14 Millionen € – mit einer einzelbetrieblichen Investitionsförderung für moderne Maschinen und Ställe und mit dauerhaft hohen Mitteln für die Ausgleichszahlung in benachteiligten Gebieten. Auch das ist wichtig.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir leben ein Miteinander von ökologischer und konventioneller Landwirtschaft. Eine verstärkte Förderung des einen geht nicht zulasten des anderen. Mit neuen Marketingprospekten für Biofleisch und -milch, die wir uns 2018 und 2019 über 3 Millionen € kosten lassen, kommen wir der steigenden Nachfrage unserer Bürger nach solchen Produkten nach.

Für das Wohnungswesen und den Wohnungsbau wird die Landesregierung bis 2019 die Summe von 1,6 Milliarden € bereitstellen. Uns sind die großen Herausforderungen bezüglich Wohnraums mehr als bewusst, weshalb wir hier vielfältig fördern: von Darlehen für den Bau, die Modernisierung oder den Erwerb von Wohnraum über Baukostenzuschüsse für studentischen Wohnraum bis zu Förderprogrammen wie „Stadtumbau“ oder „Soziale Stadt“.

Mit der Allianz für Wohnen, der Bauland-Offensive und dem Masterplan Wohnen widmen wir uns diesem Thema in besonderer, in angemessener Weise. Mit dem neuen Förderprodukt „Nachhaltiges Wohnumfeld“ sollen Städte mit Wohnraumdefizit zunächst dabei unterstützt werden, Konzepte für eine nachhaltige, ökologische und soziale Entwicklung neuer bedarfsgerechter Wohnbauflächen zu erarbeiten. Diese sollen in einem späteren Schritt Grundlage für konkrete bauliche Maßnahmen werden.