Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Mir gefällt das jetzt hier. Ich habe heute Abend auch nichts mehr vor. Es ist nicht meine Weihnachtsfeier.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Deswegen nehme ich gerne die Gelegenheit wahr, auf einige der ernsthaften Fragen zu antworten, die aufgeworfen wurden.

Herr Minister, ich habe Ihnen das schon oft gesagt. Sie sagen immer und immer wieder, die Kinderbetreuung sei eine Pflichtaufgabe der Kommunen. Ja, danke, das Sozialgesetzbuch VIII lesen kann ich auch selbst. Ich habe es auch gelesen. Sie wissen das.

Aus der Tatsache, dass jemand aufgrund des Gesetzes verantwortlich und operativ zuständig ist – das soll auch so bleiben –, folgert nicht, dass er für die Finanzierung der ganzen Chose ganz oder auch nur überwiegend verantwortlich ist.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Jan Schalauske und Gabriele Faulhaber (DIE LINKE))

Wenn es so wäre, dann wäre die Regelung in Baden-Württemberg, die für Kinder unter drei Jahren getroffen wurde und eine Zwei-Drittel-Finanzierung vorsieht, im Grunde genommen gesetzeswidrig. Ich erinnere daran, dass das unter dem Ministerpräsidenten Kretschmann von den GRÜNEN mit damals roter Beteiligung geschah. Herr Minister, das wäre so, wenn ich Ihrer Logik folgen würde, die aber keine Logik ist. Das ist ein Non sequitur. Das war der erste Punkt.

(Zuruf)

Das heißt, das ist keine logische Schlussfolgerung. – Das war für die Juristen unter uns. Ich bin keiner.

Zweitens.

Herr Staatsminister, ich bitte auf der Regierungsbank um Ruhe.

Der neue Länderfinanzausgleich wird nach Lage der Dinge in Kraft treten. Hessen wird davon profitieren. Wir haben nicht mehr und nicht weniger als das gesagt, dass wir diese Mittel ausschließlich für die Finanzierung unseres Vorschlags der Kinderbetreuung heranziehen wollen. Auch das habe ich von diesem Pult aus schon gesagt. Sie werden von uns nichts anderes als diesen Deckungsvorschlag hören. Das habe ich hier aber schon im Sommer erklärt.

Drittens. Ja, das Kindertagesstätten-Qualitätsgesetz des Bundes, von dem ich hoffe, dass es kommt, ist noch nicht auf dem Tisch. Sie wehren sich mit Händen und Füßen dagegen. Ich finde das nach wie vor nicht logisch. Ich habe gewagt, darauf hinzuweisen, dass ich es nicht logisch und zielführend finde, sich gegen ein Gesetz zu sperren, das einem Bewegungsspielraum lässt und einem gleichzeitig Geld des Bundes zur Verfügung stellt.

(Beifall bei der SPD)

Daraus zu schließen, ich hätte damit einen Finanzierungsvorschlag im Sinne eines Haushaltsänderungsantrags gemacht, ist wiederum logisch nicht zulässig.

Ich komme jetzt zur Gruppengröße. Das ist etwas, mit dem wir uns lange herumgeschlagen haben. Dabei geht es um die Frage, wie man bei der Rückkehr zu einer gruppenbezogenen Betrachtungsweise die Gruppengröße vernünftig regeln kann. Ich gebe zu, dass ich insbesondere hinsichtlich der Mindestgröße noch nicht am Ende der Überlegung bin.

(Zuruf: Aha!)

Natürlich nicht. – Herr Minister, wir haben einen Vorschlag gemacht. Sie werden noch erleben, dass Ihr Entwurf, den Sie wahrscheinlich geschrieben haben, den wir morgen diskutieren werden, mehr als eine Änderung erfahren wird. Das wäre auch dringend nötig. Denn so ein Geschluder habe ich schon lange nicht mehr gesehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Darüber wird zu reden sein, und zwar in aller Ruhe. Herr Minister, ich schließe mich übrigens dem an, was Frau Kollegin Schott zu der Unterstellung gesagt hat, es würde hier aller möglicher Unterschleif getrieben werden. Dieser Bemerkung schließe ich mich an.

In Zeiten, in denen wir tatsächlich eine Platzknappheit haben und in denen die öffentlichen Träger der Jugendhilfe für die Kindertagesstätten, also die Städte und Gemeinden, diesen Rechtsanspruch garantieren müssen, möchte ich die Kommune und auch den freien Träger sehen, dem gestattet wird, die Gruppen systematisch mit weniger als 15 Kindern unterauszulasten. Herr Minister, da man sich einklagen kann, ist die Annahme, von der Sie hier ausgehen, völlig unrealistisch.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich komme zu meinem vorletzten Thema. Da geht es um die Fachkräfte. Ja, das ist ein Problem. Auch damit haben wir uns herumgeschlagen. Herr Rock, meine vorläufige Antwort ist die. Sie geht in die Richtung, die Frau Kollegin

Schott angesprochen hat. Wir verlieren im Moment eine ganze Menge an Kräften durch Teilzeitarbeit oder durch Nichtwiedereintritt nach Elternzeit und alles Mögliche.

Ich bin fest davon überzeugt, dass man das zumindest teilweise abstellen könnte, wenn man die Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen und übrigens auch die Gehaltsbedingungen verbessert. Das würde möglich, weil wir den Kommunen Luft verschaffen würden. Wenn dieser Beruf attraktiver wird, dann wird es auch gelingen, dem einen Riegel vorzuschieben. Es wird dann auch gelingen, mehr junge Leute für diesen Beruf zu begeistern.

Herr Kollege Merz, kommen Sie bitte zum Schluss Ihrer Rede.

Das ist die vorläufige Antwort darauf. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Kollege Bocklet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Man findet es in einem alten Wortprotokoll. Viele von Ihnen werden sich an einen Wortbeitrag des Kollegen Merz erinnern, der einmal sagte: Mit Zahlen habe ich es nicht so. – Das hat er einmal gesagt. Ich glaube, das war erst vor einigen Wochen. Ich glaube, wir können das alle heute bestätigen: Herr Merz, der Urheber des Gesetzentwurfs, hat es nicht so mit Zahlen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Es bleiben doch zwei Fragen offen. Trotz allem Geschwurbel bleibt doch eine Frage unbeantwortet. Wie hat er das jetzt genannt? Er sagte: dahingeschluderter Gesetzentwurf.

Vor einem Jahr hat die SPD-Fraktion einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die Freistellung von Beiträgen für das zweite und dritte Kindergartenjahr gefordert wurde. Da ging es um fünf Stunden und um 120 € und nicht um 136 €.

Wie viel haben Sie noch vor einem Jahr geschludert, muss man fragen. Offensichtlich haben Sie vor einem Jahr die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Was ist eigentlich innerhalb eines Jahres passiert? Das, was Sie vor einem Jahr gefordert haben, wurde jetzt von der Regierung und von der Koalition verbessert vorgelegt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie kommen Sie eigentlich dazu, dass das plötzlich geschludert sein soll?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich sage es Ihnen; ich habe auch eine Antwort darauf.

(Zurufe der Abg. Nancy Faeser und Heike Hofmann (SPD))

Wenn Sie merken, dass es bestimmte politische Probleme in diesem Land gibt, derer sich diese Regierungskoalition annimmt – ob es die Schulsozialarbeit ist, ob es die Erhöhung des Sozialbudgets auf 118 Millionen € ist, ob es bei der Schulpolitik die Frage des Sozialindex und vieles andere ist –: Ein gelöstes politisches Problem ist für Sie ein verlorenes Wahlkampfthema.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD: Oh, oh, oh!)

Wissen Sie, was mich am meisten enttäuscht? Von der Linkspartei sind wir es gewöhnt, dass es völlig wurscht ist, was die Sache kostet.

(Manfred Pentz (CDU): Ja, genau!)

Die Linkspartei hat schon immer die Gelddruckmaschine im Keller gehabt. Aber dass die SPD jetzt wirklich nur noch in Milliardenbeträgen umhertaumelt: mindestens 1 Milliarde € Erhöhung KFA-Mittel – konservativ geschätzt; aber Herr Merz hat es ja nicht so mit Zahlen –,

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

1 Milliarde € für die gebührenfreien Kitas, 500 Millionen € für Wohnungsbau, 240 Millionen € für die Hessenkasse, 240 Millionen € für die Erhöhung der Besoldung, 230 Millionen €, weil Sie die Grunderwerbsteuererhöhung ablehnen, 80 Millionen € – – Das ist ja schon Kleingedrucktes. Damit befasse ich mich erst gar nicht mehr. Wir sind weit über 3 Milliarden €.

(Gerhard Merz (SPD): Ach, ja!)

Man muss sich jetzt einfach einmal zu Gemüte führen, dass Sie

(Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen der Präsiden- tin)

bei einem Ausgabenvolumen des hessischen Landeshaushalts von 30 Milliarden € – tatsächlich vor die Bevölkerung treten und sagen wollen: Es ist mir völlig wurscht, es wird schon irgendwie gehen. Es kommt dann eben irgendwie aus dem Haushalt.

(Unruhe bei der SPD und der LINKEN)

Das ist doch der Verlust jeglicher Seriosität. Das ist eine finanzpolitische Geisterfahrt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)